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Vernehmungen - Leseprobe

In der Praxis der Strafverfolgung führen Polizeibeamte regelmäßig eigenverantwortlich Vernehmungen von Zeugen und Beschuldigten im Ermittlungsverfahren durch. Die Vernehmung selbst ist ein höchst vielschichtiger Vorgang, der beim Vernehmenden psychologische, kriminalistische und juristische Fachkenntnisse erfordert. Wie man polizeiliche Vernehmungen professionell und erfolgreich meistert, zeigt dieses Buch in verständlicher Weise auf. Jedes Kapitel ist in sich eigenständig gehalten und informiert umfassend zum jeweiligen Themenkomplex.

In der Praxis der Strafverfolgung führen Polizeibeamte regelmäßig eigenverantwortlich Vernehmungen von Zeugen und Beschuldigten im Ermittlungsverfahren durch. Die Vernehmung selbst ist ein höchst vielschichtiger Vorgang, der beim Vernehmenden psychologische, kriminalistische und juristische Fachkenntnisse erfordert.

Wie man polizeiliche Vernehmungen professionell und erfolgreich meistert, zeigt dieses Buch in verständlicher Weise auf. Jedes Kapitel ist in sich eigenständig gehalten und informiert umfassend zum jeweiligen Themenkomplex.

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<strong>Vernehmungen</strong><br />

Taktik<br />

Psychologie<br />

Recht<br />

von<br />

Dr. Heiko Artkämper<br />

Staatsanwalt (GL)<br />

Thorsten Floren<br />

Lehrbeauftragter an der HSPV NRW<br />

Karsten Schilling<br />

Kriminalhauptkommissar a.D.<br />

Mit Beiträgen von<br />

Christoph Keller<br />

Polizeidirektor<br />

Dr. Philipp Metzger<br />

Regierungsdirektor<br />

Dr. Lennart May<br />

Diplom-Psychologe<br />

VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH<br />

Buchvertrieb


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der<br />

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im<br />

Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />

6. überarbeitete Auflage 2021<br />

© VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Buchvertrieb, Hilden/Rhld., 2021<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

Satz: VDP GMBH Buchvertrieb, Hilden<br />

Druck und Bindung: Mediaprint, Paderborn<br />

Printed in Germany<br />

ISBN 978-3-8011-0879-3


Vorwort zur sechsten Auflage<br />

Vorwort zur sechsten Auflage<br />

Wer fragt, bekommt Antworten – wer richtig fragt, bekommt die richtigen Antworten.<br />

Informationsakquise ist für sämtliche Berufe mit Vernehmungs- und Befragungspraxis<br />

von täglicher und essenzieller Bedeutung.<br />

Der Spagat zwischen praktischer Anwendung einerseits und gesetzlich-theoretischem<br />

Hintergrundwissen andererseits ist ungeschriebene Geschäftsgrundlage einer<br />

jeden Vernehmung. Die Tatsache, dass eine autoritär veranlasste Zwangskommunikation<br />

zur Aufklärung einer Straftat beitragen kann, soll und muss, erschwert<br />

die Kommunikation, macht sie aber nicht unmöglich. Es wurde in den Vorauflagen<br />

darauf hingewiesen, dass die Wahrscheinlichkeit, bereits bei der erstmaligen Begehung<br />

einer Straftat aufzufallen, gering ist. Beschuldigte, die in flagranti gestellt<br />

werden, sind in aller Regel keine Erst- oder Einmaltäter. Will man im Sinne einer<br />

Qualitätsoffensive der Kriminalität konsequent und erfolgreich begegnen, ist die<br />

Vernehmung wichtiger denn je: Auch dies ist das Ziel einer gelungenen Vernehmung,<br />

die – entgegen der Wissenschaftshörigkeit mancher – weiterhin einen Kernbereich<br />

der Tätigkeit im Rahmen der Strafverfolgung darstellt.<br />

Anregungen und Wünsche der Leser, die an uns herangetragen wurden, fanden<br />

– soweit möglich – erneut Berücksichtigung.<br />

Die Pensionierung von Karsten Schilling hat die Autoren dazu bewegt, „frisches<br />

Blut“ zur Aktualisierung hinzuzuziehen: Thorsten Floren tritt seit dieser Auflage<br />

sukzessive die Nachfolge an und verstärkt so den Praxisbezug. Sämtliche Änderungen<br />

wurden berücksichtigt, sodass die Veröffentlichung sich auf aktuellem Stand<br />

befindet.<br />

Dortmund/Steinheim/Unna, im Januar 2021<br />

Heiko Artkämper Thorsten Floren Karsten Schilling<br />

5


Aus dem Vorwort zur fünften Auflage (2018)<br />

Aus dem Vorwort zur fünften Auflage (2018)<br />

Anregungen und Wünsche der Leser, die an die Autoren herangetragen wurden,<br />

fanden – soweit möglich – erneut Berücksichtigung, ohne dass dadurch die Struktur<br />

gegenüber den Vorauflagen geändert werden musste.<br />

Aus dem Vorwort zur vierten Auflage (2017)<br />

Die Notwendigkeit einer Neuauflage der vergriffenen Veröffentlichung fällt in eine<br />

Zeit, in der Gesetzesänderungen zu erwarten stehen. Unter anderem der seit dem<br />

Jahr 2016 diskutierte Rohentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz<br />

– Entwurf eines Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren<br />

Ausgestaltung des Strafverfahrens – könnte im Falle seiner Umsetzung zu gravierenden<br />

Änderungen betreffend die Dokumentation von <strong>Vernehmungen</strong> führen.<br />

Diese wurden – soweit möglich – in die Ausführungen integriert und werden im<br />

Zusammenhang im Kapitel 18.7 dargestellt.<br />

Aus dem Vorwort zur dritten Auflage (2014)<br />

Erörterungen zu den Grundzügen der Wahrnehmung, der Kommunikation und der<br />

Vernehmungstechnik wurden ergänzt und erweitert.<br />

Soweit die im Jahre 2013 in Kraft getretenen Änderungen der Strafprozessordnung<br />

und des Gerichtsverfassungsgesetzes teilweise eigenständige Belehrungspflichten<br />

eingeführt haben, die durch ihre Aufnahme als Querverweise wenig benutzerfreundlich<br />

sind, wurden allerdings auch strukturelle Änderungen vorgenommen,<br />

die der besseren Verständlichkeit dienen sollen.<br />

Völlig neu eingeführt wurde das Kapitel zu <strong>Vernehmungen</strong> in besonderen Verfahrensarten<br />

(insbesondere Disziplinarverfahren). Hier ist es gelungen, für diese<br />

Spezialmaterien zwei kompetente und renommierte Gastautoren (POR Christoph<br />

Keller und ORR Philipp Metzger) zu gewinnen.<br />

6


Aus dem Vorwort zur ersten Auflage (2010)<br />

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage (2010)<br />

In der Praxis der Strafverfolgung werden <strong>Vernehmungen</strong> von Zeugen und Beschuldigten<br />

im Ermittlungsverfahren regelmäßig eigenverantwortlich von Polizeibeamten<br />

durchgeführt.<br />

Hierbei entstehen Kommunikationsprozesse, die von psychologischen und sozialen<br />

Faktoren abhängig und neben der sozialen Kompetenz des Vernehmenden<br />

an die Kenntnis kriminalistisch-methodischer und juristischer Vorgaben geknüpft<br />

sind.<br />

Diese polizeilichen <strong>Vernehmungen</strong> sind in weitaus größerem Maße für den Ausgang<br />

eines Strafverfahrens relevant, als es Polizeibeamten oftmals bekannt ist.<br />

Das Feedback durch die Justiz lässt häufig zu wünschen übrig. In vielen Fällen<br />

hängen Freispruch und/oder Verurteilung allein von der Qualität und der Verwertbarkeit<br />

einer solchen Vernehmung ab. Die polizeiliche Vernehmung rückt daher<br />

häufig in den Mittelpunkt einer strafrechtlichen Hauptverhandlung.<br />

Polizeiliche <strong>Vernehmungen</strong> mögen „aus Erfahrung gut“ sein; was aber passiert,<br />

wenn genau diese Erfahrung fehlt? „Ohne Erfahrung gut“ ist eine Fiktion und eine<br />

unerreichbare Leistungsvorgabe; sie kann nicht erwartet werden. Erfolgreiche<br />

<strong>Vernehmungen</strong> bedürfen eines Grundstockes an sozialwissenschaftlichen, kriminologischen,<br />

kriminalistischen und juristischen Kenntnissen sowie einer gewissen<br />

Lebenserfahrung. Alle vorgenannten Aspekte können aber keinesfalls eine erforderliche<br />

Vernehmungserfahrung und -praxis auch nur ansatzweise ersetzen.<br />

Das „Bauchgefühl“ eines vernehmenden Polizeibeamten entwickelt sich; damit<br />

er dabei auf gewisse Grundlagen zurückgreifen kann, will diese Veröffentlichung<br />

Handlungssicherheit in Vernehmungssituationen vermitteln. Es versteht sich,<br />

dass es dabei ausschließlich um die theoretische Vernehmungskompetenz und<br />

nicht die Sozialkompetenz geht.<br />

<strong>Vernehmungen</strong> müssen von einer professionellen – aber neutralen – Neugier<br />

geprägt sein, die sach- und personenbezogen ist und von einem kriminalistischen<br />

Denken dominiert wird. Die Fragen, die der Vernehmende stellt, steuern die Qualität<br />

der Antworten; Fragen und Antworten bilden eine Symbiose.<br />

Dieses Buch soll dem Leser den Einstieg in eine schwierige Materie erleichtern,<br />

aber zugleich auch als späterer Wegbegleiter in besonderen Situationen eine<br />

Hilfe sein. Bei der Umsetzung dieser Konzeption wurde versucht, die einzelnen<br />

Kapitel „autark“ zu gestalten, sodass der Leser allein durch die Lektüre eines<br />

Themenabschnittes umfassend informiert wird. Die damit verbundenen Wiederholungen<br />

bei einer Gesamtlektüre des Werkes haben die Verfasser bewusst in<br />

Kauf genommen.<br />

Das perfekte, universell anwendbare Vernehmungskonzept für jede Vernehmungssituation<br />

und für jeden Vernehmenden gibt es nicht; ein solches kann und soll<br />

daher auch hier nicht präsentiert werden.<br />

7


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort zur sechsten Auflage ........................................ 5<br />

Aus dem Vorwort zur fünften Auflage (2018) ........................... 6<br />

Aus dem Vorwort zur vierten Auflage (2017) ........................... 6<br />

Aus dem Vorwort zur dritten Auflage (2014) ........................... 6<br />

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage (2010) ............................ 7<br />

Übersichten/Schaubilder ........................................... 31<br />

1 <strong>Vernehmungen</strong> im Kontext von<br />

menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge .................. 33<br />

1.1 Menschliches Erinnern: Grundzüge von Wahrnehmung,<br />

Codierung, Speicherung und Wiedergabe .................... 34<br />

1.1.1 Fehlerquellen bei der Wahrnehmung ....................... 35<br />

1.1.2 Fehlerquellen bei der Codierung ........................... 36<br />

1.1.3 Fehlerquellen bei der Speicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

1.1.4 Fehlerquellen bei der Wiedergabe .......................... 37<br />

1.2 Personenbezogene Faktoren ............................... 38<br />

1.2.1 Weitere subjektive Determinanten ......................... 38<br />

1.2.2 Wahrnehmungsverzerrungen .............................. 38<br />

1.2.3 Alters- und Größenschätzungen ............................ 39<br />

1.3 Sachbezogene Faktoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

1.4 Lüge und Irrtum ......................................... 40<br />

1.5 Unglaubhaftigkeits- bzw. Nullhypothese,<br />

Realkennzeichen und Warnhinweise ........................ 41<br />

1.5.1 Nullhypothese .......................................... 41<br />

1.5.2 Realkennzeichen und Warnsignale .......................... 43<br />

1.6 Analyse einer Aussage .................................... 44<br />

1.6.1 Detailreichtum .......................................... 44<br />

1.6.2 Individuelle – ausgefallene – Besonderheiten ................. 45<br />

1.6.3 Raum-zeitliche Verknüpfung mit objektivierbaren Faktoren .....45<br />

1.6.4 Konstanz in wesentlichen Teilen ............................ 45<br />

1.6.5 Homogenität ........................................... 45<br />

1.6.6 Ungeordnete – aber psychologisch erklärbare –<br />

Beschreibungen ......................................... 45<br />

1.6.7 Spontane Erweiterungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

1.6.8 Objektivität durch Beschreibung be- und<br />

entlastender Umstände ................................... 46<br />

9


Inhaltsverzeichnis<br />

1.6.9 Resümee ............................................... 46<br />

1.7 Lügensignale ............................................ 46<br />

1.7.1 Recht zur Lüge?! ......................................... 47<br />

1.7.1.1 Zeugen ................................................ 47<br />

1.7.1.2 Beschuldigte ............................................ 48<br />

1.7.1.3 Selbstbelastungsfreiheit versus Auskunftspflichten ............ 48<br />

1.7.1.3.1 Insolvenzordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

1.7.1.3.2 Asylgesetz .............................................. 49<br />

1.7.1.3.3 Disziplinarverfahren im Strafvollzug ......................... 50<br />

1.7.1.4 Falschangaben bei Verkehrsdelikten ........................ 50<br />

1.7.2 Guter oder schlechter Leumund ............................ 52<br />

1.7.3 Fehlen von Realitätskriterien .............................. 53<br />

1.7.4 Weitere Warn- und Lügensignale ........................... 53<br />

1.8 Zuverlässig funktionierende Lügenerkennungsmethoden? ......54<br />

1.9 Kurze tatsächliche Bestandsaufnahme ...................... 54<br />

1.9.1 Der Fall Jakob von Metzler ................................ 55<br />

1.9.2 Falsche Geständnisse und der Bauer Rudi Rupp ............... 56<br />

1.9.3 Das Holzklotzverfahren ................................... 57<br />

1.9.4 Die Vermisstenanzeige ................................... 58<br />

1.9.5 Der wenig kooperative Beschuldigte ........................ 58<br />

1.9.6 Der nicht auffindbare Beschuldigte ......................... 59<br />

1.9.7 Ein Gegenbeispiel: Tod nach Luftembolie bei<br />

einverständlichem Geschlechtsverkehr ...................... 59<br />

1.9.8 Erhebungen von Habschick ................................ 60<br />

1.9.9 Appell an die Vernehmenden .............................. 61<br />

1.10 Historische Reminiszenz .................................. 61<br />

1.10.1 <strong>Vernehmungen</strong> ......................................... 62<br />

1.10.2 Geständnisse beschuldigter Personen ....................... 63<br />

1.11 <strong>Vernehmungen</strong> im EU-Kontext ............................. 64<br />

