Wirtschafts-News I 2021 Wiesbaden
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Weniger Quantität,<br />
mehr Qualität<br />
W N<br />
<br />
SPEZIAL<br />
Kulturwandel nach Corona<br />
23<br />
„In einem sich so rasch verändernden, von einem hohen Digitalisierungsanspruch geprägten Immobilienmarkt<br />
werden nur diejenigen überleben, die dem Einzelnen – ob Mieter, Käufer, Verkäufer oder<br />
generell Kunde – einen echten ‚Added Value‘ bieten“, lautet die These des <strong>Wiesbaden</strong>er Immobilienunternehmers<br />
Maximilian Seil. Er ist Gründer der Zwei & Zwanzig Gruppe, mit welcher er seit rund<br />
einem Jahrzehnt Immobilien in Deutschland für eigene Zwecke sowie für und mit Partnern erwirbt,<br />
entwickelt, bewirtschaftet und sich zudem an Unternehmen, vornehmlich in der Immobilienbranche,<br />
beteiligt. Wie er das vergangene Jahr wahrgenommen hat, berichtet er selbst.<br />
Wir hoffen alle, dass der Pandemie-Spuk bald ein<br />
Ende haben wird. Auch wenn mir persönlich das<br />
reine Händeschütteln nicht wirklich fehlt, so ist<br />
die Immobilienbranche doch durch persönlichen<br />
Kontakt enorm geprägt und dieser mitunter die<br />
Essenz unseres Geschäfts. Deshalb wird der Markt<br />
künftig auch niemals nur rein digital sein – zum<br />
Glück, kann man schon fast meinen, denn die<br />
deutsche Immobilienbranche hinkt hier seit Jahren<br />
hinterher. Im Bereich der immer wichtiger<br />
werdenden Unterlagen- bzw. Datenmengen müssen<br />
wir deutlich am<br />
Digitalisierungsmodus<br />
arbeiten. Das funktioniert<br />
in Teilbereichen,<br />
wie den Transaktionen<br />
bzw. der Vermittlung, bereits gut. Das wichtigste<br />
Thema aber wird es sein, z. B. Finanzierungen,<br />
Objektunterlagen und Genehmigungsvorgänge<br />
zu vereinfachen, und hier hapert es in Deutschland<br />
an allen Ecken und Enden.<br />
„Persönlicher Kontakt<br />
ist mitunter Essenz der<br />
Immobilienbranche.”<br />
Man darf gespannt sein, ob Corona hierzu etwas<br />
Positives beiträgt. Tatsache ist, dass der Immobilienmarkt<br />
2019 schon stark heiß gelaufen war<br />
und kein Übermaß mehr an Chancen bot. Finanzierungen<br />
waren scheinbar ein Leichtes, aber<br />
genau hier wurde durch Corona ein wenig Druck<br />
herausgenommen. Es scheint als ob die Banken<br />
hier versuchen, die Zeit für ein wenig Entschleunigung<br />
zu nutzen. Man konnte auf Käuferseite<br />
mal durchatmen und sich aufs Wesentliche konzentrieren<br />
– innere Strukturen, Digitalisierung,<br />
Personalentwicklung usw. – anstatt sich ständig<br />
voller Hektik mit unzähligen aus dem Boden<br />
sprießenden Mitbewerbern messen zu müssen.<br />
Mit weniger, aber größeren Deals und mehr Ruhe<br />
ist es uns dadurch 2020 gelungen, unser verwaltetes<br />
Immobilien- und Projektvermögen alleine<br />
um einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag<br />
zu steigern. Wenn es also überhaupt positive<br />
Aspekte im Zusammenhang mit dieser Pandemie<br />
und seinen traurigen Folgen geben kann, war dies<br />
für uns die Möglichkeit der stärkeren Fokussierung,<br />
die unsere positive Entwicklung erst möglich gemacht<br />
hat.<br />
Denn – bezogen auf unser Geschäft – steht diese<br />
Zeit für uns unter dem Motto „Weniger Quantität,<br />
mehr Qualität“. Die Zeiten müssen effizienter<br />
genutzt werden. Der deutsche Immobilienmarkt<br />
war nämlich schon ziemlich abgedreht, da tut<br />
Entschleunigung sogar sehr gut. Der deutsche<br />
Markt birgt noch immer unheimlich viel Potenzial.<br />
Das „Ländliche“ bekommt wieder einen ganz<br />
neuen Anreiz. Für mich ist der Markt spannender<br />
denn je. Es tut gut,<br />
wenn nicht mehr 50<br />
oder 100 Investoren<br />
um dasselbe Produkt<br />
kämpfen, sondern zeitweise<br />
eben nur 25, schlichtweg auch wegen der<br />
Kontakteinschränkungen und der Schwierigkeiten,<br />
die das für große Unternehmen beispielsweise<br />
mit sich bringt.<br />
„Durch Corona wurde<br />
ein wenig Druck<br />
herausgenommen.”<br />
Vielleicht können wir uns auch politisch darauf<br />
konzentrieren, wieder mehr nach Qualität und<br />
weniger nach Quantität zu streben – dann wäre<br />
auch Raum für mehr Mut zu Entscheidungen.<br />
Denn wenn es an etwas fehlt, dann an diesem<br />
Mut!<br />
Redaktion: red<br />
Foto: Zwei & Zwanzig Gruppe<br />
www.zwei-zwanzig.com