<strong>Augsburg</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>der</strong> Renaissance Norbert Liesz: Rathaus und Perlach von Osten
20 <strong>Augsburg</strong> – <strong>Stadt</strong> <strong>der</strong> Renaissance Zirbelnuss, Pyr – ein Irrtum? Wohin man in <strong>Augsburg</strong> auch blickt, das Wappensymbol ist überall. Doch handelt es sich dabei wirklich um eine Zirbelnuss, auch Pyr genannt, ein Zeichen florierenden römischen Handels? Aus <strong>der</strong> Römerzeit stammt diese Frucht schon, aber als das <strong>Stadt</strong>symbol erstmals 127 im <strong>Stadt</strong>siegel zur Verleihung des Bürgerrechts auftauchte, war es eine aufrecht stehende Weintraube. So auch zwischen den Wilden Männern auf <strong>der</strong> Rückseite des Rathauses und schließlich sogar als Erdbeere im Seldplan von 1521. Und wo eine Beere drin ist, muss auch Beere draufstehen: Pyr war, im Klang noch zu erkennen, das Wort für Beere. Als die Renaissance die Antike zum Vorbild erhob, besann man sich eines ähnlich aussehenden römischen Symbols, des Pinienzapfens. Verschämt wurde behauptet, er sei ein wesentlicher Exportschlager <strong>der</strong> Römer gewesen, aber bei genauerer Betrachtung <strong>der</strong> Grabstelen an <strong>der</strong> Römermauer am Dom kann man unschwer eine an<strong>der</strong>e Symbolik erkennen: Der Pinienzapfen macht die Säule zum stilisierten Phallus, einem Fruchtbarkeitssymbol. Das mag aus dem frührömischen Kybele-Mythos entstanden sein. Kybele war eine Fruchtbarkeitsgöttin. Ein Jüngling, <strong>der</strong> sich unglücklich in sie verliebt hatte, riss sich vor Gram über die unerwi<strong>der</strong>te Liebe sein Glied aus und warf es auf den Boden. Daraus erwuchs die erste Pinie, als Lebensbaum. Es gibt sogar Vermutungen, dass die Frucht <strong>der</strong> Erkenntnis, die Eva im Paradies gepflückt hatte, ein Pinienzapfen war, denn Äpfel wurden erst viel später kultiviert. Der Pinienzapfen mit seinen zahlreichen harten Nüssen, die erst einmal geknackt werden müssen, als Erkenntnissymbol? Nicht schlecht, schon gar nicht für die Friedensstadt <strong>Augsburg</strong>, denn das alttestamentarische Paradies wird bei Juden, Christen und Muslimen gleichermaßen anerkannt. Die Zirbelnuss <strong>der</strong> Friedensstadt <strong>Augsburg</strong> wäre gut geeignet, ein gemeinsames Symbol einer interreligiösen Akzeptanz zu sein. Aber wieso wird <strong>der</strong> Pinienzapfen hier Zirbelnuss genannt? Die Zirbelkiefer wächst eigentlich an nördlichen Alpenhängen, ist <strong>der</strong> südlicheren Pinie zwar verwandt, hatte bei den Römern jedoch kaum Bedeutung. Doch als Namensgeber für den <strong>Augsburg</strong>er Pinienzapfen war sie dann, wenn auch fälschlich, sehr nützlich. Und Zirbel klingt einfach so richtig nach <strong>Augsburg</strong>, so wie Datschi. Prem (3), <strong>Wißner</strong> (3), Pohl (2), Bleier, Bögl