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Ausgabe Nr. 1 / 2011 - St. Vincenz Krankenhaus Limburg

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16 > VIA > <strong>St</strong>. <strong>Vincenz</strong><br />

Drei Monate vor Beginn wurden die Frauen ausgewählt.<br />

Es folgten Vorträge, Leistungsdiagnostik und zwei Wochenenden<br />

in der Eifel, wo beim Wandern getestet wurde,<br />

ob das Projekt das richtige für die Patientinnen ist.<br />

Und dann ging es los: In sechs Wochen legten die Frauen<br />

rund 800 Kilometer auf dem Jakobsweg von Südfrankreich<br />

bis Santiago de Compostela zurück. Voraussetzung<br />

für die Teilnahme war, dass die medizinischen<br />

Therapien abgeschlossen sind und keine Angehörigen<br />

mitkommen. „Denn es ist wichtig, auch mal Zeit für<br />

sich zu haben“, so Baumann. Tempo und Pausen konnte<br />

jeder individuell bestimmen. Wer wollte, konnte zwischendurch<br />

auch mal eine <strong>St</strong>recke mit Bus oder Zug<br />

zurücklegen.<br />

ABENTEUER JAKOBSWEG<br />

Zunächst blieben die Frauen in der Gruppe zusammen<br />

und schliefen in Hotels. Aber schon bald übernachteten<br />

sie in den Refugios, weil es dazu gehörte, wie sie<br />

meinten. Sie liefen bei Regen, bei <strong>St</strong>urm, Hagel und<br />

Schnee und kämpften sich tapfer durch den Matsch.<br />

Sie waren völlig erschossen, erschöpft, aber stolz. Eine<br />

Teilnehmerin meinte: „Ich hatte gar keine Zeit mehr, an<br />

meinen Krebs zu denken, weil meine Füße so weh taten.<br />

Ich lerne hier meinen Körper neu kennen.“ Als das Laufen<br />

mit der Zeit monoton wurde, begannen die Frauen<br />

nachzudenken – über sich, über ihre Krebserkrankung.<br />

Das Wandern habe etwas Meditatives, so Baumann.<br />

Viele seien später für sich allein gegangen und hätten<br />

sich so an Begebenheiten und an Menschen erinnert,<br />

die sie längst vergessen glaubten. Es seien viele Tränen<br />

geflossen auf der Wanderung, und es wurden viele<br />

Konflikte verarbeitet. Und: Die Frauen knüpften viele<br />

neue Kontakte. Sie lernten viele Leute kennen, denen<br />

sie sonst nie begegnet wären. Befragt nach ihrem Befinden<br />

auf der Tour antworteten die Frauen später: „Mit<br />

jedem Schritt besser!“<br />

Fest steht: Nahezu alle Frauen haben von der Wanderung<br />

profitiert. Unter anderem traten Verbesserungen<br />

hinsichtlich der Schlafstörungen sowie bezüglich<br />

Angst und Depressionen ein, die sich dem<br />

Niveau von Nichtbetroffenen annäherten. „Insgesamt<br />

sind die Frauen in Folge der Wanderung<br />

und der damit verbundenen Erlebnisse auch<br />

langfristig wieder aktiver geworden und haben<br />

eine höhere Lebensqualität“, versicherte Freerk<br />

Baumann.<br />

Die Erkenntnisse über das Abenteuer Jakobsweg und andere<br />

Projekte hat Freerk Baumann in seinem Buch „Die Macht der<br />

Bewegung“ verarbeitet, erschienen im Verlag IRISIANA, ISBN<br />

978-3-424-15032-2, ist im Buchhandel erhältlich. Darüber<br />

hinaus hat Freerk Baumann an der Broschüre „Bewegung und<br />

Sport bei Krebs“ (Band 48) in der Reihe „Die blauen Ratgeber“<br />

der Deutschen Krebshilfe mitgewirkt.<br />

ZUR PERSON<br />

…<br />

Dr. Freerk T. Baumann, Jahrgang 1975, studierte Sportwissenschaften<br />

mit den Schwerpunkten Rehabilitation und<br />

Sportmedizin. Seit 2005 arbeitet er als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter und Dozent zunächst am Institut für Rehabilitation<br />

und Behindertensport und seit 2009 am Institut für<br />

Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen<br />

Sporthochschule Köln. Sein Forschungsschwerpunkt ist das<br />

Thema „Bewegung, Sport und Krebs“. Baumann ist Verfasser<br />

diverser wissenschaftlicher Publikationen und zahlreicher<br />

Info-Broschüren. Er hat etliche Forschungsprojekte<br />

zur Heilkraft von Bewegung geleitet und wissenschaftlich<br />

ausgewertet. Für den Aufbau seiner Wander-Projekte mit<br />

Krebspatienten wurde der engagierte Wissenschaftler mit<br />

dem Helmut-Wölte-Preis für Psychoonkologie 2009 und<br />

dem Pulsus Gesundheitspreis 2010 für die „Kampagne des<br />

Jahres“ ausgezeichnet.

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