2 <strong>Vernehmungen</strong> und andere Arten<br />

der Informationsgewinnung .............................. 65<br />

2.1 Begriff der Vernehmung .................................. 66<br />

2.2 „Gespräche“ zur Gefahrenabwehr .......................... 68<br />

2.2.1 Kommunikativer Einsatz .................................. 69<br />

2.2.2 Gespräch auf der Straße .................................. 69<br />

2.3 Gefährderansprachen oder besser: Gefährdergespräche .......70<br />

2.3.1 „Versuch“ einer Definition aus Bayern ....................... 71<br />

2.3.2 Psychologisch und taktisch sinnvolle Handlungsempfehlung ....71<br />

2.3.3 Das Interventionskonzept ................................. 72<br />

10


Inhaltsverzeichnis<br />

2.4 Handlungsempfehlungen, Opferfürsorge und Anhörungen ......73<br />

2.5 Informatorische Befragungen .............................. 73<br />

2.6 Sondierungsfragen ....................................... 74<br />

2.7 (Zufälliges) Mithören von Äußerungen ...................... 74<br />

2.8 Spontanäußerungen ..................................... 75<br />

2.8.1 Spontanäußerungen von Beschuldigten ..................... 75<br />

2.8.2 Selbstgespräche von Beschuldigten ......................... 78<br />

2.8.3 Spontanäußerungen von Zeugen ........................... 78<br />

2.9 Vorgespräche ........................................... 79<br />

2.10 Anzeigeerstattungen ..................................... 80<br />

2.10.1 Rechtsnatur der Anzeigeaufnahme ......................... 81<br />

2.10.2 Spielregeln für den Anzeigeaufnehmenden .................. 81<br />

2.10.3 Anzeigeerstatter bei Privatklagedelikten ..................... 82<br />

2.10.4 Anzeigeerstatter oder Beschuldigter? ....................... 83<br />

2.10.5 Strafanzeigen gegen Kinder ................................ 84<br />

2.11 Einsatz verdeckter Ermittler ............................... 84<br />

2.12 Heimliches Aufzeichnen von Gesprächen mit<br />

Besuchern während der Untersuchungshaft .................. 86<br />

2.13 Hörfallen ............................................... 87<br />

2.14 Schriftliche „<strong>Vernehmungen</strong>“, besser: Äußerungen ............ 88<br />

2.14.1 Beschuldigte ............................................ 88<br />

2.14.2 Zeugen ................................................ 89<br />

2.14.3 Standardisierte Anhörungsbögen ........................... 89<br />

2.14.4 Detaillierte Fragenkataloge (mit Platz für Antworten) ..........90<br />

2.14.5 Konservierung von Zeugenwahrnehmungen durch<br />

vorgelagerte Anhörungsbögen – „EVA“ ...................... 93<br />

2.15 Polizeiliche und staatsanwaltliche <strong>Vernehmungen</strong> ............. 96<br />

3 Ziele und Aufgaben einer Vernehmung ..................... 99<br />

3.1 Ziele einer Vernehmung .................................. 99<br />

3.2 Strukturen ............................................100<br />

3.2.1 Objektiver und subjektiver Befund .........................100<br />

3.2.2 Personen ..............................................100<br />

3.3 Wahrheitsfindung ......................................101<br />

3.4 Inhalte ................................................101<br />

3.5 Wahrgenommenes, Information und Schlussfolgerung(en) ....101<br />

3.5.1 Analyse der Aussage ....................................102<br />

3.5.2 Abfrage von Vergleichswerten ............................103<br />

3.6 Soziale Wahrnehmung und ihre Realisation durch<br />

den Vernehmenden .....................................104<br />

11


Inhaltsverzeichnis<br />

3.7 Bestätigende Informationsverarbeitung und<br />

Ankereffekt im Strafverfahren ............................105<br />

3.7.1 Die „richtige“ Entscheidung ..............................105<br />

3.7.2 Phänomene der Entscheidungsfindung .....................106<br />

3.7.2.1 Schulterschlusseffekt ....................................106<br />

3.7.2.2 Prinzip der bestätigenden Informationsverarbeitung ..........106<br />

3.7.2.2.1 Verarbeitung konsistenter Informationen ...................107<br />

3.7.2.2.2 Verarbeitung inkonsistenter Informationen .................107<br />

3.7.3 Inertia-/Perseveranzeffekt ...............................107<br />

3.7.4 Primacyeffekt ..........................................107<br />

3.7.5 Ankereffekt ............................................108<br />

3.7.6 Auswirkungen auf das Strafverfahren ......................108<br />

3.7.6.1 Bestätigung kriminalistischer Arbeitshypothesen .............108<br />

3.7.6.2 Antragsgemäße Beschlüsse im Ermittlungs- und<br />

Zwischenverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109<br />

3.7.6.3 Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung .................109<br />

3.7.6.4 Plädoyers, Beratung und Urteil ............................110<br />

3.8 Zusammenfassung ......................................111<br />

4 Transfer von <strong>Vernehmungen</strong> in die Hauptverhandlung ....... 113<br />

4.1 Personal- und Sachbeweis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />

4.2 Erscheinungsformen von Angaben im Ermittlungsverfahren ....115<br />

4.3 Transfer des Personalbeweises in die Hauptverhandlung ......115<br />

4.3.1 Beschuldigtenangaben ..................................115<br />

4.3.2 Zeugenangaben ........................................115<br />

4.3.2.1 Normalzeugen .........................................115<br />

4.3.2.2 Zeugen mit Auskunftsverweigerungsrecht ..................117<br />

4.3.2.3 Zeugen mit Zeugnisverweigerungsrecht ....................118<br />

4.3.2.4 Zeugen, die einer Aussagegenehmigung bedürfen ............122<br />

4.3.2.5 Berufsgeheimnisträger und deren Gehilfen als Zeugen ........123<br />

4.3.2.6 Verlesung von Zeugenaussagen bei Geständnissen ...........125<br />

4.4 Resümee ..............................................126<br />

4.5 Anhang: Polizeibeamte als Zeugen vor Gericht ...............127<br />

4.5.1 Neue Tendenzen .......................................127<br />

4.5.2 Professionalität ........................................129<br />

4.5.3 Notwendige Verteidigung bei Polizeizeugen? ................130<br />

4.5.4 Strategien und Strukturen aggressiver Verteidigung<br />

gegenüber Polizeibeamten ...............................130<br />

4.5.4.1 Verteidigungsstrategien .................................131<br />

12


Inhaltsverzeichnis<br />

4.5.4.2 Strukturelle Aspekte aggressiver Verteidigung<br />

im Rahmen der Befragung und Reaktionsmöglichkeiten<br />

von Polizeibeamten .....................................131<br />

4.5.4.2.3 Unterbrechungen, Vernehmungsversuche und Vorwürfe ......131<br />

4.5.4.2.4 Erforschung der Persönlichkeit und des Privatlebens ..........131<br />

4.5.4.2.5 Rollenfremde Fragen ....................................132<br />

4.5.4.2.6 Nach den §§ 240, 241 StPO unzulässige Fragen ..............133<br />

4.5.4.2.7 Protokollierungsanträge und Suggestivbemerkungen .........133<br />

4.5.4.2.8 Häufung von Fragen. Unverständliche, geschlossene und<br />

Fangfragen ............................................134<br />

4.5.5 Checkliste und Leitfaden zur Vorbereitung und<br />

Durchführung der Zeugenaussage .........................134<br />

4.5.5.1 Vorbereitung ..........................................134<br />

4.5.5.2 Verhalten im Gerichtsgebäude ............................135<br />

4.5.5.3 Vernehmung ...........................................135<br />

4.5.5.4 Nachbereitung .........................................136<br />

4.6 Der Polizeibeamte als Sachverständiger ....................137<br />

4.7 Abgrenzung zum Zeugen .................................138<br />

5 Vernehmungsmodelle .................................. 141<br />

5.1 Modelle Zeugenvernehmung .............................141<br />

5.1.1 Kognitives Interview ....................................141<br />

5.1.1.1 Zurückversetzen in den Wahrnehmungskontext ..............142<br />

5.1.1.2 Alle Einfälle berichten lassen .............................142<br />

5.1.1.3 Abfrage der Erinnerung aus unterschiedlichen Richtungen .....142<br />

5.1.1.4 Perspektivenwechsel ....................................142<br />

5.2 Modelle Zeugen und Beschuldigtenvernehmung .............142<br />

5.2.1 Rapport-Modell<br />

(oder: erweitertes kognitives Interview) ....................142<br />

5.2.1.1 Zeugenvernehmung .....................................143<br />

5.2.1.2 Beschuldigtenvernehmung ...............................144<br />

5.2.2 PEACE-Modell ..........................................144<br />

5.2.2.1 P = Planing and Preparation (Planung und Vorbereitung) ......145<br />

5.2.2.2 E = Engage and Explain<br />

(Einvernehmen herstellen und erklären) ....................145<br />

5.2.2.3 A = Account (Freier Bericht, Rede und Antwort) ..............145<br />

5.2.2.4 C = Closure (Abschluss) ..................................145<br />

5.2.2.5 E = Evaluation (Auswertung)..............................146<br />

5.2.3 FIVE-TIERS-Modell ......................................146<br />

5.2.4 Strukturierte <strong>Vernehmungen</strong> .............................146<br />

5.2.4.1 Strukturierte Zeugenvernehmung .........................147<br />

13


Inhaltsverzeichnis<br />

5.2.4.2 Strukturierte Beschuldigtenvernehmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147<br />

5.3 Modelle Beschuldigtenvernehmung .......................148<br />

5.3.1 Reid-Modell ...........................................148<br />

5.3.1.1 Intention ..............................................148<br />

5.3.1.2 Propagierte Vorgehensweise .............................148<br />

5.3.1.3 Kritik .................................................149<br />

5.3.2 RPM-Technik ...........................................150<br />

5.4 Struktur, „Checkliste“ oder „Korsett“? ......................150<br />

5.4.1 Notwendigkeit einer Vergleichsgröße ......................150<br />

5.4.2 Bildkartenmethode-Vernehmungskarten<br />

als Strukturelement .....................................152<br />

6 Kommunikationsprozess und Fragetechniken .............. 153<br />

6.1 Menschliche Kommunikation und Gesprächsführung<br />

im Kontext von <strong>Vernehmungen</strong>; Vernehmungscoaching .......153<br />

