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RA 05/2021 - Entscheidung des Monats

Formalien haben immer (k)eine Bedeutung, heißt es in den berühmten sieben Säulen des Verwaltungshandelns. Im Zivil- und Zivilprozess gehören die Formstrenge und ihre Ausnahmen zu den Gebieten, die man nicht nur verstehen, sondern auch durch Falltraining einüben muss, denn oftmals führen Formvorschriften in einem Examensfall eine überraschende Wendung herbei. Zum Verständnis des vorliegenden Urteils darf der Begriff des Treuhandverhältnisses nicht unbekannt sein.

Formalien haben immer (k)eine Bedeutung, heißt es in den berühmten sieben Säulen des Verwaltungshandelns. Im Zivil- und Zivilprozess gehören die Formstrenge und ihre Ausnahmen zu den Gebieten, die man nicht nur verstehen, sondern auch durch Falltraining einüben muss, denn oftmals führen Formvorschriften in einem Examensfall eine überraschende Wendung herbei. Zum Verständnis des vorliegenden Urteils darf der Begriff des Treuhandverhältnisses nicht unbekannt sein.

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<strong>RA</strong> <strong>05</strong>/<strong>2021</strong><br />

Zivilrecht<br />

225<br />

ZIVILRECHT<br />

Problem: Fehlende Formnichtigkeit einer<br />

Treuhandvereinbarung<br />

Einordnung: BGB AT, Formnichtigkeit<br />

BGH, Urteil vom 24.02.<strong>2021</strong><br />

VIII ZR 36/20<br />

EINLEITUNG<br />

Formalien haben immer (k)eine Bedeutung, heißt es in den berühmten sieben<br />

Säulen <strong>des</strong> Verwaltungshandelns. Im Zivil- und Zivilprozess gehören die<br />

Formstrenge und ihre Ausnahmen zu den Gebieten, die man nicht nur verstehen,<br />

sondern auch durch Falltraining einüben muss, denn oftmals führen<br />

Formvorschriften in einem Examensfall eine überraschende Wendung herbei.<br />

Zum Verständnis <strong>des</strong> vorliegenden Urteils darf der Begriff <strong>des</strong> Treuhandverhältnisses<br />

nicht unbekannt sein.<br />

SACHVERHALT<br />

K betrieb eine Detektei in einem ihm gehörenden, bebauten Grundstück, bis<br />

1999 das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet wurde. Weil K das<br />

Grundstück nicht endgültig wollte, schloss er wegen der anstehenden Zwangsversteigerung<br />

mit den B eine mündliche Vereinbarung. Diese sah erstens vor, dass<br />

die B das Grundstück erstehen sollten. Hierzu stellte K den B sowohl die Sicherheitsleistung<br />

von 62.000 DM als auch die Grunderwerbsteuer von 11.200 DM in<br />

bar zur Verfügung. Ferner sollten die B den Erwerb durch ihre Hausbank finanzieren,<br />

besichert durch eine Hypothek an dem Grundstück. Zweitens sah die<br />

Vereinbarung vor, dass der K das Objekt als Wohn- und Geschäftshaus weiter<br />

nutzen konnte und im Gegenzug an die Beklagten Tilgung und Zinsen <strong>des</strong><br />

Hypothekendarlehens sowie die Nebenkosten zahlen und für die Renovierungs-,<br />

Sanierungs- und Instandhaltungskosten aufkommen sollte. Drittens wurde<br />

vereinbart, dass K das Objekt jederzeit von den B zurückerwerben können<br />

sollte. Im April 2001 ersteigerten die B das Grundstück und schlossen im Mai<br />

mit K einen Mietvertrag über die im Erdgeschoss gelegene Wohnung zu einer<br />

monatlichen Bruttomiete von 330,- €. Im September 2009 mietete K einen die im<br />

ersten Obergeschoss gelegenen Büroräume zu einer Bruttomiete von 600,- €. Im<br />

März 2010 fixierten die Parteien ihre mündliche Vereinbarung schriftlich. Dem<br />

Kläger wurde schriftlich die Möglichkeit eingeräumt, das Grundstück jederzeit<br />

von den Beklagten zurück zu erwerben gegen Erstattung aller Kosten, die den<br />

Beklagten „durch den Erwerb, Besitz und Verkauf <strong>des</strong> Objekts entstanden sind,<br />

einschließlich eventueller Mietschulden, Prozess- und Anwaltskosten, Mahnkosten,<br />

offenstehender Rechnungen, Maklerkosten, Überschreibungs- und<br />

Notarkosten, Hypothekenschulden, Vorfälligkeitszinsen, eventuell fälliger<br />

Spekulationssteuern“ sowie eines Betrages von 18.200 € zzgl. Zinsen für die<br />

„Angelegenheit Betonbau B.“ und von den B zuvor verauslagten 7.300 €. Nach<br />

Ziff. 14 <strong>des</strong> Vertrages sollte dieser bis zum 31.12.2015 wirksam sein und im<br />

