Grimselwelt Magazin 2021
Staumauer Spitallamm – Barbara Egger-Jenzer, Unterwegs mit der KWO Verwaltungsratspräsidentin – Wertvolle Steine, bei Goldschmied Batt Schild im Homeoffice
Staumauer Spitallamm – Barbara Egger-Jenzer, Unterwegs mit der KWO Verwaltungsratspräsidentin – Wertvolle Steine, bei Goldschmied Batt Schild im Homeoffice
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DAS MAGAZIN <strong>2021</strong><br />
Staumauer Spitallamm<br />
Vom Beton und der<br />
richtigen Mischung<br />
Barbara Egger-Jenzer<br />
Unterwegs mit der KWO<br />
Verwaltungsratspräsidentin<br />
Wertvolle Steine<br />
Bei Goldschmied<br />
Batt Schild im Homeoffice
grimselwelt3 3<br />
editorial<br />
Vor einem Jahr mussten<br />
wir uns mit der abrupten<br />
Stilllegung des öffentlichen<br />
Lebens zurechtfinden. Seither<br />
kämpfen wir alle mit Herausforderungen,<br />
die wir uns nicht<br />
hätten vorstellen können. Ich<br />
hoffe sehr, dass Sie die Corona-<br />
Zeit irgendwie hinter sich gebracht<br />
haben. Wenn wir über<br />
das Hochfahren nachdenken, wünsche ich<br />
mir sehr, dass wir die vielen drängenden<br />
Fragen diskutieren und überlegt agieren.<br />
Wir wissen jetzt, wie verletzlich unser System<br />
ist.<br />
Die KWO spürt die Auswirkungen der Pandemie,<br />
wenn auch längst nicht so stark wie<br />
andere Branchen, die im Zentrum des<br />
Sturms stehen. Ein anderes Notszenario beschäftigt<br />
unser Unternehmen jedoch schon<br />
länger. Experten gehen davon aus, dass eine<br />
Strommangellage ein Risiko darstellt, dessen<br />
Folgen über das hinausgehen könnten,<br />
was wir mit der Pandemie erleben. Da Wasserkraftunternehmen,<br />
wie die KWO, immer<br />
dann herbeigerufen werden, wenn die<br />
Situation im Stromnetz kritisch wird, erlebe<br />
ich jeweils, wie es um die Versorgungssicherheit<br />
in der Schweiz steht. Und tatsächlich:<br />
Die Situationen nehmen zu, in denen<br />
die Wasserkraftunternehmen innert Minuten<br />
eingreifen müssen, um den «Brand» zu<br />
löschen, beziehungsweise das Stromnetz zu<br />
stabilisieren. Unsere Seen übernehmen die<br />
Funktion einer «Versicherung» im turbulenten<br />
Markt der erneuerbaren Energien.<br />
Deshalb sind die Speicherausbauprojekte<br />
der KWO so wichtig. Sie tragen dazu bei,<br />
den Strom dann verfügbar zu machen,<br />
wenn er benötigt wird, nämlich in heiklen<br />
Situationen während der Wintermonate.<br />
Ich tausche mich gerne mit Menschen aus,<br />
die über fundiertes Wissen verfügen und<br />
sich nicht scheuen, unbequeme Positionen<br />
einzunehmen. Einer von ihnen ist Eduard<br />
Kiener, langjähriger Direktor des Bundesamtes<br />
für Energie – lesen Sie dazu unser Gespräch<br />
über die Versorgungssicherheit auf<br />
Seite 16. Eine ebenso ideenreiche und kritisch<br />
hinterfragende Persönlichkeit ist Barbara<br />
Egger-Jenzer, ehemalige Regierungsrätin<br />
des Kantons Bern und seit März 2020<br />
Verwaltungsratspräsidentin der KWO (siehe<br />
Seite 20). Ich freue mich sehr über die Zusammenarbeit<br />
mit ihr. Auch deshalb, weil<br />
sie die erste Frau in diesem Amt ist.<br />
Nun hoffe ich, dass wir alle diesen Sommer<br />
neue Energien tanken können. Dies geht<br />
übrigens – Sie ahnen es – nirgends so gut<br />
wie in der <strong>Grimselwelt</strong>!<br />
Herzlich Ihr<br />
Daniel Fischlin<br />
Willkommen in der <strong>Grimselwelt</strong><br />
Die KWO ersetzt die bestehende Staumauer Spitallamm und startet in Kürze in die dritte<br />
Bausaison. Das Jahrhundertbauwerk ist keine alltägliche Geschichte.<br />
Titelgeschichte Seite 4–11<br />
Die dritte Bausaison an der Spitallamm<br />
Auf der Grossbaustelle am Fuss der Staumauer Spitallamm sind<br />
die Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen worden. Im Sommer<br />
<strong>2021</strong> geht es los mit den Betonarbeiten. Doch dies ist nicht ganz<br />
so einfach.<br />
Im Pilzfieber Seite 12–13<br />
Unterwegs mit Markus Peterle<br />
Pilze zu finden ist ein Highlight, doch einem eingefleischten Pilzsammler<br />
geht es nicht nur darum. Eine Annäherung ans Phänomen<br />
Pilzfieber in einem geheimnisvollen Wald in Gadmen.<br />
Musik aus den Bergen Seite 14–15<br />
Dodos Experimente an der Grimsel<br />
Im Sommer 2020 wohnte der Sänger und Produzent Dodo in<br />
einem leuchtorangen Container am Fusse des Sidelhorns und<br />
arbeitete dort an seinen neuen Songs. Ein Fotoportrait eines ungewöhnlichen<br />
Bergbewohners.<br />
Im Gespräch Seite 16–17<br />
Eduard Kiener und Daniel Fischlin erörtern die Energiewende<br />
Die Energiewende bringt viele Herausforderungen mit sich –<br />
Eduard Kiener, ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Energie,<br />
und KWO CEO Daniel Fischlin legen den Finger auf besondere<br />
Knackpunkte.<br />
Persönlich Seite 18–19<br />
Portraits aus der <strong>Grimselwelt</strong><br />
Was Menschen bewegt, kreativ tätig zu sein – als Goldschmied,<br />
Floristin oder Köchin. Drei kleine Portraits aus den Bergen.<br />
Unterwegs im Triftgebiet Seite 20–23<br />
Wanderung mit Barbara Egger-Jenzer<br />
Seit gut einem Jahr ist Barbara Egger-Jenzer Verwaltungsratspräsidentin<br />
der KWO. Auf einer Wanderung im Triftgebiet erklärt<br />
sie ihre Motivation für das Amt und erläutert ihre Sicht auf das<br />
Trift-Projekt.<br />
Zeit zum Abschalten Seite 24–27<br />
Tipps aus der <strong>Grimselwelt</strong><br />
Frische Luft und Weitsicht tun uns besser denn je. Zeit also, die<br />
<strong>Grimselwelt</strong> neu zu entdecken. Im Gebiet rund um den Grimselund<br />
Sustenpass gibt es jede Menge Überraschungen, für Geniesser,<br />
Abenteuerlustige und Wissensdurstige zugleich.<br />
Impressum<br />
Herausgeber KWO Kommunikation, Innertkirchen<br />
Gestaltung und Realisation Laufwerk, Bern<br />
Konzept und Projektleitung Thomas Huber<br />
Bilder David Birri und Francoise Funk-Salami<br />
Texte Annette Marti und KWO<br />
Druck Jordi AG, Belp<br />
Auflage 20’000 Exemplare<br />
Die <strong>Grimselwelt</strong> ist ein Engagement der<br />
KWO, Kraftwerke Oberhasli AG<br />
Mix<br />
Produktgruppe aus vorbildlicher<br />
Waldwirtschaft und<br />
anderen kontrollierten Herkünften<br />
Cert no. SQS-COC-023903, www.fsc.org<br />
SQS-COC-100061<br />
© 1996 Forest Stewardship Council
4 grimselwelt4· spitallamm baustelle<br />
grimselweltgrimselwelt ·· spitallamm baustelle 5<br />
Die Herstellung von Beton hat einige<br />
Parallelen mit dem Kochen. Es geht um<br />
Rezepturen und perfekt aufeinander abgestimmte<br />
Anteile von Zutaten, bei Tests<br />
kommen sogar eigentliche Kochtöpfe zum<br />
Einsatz. Dennoch: Die richtige Zusammensetzung<br />
von Beton ist eine Wissenschaft<br />
für sich, ganz besonders, wenn es um das<br />
Betonieren einer Staumauer geht.<br />
Text: Annette Marti, Fotos: David Birri<br />
Alle Augen sind auf Jacques Burdin gerichtet. Was würde er<br />
sagen? Der Franzose, der als Betonexperte für die KWO arbeitet,<br />
nähert sich dem frischen Beton, der soeben unter lautem<br />
Gepolter aus einem Rohr der neuen Betonanlage in die Mulde<br />
des Kippers gefallen ist. Mit der Vibrationsnadel wird die<br />
zähflüssige, dunkelgraue Masse verdichtet. Was hier passiert, ist<br />
für den gesamten Prozess des Betonierens an der neuen Spitallamm<br />
Staumauer von grösster Wichtigkeit. In verschiedenen Versuchen<br />
wird ermittelt, wie genau die Rezeptur des Betons aussehen<br />
muss und ob die bereits gemachten Überlegungen der Praxis<br />
standhalten. Ist die Masse zu flüssig? Ist sie zu trocken? Geschmeidig<br />
genug? Und wie verhält sie sich genau beim Verdichten?<br />
Es gibt viele offene Fragen, die eine detailgenaue Antwort<br />
verlangen.