6.1.1 Nichtkommunikation ....................................154<br />

6.1.2 Sender und Empfänger ..................................154<br />

6.1.3 Kommunikationsdiagnosemodelle .........................155<br />

6.1.3.1 TALK-Modell ...........................................156<br />

6.1.3.2 Transaktionsanalyse .....................................157<br />

6.1.4 Kommunikationsstile ....................................159<br />

6.1.5 Kommunikationsprobleme ...............................160<br />

6.1.5.1 Allgemeine Probleme ...................................160<br />

6.1.5.2 Explizite Metakommunikation ............................161<br />

6.1.6 Fazit: Grundregeln kompetenter Kommunikation .............162<br />

6.2 Beteiligte am Kommunikationsprozess .....................162<br />

6.3 Allgemeine Überlegungen ................................164<br />

6.3.1 Vorentscheidung .......................................164<br />

6.3.2 Kriminalistisch-taktische Weichenstellung ..................164<br />

6.4 Zulässige (und unzulässige) Fragen ........................164<br />

6.5 Zugang ...............................................165<br />

6.5.1 Bekanntschaft besteht ...................................165<br />

6.5.2 Bekanntschaft herstellen .................................165<br />

6.5.3 Ermittler als Kommunikationspartner ......................166<br />

6.5.4 Besonderheiten bei Mehrfachtätern .......................167<br />

6.6 Vernehmungsarbeit als Beziehungsarbeit ...................168<br />

6.6.1 Serienmörder ..........................................168<br />

6.6.1.1 Prozessgeschichte ......................................169<br />

6.6.1.2 Bedeutung der Belehrung ................................170<br />

6.6.2 Wirtschaftskrimineller ...................................171<br />

14


Inhaltsverzeichnis<br />

6.6.3 Drogenkonsument und Bewährungsversager ................171<br />

6.6.4 Marihuanakäufer .......................................172<br />

6.6.5 OFA-Einbeziehung ......................................172<br />

6.6.6 „Als ob“-Beziehung .....................................173<br />

6.6.7 Beziehungsarbeit als „Kunst, Mördern ein<br />

Geständnis abzunehmen“ ................................174<br />

6.7 Polizeiliches „Schwarzweißdenken“ ........................175<br />

6.8 Offene (und geschlossene) Fragen .........................175<br />

6.8.1 Offene Fragen ..........................................176<br />

6.8.2 Geschlossene Fragen ....................................177<br />

6.8.3 Gefahren geschlossener Fragen ...........................177<br />

6.8.4 Trichterbefragung ......................................177<br />

6.9 Neutrale (und suggestive) Fragen ..........................177<br />

6.10 Ausreden lassen ........................................178<br />

6.11 Aktives (und passives) Zuhören ...........................179<br />

6.11.1 Passives Zuhören .......................................179<br />

6.11.2 Aufmerksamkeitsreaktionen ..............................179<br />

6.11.3 Aktives Zuhören ........................................180<br />

6.11.4 Kommunikationssperren .................................180<br />

6.12 Ich-Botschaften ........................................181<br />

6.13 Psychischer Druck ......................................181<br />

6.13.1 Furchterregende Appelle ................................181<br />

6.13.2 Kontrollverlust .........................................181<br />

6.13.3 Vernehmungsstrategien .................................182<br />

6.13.3.1 Magic Words ..........................................182<br />

6.13.3.2 Kreuzverhör ...........................................183<br />

6.13.3.3 Zick-Zack-Methode .....................................183<br />

6.14 Körpersprache .........................................183<br />

6.15 Im Vorgriff: Vorbereitung der Vernehmung ..................185<br />

6.16 Sprachniveau ..........................................185<br />

6.16.1 Killerphrasen und Floskeln ...............................186<br />

6.16.2 Fremd- und Schlagworte .................................186<br />

6.16.3 Rechtsbegriffe .........................................186<br />

6.16.4 Fach- und Milieubegriffe .................................186<br />

6.17 Anhang: Kontakt mit Suizidenten ..........................187<br />

6.17.1 Kontrolle ..............................................187<br />

6.17.2 Gespräche mit suizidentschlossenen Personen ..............188<br />

6.17.3 Herankommen .........................................188<br />

6.17.4 Aktives Zuhören ........................................190<br />

15


Inhaltsverzeichnis<br />

7 Erscheinenspflichten und Anwesenheitsrechte ............. 193<br />

7.1 Anwesenheitspflichten ..................................193<br />

7.2 Überblick über die gesetzlichen Regelungen<br />

der Anwesenheitsrechte .................................195<br />

7.3 Erklärungs- und Fragerecht des Verteidigers<br />

bei <strong>Vernehmungen</strong> .....................................197<br />

7.4 Exkurs: Teilnahmerecht bei Einnahme richterlichen<br />

Augenscheins ..........................................197<br />

7.5 Anwesenheitsrecht und Anwesenheitsmöglichkeit ...........198<br />

7.6 Umfang des Anwesenheitsrechts ..........................198<br />

7.7 Anwesenheitsrecht der Erziehungsberechtigten<br />

und Betreuer pp. .......................................199<br />

7.8 Anwesenheitsrecht des Verteidigers .......................199<br />

7.8.1 Vernehmung des Beschuldigten ...........................199<br />

7.8.2 Vernehmung von Mitbeschuldigten .......................200<br />

7.9 Zeugenbeistände und Nebenklageberechtigte ...............200<br />

7.9.1 Vernehmungsbeistände .................................201<br />

7.9.2 Verletztenbeistände .....................................201<br />

7.9.3 Anwälte von nebenklageberechtigten Verletzten .............202<br />

7.9.4 Psychosoziale Prozessbetreuung ..........................203<br />

7.9.5 Übersichten ...........................................204<br />

7.9.5.1 Teilnahmerecht an <strong>Vernehmungen</strong> des Mandanten ...........204<br />

7.9.5.2 Teilnahmerecht an anderen <strong>Vernehmungen</strong> .................204<br />

7.10 Belehrung über die Möglichkeit anwaltlichen Beistandes ......205<br />

7.11 Anspruch auf Dolmetscher bei sprachunkundigen<br />

Nebenklageberechtigten .................................206<br />

7.12 Anhang: Mitteilungspflichten zugunsten des Verletzten .......207<br />

8 Vorbereitung der Vernehmung ........................... 209<br />

8.1 Allgemeine Vorbereitung ................................209<br />

8.1.1 Äußere Umstände ......................................209<br />

8.1.2 Umfassende Aktenkenntnis ..............................210<br />

8.1.2.1 Vorbereitung in sachlicher Hinsicht ........................210<br />

8.1.2.2 Vorbereitung in rechtlicher Hinsicht .......................211<br />

8.1.2.3 Vorbereitung in personeller Hinsicht .......................211<br />

8.1.2.4 Technische Vorbereitung .................................212<br />

8.1.3 Rück- und Absprachen mit der Staatsanwaltschaft ............212<br />

8.1.3.1 Klärung des Status des zu Vernehmenden ...................212<br />

8.1.3.2 Umfang der Vernehmung bei Mehrfachstraftätern ...........213<br />

8.1.3.3 Weitere Entscheidungsmöglichkeiten nach<br />

dem Opportunitätsprinzip ...............................214<br />

16


Inhaltsverzeichnis<br />

8.2 Öffentlichkeitsarbeit ....................................215<br />

8.2.1 Auslobungen und Belohnungen ...........................216<br />

8.2.2 Gefahren einer offensiven Presseöffentlichkeit ..............216<br />

8.3 Vorangegangene Maßnahmen ............................216<br />

8.3.1 Notrufe ...............................................216<br />

8.3.2 Zugriff durch Dritte .....................................216<br />

8.3.3 Einschaltung von Sachverständigen ........................217<br />

8.4 Schnelle sofortige oder geplante vorbereitete Vernehmung ....217<br />

8.4.1 Vorteile eines schnellen sofortigen Ansatzes<br />

einer Vernehmung ......................................217<br />

8.4.2 Vorteile, „in Ruhe ermittelt zu haben“ ......................217<br />

8.5 Äußere Begleitumstände .................................217<br />

8.6 Psychologisches/psychiatrisches Einzelvernehmungstraining<br />

zur Vorbereitung einer Vernehmung .......................218<br />

8.7 Einschaltung der OFA ....................................218<br />

8.8 Vernehmungsbegleitendes Coaching .......................219<br />

8.8.1 Remote-Unterstützung ..................................219<br />

8.8.2 Grenze rechtsstaatlichen Vorgehens .......................219<br />

8.9 Eigensicherungsmaßnahmen .............................219<br />

8.10 Aktenaufbau und Aktenführung ...........................220<br />

8.10.1 Aktenwahrheit, -klarheit und -vollständigkeit ................220<br />

8.10.2 Aktenführung und Daten-/Opferschutz .....................221<br />

8.10.3 Aktenführende Stelle ....................................222<br />

9 Vernehmungsfähigkeit und <strong>Vernehmungen</strong><br />

von Personen, die der (hoch-)deutschen Sprache<br />

nicht – hinreichend – mächtig sind ....................... 223<br />

9.1 Keine starren Altersgrenzen ..............................224<br />

9.2 Alkohol ...............................................224<br />

9.3 Medikamenten- und Drogenabhängige .....................225<br />

9.4 Methoden zur angenehmen Vernehmungsgestaltung<br />

und/oder Erinnerungsunterstützung .......................226<br />

9.4.1 Verabreichen von Mitteln bei selbst verursachter<br />

zentraler Beeinflussung ..................................226<br />

9.4.2 Zeugen ...............................................226<br />

9.4.3 Beschuldigte ...........................................228<br />

9.5 (Opfer-)Zeugen nach durchgeführten (Not-)Operationen ......231<br />

9.6 <strong>Vernehmungen</strong> von Personen, die der (hoch-)deutschen<br />

Sprache nicht (hinreichend) mächtig sind ...................231<br />

9.6.1 Mundarten und Dialekte der deutschen Sprache .............232<br />

9.6.2 Stärkung der Verfahrensrechte des Nebenklägers 2013 .......232<br />

17


Inhaltsverzeichnis<br />

9.6.3 Überprüfung der Sprachkenntnisse ........................234<br />

9.6.4 Sprachkundige Vernehmungsbeamte ......................235<br />

9.6.5 Übersetzungen durch Vertrauens-/Begleitpersonen<br />

des zu Vernehmenden ...................................236<br />

9.6.6 Einsatz und Selbstverständnis von Dolmetschern .............237<br />

9.6.7 Fehlerquellen beim Einsatz von Dolmetschern ...............237<br />

9.6.7.1 Aufgabe, Funktion und Hintergrundwissen<br />

des Dolmetschers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238<br />

9.6.7.2 Keine Interaktionen zulassen .............................239<br />

9.6.7.3 Sprachungenauigkeiten und<br />

Übersetzungsfehler berücksichtigen .......................240<br />

9.6.7.4 Optimaler Dolmetschereinsatz ............................240<br />

9.6.7.5 Ausnahmefall: Beziehungsaufbau mit und<br />

durch den Dolmetscher?! ................................241<br />

9.6.8 Dokumentation übersetzter <strong>Vernehmungen</strong> .................242<br />

9.6.9 Exkurs: Dolmetscher- und Sachverständigenstatus ............243<br />

9.6.10 Vernehmung von Fremdsprachigen und<br />

Glaubhaftigkeitsbeurteilung ..............................243<br />

9.7 Hör- und sprachbehinderte Personen ......................243<br />

9.8 Gehörlose, Stumme und taubstumme Analphabeten .........245<br />

10 Verbotene und erlaubte Vernehmungsmethoden ........... 247<br />

10.1 Polygraph .............................................247<br />

10.1.1 Polygraphie bei Zeugen ..................................248<br />

10.1.2 Polygraphie bei Beschuldigten ............................250<br />

10.1.3 Eine mutige Entscheidung: Polygraphie bei<br />

Beschuldigten und Zeugen ...............................250<br />

10.2 Mikroexpressionen der Furcht ............................251<br />

10.3 Neurowissenschaft und Gehirnaktivitäten ..................252<br />

10.4 Hypnose ..............................................254<br />

10.4.1 Versuch einer Definition .................................254<br />

10.4.2 Behandlung der Hypnose durch Juristen ....................256<br />

10.4.3 Kritik und Lösungsvorschlag zur Hypnose bei Zeugen .........257<br />

10.4.4 Juristisch-dogmatisches Lösungsangebot ...................259<br />

10.4.5 Beweiswert erzielter Ergebnisse ...........................260<br />

10.4.6 Hypnose bei Beschuldigten ...............................262<br />

10.4.7 Resümee ..............................................263<br />

10.5 Face-Truth-Model ......................................264<br />

10.6 Regelungen der §§ 69 Abs. 3, 136a StPO ....................265<br />

10.6.1 Normadressaten .......................................265<br />

10.6.2 Vernehmungsbegriff ....................................266<br />

18


Inhaltsverzeichnis<br />

10.6.3 Misshandlung ..........................................266<br />

10.6.4 Ermüdung .............................................266<br />

10.6.5 Verabreichen von Mitteln ................................267<br />

10.6.6 Quälerei ..............................................268<br />

10.6.7 Täuschung .............................................269<br />

10.6.8 Hypnose ..............................................270<br />

10.6.9 Zwang ................................................270<br />

10.6.10 Drohung mit unzulässigen Maßnahmen ....................271<br />

10.6.11 Versprechen von gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteilen .....272<br />

10.6.12 Erinnerungsvermögen und Einsichtsfähigkeit ................274<br />

10.6.13 Personeller Adressatenkreis verbotener<br />

Vernehmungsmethoden .................................275<br />

10.6.14 (Keine) Fernwirkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275<br />

10.7 Kriminalistische List und Täuschung ........................276<br />

10.7.1 Grenzbereiche in der alltäglichen Vernehmungspraxis ........276<br />

10.7.2 Legitimation der Differenzierung ..........................279<br />

10.7.3 Resümee ..............................................279<br />

10.8 Exkurs: Mögliche Strafbarkeiten des Vernehmenden<br />

(insbesondere bei der Anwendung verbotener<br />

Vernehmungsmethoden) ................................280<br />

11 Auswirkungen verbotener Vernehmungs methoden,<br />

fehlender und falscher Belehrungen ...................... 281<br />

11.1 Absolute Verwertungsverbote ............................281<br />

11.2 Fruit of the poisonous tree doctrine .......................281<br />

11.3 Hypothesenlehre .......................................281<br />

11.4 Abwägungslehre .......................................281<br />

11.5 Beweiswürdigungslösung ................................282<br />

11.6 Strafvollstreckungslösung ................................282<br />

11.7 Widerspruchslösung ....................................282<br />

11.8 Notwendigkeit einer qualifizierten Belehrung ...............282<br />

12 Zeugenvernehmungen allgemein ......................... 285<br />

12.1 Die gesetzlichen Regelungen .............................285<br />

12.1.1 Überblick über die seit dem 1.10.2009<br />

geltenden Regelungen ...................................285<br />

12.1.2 Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern<br />

sexuellen Missbrauchs (StORMG) vom 26.6.2013 ............285<br />

12.2 Ladung ...............................................288<br />

12.3 Zeugenbeistände .......................................290<br />

12.4 Recht des Zeugen auf Anwesenheit eines Rechtsanwaltes .....290<br />

19


Inhaltsverzeichnis<br />

12.5 Opferzeugen (und Opferanwälte) ..........................291<br />

12.6 Aufklärungspflichten ....................................293<br />

12.7 Belehrungspflichten .....................................294<br />

12.8 Ablauf der Zeugenvernehmung ...........................295<br />

12.9 Dokumentation der Zeugenvernehmung ....................297<br />

12.10 Statuswechsel: Vom Zeugen zum Beschuldigten. . . . . . . . . . . . . . 298<br />

12.11 Zeuge und Beschuldigter bei mehreren prozessualen Taten ....299<br />

12.12 Übersicht Zeugenbelehrungen ............................299<br />

13 Vernehmung „besonderer“ Zeugen ....................... 301<br />

13.1 Traumatisierte Zeugen ...................................301<br />

13.1.1 Stresssituationen als Ausgangslage ........................301<br />

13.1.2 Begriff des Traumas .....................................302<br />

13.1.3 Besondere Phänomene bei der Wahrnehmung<br />

und Speicherung .......................................302<br />

13.2 Kindliche Zeugen .......................................303<br />

13.3 Jugendliche Zeugen .....................................303<br />

13.3.1 Jugendsachbearbeiter ...................................303<br />

13.3.2 Beziehungsarbeit .......................................304<br />

13.3.3 Vernehmung jugendlicher Zeugen .........................305<br />

13.3.3.1 Zeugenbelehrung .......................................305<br />

13.3.3.2 Vernehmungsintention ..................................305<br />

13.3.3.3 Exkurs: Gefährdergespräche ..............................305<br />

13.3.3.4 Anwesenheitsrechte Erziehungsberechtigter ................306<br />

13.3.3.5 Vernehmungsinhalte ....................................306<br />

13.3.3.6 Dokumentation der Vernehmung ..........................307<br />

13.4 Sehr alte Menschen als Zeugen ...........................307<br />

13.4.1 Gedächtnisleistung .....................................307<br />

13.4.2 „SÄMÜT“ .............................................307<br />

13.5 Opferzeugen Menschenhandel ............................308<br />

13.5.1 Kurze historische Reminiszenz ............................308<br />

13.5.2 EU-Erweiterung ........................................309<br />

13.5.3 Opfer .................................................309<br />

13.5.4 Vernehmung ...........................................310<br />

13.5.4.1 Selbstverständnis .......................................310<br />

13.5.4.2 Kriminalistische Betrachtung .............................311<br />

13.5.5 Videovernehmungen ....................................312<br />

13.6 Zeugen mit Migrationshintergrund ........................312<br />

13.7 Zeugen mit erhöhter Gewaltbereitschaft<br />

und Hang zur Selbstjustiz ................................314<br />

20


Inhaltsverzeichnis<br />

13.8 Zeugen mit extrem archaischem Ehrgefühl ..................314<br />

13.8.1 Wahrheit und Ehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315<br />

13.8.2 Aussageverweigerungen .................................315<br />

13.8.3 Anhänger des Guanchi-Prinzips ...........................316<br />

13.9 Zeugen vom Hörensagen .................................317<br />

13.9.1 Anonyme Zeugen .......................................318<br />

13.9.2 Zusicherung der Vertraulichkeit ...........................318<br />

13.9.3 Quellenvernehmung ....................................319<br />

13.9.4 Möglichkeiten der „Vertraulichkeit“ ........................319<br />

13.10 Zeugen mit ärztlicher Schweigepflicht ......................320<br />

13.10.1 Vitaler Persönlichkeitsschutz .............................320<br />

13.10.2 Postmortaler Persönlichkeitsschutz ........................321<br />

14 Anhörung von Kindern ................................. 323<br />

14.1 Kindliche Wahrnehmung .................................323<br />

14.1.1 Sprachentwicklung ......................................325<br />

14.1.2 Entwicklung des Gedächtnisses ...........................325<br />

14.1.3 Entwicklung des Denkvermögens ..........................326<br />

14.1.4 Fähigkeit zu lügen ......................................326<br />

14.2 Zeitpunkt der Anhörung .................................327<br />

14.3 Anzahl der Anhörungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327<br />

14.4 Struktur einer Anhörung von Kindern ......................328<br />

14.4.1 Ziel der Anhörung ......................................328<br />

14.4.2 Ladung ...............................................328<br />

14.4.3 Vorbereitung ..........................................328<br />

14.4.4 Anwesenheitsrechte ....................................329<br />

14.4.5 Beziehungsarbeit bei der Anhörung .......................330<br />

14.4.6 Kindzentrierung ........................................331<br />

14.4.7 Vorgespräch/Kontaktphase ...............................332<br />

14.4.8 Belehrung eines tatverdächtigen Kindes ....................333<br />

14.4.9 Belehrung eines kindlichen Zeugen ........................334<br />

14.4.10 Ergänzungspflegschaft ..................................335<br />

14.4.11 Hilfsorganisationen .....................................335<br />

14.4.12 Anhörung zur Sache .....................................336<br />

14.4.12.1 Freier Bericht ..........................................336<br />

14.4.12.2 Trichterförmige Befragung ...............................337<br />

14.4.13 Transparenz ...........................................338<br />

14.4.14 Suggestionsfreiheit .....................................338<br />

14.4.15 Nonverbale Vernehmungstechniken .......................339<br />

14.4.15.1 Reale Gegenstände und Spielzeuge? .......................339<br />

21


Inhaltsverzeichnis<br />

14.4.15.2 Bildkärtchenmethode ...................................339<br />

14.4.16 Dokumentation ........................................340<br />

14.4.17 Praktische Erfahrungen mit der<br />

Dokumentation/Videovernehmung .......................343<br />

14.4.18 Eindrucksvermerke .....................................343<br />

14.4.19 Vernehmungskarten als Leitfaden .........................344<br />

15 Beschuldigtenvernehmung allgemein ..................... 345<br />

15.1 Vorgespräche ..........................................345<br />

15.2 Beschuldigtenbegriff ....................................346<br />

15.3 Zeitpunkt der Belehrung .................................347<br />

15.4 Art und Umfang der Belehrung ...........................352<br />

15.4.1 Gesetzliche Vorgaben (Übersicht) .........................353<br />

15.4.2 Belehrung des Beschuldigten über die ihm<br />

zur Last gelegte Tat .....................................355<br />

15.4.2.1 Tatbegriff .............................................355<br />

15.4.2.2 Tateröffnung, Beurteilungsspielraum<br />

und kriminalistische List .................................357<br />

15.4.2.3 Gefahren bei mehreren (strafprozessualen)<br />

Taten innerhalb der aktuellen Vernehmung .................358<br />

15.4.2.4 Gefahren bei weiteren in anderen Staatsanwaltschaften<br />

und/oder Polizeibehörden anhängigen Taten ................358<br />

15.4.2.5 Gefahren bei unterschiedlichen Prozessgegenständen<br />

und -rollen der Auskunftsperson ..........................359<br />

15.4.3 Einlassungsverweigerungsrecht ...........................359<br />

15.4.4 Recht des Beschuldigten zur Verteidigerkonsultation .........361<br />

15.4.4.1 Bisherige Kasuistik .....................................362<br />

15.4.4.2 Die Hilfestellungen nach neuem Recht:<br />

Anwaltskonsultation und Kostentragung ....................365<br />

15.4.4.3 Fälle der notwendigen Verteidigung .......................367<br />

15.4.4.4 Vernehmung ohne Verteidiger auch bei<br />

gravierenden Verbrechensvorwürfen? ......................368<br />

15.4.5 Beweisanregungsrecht ..................................370<br />

15.4.6 Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs ...................371<br />