Anschluss hieran ein neuer Vertrag aufgesetzt werden. Hierzu kam es ebenso<br />

wenig wie zu der von den Parteien beabsichtigten notariellen Beurkundung<br />

<strong>des</strong> Vertrages. Im Jahre 2017 kündigten die B die Mietverhältnisse fristlos.<br />

K verlangt von den B die Rückübertragung <strong>des</strong> Grundstücks Zug um Zug<br />

gegen Erstattung <strong>des</strong> Restsaldos. Zu Recht?<br />

LEITSATZ<br />

1. Der treuhänderische Auftrag, im<br />

eigenen Namen für Rechnung <strong>des</strong><br />

Auftraggebers ein Grundstück zu<br />

beschaffen, ist nur unter dem<br />

Gesichtspunkt der Erwerbspflicht<br />

<strong>des</strong> Beauftragten nach § 311b<br />

Absatz 1 Satz 1 BGB formbedürftig,<br />

nicht auch im Hinblick auf die<br />

Verpflichtung <strong>des</strong> Beauftragten<br />

zur Weiterübertragung <strong>des</strong> Grundstücks<br />

auf den Auftraggeber<br />

(Bestätigung der st. Rspr., vgl.<br />

Senat, Urteil vom 7. Oktober 1994 -<br />

BGH V ZR 102/93, BGHZ 127,<br />

Seite 168).<br />

2. Dass der Beauftragte hinsichtlich<br />

<strong>des</strong> Grundstückseigentums wirtschaftlich<br />

nur „Durchgangsstelle“<br />

ist, stellt keine gesonderte Voraussetzung<br />

für die Formfreiheit<br />

der Treuhandabrede hinsichtlich<br />

seiner Übereignungspflicht dar;<br />

die Formfreiheit besteht unabhängig<br />

davon, wie lange das<br />

Grundstück im Eigentum <strong>des</strong><br />

Beauftragten bleiben soll und ob<br />

es zu einem festgelegten Zeitpunkt<br />

oder nur auf Verlangen auf<br />

den Auftraggeber übertragen<br />

werden soll.<br />

Wichtig für das Referendariat:<br />

Im Originalfall erhob K Stufenklage<br />

gem. § 254 ZPO und begehrte <strong>des</strong>halb<br />

zunächst Auskunft, um seinen<br />

Klageantrag bezüglich der Zugum-Zug-Leistung<br />

korrekt beziffern<br />

zu können. Weil der Fall nicht im<br />

Referendariatsteil dargestellt wird,<br />

haben wir diesen Aspekt außer Acht<br />

gelassen. Gleiches gilt für die seitens<br />

der B gegen K erhobene Widerklage<br />

auf Räumung.<br />

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226 Zivilrecht <strong>RA</strong> <strong>05</strong>/<strong>2021</strong><br />

LÖSUNG<br />

Eine Treuhandabrede kann eigennützig<br />

oder fremdnützig sein.<br />

Bekannte Formen der eigennützigen<br />

Treuhand zu Sicherungszwecken<br />

sind die Sicherungsübereignung<br />

sowie die Sicherungsabtretung.<br />

Fremdnützig ist aus Sicht <strong>des</strong><br />

Treunehmers das Verwaltungstreuhandverhältnis.<br />

Schuldrechtlich liegt<br />

ihm typischerweise ein Geschäftsbesorgungsverhältnis<br />

gem. § 675 BGB<br />

zugrunde. Aus diesem folgt kraft<br />

Gesetz der Anspruch auf Herausgabe<br />

<strong>des</strong> Erlangten. Genau dieser Aspekt<br />

ist für den BGH entscheidend, wie<br />

noch zu lesen sein wird.<br />

A. Anspruch <strong>des</strong> K gegen B auf Übereignung <strong>des</strong> Grundstücks aus einer<br />

Treuhand gem. §§ 675, 667 BGB<br />

K könnte gegen B einen Anspruch auf Übereignung <strong>des</strong> Grundstücks aus einer<br />

Treuhand gem. §§ 675, 667 haben.<br />

I. Vertragsschluss<br />

Einen Vertrag mit dem Inhalt, dass die B das Grundstück ersteigern sollten<br />

und dass K von B jederzeit die Übereignung <strong>des</strong> Grundstücks fordern können<br />

sollte, schlossen die Parteien.<br />

II. Keine Formnichtigkeit gem. § 125 S. 1 BGB<br />

Der Vertrag wäre aber gem. § 125 S. 1 BGB formnichtig, wenn eine gesetzlich<br />

vorgeschriebene Formvorschrift nicht eingehalten worden wäre. In Betracht<br />

könnte eine Missachtung der Formvorschrift <strong>des</strong> § 311b I 1 BGB kommen. Nach<br />

dieser besteht eine Pflicht zur notariellen Beurkundung <strong>des</strong> Vertrages, wenn<br />