6 grimselwelt6<br />
· spitallamm baustelle<br />
grimselweltgrimselwelt ·· spitallamm baustelle 7<br />
Insgesamt werden durch die ARGE Grimsel, bestehend aus den<br />
Firmen Frutiger, Implenia Schweiz und Ghelma Baubetriebe,<br />
in den nächsten fünf Jahren mehr als 200’000 Kubikmeter<br />
Beton verbaut. Der Beton muss sehr hohe Anforderungen erfüllen<br />
– eine wie bei sonstigen Bauten verwendete Mischung würde<br />
die besonderen Anforderungen für eine Staumauer nicht erfüllen.<br />
Bauleiter Philipp Oswald erklärt: «Auf keinen Fall darf sich der<br />
Beton zu schnell erwärmen, weil sich sonst hohe Temperaturspannungen<br />
und damit Risse bilden könnten. Trotzdem muss die<br />
Masse einfach zu verarbeiten sein, denn wir müssen schnell vorwärts<br />
machen.» Beton besteht aus verschiedenen Baustoffen, abgesehen<br />
von Sand und Kies in verschiedenen Korngrössen werden<br />
Zement, Wasser und Zusatzmittel beigemischt. «Einer der Knackpunkte»,<br />
so Oswald, «ist der Zementgehalt. Wir möchten einen<br />
möglichst tiefen Anteil Zement erreichen, weil damit auch die<br />
Wärmeentwicklung geringer ist.» Im Sommer <strong>2021</strong> sollen die ersten<br />
Etappen der neuen Staumauer betoniert werden. Alles, was<br />
in den bisherigen zwei Bausaisons geschah, hatte mit Felsabtrag,<br />
Bauinstallationen oder Vorbereitungen zu tun. Die neue Mauer<br />
wird wie ein Legobauwerk in Blöcken emporwachsen – übrigens<br />
sind dazu keine Armierungseisen nötig, die Stabilität ist durch<br />
die Form der sogenannten doppelt gekrümmten Bogenstaumauer<br />
gegeben.<br />
Jacques Burdin inspiziert die Beschaffenheit des Betons in der<br />
Mulde. Rundherum schallt der Motorenlärm von den Felswänden,<br />
irgendwo pocht ein Presslufthammer, aus dem Stollen<br />
am Wandfuss hört man die Belüftung röhren. Kälte, Feuchtigkeit<br />
und Staub kriechen in jede offene Ritze der warmen<br />
Baukleider. Praktisch alle Entscheidungsträger der KWO und der<br />
ARGE Grimsel sind auf dem Bauplatz versammelt, um die Betonversuche<br />
mitzuverfolgen. Der Baggerführer zieht die Vibrationsnadel<br />
aus der Masse, kurz darauf steigt einer der Baufachleute<br />
auf den Beton, der bereits fester geworden ist, und prüft mit federnden<br />
Bewegungen beider Beine, wie stark die Oberfläche<br />
nachgibt. Es sieht so aus, als würde der Mann zu einem Trampolinsprung<br />
ansetzen. Betonexperte Burdin nickt mit ruhiger Miene<br />
und wendet sich an Andres Fankhauser und Benno Schwegler,<br />
die bei der KWO die Gesamtverantwortung für den Mauerbau<br />
tragen. Daniel Kalbermatter, Leiter der Betonanlage, wird angewiesen,<br />
das Zusatzmittel anders zu dosieren und eine neue Mischung<br />
vorzubereiten. Auf die Frage, wie er sehe, ob der Beton<br />
den Ansprüchen genüge oder nicht, gibt Experte Burdin wenig<br />
später eine überraschende Antwort: «Man hört es bereits im Mischer,<br />
je nach Konsistenz des Betons tönt es anders. Das mag vielleicht<br />
erstaunlich klingen, aber der Beton spricht mit einem, wenn<br />
man ihn ein bisschen kennt.»<br />
Soviel Poesie verleiht der rauen Baustelle auf fast 2000 Metern<br />
über Meer eine unerwartet malerische Note. Wie kann<br />
man sich in einer technisch derart ausgeklügelten Materie<br />
auf Augen und Ohren verlassen? Experte Burdin schmunzelt. Natürlich<br />
brauche es Erfahrung und fundiertes Wissen über Baustoffe,<br />
sagt er, je nach Baustelle unterscheiden sich auch die verwendeten<br />
Komponenten und Mischungen deutlich. Aber letztlich<br />
sei es wie an so manchen Orten: Ein komplexes Projekt könne<br />
nur gelingen, wenn die Zusammenarbeit unter den beteiligten<br />
Personen auch auf einer menschlichen Ebene gut klappe. In der<br />
Tat, so betonen viele der Verantwortlichen, sei der Überblick, die<br />
Planung und die Organisation zentral, wie bei einer ausgeklügel-<br />
ten Mechanik muss ein Rad ins andere<br />
greifen. Denn wie zu jedem Zeitpunkt der<br />
Bausaison 2020 laufen verschiedene Arbeiten<br />
gleichzeitig. Einige der Arbeiter betonieren<br />
die Fundamente der zwei grossen<br />
Baukräne, andere befassen sich mit dem<br />
Aushub am Fuss der Staumauer und eine<br />
dritte Einheit arbeitet sich im Sprengvortrieb<br />
in den Felsen hinein, um den Zugang<br />
zum künftigen Grundablass zu eröffnen.<br />
Auf jeder Ebene ist der gute Spirit und gegenseitiger<br />
Respekt wichtig für das Vorankommen.<br />
Jonas Kölliker, Bauführer der<br />
ARGE Grimsel, erklärt es so: «Es braucht<br />
Fingerspitzengefühl und gute Kommunikation.<br />
Wenn wir das vernachlässigen,<br />
wirkt es sich schnell auf den Baufortschritt<br />
aus und auch auf die Sicherheit.»<br />
Für die Betonmischungen kommen unterschiedliche Korngrössen<br />
zum Einsatz, vom Sand…<br />
…über kleinere Steinchen…<br />
Mehr Informationen zum Projekt<br />
«Ersatz Staumauer Spitallamm»<br />
… bis zu, für Betonverhältnisse, grossen Brocken.<br />
Die Testmasse wird in einer Mulde<br />
vibriert. Wie sich der Beton dabei<br />
verhält, ist entscheidend. Ganz<br />
vorne steht Betonexperte Jacques<br />
Burdin, der sagt, der Beton spreche<br />
mit einem, wenn man ihn gut<br />
genug kenne.<br />
Die Betonmasse ist derweil in verschiedene<br />
Behälter gefüllt worden. Einige<br />
Eigenschaften werden im mobilen<br />
Baustoff-Labor vor Ort geprüft, andere in<br />
einem spezialisierten Labor in Bern. Im<br />
Zelt am Fusse der Betonanlage lässt sich<br />
am noch frischen Beton etwa Rohdichte<br />
oder Luftgehalt untersuchen. Besonders<br />
ins Auge stechen zwei grosse Pfannen auf<br />
einem Gaskocher, in denen ein Mitarbeiter<br />
des Prüflabors mit einer Kelle Beton<br />
umrührt. Die Probe wird aufgeheizt und<br />
ausgetrocknet, um den Wassergehalt der<br />
Masse zu bestimmen. Die groben Bestandteile<br />
dieser Art von Betonmischung sind in<br />
den Pfannen besonders gut zu sehen. Für<br />
die Spitallamm-Mauer kommen nämlich<br />
Mischungen mit Korngrössen bis zu 125<br />
Millimeter zum Einsatz. Das sind viel grössere<br />
«Brocken» als bei herkömmlichen<br />
Betonmischungen. Bauleiter Philipp Oswald<br />
erklärt: «Wir verwenden drei verschiedene<br />
Arten von Beton: Massenbeton,<br />
Vorsatzbeton und Kontaktbeton. Jede dieser<br />
Mischungen setzt sich anders zusammen.»<br />
Die Korngrössen bis zu 125 Millimeter<br />
sind Bestandteil des Massenbetons,<br />
der wenig Wärme entwickeln sollte und<br />
im Innern der Mauer eingebaut wird. «Ein<br />
herkömmlicher Beton würde beim Aushärten<br />
viel zu heiss werden, was mit grossen<br />
Spannungen und möglicherweise mit<br />
Rissen verbunden wäre», verdeutlicht Oswald.<br />
An der Oberfläche, also gegen die<br />
Luft hin und auf der Seite des Wassers,<br />
wird Vorsatzbeton verwendet, der den<br />
Temperaturschwankungen besonders gut<br />
Die Betonmischungen<br />
werden auf verschiedene<br />
Faktoren hin geprüft,<br />
unter anderem wird die<br />
Masse auch aufgekocht,<br />
um den Wassergehalt zu<br />
bestimmen.