15.4.7 Auskunfts-/Akteneinsichtsrechte (bei Festnahmen) ...........372<br />

15.4.7.1 Rechte des Beschuldigten ................................372<br />

15.4.7.2 Rechte des Verteidigers ..................................374<br />

15.4.8 Besonderheiten bei der Belehrung des Betroffenen<br />

im Ordnungswidrigkeitenverfahren ........................374<br />

15.5 Umsetzung der Belehrung ...............................374<br />

15.5.1 Notwendigkeit einer verständlichen Belehrung ..............375<br />

22


Inhaltsverzeichnis<br />

15.5.2 Aufgaben des Belehrenden ...............................376<br />

15.5.2.1 Wissensvermittlung .....................................377<br />

15.5.2.2 Verständniskontrolle ....................................378<br />

15.5.2.3 Unbedingte Respektierung des Willens des Beschuldigten .....378<br />

15.5.2.4 Dokumentation der Belehrung ............................381<br />

15.5.2.5 Streng- und Freibeweis ..................................382<br />

15.6 Folgen fehlender/mangelhafter Belehrungen:<br />

Widerspruchslösung des BGH .............................383<br />

15.7 Belehrung von Personen, die ihre Rechte kennen ............384<br />

15.8 Weiterer Ablauf der Beschuldigtenvernehmung ..............385<br />

15.9 Exkurs: Gemeinsamkeiten der Beschuldigtenvernehmung<br />

mit der Mediation?! ....................................385<br />

15.10 Statuswechsel: Vom Beschuldigten zum Zeugen? .............387<br />

16 Vernehmung „besonderer“ Beschuldigter ................. 389<br />

16.1 Verfahrensrechte von sprachunkundigen Beschuldigten .......389<br />

16.2 Beschuldigtenbelehrung bei Notwendigkeit einer<br />

Pflichtverteidigerbestellung ..............................391<br />

16.2.1 Das „Ob“ der Pflichtverteidigerbestellung ...................393<br />

16.2.2 Das „Wie“ der Pflichtverteidigerbestellung ..................394<br />

16.2.3 Die Kosten der Pflichtverteidigung .........................395<br />

16.3 Qualifizierte Belehrung ..................................396<br />

16.3.1 Gedanklicher Ansatz ....................................396<br />

16.3.2 Beweisverwertungsverbot bei Verstößen gegen<br />

Belehrungspflichten in vorgelagerten anderen Verfahren .....398<br />

16.3.3 Verhängnisvolle Ermittlungsketten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398<br />

16.3.4 Beteiligung von Beamten der Spezialeinheiten ...............401<br />

16.3.5 Keine qualifizierte Belehrung auf Verdacht ..................403<br />

16.3.6 Rechtsfolgen einer fehlenden qualifizierten Belehrung ........404<br />

16.3.6.1 Kein grundsätzliches Verwertungsverbot bezüglich<br />

des nicht belehrten Beschuldigten .........................404<br />

16.3.6.2 Verwertungsverbot zugunsten Mitbeschuldigter? ............405<br />

16.3.7 „Erschlichene“ qualifizierte Belehrung .....................405<br />

16.4 <strong>Vernehmungen</strong> von Beschuldigten,<br />

bei denen die Stellung eines Antrags<br />

auf Erlass eines Haftbefehls angeregt werden soll ............406<br />

16.5 Formalisierte Belehrungen bei Ingewahrsamnahmen<br />

und Identitätsfeststellungen ..............................407<br />

16.5.1 Schriftliche Belehrung bei Verhaftungen ....................407<br />

16.5.2 Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410<br />

23


Inhaltsverzeichnis<br />

16.5.2.1 Beschuldigter ..........................................410<br />

16.5.2.2 Verteidiger ............................................411<br />

16.5.3 Schriftliche Belehrung bei vorläufiger Festnahme ............411<br />

16.5.4 Schriftliche Belehrung bei Feststellung der Identität ..........413<br />

16.6 <strong>Vernehmungen</strong> von ausländischen Beschuldigten ............413<br />

16.6.1 Bestehen einer Belehrungspflicht .........................415<br />

16.6.2 Exkurs: Zwingende oder fakultative<br />

Benachrichtigung des Konsulats? ..........................416<br />

16.6.3 Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen<br />

die Belehrungspflicht ....................................417<br />

16.7 Belehrung bei Festnahme aufgrund eines EU-Haftbefehls ......418<br />

16.8 „<strong>Vernehmungen</strong>“ von Kindern ............................420<br />

16.8.1 Relevanter Zeitpunkt ....................................420<br />

16.8.2 Anhörung und/oder Zeugenvernehmung ...................421<br />

16.9 <strong>Vernehmungen</strong> von Jugendlichen .........................424<br />

16.9.1 Anwesenheitsrechte der Erziehungsberechtigten ............426<br />

16.9.2 Mögliche Sanktionen eines Verstoßes ......................427<br />

16.9.3 Haftvermeidung ........................................428<br />

16.9.4 Besondere Umstände bei der Vernehmung .................428<br />

16.9.5 Vernehmung und Belehrung jugendlicher Beschuldigter .......429<br />

16.9.6 Anwalt „der ersten Stunde“ ..............................433<br />

16.9.7 Neuregelung des § 67a JGG ..............................435<br />

16.10 Beschuldigte mit Migrationshintergrund ....................436<br />

16.11 Vernehmung speziell geschützter Personen,<br />

die Immunität oder Indemnität genießen oder<br />

dem NATO-Truppenstatut unterfallen ......................436<br />

16.12 <strong>Vernehmungen</strong> bei Ermächtigungsdelikten ..................436<br />

16.13 Vernehmung psychisch kranker Beschuldigter ...............436<br />

16.13.1 Die Rolle im Verfahren ...................................437<br />

16.13.2 Zeitpunkt .............................................437<br />

16.13.3 Diagnostik .............................................438<br />

16.13.4 Begutachtung bei Sofortsachverhalten .....................439<br />

16.13.5 Weiteres Verfahren .....................................440<br />

16.13.6 Vernehmungscoaching ..................................440<br />

16.13.7 Die Neuregelung ab dem 1.1.2020 .........................440<br />

16.14 <strong>Vernehmungen</strong> ausgelieferter Beschuldigter ................441<br />

16.15 Die Reform der strafrechtlichen Vermögens abschöpfung ......441<br />

16.16 Beschuldigtenvernehmungen bei präventiver<br />

Gewinnabschöpfung ....................................442<br />

16.16.1 Einschlägige Sachverhaltskonstellationen ...................443<br />

24


Inhaltsverzeichnis<br />

16.16.2 Die strafrechtliche Lösung ................................445<br />

16.16.3 Das Polizei- und Ordnungsrecht ...........................446<br />

16.16.4 Zusammenarbeit mit der Justiz ...........................447<br />

16.16.5 Möglichkeiten und Grenzen ..............................449<br />

16.17 <strong>Vernehmungen</strong> von Beamten .............................450<br />

17 <strong>Vernehmungen</strong> bei besonderen Verfahrensgegenständen .... 453<br />

17.1 Spezielle Fragenkataloge? ................................453<br />

17.2 Ausgesuchte Deliktsbereiche .............................453<br />

17.2.1 Amokläufe ............................................453<br />

17.2.2 Bagatellstraftaten .......................................454<br />

17.2.2.1 Anzeigeerstattungen bei Bagatell- und Privatklagedelikten .....454<br />

17.2.2.2 Beschuldigtenvernehmungen in Bagatellsachen ..............454<br />

17.2.3 Betäubungsmittelstraftaten ..............................455<br />

17.2.4 Betrugsstraftaten .......................................456<br />

17.2.5 Brandserien ...........................................456<br />

17.2.6 Ehrenmorde ...........................................457<br />

17.2.6.1 Vernehmung der Zeugen .................................457<br />

17.2.6.2 Ermittlungen im Heimatland ..............................458<br />

17.2.6.3 Besondere Probleme der Belehrung und<br />

Vernehmung der Beschuldigten ...........................459<br />

17.2.6.4 (Erhöhte) Gefahr falscher geständnisgleicher Einlassungen ....459<br />

17.2.7 Kindesmisshandlungen ..................................460<br />

17.2.8 Massenschlägereien ....................................460<br />

17.2.9 Menschenhandel und Zuhälterei ..........................460<br />

17.2.9.1 Besonderheiten von Ermittlungen und <strong>Vernehmungen</strong> .......461<br />

17.2.9.2 Dilemma der Zeuginnen und Angebote für die Opfer .........461<br />

17.2.10 Mordserien ............................................462<br />

17.2.11 Neonatizid ............................................462<br />

17.2.12 Pädokriminalität und Kinderpornographie ..................462<br />

17.2.13 Serienstraftaten (allgemein) ..............................463<br />

17.2.14 Sexualdelikte ..........................................464<br />

17.2.15 Stalking ...............................................465<br />

17.2.16 Todesermittlungsverfahren ...............................465<br />

17.2.17 Vermisstenfälle .........................................466<br />

17.2.18 Wirtschaftsstraftaten ....................................467<br />

18 Lichtbildvorlagen und Identifizierungsmaßnahmen ......... 469<br />

18.1 Antizipierte Beweisaufnahme .............................470<br />

18.2 Rechtsgrundlagen ......................................471<br />

18.3 Duldungspflichten ......................................471<br />

25


Inhaltsverzeichnis<br />

18.4 Anwesenheitsrechte ....................................472<br />

18.4.1 Anwesenheitsrecht des Verteidigers .......................472<br />

18.4.2 Anwesenheitsrecht eines Rechtsanwalts bei<br />

Identifizierungsmaßnahmen mit Zeugen ....................472<br />

18.5 Vorbereitung und Durchführung der Maßnahme .............474<br />

18.6 Auswahlmöglichkeiten schaffen ...........................475<br />

18.7 Datenschutz ...........................................476<br />

18.8 Dokumentation ........................................476<br />

18.9 Erschreckende Fehlerquoten .............................477<br />

18.10 Einzelidentifizierungen ..................................478<br />

18.11 Frontalidentifizierung ...................................478<br />

18.12 Sequentielle Identifizierung ..............................479<br />

18.13 Sequentielle Videoidentifizierung .........................480<br />

18.14 Wiederholtes Wiedererkennen ...........................481<br />

18.14.1 Lichtbildvorlage vor Wahlgegenüberstellung ................481<br />

18.14.2 Der „Verbal-Overshadowing“-Effekt........................483<br />

18.14.3 Fazit ..................................................484<br />

18.15 (Keine) Besonderheiten bei der Stimmenidentifizierung .......484<br />

18.16 Kombination von akustischem und optischem<br />

Wiedererkennen .......................................485<br />

18.17 Situative Identifizierungsmaßnahmen .....................485<br />

18.18 Rekonstruktion in der Hauptverhandlung ...................486<br />

19 Dokumentation der Vernehmung ........................ 487<br />

19.1 Kurze rechtliche und tatsächliche Bestandsaufnahme .........487<br />

19.2 Idealtypische Dokumentationen ..........................489<br />

19.2.1 Dokumentation der Belehrung ............................489<br />

19.2.2 Dokumentation der Entscheidung des Beschuldigten<br />

betreffend das Recht zur Verteidigerkonsultation ............490<br />

19.2.3 Dokumentation des Inhalts der Vernehmung ................491<br />

19.2.4 Eindrucksvermerke .....................................494<br />

19.2.5 (Innovative) Dokumentationstechniken .....................495<br />

19.2.6 Resümee ..............................................496<br />

19.3 Versuch einer alltagstauglichen Symbiose von Idealtypus<br />

und Realität der Dokumentation von <strong>Vernehmungen</strong> .........496<br />

19.3.1 Schriftlich fixierte <strong>Vernehmungen</strong> .........................496<br />

19.3.2 <strong>Vernehmungen</strong> auf Bild-/Tonträger ........................498<br />

19.4 Aushändigung von Ausdrucken/Kopien einer Vernehmung .....499<br />

19.4.1 Zeugenvernehmungen ..................................499<br />

19.4.2 Beschuldigtenvernehmungen .............................499<br />

26


Inhaltsverzeichnis<br />

19.5 Exkurs: Zurückbehaltung einer Kopie der Vernehmung<br />

durch den Vernehmungsbeamten .........................500<br />

19.6 Dokumentation der Begleitumstände einer Vernehmung ......501<br />

20 Audiovisuelle <strong>Vernehmungen</strong> ........................... 503<br />

20.1 Audiovisuelle Vernehmung von Zeugen ....................503<br />

20.2 Audiovisuelle Vernehmung von Beschuldigten ..............504<br />

20.2.1 Falsche Geständnisse und deren Enttarnung ................504<br />

20.2.2 Einschränkungen/Problemstellungen des § 136 Abs. 4 StPO ....505<br />

20.2.2.1 § 136 Abs. 4 Nr. 1 StPO ..................................505<br />

20.2.2.2 § 136 Abs. 4 Nr. 2 StPO ..................................506<br />

20.3 Vorbereitung der Videovernehmung .......................508<br />

20.4 Technische Ausführung ..................................508<br />

20.5 Verschriftlichung der Videovernehmung ....................509<br />

20.6 Eindrucksvermerke .....................................510<br />

20.7 Taktische Problemlagen und Lösungsansätze ................510<br />

20.8 Videovernehmung (besser: -anhörung) von Kindern ..........511<br />

21 <strong>Vernehmungen</strong> in besonderen Verfahrensarten ............ 513<br />

21.1 Beamtenrechtliches Disziplinarverfahren<br />

(von Christoph Keller) ...................................513<br />

21.1.1 Anlässe und Verfahrensablauf ............................513<br />

21.1.2 Verwaltungsermittlungen ................................513<br />

21.1.2.1 Wahrheitspflicht .......................................515<br />

21.1.2.2 Aussageverweigerungsrecht ..............................517<br />

21.1.2.3 Fürsorgepflicht .........................................518<br />

21.1.3 Das behördliche Disziplinarverfahren ......................518<br />

21.1.3.1 Einleitung des Disziplinarverfahrens: Legalitätsprinzip. . . . . . . . . 519<br />

21.1.3.2 Einleitungshindernisse ..................................519<br />

21.1.3.3 Pflicht zur Durchführung der Ermittlungen, Ausnahmen .......520<br />

21.1.4 Verhältnis zum Strafverfahren oder anderen Verfahren .......521<br />

21.1.4.1 Aussetzung des Disziplinarverfahrens ......................521<br />

21.1.4.2 Bindungswirkung .......................................522<br />

21.1.5 Beteiligung des Beamten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523<br />

21.1.5.1 Unterrichtung, Belehrung und Anhörung ...................524<br />

21.1.5.2 Schweigerecht .........................................526<br />

21.1.5.3 Wahrheitspflicht .......................................526<br />

21.1.5.4 Abschließende Anhörung ................................530<br />

21.1.5.5 Rechtliche Vertretung: Bevollmächtigte/Beistände ...........531<br />

21.1.6 Beweiserhebung im behördlichen Disziplinarverfahren ........532<br />

21.1.6.1 Schriftliche dienstliche Auskünfte .........................532<br />

27


Inhaltsverzeichnis<br />

21.1.6.2 Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen .............532<br />

