Ausgabe Nr. 1 / 2011 - St. Vincenz Krankenhaus Limburg
Ausgabe Nr. 1 / 2011 - St. Vincenz Krankenhaus Limburg
Ausgabe Nr. 1 / 2011 - St. Vincenz Krankenhaus Limburg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Mit großem Interesse verfolgten die Besucher<br />
den spannenden Vortrag von Freerk Baumann.<br />
Schonen war gestern<br />
- heute ist Bewegung angesagt<br />
Noch in den 70-er Jahren sei es undenkbar gewesen, mit<br />
Krebspatienten Sport zu machen. Unter anderem habe<br />
man damals befürchtet, Bewegung könne den Genesungsprozess<br />
behindern Die Folge: Bewegungsmangelerkrankungen.<br />
Aus <strong>St</strong>udien sei bekannt, dass nur eine<br />
Woche Bettruhe zu einem Kraftverlust von 20 bis 30<br />
Prozent führt. Nach nur neun Tagen sei das Herzvolumen<br />
um 10 Prozent vermindert, die Sauerstoffaufnahme<br />
um 21 Prozent reduziert. Nach vier Wochen betrage<br />
der Totalblutverlust 700 Milliliter, sei das Immunsystem<br />
geschwächt und die Ruhepulsfrequenz um 22 Prozent<br />
erhöht. Auswirkungen habe dies alles insbesondere auf<br />
Gehirn und Gedächtnis: Nach zehn Tagen habe der IQ<br />
bereits um 15 Prozent abgenommen, nach 20 Tagen sei<br />
er bereits um 20 bis 25 Prozent reduziert, selbst wenn<br />
die Teilnehmer Rätsel lösten und sich anderweitig geistig<br />
beschäftigten.<br />
In den 90er Jahren begann langsam der entgegengesetzte<br />
Trend: 1981 wurde die weltweit erste Krebssportgruppe<br />
gegründet. Nach einem zwölfwöchigen<br />
Rehaprogramm verzeichneten die Patientinnen Verbesserungen<br />
sowohl in ihrer Leistungsfähigkeit als auch<br />
in der Lebensqualität. Heute gibt es unzählige solcher<br />
Sportgruppen, die. Teilnahme wird sogar von den gesetzlichen<br />
Krankenkassen bezuschusst.<br />
Welche Sportart ist die richtige?<br />
Mittlerweile beschäftigten sich die Hälfte aller Krebs-<br />
<strong>St</strong>udien mit Brustkrebs. Daher weiß man: Sport und<br />
Bewegung erhöhen körperliche Leistungsfähigkeit und<br />
Körperwahrnehmung, stärken die Abwehrkräfte des<br />
Immunsystems und steigern Lebenszuversicht, Vitalität<br />
und Kommunikation. Welchen Einfluss genau körperliche<br />
Aktivitäten auf ein Rezidiv haben und ob man das<br />
Risiko durch Bewegung abmindern kann, sei wissenschaftlich<br />
noch nicht belegt, so Freerk Baumann. Allerdings<br />
habe man in <strong>St</strong>udien bislang beobachten können:<br />
Je aktiver die Frauen sind, umso geringer ist die <strong>St</strong>erblichkeitsrate.<br />
Deutlich wirke sich dies insbesondere bei<br />
Frauen aus, die sich mehr als drei Mal pro Woche eine<br />
<strong>St</strong>unde lang aktiv sportlich betätigten.<br />
Neue Ansätze in der Bewegungstherapie<br />
Problematisch sei, dass die Krebserkrankung dazu führe,<br />
dass viele Patienten das Vertrauen in den eigenen<br />
Körper verlieren, dadurch oft der Zugang zur realen<br />
Belastbarkeit verloren gehe. Das wiederum führt dazu,<br />
dass Patienten kein Zutrauen mehr in größere körperliche<br />
Anstrengungen haben. Die Folge: Passivität und<br />
sozialer Rückzug. 50 Prozent der Brustkrebspatientinnen<br />
leiden ein Jahr nach der Diagnose an Depressionen.<br />
So sei die Idee entstanden, mit Brustpatientinnen<br />
auf den Jakobsweg zu gehen. „Viele Teilnehmerinnen<br />
fühlten sich in der Remissionsphase nicht mehr so belastbar<br />
wie vor OP und Therapie“, schilderte er. „Das<br />
Selbstvertrauen war verloren gegangen.“<br />
Doch die Selbsteinschätzung fiel deutlich schlechter<br />
aus als die tatsächliche Leistungsfähigkeit. „Das<br />
Grundproblem: Die Krankheit wird nicht richtig bewältigt<br />
und schlummert noch“, ist Baumann überzeugt.<br />
Im Rahmen der Vorbereitungen für die Wanderung auf<br />
dem Jakobsweg unterzogen sich die Teilnehmerinnen<br />
zunächst einer Leistungsdiagnostik. „Das hat gewirkt<br />
wie eine Psychotherapie“, so Baumann. „Dabei haben<br />
die Frauen erkannt, dass sie sich doch viel mehr zutrauen<br />
können als bisher angenommen. Unsicherheit<br />
und Ängste wurden immer kleiner. Und die Frauen<br />
hatten das Erfolgserlebnis, immer stärker zu werden.“<br />
Aktuell < VIA < 15<br />
Dr. Freerk Baumann, Sportwissenschaftler am Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen<br />
Sporthochschule Köln, berichtete über neue Ansätze in der Bewegungstherapie von Krebspatienten.<br />
BEWEGUNGSEMPFEHLUNGEN<br />
Ausdauersport (Walking, Nordic Walking,<br />
Jogging, Radfahren Schwimmen…)<br />
Wassertherapie (Gymnastik, Aquajogging, Schwimmen…)<br />
Wandern oder Bergwandern<br />
Kräftigungsgymnastik oder Krafttraining<br />
Tai Chi Yoga<br />
Tanzen<br />
Atemgymnastik<br />
<strong>St</strong>ep-Aerobic