8 grimselwelt8<br />
· ersatz staumauer spitallamm<br />
grimselweltgrimselwelt ·· spitallamm baustelle 9<br />
Steinen in Lagerboxen beim Kieswerk. Je<br />
nach Bedarf werden sie wieder zur Baustelle<br />
transportiert und in der Betonanlage<br />
zum wertvollen Baustoff abgemischt. Für<br />
diese Aufbereitung vor Ort habe man sich<br />
aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und<br />
der Umweltfreundlichkeit entschieden,<br />
sagt Benno Schwegler, Leiter Projekte<br />
KWO. Insgesamt, so rechnet er vor, müssen<br />
für die ungefähr 210’000 Kubikmeter<br />
Beton rund 500’000 Tonnen Material<br />
aufbereitet werden.<br />
die ersten beiter um 5 Uhr das Frühstück bereitzu-<br />
Arhalten,<br />
mittags in mehreren Schichten zu<br />
kochen, dazwischen Haus und Container<br />
sauber zu halten, Tagesgäste zu bewirten<br />
und abends nicht nur das Nachtessen bestandhält<br />
und eine hohe Wasserdichtigkeit aufweist. Wo die<br />
Mauer seitlich auf die Felsen trifft und an anderen Schnittstellen,<br />
kommt die dritte Art zum Zug, der sogenannte Kontaktbeton,<br />
eine Mischung von besonderer Festigkeit, die wie Klebematerial<br />
wirkt.<br />
Eine wichtige Charakteristik der Baustelle Spitallamm ist die<br />
Tatsache, dass praktisch alle Zutaten – um beim Kochen zu<br />
bleiben – aus der Region kommen. Nur Zement, Flugasche<br />
und Zusatzmittel werden zugekauft, das restliche Material<br />
stammt vom Aushub für die neue Mauer und von einer bisherigen<br />
Materialdeponie. Der Kreislauf funktioniert so: Alles Material,<br />
das beim Ausheben der Fundamente für die neue Mauer angefallen<br />
ist, wurde passabwärts zur Gerstenegg transportiert und<br />
gelagert. Gleich unterhalb der Staumauer des Räterichsbodensees<br />
steht seit Sommer 2020 das neue Kieswerk, in dessen Innern die<br />
Gesteinsbrocken automatisch zerkleinert, gewaschen, gesiebt<br />
und nach Grösse sortiert werden. Für die Betonproduktion wird<br />
das gesamte Aushubmaterial, wie auch Teile der alten Deponie<br />
schrittweise verarbeitet, alles anfallende Material wird also nach<br />
Möglichkeit wiederverwendet. Bis zum Gebrauch lagern die unterschiedlichen<br />
Komponenten vom Sand bis zu den grössten<br />
der kreislauf des baumaterials<br />
Im Kieswerk Gerstenegg<br />
3 wird das Material<br />
aufbereitet. Ein kleiner Teil<br />
kann nicht verwendet<br />
werden und kommt auf die<br />
Deponie.<br />
Aus dem Kieswerk Ger-<br />
4 stenegg werden die einzelnen<br />
Komponenten wieder<br />
zur Betonanlage oben auf<br />
der Baustelle geliefert.<br />
Das Betonwerk auf der<br />
5 Baustelle besteht aus zwei<br />
Anlagen, die in den nächsten<br />
Jahren rund 215’000 Kubikmeter<br />
Beton produzieren.<br />
1<br />
Das gesamte Ausbruchmaterial<br />
wird auf der Baustelle<br />
bei der Staumauer<br />
verladen.<br />
Die Betonversuche sind derweil am<br />
Fusse der Mauer zu einem vorläufigen<br />
Ende gekommen. Weitere Testreihen<br />
werden im Frühjahr folgen. Zwar<br />
müssen bis im Sommer <strong>2021</strong> die genauen<br />
Rezepturen bestimmt sein, aber die Qualität<br />
bedarf auch danach einer laufenden<br />
Überprüfung. Philipp Oswald zieht ein<br />
erstes Fazit: «Es zeigt sich, dass die Rezepturen<br />
auch mit einem reduzierten Bindemittelgehalt<br />
funktionieren. Jetzt müssen<br />
wir die Dosierung des Fliessmittels noch<br />
besser justieren.» An diesem winterlichen<br />
Abend im Herbst ist also fast alles bereit,<br />
damit im Juli <strong>2021</strong> die neue Mauer endlich<br />
zu wachsen beginnen kann. Wichtige<br />
Eckpunkte der Beton-Rezeptur stehen<br />
und sowohl Kieswerk als auch Betonanlage<br />
sind soweit austariert, damit ein speditiver<br />
Prozess möglich ist. Das ist auch nötig,<br />
denn um das Zeitprogramm einzuhalten<br />
wird es unabdingbar sein, dass<br />
stets jedes Rädchen im ganzen Mechanismus<br />
der Baustelle am Laufen ist.<br />
Lastwagen transportieren<br />
2 das Material zur Gerstenegg<br />
unterhalb des Räterichsbodensees.<br />
Ohne das Hotel Bären in Guttannen wäre das Leben auf<br />
der Grimsel-Baustelle ein Stück langweiliger – in der<br />
alten Gaststube wird nicht nur gegessen, getrunken und<br />
geplaudert, hier teilt man Sorgen und Freuden.<br />
Ungerührt guckt der geschnitzte Bär von<br />
seinem Plätzchen an der Wand. Er hat<br />
schon viele Leute kommen und gehen sehen<br />
in der Gaststube des Bärens, hat den<br />
summenden Fluss der Stimmen verfolgt,<br />
still ein kleines Drama zur Kenntnis genommen<br />
oder an einem lauten Abend die<br />
Ruhe bewahrt. Im Hotel an der Passstrasse<br />
in Guttannen kreuzen sich im Sommer viele<br />
Menschen, während der Bauzeit an der<br />
Spitallamm-Staumauer noch mehr. Nicht<br />
nur Stammgäste aus dem Dorf gehen aus<br />
und ein, sondern auch Tagestouristen und<br />
Feriengäste. In der Woche während den<br />
Arbeitstagen wohnen zudem bis zu 30 Arbeiter<br />
im Hotel oder in den angebauten<br />
Containern. Die Hotelbetreiberinnen Veronika<br />
Thaler und Marianne Nägeli stehen<br />
mitten in diesem von aussen schwer<br />
durchschaubaren Durcheinander von<br />
Früh- und Spätschichten, Einheimischen<br />
und Touristen – alle haben ihren Rhythmus,<br />
alle ihre ganz speziellen Anliegen.<br />
Die zwei Schwestern kennen das Geschäft<br />
und jonglieren die verschiedenen Aufgaben<br />
scheinbar mühelos. «So ist das Haus<br />
belebt, wir lieben das», sagt Veronika Thaler.<br />
Auch wenn dies bedeutet, für<br />
reitzuhalten, sondern auch für jene noch<br />
da zu sein, die nach der Spätschicht noch<br />
ein Bier trinken wollen. Auch an den offiziellen<br />
Ruhetagen im Bären wird für die<br />
Arbeiter gekocht. Das sei streng, sagen die<br />
beiden Pächterinnen, aber schieben nach:<br />
«Im Winter können wir es ruhiger nehmen.»<br />
Die zwei sind in ihrem Element und<br />
schaffen mühelos Sympathien in der Bauszene,<br />
sei es mit einer extra Aufmerksamkeit,<br />
zum Beispiel einem Kuchen für jemanden,<br />
der Geburtstag hat, oder auch<br />
nur damit, für die Geschichten und Sorgen,<br />
die ins Gasthaus mitgenommen werden,<br />
ein offenes Ohr zu haben. Die Pächterinnen<br />
sind für alle da, die einen Fuss über die<br />
Schwelle des Bärens setzen.<br />
Am Ofentischchen haben schon viele Themen<br />
die Runde gemacht, Witze wurden erzählt,<br />
Sorgen geteilt und es gehört dazu,<br />
dass erörtert wird, was in der Welt zwischen<br />
der Bären Wirtestube und dem Weissen<br />
Haus in Washington alles so passiert,<br />
was komisch ist, was daneben, was erfreulich,<br />
was ärgerlich. Da darf man auch mal<br />
schimpfen oder spät abends vielleicht eine<br />
Spur zu ehrlich sein, das alles gehört zum<br />
Leben und deshalb auch zum Bären. An<br />
diesem Abend unterhalten die beiden<br />
Youngster Kilian und Reto die ganze Run-<br />
de, die sich nach Feierabend versammelt<br />
hat. Mit ihrer unbeschwerten Art und ei-<br />
nem breiten Grinsen im Gesicht blicken sie<br />
auf die letzten Tage zurück und lassen ein<br />
paar Kuriositäten in allen Farben aufleben.<br />
Veronika und Marianne sitzen mitten drin,<br />
sie hören einiges, wissen viel und tragen<br />
mit. Lustiges und weniger Lustiges. Der<br />
Vater der zwei Schwestern war Staumauer-<br />
wärter an der Grimsel und so kamen die<br />
Kinder bereits früh in Kontakt mit der<br />
Welt der Stromgewinnung und der Kraft-<br />
werke. Jetzt tragen sie viel zum guten Geist<br />
bei, der auf der Baustelle herrscht, sie brin-<br />
gen Ruhe und Empathie in den sonst von<br />
einer harschen Natur und anstrengender<br />
Arbeit geprägten Alltag. «Wir machen das<br />
gerne», sind sich Marianne und Veronika<br />
einig. «Dafür kriegen wir zu Weihnachten<br />
Panetone oder erhalten Postkarten aus aller<br />
Welt.»
10 grimselwelt10<br />
· spitallamm baustelle<br />
grimselweltgrimselwelt · erlebnis natur 11<br />
Auch in der zweiten Bausaison an der Spitallamm Staumauer sind Personen<br />
aus verschiedenen Firmen und mit ganz unterschiedlichen Hintergründen<br />
am Arbeiten. Für viele von ihnen ist es eine besondere Sache,<br />
bei einem so aussergewöhnlichen Bau mit dabei zu sein. Und sie betonen<br />
den guten Zusammenhalt, den «Spirit», der an der Grimsel herrscht.<br />
Kaspar Moser<br />
Leiter Kieswerk<br />
«Ich betrachte es als Ehre,<br />
dass ich an diesem Jahrhundertbauwerk<br />
mitarbeiten<br />
kann. Viele Erfahrungen aus<br />
meinem bisherigen Berufsleben<br />
kommen mir zugute für<br />
diese Aufgabe, denn die<br />
Anforderungen an den Beton<br />
und damit auch an das<br />
aufbereitete Material sind<br />
sehr hoch.»<br />
Philipp Oswald<br />
Bauleiter<br />
«Für mich ist es ein Highlight,<br />
an einem solchen Projekt<br />
mitarbeiten zu können. Diese<br />
Materialaufbereitung vor Ort<br />
kann ich direkt mitbetreuen<br />
und auch eine Betonanlage<br />
stellt man nicht alle Tage<br />
selber auf. Diese Erfahrungen<br />
sind äusserst interessant.»<br />
Ivica Jacovic<br />
Bauarbeiter Untertagbau<br />
«Ich komme aus Kroatien und<br />
arbeite seit 28 Jahren im<br />
Tunnelbau. Das ist meine<br />
Welt. Ich war auf allen<br />
grossen Tunnelbaustellen in<br />
Europa. Dieses Gebiet hier<br />
kannte ich bisher nicht, aber<br />
es gefällt mir gut. Besonders<br />
mag ich das Hotel Bären in<br />
Guttannen, wo ich während<br />
meiner Arbeit wohne.»<br />
Annina Schläppi<br />
Bauarbeiterin Logistik<br />
«Im Winter arbeite ich als Schneesportlehrerin<br />
und ich bin eher durch Zufall zu diesem Job<br />
gekommen. Mich fasziniert zu sehen, wie mit<br />
den Materien umgegangen wird. Und es gefällt<br />
mir, einen Teil zur Entstehung eines solchen<br />
Bauwerks beizutragen. Dazu gehören natürlich<br />
auch die unterschiedlichen Leute die da<br />
arbeiten, dies gibt tolle Begegnungen.»<br />
René Imseng<br />
Polier und Sprengfachmann<br />
«Hier an der Grimsel herrscht<br />
ein sehr angenehmes<br />
Bauklima, das hilft viel, denn<br />
man muss gut zusammenarbeiten.<br />
Nun hoffe ich sehr,<br />
dass wir ohne Unfall durchkommen,<br />
auch das ist nicht<br />
selbstverständlich auf einer<br />
Grossbaustelle.»<br />
Kilian Stettler<br />
Bauarbeiter Logistik<br />
«Weil ich hier in diesem Gebiet aufgewachsen<br />
bin, ist es schon sehr speziell, bei den Bauarbeiten<br />
für die Staumauer dabei zu sein. Ich mag<br />
die Umgebung sehr, in der wir uns bewegen.<br />
Da ist es dann auch nicht so schlimm, wenn es<br />
zwischendurch richtig kalt wird.»<br />
Hermann Kehrli<br />
Lastwagenfahrer<br />
«Ich fahre den ganzen Tag<br />
zwischen der Spitallamm-<br />
Baustelle und dem Kieswerk<br />
Gerstenegg hin und her. Klar<br />
gibt es spannenderes, als<br />
immer die gleiche Strecke zu<br />
fahren. Aber ich finde es<br />
trotzdem toll, denn ich bin<br />
alle 20 Minuten auf der<br />
Baustelle und sehe deshalb<br />
immer, wie es vorwärts geht<br />
und was so läuft. So bin ich<br />
mitten im Geschehen!»<br />
Ernst Stoos<br />
Maschinist<br />
«Auf einer Grossbaustelle wie hier sind die<br />
Menschen irgendwie anders, als ich mir das<br />
von einigen Orten im Flachland gewohnt bin.<br />
Ich finde, die Leute zeigen mehr Verständnis<br />
und Freude, auch der Zusammenhalt ist besser.<br />
Das ist sehr angenehm.»