21.1.6.3 Beiziehen von Urkunden und Akten ........................534<br />

21.1.6.4 Inaugenscheinnahme ...................................534<br />

21.1.6.5 Verwertung von Niederschriften ..........................534<br />

21.1.6.6 Beweisanträge .........................................534<br />

21.1.6.7 Anwesenheits-/Fragerechte des Beamten ...................535<br />

21.1.6.8 Protokoll ..............................................536<br />

21.1.6.9 Herausgabe von Unterlagen ..............................536<br />

21.1.6.10 Innerdienstliche Informationen ...........................537<br />

21.1.7 Akteneinsicht ..........................................538<br />

21.1.8 Das gerichtliche Disziplinarverfahren .......................538<br />

21.1.9 Sanktionenkatalog/Disziplinarmaßnahmen (Überblick)........538<br />

21.1.9.1 Disziplinarmaßnahmen ..................................539<br />

21.1.9.2 Missbilligende Äußerung .................................539<br />

21.1.9.3 Ermessensausübung ....................................540<br />

21.2 Wehrdisziplinarverfahren (von Dr. Philipp-S. Metzger). . . . . . . . . 543<br />

21.2.1 Anlässe und Verfahrensablauf ............................544<br />

21.2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen ..........................546<br />

21.2.3 Sanktionenkatalog ......................................549<br />

21.2.4 Beteiligung des Soldaten .................................552<br />

21.2.4.1 Anhörung .............................................554<br />

21.2.4.2 Schweigerecht .........................................555<br />

21.2.4.3 Wahrheitspflicht .......................................556<br />

21.2.4.4 Rechtliche Vertretung/Verteidigung .......................557<br />

21.2.4.5 Beweismittel ...........................................558<br />

21.2.5 Verwertbarkeitsprobleme ................................561<br />

21.2.5.1 Informationstransfer vom Strafverfahren ins<br />

Wehrdisziplinarverfahren ................................562<br />

21.2.5.2 Informationstransfer vom Wehrdisziplinarverfahren<br />

ins Strafverfahren ......................................562<br />

21.2.6 Qualifizierte Belehrung ..................................565<br />

21.2.6.1 Einfaches Disziplinarverfahren ............................565<br />

21.2.6.2 Gerichtliches Disziplinarverfahren .........................566<br />

22 Das Risiko unzuverlässiger Informationen in<br />

unternehmensinternen Befragungen und <strong>Vernehmungen</strong>:<br />

eine psychologische Perspektive (von Dr. Lennart May) ...... 567<br />

22.1 Befragungen mit Verdächtigen in unternehmensinternen<br />

Ermittlungen ..........................................568<br />

22.2 Kognitive Prozesse von Verdächtigen in<br />

internen Befragungen ...................................569<br />

28


Inhaltsverzeichnis<br />

22.2.1 Befragungsziele ........................................570<br />

22.2.2 Aussagestrategien ......................................570<br />

22.2.3 Aussageverhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572<br />

22.2.4 Einschätzung der Sachkenntnisse des Ermittlers<br />

von Verdächtigen .......................................573<br />

22.2.5 Gesprächsatmosphäre ..................................574<br />

22.3 Falsche Geständnisse ....................................574<br />

22.4 Ziele von Ermittlern in Befragungen ........................577<br />

22.5 Schuldannehmende Denkweise von Ermittlern ..............578<br />

22.6 Methoden zur Erlangung unzuverlässiger Informationen ......580<br />

22.6.1 Erkennen von Täuschungen ..............................580<br />

22.6.2 Suggestive Einflussnahmen ...............................584<br />

22.6.3 Riskante Befragungstaktiken und -techniken ................586<br />

22.6.4 Protokollierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589<br />

22.7 Strategische falsche Geständnisse .........................591<br />

22.8 Schlussfolgerung .......................................593<br />

23 Anhang: Vernehmungstraining ........................... 597<br />

23.1 <strong>Vernehmungen</strong> ohne Vernehmungstraining .................597<br />

23.2 <strong>Vernehmungen</strong> nach Durchführung eines<br />

Vernehmungstrainings ..................................598<br />

Literaturverzeichnis .............................................. 599<br />

Zu den Autoren . ................................................. 615<br />

Stichwortverzeichnis ............................................. 619<br />

29


Übersichten/Schaubilder<br />

Übersichten/Schaubilder<br />

Abhängigkeit von Wahrnehmung und Erinnerung<br />

von sachbezogenen Faktoren ........................................ 40<br />

Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen .................................. 41<br />

Bewertung von Aussagen ........................................... 42<br />

Warnsignale bei <strong>Vernehmungen</strong> ..................................... 53<br />

Ziele einer Vernehmung ............................................ 99<br />

Personeller Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts. ..................120<br />

Grundzüge der Kommunikation .....................................155<br />

TALK-Modell .....................................................156<br />

Kommunikationsstufen und -probleme ...............................160<br />

Grundregeln kompetenter Kommunikation ...........................162<br />

Erscheinenspflichten von Zeugen und Beschuldigten ....................193<br />

Anwesenheitsrechte bei <strong>Vernehmungen</strong> ..............................196<br />

Teilnahmerecht eines Rechtsanwalts an <strong>Vernehmungen</strong> des Mandanten ...204<br />

Teilnahmerecht eines Rechtsanwalts an <strong>Vernehmungen</strong> Dritter ...........205<br />

Fragenkreise zum Kennenlernen des zu Vernehmenden .................211<br />

Qualitätsstandards für optimale Übersetzungen .......................241<br />

Zulässigkeitsvoraussetzungen der Hypnose bei Zeugen ..................258<br />

Zulässigkeit der Hypnose beim Beschuldigten .........................263<br />

Ablauf einer Zeugenvernehmung ....................................295<br />

Zeugenbelehrungen ...............................................300<br />

Sprachentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325<br />

Entwicklung des Gedächtnisses .....................................325<br />

Entwicklung des Denkvermögens ....................................326<br />

Entwicklung der Fähigkeit zu lügen ..................................326<br />

Zusammenfassung der Belehrungsinhalte .............................355<br />

Tateröffnung .....................................................356<br />

Einlassungsverweigerungsrecht .....................................360<br />

Recht zur Verteidigerkonsultation ...................................361<br />

Beweisanregungsrecht ............................................371<br />

Täter-Opfer-Ausgleich .............................................372<br />

Aufgaben des Belehrenden .........................................376<br />

31


Übersichten/Schaubilder<br />

Ablauf einer Beschuldigtenvernehmung ..............................385<br />

Sprachunkundige Beschuldigte ......................................389<br />

Verteidigungspflichtige Beschuldigte .................................391<br />

Ablauf eines einfach gelagerten Ermittlungsverfahrens ..................399<br />

Ablauf eines Ermittlungsverfahrens unter Beteiligung von SE-Kräften ......402<br />

(Vorläufig) Festgenommene Beschuldigte .............................407<br />

Ausländische Beschuldigte .........................................413<br />

Beispiel eines Anhörungsbogens ....................................423<br />

Jugendliche Beschuldigte ..........................................424<br />

Besonderheiten bei der Vernehmung jugendlicher Beschuldigter .........429<br />

Grenzen präventiver Gewinnabschöpfung ............................450<br />

Geeignetes Identifizierungsmaterial .................................476<br />

Ordnungsgemäße Dokumentation von <strong>Vernehmungen</strong> .................496<br />

Schwere des Dienstvergehens und Folgen ............................542<br />

Rechtliche Bewertungen im Militäralltag .............................543<br />

Kognitive Prozesse und Aussageverhalten von<br />

Verdächtigen in der Befragungsinteraktion. ...........................569<br />

Erweiterte Darstellung der kognitiven und<br />

verbalen Prozesse von Verdächtigen in der Befragungsinteraktion. .......572<br />

32


Vernehmung im Kontext von menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge<br />

1 <strong>Vernehmungen</strong> im Kontext von menschlicher Erinnerung,<br />

Irrtum und Lüge<br />

<strong>Vernehmungen</strong> sind Kommunikationsprozesse, deren Ziel es ist, möglichst umfassende<br />

Informationen über einen Sachverhalt zu gewinnen. Selbst bei optimaler<br />

Professionalität des Vernehmenden sind ihnen gewichtige Unsicherheitsfaktoren<br />

immanent: Die bewussten oder unbewussten Fehlleistungen des Faktors<br />

„Mensch“ und seiner Erinnerung. 1<br />

Praxistipp:<br />

Die nachfolgenden Ausführungen zeigen weniger juristische Probleme auf, sondern<br />

beschäftigen sich mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen.<br />

Das menschliche Gehirn speichert Informationen nicht gebündelt und unveränderbar<br />

gesichert wie ein Computer ab; die Signalverwertung ist einerseits bedeutend<br />

komplexer, andererseits aber anfälliger gegen Umgestaltungen, Änderungen,<br />

Auffüllungen, Blockaden bis hin zu Löschungen. Informationen, also Reizungen<br />

der Sinnesorgane, gelangen in das sog. limbische System und werden von dort an<br />

unterschiedlichen Stellen kurz- oder langfristig gespeichert.<br />

Wissen und Wahrgenommenes sind keine Computerdateien; es werden keine historischen<br />

Vorgänge und Wahrheiten gespeichert. Vielmehr bleiben Informationen<br />

nur für kurze Zeit – maximal zwei Minuten – in einer Art „Arbeitsspeicher“ und<br />

werden dann in einem „Zwischenspeicher“ – dem Hippocampus – abgelegt. Die<br />

hier angehäuften Tagesreste werden in der Nacht während des Schlafes weiter verarbeitet,<br />

indem das Gehirn diese neuen (Er-)Kenntnisse mit bereits vorhandenen<br />

Informationen assoziiert, also clustert.<br />

Beispiel:<br />

Wer einen Vortrag hört, speichert die Veranstaltung nicht als Datei „Vortrag vom ...“.<br />

Vielmehr werden interessante Informationen an unterschiedlichen Stellen gespeichert.<br />

Das Gesamtbild „Vortrag vom ...“ kann nur durch Assoziationsketten – eine<br />

Auslösung durch sog. Trigger-Reize – hervorgerufen werden.<br />

Diese Assoziationsketten sind von Person zu Person unterschiedlich und von einer<br />

persönlichen (emotionalen) Betroffenheit und gewissen Einmaligkeiten des<br />

Wahrgenommenen abhängig; sie funktionieren beispielsweise bei traumatisierten<br />

Zeugen nicht oder nicht vollständig. 2<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

1 Vgl. Heubrock, Gedächtnispsychologische Grundlagen der Zeugenvernehmung, Kriminalistik<br />

2010, 75 ff.; Hermanutz/Adler/Schröder, Forschungs- und Anwendungsbereiche von<br />

Vernehmungsstrategien und Aussageanalyse in der polizeilichen Ermittlung, Kriminalistik<br />

2011, 43 ff.; Hussels, Grundzüge der Irrtumsproblematik im Rahmen der Glaubhaftigkeitsbeurteilung,<br />

Kriminalistik 2011, 114 ff.<br />

2 Dazu s. Rn. 1197; ferner: BKA, Traumaleitfaden Handbuch, 2010, 77 ff.<br />

33


<strong>Vernehmungen</strong> im Kontext von menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge<br />

7<br />

8<br />

Zur Beurteilung der Qualität und Aussagekraft einer Äußerung bzw. Vernehmung<br />

ist es erforderlich, die Grundzüge der Informationsaufnahme, -speicherung und<br />

-wiedergabe zu kennen. 3 Das ernüchternde Ergebnis sei vorangestellt: Etwa zwei<br />

Drittel der vorhandenen und wahrnehmbaren Informationen werden auch tatsächlich<br />

wahrgenommen und nur ein Drittel kann später noch reproduziert werden.<br />

Praxistipp:<br />

(Zeugen-)Aussagen sind zwar das häufigste, aber zugleich auch das unzuverlässigste<br />

Beweismittel im Strafverfahren; ihr Zustandekommen und ihre Leistungsgrenzen<br />

muss der Vernehmende kennen und sich stets vor Augen halten.<br />

Dieser Unsicherheit muss daher – soweit wie möglich – mit einer ständigen<br />

Objektivierung der Aussage begegnet werden. 4<br />

9<br />

10<br />

11<br />

1.1 Menschliches Erinnern: Grundzüge von Wahrnehmung,<br />

Codierung, Speicherung und Wiedergabe<br />

Anders als bei einer Filmdokumentation, die authentisch den wahrnehmbaren,<br />

wirklichen Sachverhalt aufnimmt, abspeichert und später reproduziert, vollzieht<br />

sich menschliches Erinnern subtiler: Informationen müssen<br />

– wahrgenommen,<br />

– codiert,<br />

– gespeichert und sodann<br />

– wiedergeben werden.<br />

Jede dieser vier Phasen ist – wenn auch in unterschiedlichem Maße – fehleranfällig.<br />

Neben diese Fehlerquellen tritt das Phänomen der Lüge, einer bewusst falschen<br />

Wiedergabe vorhandener Informationen.<br />

Begrifflich ist zwischen der Glaubwürdigkeit einer Person und der Glaubhaftigkeit<br />

einer Aussage zu differenzieren. 5<br />

Praxistipp:<br />

Der Vernehmende muss sich stets vor Augen halten, dass Fehler im Sinne von<br />

Irrtümern<br />

– bei der Wahrnehmung,<br />

– bei der Codierung,<br />

3 Dazu i. E. Heubrock, a. a. O.<br />

4 Vgl. dazu: Diezel, Das Erfordernis der Objektivierung von Aussagen zur Vermeidung systematischer<br />

Fehler, StRR 2009, 375 ff.<br />

5 BGH NJW 1999, 2746 ff.<br />

34


Fehlerquellen bei der Wahrnehmung<br />

– bei der Speicherung,<br />

– bei der Wiedergabe<br />

auftreten können.<br />

Er muss zudem die Möglichkeit einer Lüge einkalkulieren.<br />

1.1.1 Fehlerquellen bei der Wahrnehmung<br />

Bei der Wahrnehmung bedarf es zunächst eines Auslöseanreizes, der überhaupt<br />

dazu führt, dass (irgend-)etwas wahrgenommen wird. Hier sind zunächst insbesondere<br />

die biologischen Möglichkeiten unserer Sinnesorgane zu berücksichtigen,<br />

die einer Wahrnehmungsmöglichkeit natürliche Grenzen setzen. Hierzu<br />

zählen neben sensorischen, physikalischen und sozialen Wahrnehmungsbedingungen<br />

insbesondere die Wahrnehmungsdauer, die vorhandene Aufmerksamkeit<br />

und der Wahrnehmungskontext. 6<br />

Beispiel:<br />

Wird ein Zeuge mit einer Waffe bedroht oder gar angegriffen, fokussiert sich seine<br />

Wahrnehmung auf die (Mündung der) Waffe. Er wird selten in der Lage sein, eine<br />

brauchbare Personenbeschreibung abzugeben oder ein vernünftiges Phantombild<br />

erstellen zu lassen.<br />

Aber selbst eine taugliche Beschreibung der Waffe (Pistole/Revolver/Farbe/Lauflänge)<br />

wird häufig nicht möglich sein, da sich die Wahrnehmung auf das abstrakte<br />

Bedrohungspotenzial verengt hat.<br />

Darüber hinaus ist die Wahrnehmung bzw. sind die etwa 60 %, die wir von einem<br />

tatsächlichen Geschehen aufnehmen, höchst individuell und selektiv. 7 Auch wenn<br />

es schwerfällt, muss man sich vor Augen führen, dass niemand etwas wahrgenommen<br />

haben muss.<br />

Beispiel:<br />

Ein Polizeibeamter, der zu einem Verstorbenen kommt, achtet auf völlig andere Dinge<br />

– Hinweise auf ein Fremdverschulden/Tatgeschehen/Opfer/Tatwerkzeug/Täter<br />

– als etwa die trauernden Hinterbliebenen oder der später eintreffende Bestatter.<br />

Bereits bei der Wahrnehmung wird die Information selektiert, interpretiert und<br />

nach gewissen Schemata aufgenommen. Der Leser sollte versuchen, sich auf den<br />

nachfolgenden Text einzulassen und ihn zu lesen:<br />

Beispiel:<br />

Kroretke Rehctshreibnug ist üerbflsüsig. Uensr Gihren tcikt adnres; Wesinsachsltefr<br />

heban fstegllestet, wroan das liget. Ncah irehr Stidue ist es eagl, in wlehcer Reiehn-<br />

12<br />

13<br />

14<br />

15<br />

16<br />

17<br />

6 Vgl. Brockmann/Chedor, Vernehmung, 1999, 24 f.<br />

7 Vgl. Mätzler, Todesermittlung, 2009, 318 ff. mit einem instruktiven Beispiel.<br />

35


<strong>Vernehmungen</strong> im Kontext von menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge<br />

fogle Bchusteban in Woeretrn vomrokomen. Es ist nur withcig, dsas der ertse und<br />

lettze Bchusatbe an der ricthgien Stlele snid. Der Rset knan tatol falcsh sein und<br />

knan onhe Porbelme gleesen wreden.<br />

18<br />

19<br />

20<br />

21<br />

22<br />

23<br />

Entscheidend für die flüssige Aufnahme der Information ist nur, dass sämtliche<br />

Buchstaben eines Wortes vorhanden sind und der erste und der letzte Buchstabe<br />

„stimmen“; den Rest macht das Gehirn selbst. Bei einer Einteilung beispielsweise<br />

in Buchstabengruppen funktioniert dies selbst dann kaum, wenn „an sich“ eine<br />

korrekte Rechtschreibung verwendet wird:<br />

Beispiel:<br />

Korre kteRe chtsc hreib ungistüb erflü ssig.Un serGe hirnt ickta nders. Wisse nscha<br />

ftler haben festge stell t,wora ndasl iegt.N achih rerStu dieis teseg al,inw elche rReih<br />

enfolg eBuch stabe ninWo erter nvork ommen. Esist nurw ichti g,wasd erers teund<br />

letzt eBuch stabe ander richti genSt elles ind.D erRest kannt otalf alsch seinu ndkan<br />

nohne Probl emeg elese nwerd en.<br />

Die Information wird aufgenommen, sofern die Buchstaben eines Wortes vollständig<br />

vorhanden und zutreffend gruppiert sind und der erste und der letzte Buchstabe<br />

an der richtigen Stelle stehen; den Rest (er)schafft unser Gehirn. Die Interpretation,<br />

die hier deutlich wird, ist eine Leistung des Gehirns und nicht steuerbar.<br />

Informationsaufnahme und Interpretation gehen daher unbewusst Hand in Hand.<br />

1.1.2 Fehlerquellen bei der Codierung<br />

Eine weitere Fehlerquelle kann in einer nicht stattfindenden Codierung liegen:<br />

Gemeint sind damit Sachverhalte, in denen ein bestimmtes Geschehen zwar wahrgenommen,<br />

dann aber nicht im Gehirn codiert wurde, also keine entsprechende<br />

Repräsentation dort erhält; 8 völlig emotionslose (subjektiv belanglose) Wahrnehmungen<br />

werden zwar gemacht, dann aber schlagartig verdrängt, bevor sie überhaupt<br />

dem Gedächtnis zugänglich werden.<br />

Ähnliche Phänomene wie bei der Wahrnehmung spielen sich im Rahmen der<br />

Speicherung wahrgenommener Informationen ab, was bekannt sein muss, um<br />

anscheinend zu erwartendes Wissen – und dessen Nichtvorhandensein – würdigen<br />

zu können.<br />

Beispiele:<br />

Die Frage, ob vor der Urlaubsreise die Kaffeemaschine abgestellt, die Haustür verschlossen<br />

oder eine Kerze ausgeblasen worden ist, führt regelmäßig zu Irritationen<br />

– und in manchen Fällen zu einer Rückkehr nach Hause, um dann festzustellen, dass<br />

alles in Ordnung ist.<br />

8 Vgl. Roggenwallner/Pröbstl, Vernehmungscoaching, 2008, Rn. 115.<br />

36


Fehlerquellen bei der Wiedergabe<br />

Gleiches gilt für die Vielzahl roter Ampeln, an denen man auf dem Weg zur Arbeit<br />

anhalten musste und auch angehalten hat: Die Lichtzeichenanlagen wurden wahrgenommen<br />

und ihre Verbote beachtet, ohne dass diese Wahrnehmungen dann<br />

eine Speicherung erfahren haben.<br />

Alltägliche Vorgänge und Routineangelegenheiten werden zwar wahrgenommen,<br />

aber gar nicht erst gespeichert.<br />

1.1.3 Fehlerquellen bei der Speicherung<br />

Hat eine Wahrnehmung ihre Repräsentation im Gedächtnis erhalten, muss diese<br />

codierte Information in das System des Gedächtnisses integriert, also gespeichert,<br />

werden. Auch hier kann es vorkommen, dass gar keine oder eine unzutreffende<br />

Speicherung erfolgt.<br />

Zudem sind insbesondere die unterschiedlichen Speicherungszeiten zu berücksichtigen:<br />

Informationen im Kurzzeitgedächtnis sind zwar vorhanden, werden dann<br />

aber kurze Zeit später wieder gelöscht. Erfolgte allerdings eine Ablage im bzw.<br />

Überführung in das Langzeitgedächtnis, besteht die Möglichkeit einer Reproduktion<br />

noch nach Jahr(zehnt)en.<br />

Auch bei einer zunächst stattfindenden Speicherung kann es während der Speicherungsphase<br />

zu ungewollten Umgestaltungen, Änderungen und Auffüllungen<br />

kommen. Nachträgliche Informationen, die vor der Vernehmung an die Person<br />

herangetragen werden, können hier ihre Einflüsse ausüben.<br />

Beispiel:<br />

Warten mehrere Zeugen eines Bankraubes nicht getrennt, sondern gemeinsam<br />

auf ihre Vernehmung, so werden sie natürlich über das Geschehene – genauer<br />

gesagt das Wahrgenommene – sprechen. Es bildet sich so leicht eine „herrschende<br />

Meinung“ – etwa die Bekleidung eines der Täter betreffend –, die nur ein Zeuge so<br />

aufgenommen hat, die dann aber später von allen Zeugen als eigene Erinnerung<br />

wiedergegeben wird. Fälle, in denen hier völlig unzutreffende Beschreibungen<br />

erheblichen und sinnlosen Ermittlungsaufwand zur Folge haben, sind in der Praxis<br />

keine Seltenheit.<br />

24<br />

25<br />

26<br />

27<br />

1.1.4 Fehlerquellen bei der Wiedergabe<br />

Gespeicherte Informationen bedürfen – um für eine Vernehmung nutzbar gemacht<br />

werden zu können – des Abrufes und der Wiedergabe. Zunächst wird das<br />

latent vorhandene Wissen in das aktuelle Bewusstsein gerufen und damit dann<br />

abrufbar.<br />

Die hierbei möglicherweise auftretenden Blockaden sind jedem aus dem Alltag<br />

bekannt: Namen, Ortsbezeichnungen oder Rufnummern „kennt“ man, kann sie<br />

aber gerade nicht benennen. Die Information ist vorhanden, aber aktuell nicht ver­<br />

28<br />

29<br />

37


<strong>Vernehmungen</strong> im Kontext von menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge<br />

30<br />

31<br />

32<br />

33<br />

fügbar. Gedächtnis und Bewusstsein sind momentan nicht identisch, wobei aber,<br />

teilweise durch Gedankenbrücken und/oder Stichworte, diese Information dann<br />

wie aus dem Nichts doch wieder verfügbar ist und wiedergegeben werden kann. 9<br />

Die eigentliche Wiedergabephase wird unmittelbar durch den Vernehmenden<br />

beeinflusst; hier ist er anwesend, und sein Verhalten kann positive oder negative<br />

Stimulationen bewirken. Sein Auftreten und seine Vorgehensweise haben Auswirkungen<br />

auf das Ergebnis, sodass an dieser Stelle insbesondere die strukturierten<br />

Vernehmungsmodelle 10 ihre Auswirkungen tätigen: Der Zugang zu der zu vernehmenden<br />

Person, die Kontaktphase und insbesondere die Möglichkeit eines ungestörten<br />

durchgängigen Vortrages tragen hier zu positiven Ergebnissen bei.<br />

Defizite in der Wiedergabephase können in Ausnahmefällen möglicherweise – sofern<br />

die Spielregeln eingehalten werden – im Rahmen einer Hypnose behoben<br />

werden. 11<br />

1.2 Personenbezogene Faktoren<br />

Der wichtigste personenbezogene Faktor der Wahrnehmung und der Reproduktion<br />

ist die Emotion; starke emotionale Beteiligung an einem wahrgenommenen<br />

Ereignis steigert grundsätzlich die Fähigkeit zur Wahrnehmung, Speicherung und<br />

Wiedergabe, aber auch die Möglichkeit einer bewussten oder unbewussten Verfälschung.<br />

1.2.1 Weitere subjektive Determinanten<br />

Neben der Emotion und dem Interesse an der Wahrnehmung sind auf der personellen<br />

Ebene aber weitere subjektive Determinanten zu berücksichtigen:<br />

– Geschlecht und Alter,<br />

– Entwicklungs- und Gesundheitszustand,<br />

– Wahrnehmungsfähigkeit,<br />

– Wahrnehmungsmöglichkeit,<br />

– Sachkunde oder Sonderwissen, etwa aufgrund privater/beruflicher Vorbefassung,<br />

– Vorurteile,<br />

– Aussagemotivation.<br />

34<br />

1.2.2 Wahrnehmungsverzerrungen<br />

Unbeschadet der gerade dargestellten Unzulänglichkeiten muss der Vernehmende<br />

sich die Möglichkeit und Problematik sogenannter Wahrnehmungsverzerrungen<br />

9 Vgl. Milne/Bull, Psychologie der Vernehmung, 2003, 110 ff.<br />

10 Dazu s. Rn. 448.<br />

11 Dazu ausführlich s. Rn. 977.<br />

38


Alters- und Größenschätzungen<br />

vergegenwärtigen: Sachverhalte werden häufig so wahrgenommen, wie man sie<br />

sehen will – und nicht, wie man sie tatsächlich gesehen hat. Wissenschaftliche<br />

Untersuchungen belegen dieses Phänomen eindrucksvoll.<br />

Beispiele:<br />

Kreise bzw. Ringe, die eine kleine Öffnung aufweisen, werden regelmäßig als geschlossen<br />

wahrgenommen und beschrieben.<br />

Je nach Vorgabe (und/oder vorangegangener Suggestion) wird ein und dieselbe<br />

Zeichnung entweder nur als alte oder nur als junge Frau gesehen, also erkannt<br />

(Kippbild).<br />

Sofern ein Referent als besonders kompetent und eloquent vorgestellt wird, bewerten<br />

die Zuhörer seinen Vortrag als durchweg äußerst positiv; eine andere Personengruppe,<br />

der der Vortragende negativ präsentiert wurde und die denselben<br />

Vortrag zeitgleich mithört, gelangt zu einer schlechten Beurteilung der Leistung<br />

des Referenten.<br />

Diese Beispiele könnten beliebig fortgesetzt werden; sie sollen nur verdeutlichen,<br />

dass Wahrnehmungsverzerrungen unsere Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit<br />

stärker beeinflussen, als es bei unreflektierter Betrachtung scheint; ihrer<br />

Existenz und ihrer unheilvollen Einflüsse auf eine Aussage muss sich der Vernehmende<br />

stets bewusst sein.<br />

1.2.3 Alters- und Größenschätzungen<br />

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Ergebnisse eines empirischen Forschungsprojektes,<br />

das im Rahmen einer phänomenologischen Untersuchung zu<br />

allein handelnden Bankräubern die Zuverlässigkeit von Alters- und Größenschätzungen<br />

untersucht hat. 12 In diesem – in besonderem Maße – praxisrelevanten<br />

Bereich treten eklatante Fehler auf, deren Existenz sich der polizeiliche Sachbearbeiter<br />

bewusst sein muss. Diese sind bei der Altersschätzung u. a. vom Maskierungsgrad<br />

des Täters, dessen Alter und vom sogenannten „own-age-effect“<br />

geprägt: Menschen derselben Altersklasse können präziser eingeschätzt werden.<br />

Die Validität einer Größenschätzung hängt von der Größe des Täters und der<br />

Größendifferenz zum Zeugen – auch hier gibt es einen „own-size-effect“ – ab.<br />

Die Qualität beider Schätzungen ist voneinander unabhängig und wird auch von<br />

der Rolle der Auskunftsperson (Bankangestellter/Zufallszeuge/Opfer der Bedrohung<br />

…) stark beeinflusst.<br />

35<br />

36<br />

37<br />

12 Kersting, Alters- und Größenschätzungen durch Tatzeugen, Kriminalistik 2012, 283 ff.<br />

39


<strong>Vernehmungen</strong> im Kontext von menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge<br />

38<br />

1.3 Sachbezogene Faktoren<br />

Neben den personenbezogenen (Unsicherheits-)Faktoren lassen sich weitere sachbezogene<br />

Fehlerquellen der Wahrnehmung und Erinnerung wie folgt veranschaulichen:<br />

Wahrnehmung und Erinnerung<br />

schlechte<br />

• Zeit<br />

• Menge<br />

• Größe<br />

• Farbe<br />

• große Personengruppen<br />

• unbekannte Stimmen<br />

• Entfernungen<br />

• Unangenehmes<br />

• Standardsituationen<br />

(etwa bei Berufszeugen)<br />

• räumliche Einordnung<br />

von Geräuschen<br />

mittelmäßige<br />

• Chronologie<br />

• räumliche<br />

Verhältnisse<br />

gute<br />

• Zuordnung von Verhalten<br />

zu Personen<br />

• (Tat-)Gegenstände<br />

• kleine Personengruppen<br />

• bekannte Stimmen<br />

• Neuheiten<br />

Übersicht: Abhängigkeit von Wahrnehmung und Erinnerung von sachbezogenen<br />

Faktoren<br />

39<br />

40<br />

1.4 Lüge und Irrtum<br />

Wenn Lügen ebenso wie Irrtümer dazu führen, dass dem Vernehmenden ein „falscher<br />

Sachverhalt“ vorgetragen und möglicherweise den weiteren Ermittlungen<br />

zugrunde gelegt wird, muss das Phänomen des Irrtums 13 und der Lüge vom Vernehmenden<br />

einkalkuliert und beide gedanklich voneinander getrennt werden.<br />

Ohne hier nochmals auf die in der Vernehmungs- und Aussagepsychologie anerkannten<br />

Verfälschungs- und Verzerrungsmöglichkeiten näher eingehen zu wollen,<br />

dürfte jedenfalls bei Zeugenaussagen – entgegen anderslautenden Pressemitteilungen<br />

– nicht die Lüge dominieren. Trotzdem kann allenfalls in knapp der Hälfte<br />

der Zeugenaussagen diesen (wie die nachfolgende Übersicht dokumentiert) 14 eine<br />

Zuverlässigkeit zugesprochen werden.<br />

13 Instruktiv dazu: Hussels, a. a. O., 114 ff.<br />

14 Vgl. dazu: Bender/Nack, Glaubwürdigkeitslehre.<br />

40


Nullhypothese<br />

BEWERTUNG VON ZEUGENAUSSAGEN<br />

Zuverlässig<br />

50 %<br />

75 %<br />

Irrtum<br />

Lüge<br />

gutgläubig bösgläubig<br />

25 %<br />

Übersicht: Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen<br />

Die „Lügenquote“ bei Beschuldigtenvernehmungen dürfte demgegenüber allerdings<br />

deutlich höher liegen.<br />

1.5 Unglaubhaftigkeits- bzw. Nullhypothese, Realkennzeichen<br />

und Warnhinweise<br />

Die Bewertung einer Aussage und die Beurteilung ihres Wahrheitsgehaltes bereitet<br />

regelmäßig Schwierigkeiten, die ihre Grundlage auch darin haben, dass gedanklich<br />

ein falscher Ansatz gewählt wird. 15<br />

Beispiele:<br />

Die Äußerung, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, an der Aussage zu zweifeln,<br />

verdeutlicht den unzutreffenden Gedankengang ebenso wie die Frage, wie man<br />

die Lüge enttarnen kann.<br />

Aus der jüngeren Rechtsprechung sei der Haftrichter im sog. Kachelmannverfahren<br />

zitiert, der – so eine Veröffentlichung 16 – im Hinblick auf die Angaben der geschädigten<br />