12 grimselwelt12<br />
· hinter den kulissen<br />
grimselweltgrimselwelt · im pilzfieber 13<br />
BOLETUS EDULIS<br />
Saison<br />
August - Oktober<br />
Text: Annette Marti, Fotos: David Birri<br />
entwässern auf<br />
natürliche Art<br />
stärken die<br />
Knochen<br />
liefern viel<br />
Eisen<br />
CO2-Bilanz: gut<br />
(130 g pro 100 g)<br />
enthalten viel<br />
Eiweiss<br />
versorgen mit<br />
Vitamin D<br />
machen gute<br />
Laune<br />
können schwer<br />
im Magen liegen<br />
pro 100 Gramm<br />
Brennwert<br />
20 kcal<br />
Eiweiss<br />
3.6 g<br />
Kohlenhydrate<br />
0.5 g (davon Zucker 0 g)<br />
Pilze sammeln erfreut sich zunehmender Beliebtheit.<br />
Auch in den Wäldern der <strong>Grimselwelt</strong> verbergen sich<br />
viele gute Pilzplätze. Tatsächlich Pilze zu finden, ist<br />
aber nur ein Teil der Faszination – auf Streifzug mit<br />
Markus Peterle.<br />
Fett<br />
0.4 g<br />
Ballaststoffe<br />
CANTHARELLUS CIBARIUS<br />
7 g<br />
Saison<br />
Juli - Oktober<br />
tun der<br />
Verdauung gut<br />
machen gute<br />
Laune<br />
liefern viel<br />
Eisen<br />
CO2-Bilanz: gut<br />
(130 g pro 100 g)<br />
stärken die<br />
Sehkraft<br />
bieten<br />
Vitamin B<br />
können schwer<br />
verdaulich sein<br />
sind manchmal<br />
belastet<br />
Wer unsicher ist, welche Pilze<br />
er im Wald gefunden hat, sollte<br />
sie unbedingt der Pilzkontrolle vorlegen. Die nächste Kontrollstelle<br />
befindet sich in Schwanden bei Brienz. Weitere<br />
Informationen finden Sie unter: www.vapko.ch<br />
pro 100 Gramm<br />
Brennwert 18 kcal Eiweiss 2 g<br />
Kohlenhydrate 0 g (davon Zucker 0 g)<br />
Fett 0.4 g Ballaststoffe 3 g<br />
Quelle: EatSmarter
14 16 grimselwelt16<br />
· aussicht grimselweltgrimselwelt · impressionen 15
16<br />
grimselwelt16 · im gespräch<br />
grimselweltgrimselwelt · im gespräch 17<br />
Interview: Annette Marti, Fotos: David Birri<br />
Eduard Kiener, ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Energie,<br />
und KWO-CEO Daniel Fischlin analysieren, wo es auf dem Weg<br />
zur Energiewende harzt und welche Rolle die Wasserkraft spielt –<br />
beziehungsweise eben spielen könnte, wären bestimmte<br />
Faktoren gegeben.<br />
bereitet, sind die ökonomischen Tatsachen. Aus rein betriebswirtschaftlicher<br />
Sicht ist es zum jetzigen Zeitpunkt unsinnig, in so<br />
langfristige Projekte zu investieren. Für die Realisation eines neuen<br />
Stauseeprojekts denkt man für die nächsten 80 Jahre – eine<br />
solche Zeitspanne fällt aus dem Rahmen der Ökonomie. Es gibt<br />
viele Unsicherheiten und auch die Spielregeln können unterwegs<br />
ändern. Auf diesem Hintergrund investiert nur, wer eine Vision<br />
verfolgt, weil der tatsächliche Beitrag der Wasserkraft zu einem<br />
stabilen Netz nicht vergütet wird.<br />
Kiener: Die Liberalisierung des Strommarkts führte zu einem<br />
Preiszerfall und damit auch dazu, dass Kraftwerke heute Subventionen<br />
brauchen. Nur weil seinerzeit ein Monopol bestand, konn-<br />
erfasst. Wir sind uns einfach gewohnt,<br />
dass die Stromversorgung funktioniert.<br />
Fischlin: Das Problem ist zu wenig bewusst.<br />
Immerhin hat nun der Bundesrat endlich<br />
festgehalten, dass es bei der Stromversorgung<br />
im Winter zu kritischen Situationen<br />
kommen kann und dass wir in der Schweiz<br />
dringend mehr Speicher benötigen. Darauf<br />
basiert auch die Zielsetzung mit dem Zubau<br />
von 2 Terrawattstunden Speicher bis<br />
ins Jahr 2040. Es scheint sich allmählich<br />
etwas zu bewegen.<br />
Kiener: Das ist ein gutes Zeichen, das sehe<br />
ich auch so. Ich habe nie verstanden, wie<br />
wenig man sich um die Versorgungssicherheit<br />
kümmerte, auch in der Energiestrategie<br />
2050. Bezeichnenderweise regeln weder<br />
das Energiegesetz noch das Stromversorgungsgesetz,<br />
wer im liberalisierten Markt<br />
für die Versorgungssicherheit zuständig ist.<br />
Niemand fühlt sich verantwortlich.<br />
Können wir darauf zählen, dass man in kritischen<br />
Situationen im Winter einfach<br />
Strom aus dem Ausland zukaufen kann?<br />
in Form von Investitionsbeiträgen für Projekte, die wie die Trift<br />
systemrelevant sind, weil sie die saisonale Speicherkapazität steigern.<br />
Es gibt auch andere Massnahmen, die einer Prüfung bedürfen:<br />
Wäre beispielsweise eine Quotenregelung denkbar, bei der<br />
alle, die Endkonsumenten mit Strom versorgen, dazu verpflichtet<br />
werden, für einen bestimmten Teil des saisonalen Speichers sorgen<br />
zu müssen?<br />
Fischlin: Gedanken in diese Richtung sind unbedingt nötig, das<br />
sehe ich auch so. Die KWO muss im Winter den Kraftwerksbetrieb<br />
bereithalten, um stunden- oder tageweise Einsätze zu leisten,<br />
wenn Probleme im Netz auftauchen und die Wasserkraft in der<br />
Netzregelung einspringen muss. Dafür werden wir aber nur punk-<br />
Fischlin: Gut wäre, wenn man die Speicherprojekte für die gesamte<br />
Schweiz koordinieren würde. Die besten Vorhaben im Ausbau<br />
der Wasserkraft könnte man so ausscheiden und festlegen: Hier<br />
machen wir etwas, andere Gebiete bleiben hingegen unberührt.<br />
Diesen Weg sähe ich auch für die Realisierung von Photovoltaikanlagen<br />
im Hochgebirge: gute Optionen auswählen und Konsens<br />
suchen. Wenn jeder Kanton für sich entscheidet, fehlt die gesamtheitliche<br />
Sicht. Und wie vorher erwähnt, braucht es die Debatten<br />
zur Versorgungssicherheit. Weiter würde ich die Abstimmung mit<br />
dem Bundesamt für Umwelt enger und koordinierter durchführen.<br />
Wir haben in unseren Projekten die Erfahrung gemacht, dass die<br />
Departemente hinsichtlich der Ausbauziele für die Wasserkraft<br />
nicht am gleichen Strang ziehen.<br />
Annette Marti: Wenn Sie heute noch Direktor des Bundesamtes<br />
für Energie wären, Herr Kiener, was würden Sie zu den Plänen der<br />
KWO sagen, im Triftgebiet einen zusätzlichen Stausee zu bauen?<br />
Eduard Kiener: Es ist zwingend, dass wir die Wasserkraftproduktion<br />
in der Schweiz steigern, sie ist und bleibt die wichtigste Säule<br />
unserer Stromversorgung. Deshalb müssen wir alle sinnvollen<br />
Projekte realisieren. Es geht nicht nur um den zusätzlichen Strom,<br />
sondern auch um die Speicherkapazität und die Regelung des<br />
Stromnetzes. Ich bin überzeugt, es braucht das Triftprojekt und<br />
auch die Erhöhung der Staumauern am Grimselsee.<br />
Die zusätzliche Produktion liesse sich doch auch aus anderen erneuerbaren<br />
Quellen gewinnen, aus der Photovoltaik oder aus<br />
Wind beispielsweise?<br />
Kiener: Die Photovoltaik in der Schweiz hat ein grosses Ausbaupotential,<br />
das sehe ich auch so. Das Problem ist aber, dass diese<br />
Energie vor allem im Sommer anfällt, selbst wenn sie künftig auch<br />
an Gebirgsstandorten ausgebaut werden sollte. Was wir dringend<br />
brauchen, ist eine bedarfsgerechte Stromerzeugung. Die Versorgung<br />
im Winter ist massgebend, weil dann der Verbrauch viel<br />
grösser ist als im Sommer, die Produktion aber geringer. Wir<br />
müssen den Stromüberschuss des Sommers in den Winter<br />
umlagern. Dafür sind die Stauseen als Speicher bestens<br />
geeignet. Apropos: Hat die KWO eigentlich genug<br />
Wasser, um den Grimselsee auch bei erhöhter Mauer<br />
zu füllen?<br />
ten die bestehenden Anlagen überhaupt<br />
gebaut werden. Dafür war damals auch<br />
klar, wer für die Versorgungssicherheit<br />
verantwortlich war.<br />
Ein Blackout über mehrere Tage<br />
wird selbst in der jetzigen Pandemie<br />
als grösseres Katastrophenszenario<br />
dargestellt. Wieso kümmern<br />
wir uns nicht besser um die<br />
Versorgungssicherheit?<br />
Kiener: Man muss sich tatsächlich<br />
fragen, wieso wir dieses Risiko tragen.<br />
Ich denke, weder die Politik<br />
noch die Gesellschaft haben das<br />
Problem in seiner ganzen Tragweite<br />
Kiener: Es ist nicht realistisch, dass wir<br />
künftig immer von irgendwo Strom importieren<br />
können. Eine allfällige Versorgungskrise<br />
wäre wohl europaweit und würde<br />
nicht nur die Schweiz treffen. Sowohl in<br />
Deutschland als auch in Frankreich zeichnet<br />
sich eine Verknappung ab, eventuell<br />
wären sie nicht in der Lage, unsere Versorgung<br />
sicherzustellen. Auch der technische<br />
Fortschritt etwa bei der Energieeffizienz<br />
oder den Batterien wird das Problem nicht<br />
alleine lösen können. Neue Technologien<br />
wie Power to Gas oder Power to Liquids<br />
dürften künftig eine wichtige Rolle spielen,<br />
aber sie weisen technisch und ökonomisch<br />
noch Entwicklungsbedarf auf.<br />
Was ist denn jetzt zu tun, damit die Wasserkraft<br />
ihre Rolle als stabilisierender Faktor<br />
im System besser ausspielen kann?<br />
Kiener: Es braucht Lösungen, die diesen<br />
Wirtschaftlichkeits-Gap, den wir vorher<br />
angesprochen haben, überbrücken.<br />
Zum einen sind Subventionen<br />
nötig und zwar aus meiner<br />
Sicht am besten<br />
tuell entschädigt. Vielleicht wäre es besser, von einem<br />
Kapazitätsmarkt zu reden, der regelt, welche Leistungen<br />
die KWO für diesen oder jenen Monat zur Verfügung<br />
stellt; die Maschinen müssten dann dafür<br />
bereit stehen. Oder verteilen wir die Kosten auf jene,<br />
die darauf vertrauen, dass wir das System stützen?<br />
Kiener: Ein weiterer Punkt ist folgender: Mit der Energiestrategie<br />
2050 können wichtige Projekte für erneuerbare<br />
Energien gesetzlich so klassiert werden, dass ein<br />
nationales Interesse besteht. Damit soll in der Güterabwägung<br />
die Nutzung den Schutzinteressen<br />
gleichgestellt werden. Bisher sehe ich hier aber keine<br />
Bewegung, weder in Hinsicht auf die Windparks noch<br />
auf die Wasserkraft. Im Gegenteil, es ist mir unverständlich,<br />
dass das Bundesgericht im Urteil vom November 2020<br />
das Triftprojekt und die Staumauer-Erhöhung zurückgewiesen<br />
hat. Ich habe den Eindruck, dass Artenvielfalt, Raumplanung<br />
und Landschaftsschutz höher priorisiert<br />
werden als die Stromversorgung der<br />
Menschen und der Wirtschaft.<br />
Was würden Sie unternehmen,<br />
Herr Fischlin, wenn<br />
Sie BFE-Direktor<br />
wären?<br />
Daniel Fischlin: An der Wassermenge würde<br />
dieses Projekt sicher nicht scheitern, sie ist<br />
ausreichend gross. Was mir Kopfzerbrechen<br />
ZUR PERSON Eduard Kiener ist<br />
ein profunder Kenner der Energiebranche.<br />
Kiener, der über einen ETH-Abschluss als<br />
Maschineningenieur verfügt und später<br />
einen Abschluss mitsamt Doktortitel in<br />
Ökonomie an der Universität Bern hinzufügte,<br />
stand von 1977 bis 2001 als Direktor<br />
dem Bundesamt für Energie vor. Auch<br />
nach seiner Pensionierung setzt er sich in<br />
vielfältiger Art und Weise mit den aktuellen<br />
Entwicklungen im Bereich Energie und<br />
Stromversorgung auseinander.<br />
ZUR PERSON Daniel Fischlin<br />
ist seit 2016 CEO der Kraftwerke Oberhasli<br />
AG. Auch er ist ausgebildeter Maschinenbauingenieur<br />
HTL und Wirtschaftsingenieur.<br />
Zuvor war er bereits bis 2014, während<br />
knapp vier Jahren, als Leiter Engineering<br />
bei der KWO tätig. Dazwischen verantwortete<br />
Fischlin als Leiter strategische Projekte<br />
bei der SBB. Weitere berufliche Stationen<br />
Fischlins sind die BKW Energie AG und die<br />
Pöyry Schweiz AG mit Schwerpunkt thermische<br />
Anlagen im In- und Ausland.
18 grimselwelt18<br />
· persönlich<br />
grimselweltgrimselwelt · persönlich<br />
19<br />
RACHEL ABPLANALP FLORISTIN AUS LEIDENSCHAFT<br />
Rachel Abplanalps Familie weiss, wie das<br />
geht auf einem Ausflug: Die Mutter wird<br />
mit grösster Wahrscheinlichkeit das Auto<br />
bis unters Dach vollpacken mit Ästen, Gräsern,<br />
Blumen oder Wurzeln, die sie unbedingt<br />
nach Hause nehmen muss. Überall<br />
findet die Floristin aus Innertkirchen Naturmaterialien,<br />
die sie zu neuen Arrangements<br />
verarbeitet. «Ich lasse mich gerne<br />
von dem inspirieren, was da ist. Und ja, da<br />
wird es manchmal eng in unserem Auto»,<br />
sagt sie und lacht. Den kreativen Umgang<br />
mit Blumen und Materialien liebt Rachel<br />
Abplanalp über alles. Seitdem sie in der<br />
Floristik Werkstatt von Käthi Lüthi in Brienz<br />
mitarbeitet, hat sie auch das ideale<br />
Wirkungsfeld gefunden. Zusammen pflegen die zwei Frauen ihren<br />
ganz eigenen Stil, es ist eine reduzierte, aber elegante Floristik, die<br />
ohne grosses Schnittblumensortiment auskommt. Die Kreationen<br />
zieren viele Haushalte, Büros und Hotels in der Region und verleihen<br />
Anlässen einen feierlichen Rahmen. Abplanalp kombiniert<br />
gerne einfache Materialien mit ausgefallenen Deko-Gegenständen,<br />
wie etwa einer Vase, die aussieht wie eine goldene Papiertasche.<br />
«Die Kundschaft schätzt besondere Sachen sehr, solche, die<br />
man nicht überall sonst sieht», sagt Abplanalp. Orte der Inspira-<br />
tion findet die Floristin viele, am liebsten<br />
verbringt sie freie Tage mit ihrer Familie in<br />
einer kleinen Hütte im Schwarzental oberhalb<br />
von Innertkirchen. Dort treibt sie gerne<br />
Sport, egal ob im Winter oder im Sommer,<br />
und sammelt kostbare Materialien<br />
wie Heidelbeerstauden, Föhrenäste oder<br />
Tannengeflecht, die dann wieder den Weg<br />
finden in ein kleines, florales Kunstwerk.<br />
www.floristikwerkstatt-brienz.ch<br />
MONIKA UND CHRISTIAN TÄNNLER VOM SCHULHAUS ZUM B&B<br />
Polnische Spezialitäten gehören nicht unbedingt<br />
zum kulinarischen Angebot, das<br />
man auf einer Fahrt durchs Gadmental erwarten<br />
würde. Im Bed & Breakfast Triftblick<br />
im Gadmer Ortsteil Nessental gehört<br />
Polen aber zum Programm. Die<br />
Chefin Monika Tännler, die aus Polen<br />
stammt, hat zusammen mit ihrem Mann<br />
Christian die kleine Pension und das dazugehörige<br />
Bistro im Frühjahr 2020 eröffnet.<br />
Sie habe lange davon geträumt, etwas Eigenes aufzubauen,<br />
erzählt Monika, die während vielen Jahren und an verschiedenen<br />