Zeugin gesagt haben soll, dass er davon ausgehe, „dass jemand der einen<br />

anderen einer Straftat bezichtigt, wahrheitsgemäße Angaben macht.“<br />

41<br />

42<br />

1.5.1 Nullhypothese<br />

Die höchstrichterliche Rechtsprechung vertritt entgegen den gerade genannten<br />

Beispielen die sog. Nullhypothese.<br />

43<br />

15 Strafrechtliche Rechtsprechung und Literatur zur Vertiefung der Nullhypothese/Realkennzeichen:<br />

LG Neuruppin, Urt. v. 16.10.2019 – 12 KLs 2/19; BGH, Beschl. v. 10.04.2019 – 2<br />

StR 338/18; LG Halle, Urt. v. 25.01.2019 – 14 KLs 472 Js 24725/16 (15/17); LG Neuruppin,<br />

Urt. v. 10.01.2020 – 13 KLs 7/19; LG Schwerin, Urt. v. 08.04.2019 – 126 Js 14643/18; OLG<br />

Brandenburg, Beschl. v. 25.11.2019 – (1) 53 Ss 104–19 (72-19); LG Darmstadt, Urt. v.<br />

12.09.2019 – 2 KLs 200 Js 34910/18; BGH, Urt. v. 22.05.2019 – 5 StR 36/19; LG Potsdam,<br />

Urt. v. 05.04.2019 – 23 KLs 20/18; BGH, Beschl. v. 03.05.2019 – 3 StR 462/18; BGH, Urt. v.<br />

08.01.2020 – 5 StR 535/19; Miebach, NStZ-RR 2018, 36 ff.; ders., NStZ 2020, 72 ff.; Kloke,<br />

NStZ 2019, 374 ff.<br />

16 Die Zeit vom 24.2.2011, Wochenschau, 18: Zwei blaue Flecke und ein Nullbefund.<br />

41


<strong>Vernehmungen</strong> im Kontext von menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge<br />

44<br />

45<br />

Praxistipp:<br />

Der BGH hat in seiner grundlegenden Entscheidung zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit<br />

einer Aussage aus dem Jahre 1999 eindeutig und überzeugend dargelegt,<br />

dass bei jeder Aussage davon ausgegangen werden muss, dass sie falsch<br />

ist und ausgehend von dieser Prämisse positive Realkennzeichen vorliegen müssen.<br />

17<br />

Zustimmung verdient daher im Grundsatz eine Entscheidung des OLG Nürnberg:<br />

„Dabei musste die Kammer davon ausgehen, dass nach der so genannten Nullhypothese<br />

des BGH ... jede Aussage so lange als unwahr gilt, bis diese Vermutung<br />

sich angesichts der Zahl und der Qualität der Realitätskriterien in der Aussage<br />

nicht mehr aufrecht erhalten lässt. Auch wenn sie – ebenso vertretbar – als gleich<br />

wahrscheinlich unterstellt haben sollte, dass die Zeugin lügt oder die Wahrheit<br />

sagt ..., brauchte sie eindeutige und qualitativ belastbare Realitätskriterien, um<br />

diese Hypothese der neutralen Anfangswahrscheinlichkeit zu widerlegen. Denn<br />

nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG zur „Aussage-gegen-Aussage-Konstellation“<br />

hat das Tatgericht die Gründe, die für und gegen eine mögliche Täterschaft<br />

sprechen, aufzuklären, wahrzunehmen und zu erwägen, damit die Entscheidung<br />

einen rationalen Charakter und eine tragfähige Grundlage für den Schuldspruch<br />

vorweisen kann ... .“ 18<br />

Inhalt<br />

gedanklicher Ansatz<br />

richtig<br />

„landläufiger Ansatz“<br />

(100 %)<br />

Aussage<br />

falsch<br />

REALKENNZEICHEN ...<br />

„neutrale Anfangswahrscheinlichkeit“<br />

(50 % zu 50 %)<br />

Nullhypothese des BGH<br />

(0 %)<br />

Übersicht: Bewertung von Aussagen<br />

17 BGHSt 45, 164 ff.<br />

18 NJW 2010, 3793 ff.<br />

42


Realkennzeichen und Warnsignale<br />

Die vom OLG auch genannte Hypothese der neutralen Anfangswahrscheinlichkeit<br />

geht im Wesentlichen auf Bender/Nack/Treuer 19 zurück; sie ist in der Tat gedanklich<br />

ebenso gut vertretbar, lässt allerdings die Konsequenz und gedankliche Eindeutigkeit<br />

der Nullhypothese des BGH vermissen.<br />

In der berühmten und gefürchteten Aussage-gegen-Aussage-Konstellation, bei<br />

der die Überzeugung von der Richtigkeit von der Aussage eines einzigen Tatzeugen<br />

abhängt, gilt die Nullhypothese ebenfalls für beide Seiten. Grundsätzlich kann eine<br />

(richterliche) Überzeugungsbildung im Einzelfall auf die Aussage eines einzigen<br />

Zeugen gestützt werden, wenn<br />

– selbst bei neutralen Zeugen – wie etwa Polizeibeamten – nicht davon ausgegangen<br />

wird, dass der von ihnen bekundete Sachverhalt mit der Realität übereinstimmen<br />

muss,<br />

– die Sicherheit der Aussageperson nicht als Indikator für die objektive Richtigkeit<br />

gedeutet wird und<br />

– jede Aussage solange als unzuverlässig angesehen wird, wie nicht die Nullhypothese<br />

eindeutig und zuverlässig widerlegt ist. 20<br />

1.5.2 Realkennzeichen und Warnsignale<br />

Im Folgenden sollen die Realkennzeichen und Warnsignale kurz dargestellt werden.<br />

21<br />

Für den Wahrheitsgehalt einer Aussage sprechen als Real- oder Realitätskennzeichen<br />

– Details, Verflechtungen und Individualität im Inhalt,<br />

– Erweiterungen und Konstanz bei Wiederholung und<br />

– Widerspruchsfreiheit, Nichtsteuerung und Gleichheit in der Struktur<br />

der Bekundungen.<br />

Warnhinweise und Lügensignale sind demgegenüber<br />

– Verlegenheit, die sich in Zurückhaltung, der Sprache und/oder einer Unterwürfigkeit<br />

äußert,<br />

– Kargheit und Strukturbrüche als Zeichen fehlender Kompetenz und<br />

– Übertreibungen in Form von Dreistigkeiten, Bestimmtheit und nicht erforderlichen<br />

Begründungen.<br />

46<br />

47<br />

48<br />

49<br />

19 Tatsachenfeststellung vor Gericht, Rn. 307, 495 ff; OLG Stuttgart, NJW 2006, 3506.<br />

20 So OLG Frankfurt (M) NJW-RR 2013, 664 (665); vgl. auch Brause, Glaubhaftigkeitsprüfung<br />

und -bewertung einer Aussage im Spiegel der höchstrichterlichen Rechtsprechung, NStZ<br />

2013, 129 ff.<br />

21 Lesenswert: Hermanutz/Adler/Schröder, a. a. O., 43.<br />

43


<strong>Vernehmungen</strong> im Kontext von menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge<br />

50<br />

51<br />

52<br />

53<br />

54<br />

55<br />

1.6 Analyse einer Aussage<br />

Bei der Beurteilung von Zeugenaussagen nehmen Lüge und Irrtum etwa einen<br />

identischen Raum ein; die Gründe für Irrtümer wurden bereits dargestellt. Im<br />

Folgenden geht es nun um die Enttarnung der Unwahrheit anhand signifikanter<br />

Merkmale. 22<br />

Die zuvor beschriebenen Unwägbarkeiten einer Aussage machen die Aussageanalyse<br />

zu einem wichtigen Teil der Überprüfung der Glaubhaftigkeit einer Aussage:<br />

Grundlegend hierfür sind die Feststellungen des BGH aus dem Jahr 1999, mit denen<br />

er die Voraussetzungen an brauchbare Glaubhaftigkeitsgutachten – einer 14-jährigen<br />

Zeugin in einem Missbrauchsverfahren – allgemein festgelegt hat. 23 Diese<br />

Darlegungen beanspruchen Allgemeingültigkeit und stellen insgesamt acht Qualitätskriterien<br />

für eine Inhalts- und Konstanzanalyse auf:<br />

– Detailreichtum der Aussage,<br />

– individuelle – ausgefallene – Besonderheiten,<br />

– raum-zeitliche Verknüpfung mit objektivierbaren Faktoren,<br />

– Konstanz in wesentlichen Teilen,<br />

– Homogenität der Aussage,<br />

– ungeordnete – aber psychologisch erklärbare – Beschreibungen,<br />

– spontane Erweiterungen,<br />

– Objektivität durch Beschreibung be- und entlastender Umstände.<br />

1.6.1 Detailreichtum<br />

Der Detailreichtum einer Schilderung stellt das erste inhaltliche Beurteilungskriterium<br />

dar: (Nur) Wer etwas auch tatsächlich erlebt hat, kann dies plastisch schildern<br />

und quasi wie einen Film für den Vernehmenden abspulen. Wird man in die Lage<br />

versetzt, anhand der Schilderung beobachtender Teil des Geschehenen zu werden,<br />

spricht viel für eine wahrheitsgetreue Schilderung.<br />

Besondere Probleme treten hier allerdings dadurch auf, dass es auch Situationen<br />

gibt, in denen<br />

– etwas bereits tatsächlich Erlebtes in eine andere Lebenssituation projiziert wird,<br />

– etwas anderweitig Wahrgenommenes einem Transfer unterzogen wird. Eine allzu<br />

ausführliche Berichterstattung in den Medien, Darstellungen im Internet und<br />

die sogenannten Realityshows führen dazu, dass Unbeteiligte über scheinbares<br />

Insiderwissen, das detailreiche Schilderungen ermöglicht, verfügen.<br />

Hier ist es die schwierige Aufgabe des Vernehmenden, einen derartigen Transfer<br />

zu erkennen; allerdings lehrt die Gedächtnispsychologie, dass eine solche Übertra­<br />

22 Vgl. dazu auch Steck in Hermanutz/Litzcke, Vernehmung in Theorie und Praxis, 2009, 153 ff.<br />

23 BGH NJW 1999, 2746 ff.; NJW 2005, 1521; NStZ 2008, 116 f.; vgl. auch BVerfG NJW 2003,<br />

2444 ff.<br />

44


Ungeordnete – aber psychologisch erklärbare – Beschreibungen<br />

gung an den zu Vernehmenden hohe Anforderungen stellt und daher eher selten<br />

vorkommt.<br />

1.6.2 Individuelle – ausgefallene – Besonderheiten<br />

Schildert eine Aussageperson individuelle – ausgefallene – Besonderheiten in ihrer<br />

persönlichen Ausdrucksweise, spricht dieses weitere Inhaltskriterium für eine<br />

wahre und erlebte Begebenheit. Es erfolgt nicht etwa eine Schilderung aus einer<br />

Art Vogelperspektive, sondern eine emotionale und individuelle Wiedergabe, die<br />

Nebensächlichkeiten, Belangloses und Assoziiertes teilweise in den Mittelpunkt<br />

rückt; auch ein teilweise geschildertes eigenes Unverständnis stärkt die Individualität<br />

und damit die Glaubhaftigkeit der Aussage.<br />

1.6.3 Raum-zeitliche Verknüpfung mit objektivierbaren Faktoren<br />

Letztes inhaltliches Kriterium ist die raum-zeitliche Verknüpfung mit objektivierbaren<br />

Faktoren. Es stützt – was ohne weitere Erläuterung einleuchten dürfte – die<br />

Richtigkeit einer Aussage, wenn sich deren Inhalte in objektivierbare und beweisbare<br />

Ermittlungsergebnisse einfügen.<br />

1.6.4 Konstanz in wesentlichen Teilen<br />

Ein strukturelles Kriterium ist die Konstanz in wesentlichen Teilen; hier ist zu überprüfen,<br />

ob die Aussage inhaltlich, sprachlich und situativ gleich bleibt. Dies gilt<br />

insbesondere bezüglich einer gleichmäßigen Schilderung von relevantem und irrelevantem<br />

(Tat-)Geschehen und dem Fehlen innerer Widersprüche.<br />

1.6.5 Homogenität<br />

Sofern sich unterschiedliche Teile der Aussage decken und sich, zunächst scheinbar<br />

unwichtige, Details wie bei einem Puzzle zu einem stimmigen Gesamtbild<br />

zusammenfügen lassen, spricht auch dieses strukturelle Kriterium für eine wahre<br />

Aussage.<br />

1.6.6 Ungeordnete – aber psychologisch erklärbare – Beschreibungen<br />

Auch bei diesem Punkt wird die Struktur einer Aussage analysiert: Schildert eine<br />

Auskunftsperson ein scheinbar zusammenhangloses, zunächst unverständliches<br />

Detail, das sich später in das Ermittlungsergebnis einfügt, begründet dies keinen<br />

Zweifel an der Wahrheit.<br />

Auch eine ungeordnete, nicht chronologische Wiedergabe ist hier ein Wahrheitskriterium,<br />

da der Lügner zu einer solchen Leistung – bleibt der Aussageinhalt konstant<br />

– nur selten in der Lage sein wird.<br />

56<br />

57<br />

58<br />

59<br />

60<br />

61<br />

45


<strong>Vernehmungen</strong> im Kontext von menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge<br />

62<br />

63<br />

64<br />

65<br />

66<br />

67<br />

1.6.7 Spontane Erweiterungen<br />

Der Lügner steht vor seinem Lügendilemma; 24 der Ausweg für ihn besteht scheinbar<br />

darin, Widersprüche zu unterdrücken bzw. nicht aufkommen zu lassen, indem<br />

er sich beharrlich auf seine ursprüngliche Version beruft und von dieser nicht abrückt.<br />

Zu spontanen Erweiterungen und Ergänzungen dieser Angaben ist er nicht<br />

in der Lage und auch nicht darauf vorbereitet. Spontane Erweiterungen sind aus<br />

seiner Sicht gefährlich und werden daher unterlassen.<br />

Positiv ausgedrückt sind daher Lückenauffüllungen, spontane Präzisierungen und<br />

Erweiterungen ein deutliches Indiz für eine wahrheitsgemäße Aussage.<br />

1.6.8 Objektivität durch Beschreibung be- und entlastender Umstände<br />

Letztlich ist auf die Objektivität durch Beschreibung be- und entlastender Umstände<br />

zu achten. Wer die Wechselbeziehungen der Beteiligten eines Geschehens<br />

wirklich wahrgenommen und erlebt hat, wird regelmäßig selbst bei schwerwiegenden<br />

Straftaten auch Positives über den Täter berichten können. Günstige und<br />

ungünstige Schilderungen in dieser Richtung – aber auch in Richtung des Opferzeugen<br />

– werden in einer Mischform vorliegen und, werden sie wiedergegeben, die<br />

Neutralität der Auskunftsperson bestärken.<br />

1.6.9 Resümee<br />

Aus den beschriebenen Fakten ergibt sich eine grobe Checkliste zur realistischen<br />