Orten im Gastgewerbe arbeitete. In Innertkirchen lernte sie ihren<br />
Mann kennen und das Paar zog nach Gadmen ins ehemalige<br />
Schulhaus Mühlestalden. In diesem Gebäude reifte ihr Plan. Sie<br />
kauften das Haus und anstelle von Schulzimmern finden sich nun<br />
mehrere Gästezimmer unter diesem Dach. Im Erdgeschoss befindet<br />
sich das gemütlich eingerichtete Bistro mit Terrasse. Christian<br />
hilft neben seiner Arbeit in einer Elektrofirma in der Gemeinde<br />
abends und an Wochenenden im Betrieb<br />
mit. Die Mehrgangmenüs, die sie jeweils<br />
im Herbst anbieten, sind für das Ehepaar<br />
Tännler eine Herzensangelegenheit. Christian<br />
trägt als Jäger und Hobbykoch die<br />
Verantwortung für die Wildspezialitäten,<br />
Monika bereitet die polnischen Gerichte<br />
mit viel Sorgfalt und grossem Aufwand zu.<br />
Sämtliche Gerichte sind in Handarbeit gefertigt<br />
und entsprechend lecker: die Rindsroulade,<br />
die schlesischen Kartoffelklösse,<br />
die gefüllten Teigtaschen (Pierogi) oder<br />
die Karpatka, eine Crèmetorte mit Brandteig.<br />
Allein letztere ist ein Besuch in Gadmen<br />
wert.<br />
www.triftblick.ch<br />
Atelier im Schweinestall:<br />
Homeoffice für den Goldschmid<br />
Batt Schild<br />
BATT SCHILD ER PACKT GESCHICHTEN IN SCHMUCK<br />
Beim unachtsamen Vorbeigehen könnte man<br />
sie leicht übersehen, die Steine, die neben Erlengestrüpp<br />
und Grasbüscheln im Bachbett<br />
liegen. Doch Moment! Für Batt Schild ist ein<br />
Stein längst nicht wie jeder andere. Er kauert<br />
in den Bachlauf, nimmt einen mächtigen, kantigen<br />
Brocken in die Hand und schöpft Wasser darüber. Es ist ein Sandsteinkonglomerat<br />
mit leuchtenden Farben von violett bis dunkelgrün,<br />
wie es nur auf der sonnigen, nördlichen Talseite des Gadmentals<br />
vorkommt. Durch den Glanz des Wassers treten die<br />
Farben deutlich hervor, auch ein faszinierendes Muster von Zeichnungen,<br />
Brüchen und Kanten nimmt Form an. Der Goldschmied<br />
hat sich bereits vor längerer Zeit auf den Umgang mit Steinen spezialisiert.<br />
Für seine Schmuckstücke bearbeitet er nicht nur Edelmetalle,<br />
sondern arbeitet mit vielen Materialien, am liebsten mit<br />
solchen, die er in seinem Hinterhof, der Bergwelt rund um Gadmen,<br />
findet. «Viele Orte haben ganz bestimmtes Gestein, das besondere<br />
Eigenheiten aufweist», erklärt Schild. «Das macht jeden<br />
Stein exklusiv.» Wie einen Lapislazuli oder ein Tigerauge könne<br />
man auch die Gesteinsarten in der Umgebung geografisch genau<br />
zuordnen, einer Region, einem Tal, ja sogar einem Bergspitz oder<br />
einem Graben.<br />
Zuhause in der improvisierten Werkstatt in Gadmen erklärt<br />
Schild das Verfahren, das ihm erlaubt, in Edelmetall gefasste<br />
Steinringe zu fertigen und zwar in einer dauerhaften Verbindung.<br />
«Steinringe sind sonst bekannt dafür, schnell zu brechen. Durch<br />
die Art von Karbonisierung, die ich verwende, bleiben sie dauerhaft»,<br />
sagt Schild. Die Arbeitsmethode hatte er durch Zufall entdeckt<br />
und liess sie patentieren. Damit eröffneten sich neue Möglichkeiten.<br />
«Viele Kunden bringen mir einen Stein, zu dem sie eine<br />
besondere Beziehung haben oder der von einer Reise oder sonst<br />
einem speziellen Ort stammt», erzählt Schild. «Daraus kann ich<br />
dann einen Ring fertigen.» Nicht nur Natursteine können verarbeitet<br />
werden, sondern auch ganz andere Materialien, ein Paar<br />
brachte zum Beispiel eine alte Vinylplatte mit einem wichtigen<br />
Song, jemand kam mit Felgen eines Autos an. Auch Vogelfedern,<br />
Hufeisen, Werkzeug oder Grosis Schneidbrett könne er verarbeiten,<br />
schmunzelt Schild, – eine ziemlich verrückte Liste für einen<br />
Goldschmied. Ihm spielt dies keine Rolle, im Gegenteil. Schild interessiert<br />
die Geschichte, die an diesen Materialien hängt, und ist<br />
glücklich, wenn er seinen Kundinnen und Kunden ein Unikat fertigen<br />
kann, Schmuck, der im wahrsten Sinne des Wortes eine Geschichte<br />
in sich trägt.<br />
Während der Coronazeit hatte sich Schild kurzerhand ein kleines<br />
Homeoffice geschaffen, so dass er nicht täglich nach Brienz in sein<br />
Hauptatelier «Gold und Stein» fahren musste. Er entrümpelte den<br />
alten Schweinestall und richtete seine Werkbank im winzigen<br />
Häuschen ein. Mit vielen Kunden habe er per Video-Chat Beratungen<br />
durchgeführt, was für eine nicht allzu lange Zeit ganz okay<br />
sei, meinte er. Längerfristig fehlen ihm aber die Hochzeitsmessen,<br />
über die er jeweils Kundschaft aus der ganzen Schweiz gewinnt.<br />
Das Panorama, das sich vor seinem Homeoffice eröffnet, ist umwerfend<br />
– daran rüttelt keine Pandemie der Welt. Das Gadmental<br />
bietet überraschenderweise viele kleine Nischen, Tälchen und verborgene<br />
Wiesen, die abseits der Passstrasse unbekannte Perspektiven<br />
eröffnen. Leider werde er bald aus dem Haus in Gadmen<br />
ausziehen, sagt Schild. Ende des Jahres wird er mit der Familie<br />
und den vielen Tieren nach Brienzwiler zügeln, wo er auch aufgewachsen<br />
ist. Die vielen verborgenen Plätze mit ihren urtümlichen<br />
Gesteinsarten, die er im Gadmental gefunden hat, bleiben aber<br />
Fixpunkt seiner Arbeit, ganz egal, wo er wohnt.<br />
www.goldundstein.ch
20 grimselwelt20<br />
· sternenlauf grimselweltgrimselwelt · trift-projekt 21<br />
Text: Annette Marti, Fotos: David Birri<br />
Das Trift-Projekt der KWO hat schon einige Kurven genommen<br />
und doch scheint der Weg bis zur Realisation<br />
noch weit. Welche Schwerpunkte setzt die neue Verwaltungsratspräsidentin<br />
der KWO Barbara Egger-Jenzer?<br />
Ein Augenschein vor Ort.<br />
Emsiges Treiben herrscht an diesem Spätsommermorgen auf<br />
der langen Treppe, die von der Bergstation der Triftbahn<br />
zum Wanderweg hinab führt. Die Triftbrücke ruft, jenes elegante,<br />
schwankende Konstrukt, das jedes Abenteurerherz höher<br />
schlagen lässt. Barbara Egger-Jenzer, ehemalige Berner Regierungsrätin<br />
und heutige Verwaltungsratspräsidentin der KWO, ist mitten<br />
unter den freudigen Wandergästen. Sie ist allerdings nicht wegen<br />
des Nervenkitzels hier – im Gegenteil. Bei diesem Thema nimmt<br />
sie uns jegliche Hoffnung auf ein Bild der mutigen VR-Präsidentin<br />
auf der Hängebrücke: «Um keinen Preis werde ich einen Fuss<br />
auf die Brücke setzen», sagt sie mit einem Lachen. «Das ist aussichtslos.<br />
Ich bin nicht schwindelfrei.» Das Triftgebiet hat für sie<br />
eine Dimension weit über das Wandererlebnis hinaus, es ist der<br />
Schauplatz für den Bau eines neuen Stausees, eines der wichtigsten<br />
Ausbauvorhaben der KWO. Bereits als Bau-, Verkehrs- und<br />
Energiedirektorin hatte sich Barbara Egger-Jenzer intensiv mit<br />
dem Projekt auseinandergesetzt, viele Gespräche begleitet, unzählige<br />
Diskussionen verfolgt. Als KWO Verwaltungsratspräsidentin<br />
steht sie nun in der Verantwortung, an den richtigen Fäden<br />
zu ziehen, um das Projekt entscheidend vorwärts zu bringen.
22 grimselwelt22<br />
· trift-projekt<br />
grimselweltgrimselwelt · sternenlauf 23<br />
Auf dem Weg hinauf zum Ort des Geschehens<br />
bleibt Zeit, die Argumente<br />
aufzurollen und die Sache aus verschiedenen<br />
Perspektiven zu betrachten.<br />
Bevor es steil aufwärts geht, überquert der<br />
Wanderweg das wild dahinrauschende<br />
Triftwasser, eben jenes kostbare Gut, das<br />
die KWO gerne intensiver nutzen würde.<br />
Die Landschaft im oberen Abschnitt in der<br />
Trift hat sich in den vergangenen Jahrzehnten<br />
radikal verändert. Der Triftgletscher<br />
zog sich weit zurück und hinterliess eine<br />
Geländekammer, in deren Mitte sich ein<br />
See bildete. Erst dadurch ergab sich die<br />
Perspektive für das Stauseeprojekt. Mit einer<br />
Staumauer an der engsten Stelle im Tal,<br />
beim Abfluss des heutigen Gletschersees,<br />
ganz in der Nähe der Hängebrücke, würde<br />
die KWO ein Stauvolumen von ungefähr<br />
85 Millionen Kubikmeter Wasser gewinnen.<br />
Für Barbara Egger-Jenzer stand der<br />
Nutzen dieses Vorhabens nie zur Diskussion.<br />
«Alleine die Energiestrategie des Kantons<br />
Bern sieht vor, die Produktion aus<br />
Wasserkraft zu steigern. Dieses Projekt ist<br />
eingebettet in das gesamte System der<br />
KWO. Ich frage mich: Wo, wenn nicht hier,<br />
könnte man diese zusätzliche Produktion<br />
generieren?» Bereits heute wird das Wasservorkommen<br />
im Gadmental genutzt, da<br />
aber keine Speichermöglichkeit vorhanden<br />
ist, fliesst es ab. Der neue See würde erlauben,<br />
das Wasser zu speichern und die Energie<br />
dann zu produzieren, wenn der Bedarf<br />
gross ist, nämlich in den Wintermonaten.<br />
In einem lauschigen Lärchenwald erholen<br />
wir uns am Wegrand vom Anstieg über die<br />
ersten Steilstufen. «Die Bedingungen sind<br />
ideal», sagt Egger-Jenzer, «an keinem anderen<br />
Ort lässt sich mit verhältnismässig<br />
wenig Beton so viel Energie in Form von<br />
Wasser speichern.» Um einen Konsens mit<br />
Umweltschutzkreisen zu finden, hat die<br />
KWO die verschiedenen Gruppen in den<br />
Planungsprozess miteinbezogen. Die sogenannte<br />
Begleitgruppe stand unter der Leitung<br />
der damaligen Regierungsrätin Egger-Jenzer.<br />
«Wir sind einen langen Weg<br />
gegangen», erzählt sie, «und es war nicht<br />
immer einfach.» Über 50 Sitzungen hätten<br />
sie abgehalten und teilweise harte Auseinandersetzungen<br />
geführt. Und doch war<br />
Barbara Egger-Jenzer von Beginn weg<br />
überzeugt, dass der Dialog das Projekt vorwärts<br />
bringen werde. Zuletzt einigte man<br />
sich auf umfangreiche Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen,<br />
so dass die grossen<br />
Das Triftbecken aus der Luft gesehen: Der Gletscher hat sich<br />
weit zurückgezogen und es entstand ein See. Mit einer Staumauer<br />
am engsten Punkt des Tals, beim Ausfluss des Sees,<br />
möchte die KWO zusätzliche Speicherkapazität gewinnen.<br />
Umweltorganisationen heute das Projekt<br />
unterstützen. Trotzdem hat sich in jüngster<br />
Zeit in kleineren Gruppen erneut Widerstand<br />
gebildet. Beim Weitergehen denkt<br />
Barbara Egger-Jenzer über die Zukunft<br />
nach. Das Tal präsentiert sich in bezaubernder<br />
Schönheit, schroff fallen die Felswände<br />
in die Schlucht ab. Der Himmel ist<br />
unwirklich blau, wie durch einen Fotofilter<br />
aufgemöbelt. Sie verstehe die Bemühungen<br />
zum Schutz solcher Landschaften, dennoch<br />
ist für sie klar: «Nur mit Solar- und<br />
Windenergie werden wir die Energiewende<br />
nicht schaffen.» Der untere Teil des Tals<br />
würde auch bei einer Realisation des Speicherseeprojektes<br />
nicht angetastet werden,<br />
ebenso sind gesamthaft keine Schutzgebiete<br />
tangiert. Das Bild der Landschaft wird sich<br />
verändern, aber nicht fundamental. Vielleicht,<br />
überlegt Egger-Jenzer, brauche es einen<br />
neuen Dialog, jetzt aber mit anderen<br />
Parteien? So oder so wird viel Überzeugungsarbeit<br />
nötig sein, um das Projekt auf<br />
Kurs zu halten. Egger ist optimistisch, dass<br />
sich das Triftprojekt realisieren lässt, dennoch<br />
bleiben viele Hürden – nicht nur gilt<br />
es, mit den Kritikern einen Weg zu finden,<br />
auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht<br />
stellen sich Fragen, wenn es um Investitionen<br />
in ein derzeit nicht besonders rentables<br />
Geschäft wie die Wasserkraft geht. Hierzu<br />
wird es auch einen politischen Konsens<br />
brauchen, um etwa Beiträge der öffentlichen<br />
Hand auszulösen oder die Frage der<br />
Wasserzinsen neu aufzurollen.<br />
Ihr Geschick für Verhandlungen und Dialoge<br />
wird der Frau an der Spitze des KWO<br />
Verwaltungsrates zugute kommen. Sie möge<br />
die Menschen, sagt sie, und es sei immer ihr<br />
Ziel gewesen, Leute zusammenzubringen.<br />
Dass sie dies besonders gut kann, nimmt<br />
man Barbara Egger-Jenzer sofort ab. Sie<br />
wirkt unkompliziert und ehrlich, in der Sache<br />
aber absolut klar. Als aufmerksame<br />
Zuhörerin lässt sie dem Gegenüber Zeit,<br />
die eigene Meinung zu äussern. Sie erzählt<br />
eine Episode aus den Anfängen ihrer Zeit<br />
als Regierungsrätin. Als Anwältin habe sie<br />
angenommen, man werde ihr das Justizdepartement<br />
übertragen, doch als neu gewähltes<br />
Regierungsmitglied hatte sie keinen<br />
Anspruch zu wählen und musste mit<br />
dem Vorlieb nehmen, was übrig blieb: die<br />
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion. «Im<br />
ersten Augenblick war ich erschrocken<br />
und dachte: Nein, ich will doch mit Menschen<br />
arbeiten!». Zuhause habe ihr Mann<br />
sie beschwichtigt und gesagt, gerade in diesem<br />
Bereich habe sie doch besonders viel<br />
mit Menschen zu tun. Nach sechs Monaten<br />
habe sich dies mehrfach bestätigt und<br />
Egger wollte ihre Direktion durch nichts<br />
mehr sonst eintauschen. Es sei eine anspruchsvolle<br />
Arbeit gewesen. Manchmal<br />
wisse sie gar nicht mehr, wie sie alles unter<br />
einen Hut kriegte. Ihr Mann hielt ihr den<br />
Rücken frei und die beiden Kinder mussten<br />
früh Selbständigkeit an den Tag legen.<br />
«Manches ist mir erst nach meinem Rücktritt<br />
klar geworden, ich wusste zum Beispiel<br />
gar nicht mehr, wie man einkauft», lacht<br />
sie. Diese Arbeitsteilung scheint sich im<br />
Hause Egger bis heute zu bewähren. Schon<br />
am Anfang der Wanderung, als Barbara<br />
Egger-Jenzer ihre Sonnencrème suchte, hielt<br />
sie entschuldigend fest, ihr Mann habe den<br />
Rucksack gepackt, das mache er immer so,<br />
wenn es in die Berge gehe. So habe sie immer<br />
das Richtige dabei, nicht zuviel, nicht<br />
zuwenig. Soviel Unselbständigkeit darf im<br />
Leben einer sonst überaus selbständigen<br />
und erfolgreichen Berufsfrau und Politikerin<br />
durchaus sein. Sie fühlt sich in ihrer<br />
Rolle wohl, lebt Gleichberechtigung mit<br />
grosser Selbstverständlichkeit und macht<br />
keine grosse Sache daraus.<br />
Unterdessen sind wir in der Nähe der Brücke<br />
angekommen und tatsächlich begnügt<br />
sich Egger-Jenzer mit dem Blick aus der<br />
Ferne. Sie versteht nun noch viel besser,<br />
weshalb die Trift ein Touristenmagnet geworden<br />
ist, fühlt sich aber auch bestärkt,<br />
dass eine Staumauer an der engsten Stelle<br />
des Tales nicht allzu dominant wirken<br />
würde. Auch wenn der Weg bis zur Realisation<br />
des Triftprojektes noch weit ist,<br />
zeigt sie sich optimistisch: «Ich bin sicher,<br />
wir haben gute Argumente», sagt sie und<br />
bekräftigt ihr Engagement für die KWO.<br />
Das Unternehmen mache genau das, was<br />
sie als Politikerin unterstützt habe: erneuerbare<br />
Energien fördern und die Wasserkraft<br />
nutzen. «Wir können etwas bewirken»,<br />
sagt sie und hält fest: «Die KWO ist<br />
für mich eine Herzensangelegenheit.»<br />
Seit März 2020 ist Barbara Egger-Jenzer Verwaltungsratspräsidentin<br />
der KWO. Sie wurde<br />
mitten im ersten Corona-Lockdown in einer<br />
Telefonkonferenz in ihr neues Amt gewählt.<br />
Die Rechtsanwältin und SP-Politikerin führte<br />
eine eigene Kanzlei, bis sie im Jahr 2002 in<br />
den Regierungsrat des Kantons Bern gewählt<br />
wurde. Sie übernahm am 1. Juni 2002 die<br />
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion, der sie<br />
bis zum 1. Juni 2018 vorstand. Nach ihrem<br />
Rücktritt machte sich Barbara Egger beruflich<br />
wieder selbständig und wurde Mitglied des<br />
Verwaltungsrates der KWO sowie der Stadler<br />
Rail AG. Sie ist verheiratet mit Verleger Peter<br />
Egger und Mutter zweier erwachsener Kinder.<br />
Weitere Informationen<br />
zum Trift-Projekt
24 grimselwelt · erlebnis<br />
grimselwelt · erlebnis 25<br />
Klettersteig Tälli<br />
Eine gut dosierte Portion Abenteuer steigert<br />
den Genuss und von beidem findet sich<br />
in der <strong>Grimselwelt</strong> mehr als genug. Die allerersten<br />