Einschätzung und Beurteilung der Glaubhaftigkeit einer Aussage: 25<br />

Praxistipp:<br />

Für die Glaubhaftigkeit spricht, wenn die Aussageperson<br />

– ihre Schilderung frei reproduzieren konnte,<br />

– auf Vorhalte reagiert,<br />

– eine originelle, stimmige Aussage ohne Widersprüche tätigt,<br />

– nicht durch verbale oder non-verbale Suggestionen beeinflusst wurde und/<br />

oder<br />

– Gedankenfehler auszuschließen sind.<br />

1.7 Lügensignale<br />

Der Lügner steht vor der misslichen Situation, dass er etwas präsentiert, das er<br />

selbst nicht – oder nicht so – persönlich erlebt hat und er daher kaum in der Lage<br />

ist, eine lebensnahe und lebendige Schilderung zu liefern; er wird also versuchen,<br />

dies mit einer detaillierten Darstellung zu überspielen, wohl wissend, dass die<br />

24 Dazu s. Rn. 50.<br />

25 In Anlehnung an Roggenwallner/Pröbstl, a. a. O., Rn. 212.<br />

46


Zeugen<br />

Entdeckung einer Lüge umso wahrscheinlicher ist, je umfangreicher eine Aussage<br />

wird.<br />

Dieses „Lügendilemma“ eröffnet für den Vernehmungsbeamten die Möglichkeit,<br />

Kriterien aufzustellen, um erfundene Schilderungen aufzudecken und damit die<br />

Lüge zu enttarnen. 26<br />

1.7.1 Recht zur Lüge?!<br />

Eine Frage, die beim Thema „Vernehmung“ immer wieder auftaucht, ist die, wer<br />

lügen darf und wer nicht. Weihmann tritt beispielsweise der Auffassung, Beschuldigte<br />

dürften straflos die Unwahrheit sagen, zu Recht entgegen. 27 Grundsätzlich<br />

ist festzustellen: Lügen erfüllt – für sich betrachtet – keinen Straftatbestand. Ausdrücklich<br />

erlaubt ist es natürlich nicht, und aus Sicht des Ermittlers auch unerwünscht!<br />

Nach eingehendem Studium von Straf- und Bußgeldvorschriften steht<br />

aber eindeutig fest: Lügen ist nicht grundsätzlich verboten.<br />

1.7.1.1 Zeugen<br />

Die zeugenschaftliche Belehrung beinhaltet regelmäßig den Hinweis auf mögliche<br />

Zeugnisverweigerungsrechte, 28 die die Möglichkeit, zu schweigen gemeinsam haben.<br />

Ebenso regelmäßig kommt der Hinweis hinzu, was eventuelle Falschaussagen<br />

(Lügen) zur Folge haben können, etwa so formuliert: „Sie dürfen niemanden wissentlich<br />

falsch anschuldigen“ (Hinweis auf die Strafbarkeit nach § 164 StGB), – „Sie<br />

dürfen keine Straftat vortäuschen“ (Hinweis auf die Strafbarkeit nach § 145d StGB).<br />

Darin erschöpft sich in den allermeisten Fällen der Hinweis auf die möglichen<br />

Folgen. Im konkreten Einzelfall kann es notwendig werden, auf andere Straftatbestände<br />

wie Strafvereitelung oder Beihilfe hierzu hinzuweisen. Auch das sind konkret<br />

formulierte Straftatbestände, die (nur) mögliche Folgen von Falschaussagen<br />

aufzeigen.<br />

„Bürger, sagen Sie nunmehr die Wahrheit!“, hieß es in einer vorformulierten<br />

Aussagevorbereitung und -formel am Ende der („vorgeschriebenen“) Belehrung in<br />

den 50er Jahren. Damals wurde – im Gegensatz zur heutigen Prozessauffassung –<br />

die Belehrung als notwendiges Übel angesehen, wie eine „Formvorschrift“, deren<br />

Weglassung ein Manko war, nicht aber den Inhalt der Vernehmung und deren Verwertbarkeit<br />

in Frage stellte. Genau das hat sich geändert. Nichtverwertbarkeiten<br />

wurden höchstrichterlich festgestellt, was sich in der Praxis auf die Notwendigkeit<br />

von klar formulierten Belehrungen niederschlagen sollte; das geschah auch, aber<br />

eines hat sich bis heute fortgesetzt:<br />

Der Hinweis auf eine „Wahrheitspflicht“, die – bei genauer Betrachtungsweise – gar<br />

nicht existiert. Allein die Falschaussage vor Gericht, speziell unter Eid, stellt einen<br />

68<br />

69<br />

70<br />

71<br />

72<br />

26 Vgl. dazu auch: Litzcke/Hermanutz in Hermanutz/Litzcke, a. a. O., 168 ff.<br />

27 Weihmann/Schuch, Kriminalistik, 2011, 479.<br />

28 Ausführlich dazu unter Rn. 361, 1132.<br />

47


<strong>Vernehmungen</strong> im Kontext von menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge<br />

73<br />

74<br />

75<br />

76<br />

eigenständigen Straftatbestand dar. Im (vorgelagerten) Ermittlungsverfahren spielt<br />

die „Lüge“ zwar eine gewichtige und konkrete Rolle, verboten und sanktioniert ist<br />

sie allerdings nicht. Trotzdem ermahnt jeder „Ermittler“ zu Recht zur Wahrheit.<br />

Auch wenn keine – auch nicht aus der nur für richterliche Vernehmung geltenden<br />

Norm des § 57 Abs. 1 StPO ableitbare – Verpflichtung zur Wahrheit besteht, hat der<br />

Ermittler im Sinne der Sachverhaltsaufklärung allerdings ein eigenes Interesse daran,<br />

dass der Vernommene die Wahrheit sagt. Genau so sollte er es auch darstellen:<br />

Beispiel:<br />

„Ich möchte von Ihnen die Wahrheit hören.“<br />

Mit dieser Feststellung stellt der Vernehmende den Selbstbezug und damit einen<br />

deutlichen Rahmen her. Alles andere – wie etwa der Hinweis auf andere Instanzen<br />

oder eine „allgemeine Wahrheitspflicht“ – entbehrt notwendiger Grundlagen.<br />

1.7.1.2 Beschuldigte<br />

Für den Beschuldigten gilt dasselbe. Auch er darf lügen, aber niemanden wissentlich<br />

falsch anschuldigen oder eine Straftat vortäuschen. Zudem bilden die<br />

Ehrdelike der §§ 185 ff. StGB eine Grenze des „Rechts zur Lüge“. Genau wie einem<br />

Zeugen muss ihm klar gemacht werden, dass die Folgen einer falschen Aussage<br />

unter Umständen eine Straftatbestandsverwirklichung darstellen.<br />

Praxistipp:<br />

„Sie dürfen hier lügen“ wäre – wenn auch denkbar – die falsche, jedenfalls aber<br />

unglückliche Formulierung. Notwendig und angemessen ist der Hinweis auf<br />

Schweigerechte. Wenn darauf verzichtet wird und der Vernommene aussagt,<br />

sollte der Vernehmende selbst in personam auf Wahrheitsgehalte pochen.<br />

77<br />

1.7.1.3 Selbstbelastungsfreiheit versus Auskunftspflichten<br />

Der fundamentale rechtsstaatliche Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit kollidiert<br />

in vielen Bereichen mit außerstrafrechtlichen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten.<br />

Diese Thematik war Anstoß für den sog. Gemeinschuldnerbeschluss des<br />

BVerfG 1981 29 . Hintergrund der Entscheidung war, dass ein Gemeinschuldner gegenüber<br />

dem Konkursgericht die von diesem nach § 75 KO a. F. 30 geforderten Informationen<br />

unter Hinweis darauf, dass er sich durch seine Angaben eventuell selbst<br />

einer Straftat bezichtige, verweigerte. Die Erzwingbarkeit der Auskünfte wurde vor<br />

dem Hintergrund der schützenswerten Vermögensinteressen der Gläubiger verfassungsrechtlich<br />

nicht in Frage gestellt – allerdings schuf das BVerfG im Wege ergänzender<br />

Auslegung der Konkursordnung ein strafrechtliches Verwertungsverbot.<br />

29 BVerfG, Beschluss vom 13.1.1981 – 1 BvR 116/77.<br />

30 Die Konkursordnung wurde 1999 durch die Insolvenzordnung ersetzt.<br />

48


Asylgesetz<br />

1.7.1.3.1 Insolvenzordnung<br />

Das aktuelle Pendant für das Insolvenzverfahren findet sich in § 97 InsO. Absatz 1<br />

Satz 3 der Vorschrift regelt ein Verwendungsverbot, das heißt, dass die durch<br />

Auskunft des Insolvenzschuldners, zu der dieser nach § 97 Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO<br />

in umfassender Form verpflichtet ist, erlangten Informationen in einem Straf- oder<br />

Bußgeldverfahren nur mit dessen Zustimmung verwendet werden dürfen. 31<br />

1.7.1.3.2 Asylgesetz<br />

Dem Asylverfahrensrecht ist diese Problematik ebenfalls nicht fremd – allerdings<br />

mit einem entscheidenden Unterschied zu den vorgenannten Rechtsbereichen:<br />

Die im Rahmen des Asylverfahrens nach §§ 15, 25 Asylgesetz bestehende Mitwirkungspflicht<br />

des Antragstellers kann mit staatlichen Mitteln nicht erzwungen<br />

werden. Der Interessenkonflikt beschränkt sich auf die Person des Antragstellers,<br />

der vor die Alternative gestellt ist, sich entweder durch vollständigen und wahrheitsgemäßen<br />

Tatsachenvortrag der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen<br />

oder durch Verweigerung von (zureichenden) Angaben die Ablehnung seines<br />

Asylbegehrens zu riskieren. Aus diesem Konflikt kann in aller Regel kein Beweisverwertungsverbot<br />

folgen. 32 § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Asylgesetz, der die Übermittlung<br />

und Verwertung der Angaben des Asylsuchenden auch für Maßnahmen der Strafverfolgung<br />

legitimiert, ist daher verfassungsrechtlich unbedenklich.<br />

Etwas anderes kann sich dann ergeben, wenn die Anhörung im Asylverfahren<br />

an der Begründung und Erhärtung eines Anfangsverdachts ausgerichtet ist, z. B.,<br />

indem die Anhörung unterbrochen wird, die Strafverfolgungsbehörden über die<br />

(strafrechtliche) Selbstbelastung des Asylbegehrenden informiert werden und sodann<br />

das weitere Vorgehen abgesprochen wird. Bei derartigen „verdeckten Beschuldigtenvernehmungen“,<br />

die den nemo-tenetur-Grundsatz 33 , das allgemeine<br />

Persönlichkeitsrecht und das dem Rechtsstaatsprinzip inhärente Verdikt des fairen<br />

Verfahrens tangieren, entscheidet die im Einzelfall vorzunehmende Abwägung<br />

dieser Verfassungsrechte gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit an effektiver<br />

Strafverfolgung über ein etwaiges Verwertungsverbot. 34 Aspekte wie ein ggf.<br />

planmäßiges Vorgehen, etwa bei standardisierter Verwendung eines für Zwecke<br />

des Strafverfahrens entwickelten Fragenkatalogs, die Tatsache, dass der Mitarbeiter<br />

des BAMF die Anhörung nicht als Privatperson oder „verdeckter Ermittler“,<br />

sondern als Behördenvertreter mit staatlicher Autorität durchführt, aber – auf der<br />

anderen Seite – auch ein drohender Beweismittelverlust spielen eine Rolle.<br />

78<br />

79<br />

80<br />

31 Ausführlich zum insolvenzrechtlichen Verwendungsverbot Mayer, Das Verwendungsverbot<br />

gem. § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO, StRR 4/2015, 124 ff.<br />

32 BGH, Beschluss vom 15.12.1989 – 2 StR 167/89.<br />

33 U.a. das Einlassungsverweigerungsrecht des Beschuldigten.<br />

34 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.5.1977 – 2 BvR 988/75; vgl. BGH, Beschluss vom 13.5.1996<br />

– GSSt – 1/96.<br />

49


<strong>Vernehmungen</strong> im Kontext von menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge<br />

81<br />

82<br />

1.7.1.3.3 Disziplinarverfahren im Strafvollzug<br />

Werden gegen Insassen einer JVA Disziplinarverfahren geführt, erfolgt regelmäßig<br />

eine Vernehmung durch Beamte des Strafvollzuges, in deren Verlauf die Betroffenen<br />

die Vorwürfe möglicherweise einräumen. Im daraufhin eingeleiteten Strafverfahren<br />

sind – so das LG Detmold – bei einem entsprechenden Widerspruch des<br />

Angeklagten dessen ursprüngliche Angaben nicht verwertbar, da die besondere<br />

Drucksituation in der JVA und die fehlende Belehrung über das Auskunftsverweigerungsrecht<br />

im Rahmen des Disziplinarverfahrens zu einem Beweisverwertungsverbot<br />

führen. 35<br />

1.7.1.4 Falschangaben bei Verkehrsdelikten<br />

Ein Fahrverbot und/oder der Fahrerlaubnisentzug nebst Sperrfrist beeinträchtigen<br />

den Beschuldigten in seiner Lebensführung und treffen ihn deshalb oftmals<br />

härter als die (eigentliche) Strafe. Daher häufen sich gerade im Bereich der Straßenverkehrsdelikte<br />

die Fälle, in denen der Beschuldigte versucht, den Verdacht<br />

von sich (auf andere) abzulenken. Zur Beantwortung der Frage, ob die Grenze zu<br />

einer Straftat nach § 164 StGB bzw. dem formell subsidiären § 145d StGB bereits<br />

überschritten ist oder sich der Beschuldigte noch im Rahmen „strafloser Selbstbegünstigung“<br />

bewegt, wird überwiegend auf eine Differenzierung nach Fallgruppen<br />

zurückgegriffen:<br />

– Schlichtes Bestreiten:<br />

Keine Straftat. 36<br />

– Bezichtigung einer bislang unverdächtigen Person:<br />

Falsche Verdächtigung. 37<br />

– Bezichtigung einer tatsituativ verdächtigen Person:<br />

Nach vorherrschender obergerichtlicher Rechtsprechung nicht strafbewehrt, da<br />

die Person auch durch das bloße Leugnen in den Verdacht der Ermittlungsbehörden<br />

geraten wäre. 38 Abweichendes gilt jedoch dann, wenn der Beschuldigte<br />

weitere, den anderen belastende Umstände vorträgt oder die Beweislage verfälscht.<br />

39<br />

35 LG Detmold, StRR 9/2017, 16 ff.; vgl. auch BGH StV 1997, 337.<br />

36 Dies gilt auch für die Konstellation, dass die logische Konsequenz des Leugnens die Verdächtigung<br />

einer anderen Person (durch die Strafverfolgungsbehörden) – etwa des einzigen<br />

weiteren Anwesenden – ist, OLG Celle, Urteil vom 7.11.1963 – 1 Ss 393/63.<br />

37 BGH, Urteil vom 10.2.2015 – 1 StR 488/14; der Beschuldigte unterliegt zwar nicht der<br />

Pflicht, die Wahrheit zu sagen; er hat aber auch kein (schrankenloses) „Recht zur Lüge“,<br />

BGH, Beschluss vom 17.3.2005 – 5 StR 328/04.<br />

38 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.8.1991 – 5 Ss 232/91 – 76/91 I; vgl. OLG Celle, Urteil<br />

vom 23.4.2009 – 32 Ss 15/09; a.A.: OLG Hamm, Urteil vom 13.10.1964 – 3 Ss 965/64.<br />

39 OLG Düsseldorf, a. a. O. m. w. N. Das Herbeiführen einer belastenden Beweissituation (z. B.<br />

Verstellen des Fahrersitzes) kann auch ohne Kommunikationsprozess taugliche Handlung<br />

des § 164 StGB sein, Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 2019, § 164 Rn. 8.<br />

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