«Touristen», die in die Berge rund<br />
um Grimsel und Susten kamen, waren Forscher<br />
und Entdecker, die Beobachtungen<br />
anstellten und neue Erkenntnisse suchten.<br />
So tragen viele der Gipfel und Spitzchen die<br />
Namen bekannter Naturwissenschaftler,<br />
etwa Johann Jakob Scheuchzer oder<br />
Louis Agassiz. Ein neues Horn zu finden,<br />
ist in der heutigen Zeit schwierig geworden,<br />
aber persönliche Entdeckungen liegen bei<br />
jedem Ausflug drin und wer weiss, vielleicht<br />
ergibt sich am einen oder anderen<br />
Ort auch eine echte Horizonterweiterung.<br />
Einige der <strong>Grimselwelt</strong> Abenteuer seien<br />
hier herausgepickt: Viel Spektakel ohne<br />
grosse Anstrengung bietet die Fahrt auf<br />
der Gelmerbahn mit einer Steigung von<br />
106 Prozent. Die Bahnpioniere, welche die<br />
Bahn für den Bau des Gelmersees als Werkbahn<br />
errichtet haben, dachten nicht an<br />
Spass oder Adrenalin, dennoch ist es ein<br />
Glück, dass die KWO diese Bahn seit vielen<br />
Jahren für Gäste zugänglich macht.<br />
Punkto Bekanntheit steht die Triftbrücke<br />
der Gelmerbahn in nichts nach. Vor Jahren<br />
als neuer Hüttenzustieg zur Trift SAC-<br />
Hütte konzipiert, hat die Hängebrücke<br />
beim Gletschersee rasch ein dynamisches<br />
Eigenleben entwickelt. Der Gang über die<br />
leicht schwankende Konstruktion ist für<br />
sich allein zur Attraktion geworden, die<br />
Bilder der filigranen Brücke vor dem spektakulären<br />
Bergpanorama gingen um die<br />
Welt.<br />
Triftbrücke<br />
Auf der anderen Talseite des Gadmentals liegt das Berggasthaus<br />
Tälli, zu dem die Tällibahn führt. Alleine die Sicht auf die Wendenstöcke,<br />
die imposanten Felswände, die an die Dolomiten erinnern,<br />
ist abenteuerlich. Das Berggasthaus liegt unmittelbar am<br />
Fusse dieser Felsen. Wen die Abenteuerlust hier so richtig packt,<br />
sollte unbedingt den spektakulären Klettersteig Tälli in Betracht<br />
ziehen. Für jene, die lieber im Tal bleiben, ist der Picknick- und<br />
Brätelplatz im Schwarzenbrunnen ein guter Tipp. Der schöne<br />
Rastplatz am Waldrand und an einem kleinen Bächlein eignet sich<br />
besonders für Familien und befindet sich einen Kilometer nach<br />
der Ortschaft Obermad.<br />
DIE GRIMSELWELT –<br />
Oberaarbahn<br />
Text: Annette Marti, Fotos: David Birri<br />
Manche Highlights der Bergwelt rund um<br />
den Grimsel- und den Sustenpass sind<br />
offensichtlich, so gelten eine Fahrt auf der<br />
Gelmerbahn oder die Wanderung zur<br />
Triftbrücke zu den absoluten Klassikern<br />
im Berner Oberland. Wer die alpine Natur<br />
liebt, hat in der <strong>Grimselwelt</strong> sowieso<br />
alle Hände voll zu tun, weil es so viele<br />
dramatisch schöne Orte und Szenerien<br />
gibt. Doch aufgepasst – manchmal lohnt<br />
es sich genau hinzuschauen, in einer Ecke<br />
hinten links etwas zu suchen oder gar in<br />
den Untergrund hinabzusteigen, in einen<br />
verborgenen Winkel der Kraftwerke und<br />
Stollenanlagen, denn: Die Gegensätze<br />
machen es aus! Wir haben ein paar Tipps<br />
zusammengestellt, sie vereinen genussreiche<br />
Momente, abenteuerliche Ausflüge und<br />
Inputs für Wissensdurstige. Da ist für alle<br />
Vorlieben etwas dabei. Und wer sich nicht<br />
entscheiden kann, durchläuft am besten<br />
im Laufe des Tages die Verwandlung vom<br />
Abenteurer zum Genussmenschen oder<br />
zum Wissensjunkie. Wen kümmert’s. In<br />
der <strong>Grimselwelt</strong> jedenfalls niemanden.<br />
Denn von einem sind wir überzeugt: in der<br />
Vielfalt liegt das Einzigartige.<br />
Viele weitere Informationen und<br />
Buchungsmöglichkeiten:<br />
www.grimselwelt.ch<br />
Beachten Sie auch den an vielen<br />
Orten aufliegenden <strong>Grimselwelt</strong><br />
Faltprospekt mit Karte, konkreten<br />
Tipps und Serviceangaben. Gelmerbahn –<br />
steilste, offene Standseilbahn Europas
26 grimselwelt · erlebnis<br />
grimselwelt · erlebnis 27<br />
Kristallkluft Gerstenegg<br />
Die <strong>Grimselwelt</strong> wäre nicht die <strong>Grimselwelt</strong>,<br />
würden sich hier nicht Natur und<br />
Technik auf eine besondere Art verbinden.<br />
Vor bald hundert Jahren begannen die<br />
Arbeiten für die ersten Staumauern am<br />
Grimselpass. Es sind historische Bauwerke,<br />
die seit jeher ein hohes Mass an Ingenieurskunst<br />
und Logistik erforderten, endlos<br />
viele Stunden Arbeit wurden und werden<br />
unter teils härtesten Bedingungen geleistet.<br />
Der Bau der Ersatzstaumauer Spitallamm<br />
ist nur das jüngste und offensichtlichste<br />
Zeugnis dieser Leistungen. In vielen Jahren<br />
zuvor hat die KWO die weit verzweigten<br />
Kraftwerkanlagen verbessert und modernisiert.<br />
Auf dem Baustellenrundgang, der für<br />
interessierte Besucher an der Spitallamm<br />
eingerichtet wurde, erfahren Wissensdurstige<br />
im Detail, was es für den Bau einer<br />
Staumauer braucht, wo die Herausforderungen<br />
liegen und wie sich der Alltag auf<br />
der Baustelle gestaltet. Jene, die noch<br />
genauer wissen wollen, wie das System der<br />
Wasserkraft funktioniert, steigen hinab in<br />
den Untergrund, in die verborgenen Kraftwerksanlagen<br />
und Stollen. Im Angebot<br />
«Grimsel Undergrund» ist eine Führung in<br />
den Kraftwerken Grimsel 1 und 2 enthalten,<br />
beide liegen tief unter dem Grimselsee,<br />
beziehungsweise unter dem Alpinhotel<br />
Grimsel Hospiz, sowie ein Besuch in der<br />
legendären Kristallkluft, jener Schatzkammer,<br />
die beim Stollenbau im Jahr 1974 entdeckt<br />
wurde. Speziell für Schulklassen<br />
wird eine geführte Tour durch das Kraftwerk<br />
Innertkirchen 1 angeboten.<br />
Besucherzentrum Baustellenrundgang Spitallamm<br />
Eine überaus wichtige Rolle für die Landschaft und die touristischen<br />
Ausflugsziele in der <strong>Grimselwelt</strong> spielt die Landwirtschaft.<br />
Ihr nähert man sich am besten über den Magen an. Viele Landwirte<br />
verkaufen ihre Produkte in Hofläden entlang der Strasse in<br />
den Dörfern. An den Talstationen der Gelmer-, Trift- und der<br />
Tällibahn sind die regionalen Produkte ebenfalls erhältlich. Wer<br />
sich weiter mit dem Alltag in der Bergwelt auseinandersetzen<br />
möchte, ist mit einem Dorfrundgang in Guttannen gut beraten.<br />
Auf verschiedenen Schildern wird den Besuchern das<br />
Leben im Bergdorf nähergebracht, auch hier sind Kristalle ein<br />
Thema und natürlich das Wasser, aber auch der Umgang mit<br />
Naturereignissen.<br />
Führung durch das Kraftwerk Grimsel 2<br />
Alpine Gastfreundschaft im Hotel Grimsel Hopsiz<br />
Die hochalpine Welt rund um den Grimselund<br />
Sustenpass bietet landschaftlichen<br />
Genuss in Hülle und Fülle: Buchstäblich an<br />
jeder Ecke ergeben sich neue Ausblicke und<br />
je nach Wetter wechseln die Stimmungen<br />
mehrmals täglich. Entspannung und<br />
Genuss, eine besondere Art von alpiner<br />
Wellness, ist auch in den beiden Grimselhotels,<br />
dem Alpinhotel Grimsel Hospiz<br />
und dem Hotel und Naturresort Handeck,<br />
Programm. In diesen Häusern gehen seit<br />
jeher Reisende ein und aus, einst waren es<br />
Säumer, heute sind es Ausflügler, Naturfreunde,<br />
Geniesser und Besucher aus der<br />
ganzen Welt. Gastfreundschaft ist in den<br />
Bergen ein kostbares Gut, das alle schätzen.<br />
Das Alpinhotel Grimsel Hospiz steht<br />
inmitten der Berge ganz alleine auf einem<br />
Felssporn im Grimselsee. Den Winter über<br />
gehört dieses Reich den Gästen, die<br />
Abgeschiedenheit und Ruhe lieben. Im<br />
Sommer herrscht tagsüber auf dem Grimselnollen<br />
ein lebhaftes Treiben, abends versinkt<br />
das Haus in der Stille; dann schlägt<br />
die Stunde jener, die es sich im Hotel<br />
gemütlich machen. Für Ausflüge in die<br />
umliegende Bergwelt ergeben sich ab Juni<br />
<strong>2021</strong> neue Möglichkeiten. Die <strong>Grimselwelt</strong><br />
öffnet die Oberaarbahn im Sommer für<br />
Gäste. Bisher diente die Bahn ausschliesslich<br />
für den Unterhalt der Kraftwerke.<br />
So gelangt man vom Grimsel Hospiz aus<br />
bequem hinauf zum Oberaarsee, dem<br />
höchstgelegenen Stausee im weitverzweigten<br />
Wasserkraftgebiet der KWO. Die Fahrt<br />
quer über den See erlaubt eine völlig neue<br />
Sternenkoch Roman Crkon<br />
Wellness im Hotel Handeck<br />
Perspektive auf die grossen Speicherseen und das gesamte Oberaar-<br />
und Lauteraargebiet.<br />
Das Hotel und Naturresort Handeck weiter talabwärts Richtung<br />
Guttannen hat sich in den letzten Jahren mit drei Begriffen einen<br />
Namen gemacht: Ruhe, Natur und die qualitativ hochstehende<br />
Sternen-Küche. Diese Kombination gilt Kennern schon länger als<br />
Geheimtipp. Für die Kleinen sind der grosse Spielplatz und die Alp<br />
Handegg eine Attraktion, für die Grossen ist es der Alpen-<br />
Wellness, die Wandermöglichkeiten rund um das Hotel und die<br />
bestechende Natur.