sich eine Partei verpflichtet, das Eigentum am Grundstück zu übertragen oder<br />

zu erwerben. Die zwischen den Parteien mündlich getroffene Vereinbarung<br />

enthält mehrere Verpflichtungen, die einzeln zu untersuchen sind.<br />

1. Pflicht der B zum Erwerb <strong>des</strong> Grundstücks<br />

Zum einen vereinbarten die Parteien mündlich, dass die B das Grundstück in<br />

der Zwangsversteigerung erwerben sollten. Fraglich ist, ob im angestrebten<br />

hoheitlichen Erwerb eine in § 311b I 1 BGB gemeinte Verpflichtung zum<br />

Erwerb <strong>des</strong> Eigentums liegt.<br />

Mündliche Vereinbarung genügte<br />

wegen Erwerbspflicht nicht dem<br />

§ 311b I 1 BGB<br />

[9] Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht zwar davon aus, dass<br />

die mündliche Vereinbarung der Parteien der Beurkundung bedurft hätte.<br />

Dies folgt aber nicht daraus, dass dem Kläger ein Rückerwerbsrecht eingeräumt<br />

wurde, sondern daraus, dass die Beklagten das Grundstück <strong>des</strong><br />

Klägers ersteigern sollten. Der treuhänderische Auftrag, im eigenen Namen<br />

für Rechnung <strong>des</strong> Auftraggebers ein Grundstück zu beschaffen, ist unter<br />

dem Gesichtspunkt der Erwerbspflicht <strong>des</strong> Beauftragten nach § 311b<br />

Absatz 1 Satz 1 BGB formbedürftig (…).<br />

Folglich hätte diese Verpflichtung der B zum Erwerb per Zwangsversteigerung<br />

der notariellen Beurkundung gem. § 128 BGB bedurft.<br />

Jedoch könnte diesbezüglich eine Heilung gem. § 311b I 2 BGB eingetreten<br />

sein.<br />

Heilung gem. § 311b I 2 BGB<br />

[10] Die lediglich mündlich getroffene Vereinbarung ist aber gleichwohl<br />

nicht nichtig. Der Formmangel der nicht beurkundeten Vereinbarung über<br />

die Verpflichtung <strong>des</strong> Beauftragten, das Grundstück zu erwerben, wird<br />

nämlich spätestens dann geheilt, wenn das Grundstück an ihn aufgelassen(<br />

...) oder ihm - wie hier - zugeschlagen (…) und er als Eigentümer<br />

in das Grundbuch eingetragen wird, vorausgesetzt der Erwerb<br />

erfolgt - woran hier kein Zweifel besteht - zur Ausführung <strong>des</strong> Auftrags<br />

(…). Damit wird der Vertrag gemäß § 311b Absatz 1 Satz 2 BGB seinem<br />

ganzen Inhalt nach gültig, d.h. auch hinsichtlich der Regelungen, die<br />

den Inhalt der Treuhandvereinbarung ausmachen. Dazu zählt insbesondere<br />

die Abrede, dass der Beauftragte das Grundstück für den<br />

Auftraggeber halten soll.<br />

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<strong>RA</strong> <strong>05</strong>/<strong>2021</strong><br />

Zivilrecht<br />

227<br />

2. Recht <strong>des</strong> K zum Erwerb <strong>des</strong> Grundstücks von den B<br />

Zum anderen enthält die mündliche Vereinbarung das Recht <strong>des</strong> K von den B<br />

die Übereignung zu fordern, nachdem diese Eigentümer geworden sind. Auch<br />

in dieser Abrede könnte eine beurkundungspflichtige Vereinbarung im Sinne<br />

<strong>des</strong> § 311b I 1 BGB liegen.<br />

[13] Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt noch richtig sieht, ist nach<br />

der ständigen, schon auf das Reichsgericht zurückgehenden (…) Rechtsprechung<br />

<strong>des</strong> Senats der treuhänderische Auftrag zur Beschaffung eines<br />

Grundstücks nicht im Hinblick auf die Verpflichtung <strong>des</strong> Auftragnehmers<br />

zur Weiterübertragung <strong>des</strong> Grundstücks auf den Auftraggeber nach § 311b<br />

Absatz 1 Satz 1 BGB beurkundungsbedürftig. Denn diese Verpflichtung<br />

ergibt sich nicht erst aus der hierauf gerichteten vertraglichen Abrede,<br />

sondern folgt schon aus § 667 BGB, wonach der Auftragnehmer das<br />

aus der Geschäftsbesorgung Erlangte an den Auftraggeber herauszugeben<br />

hat (…).<br />

[15] (…) Besteht der Inhalt eines Auftrags darin, ein Grundstück im<br />

eigenen Namen auf Rechnung <strong>des</strong> Auftraggebers zu erwerben und für<br />

diesen zu halten, geht die Vereinbarung hinsichtlich der Pflicht <strong>des</strong><br />

Beauftragten, das Grundstück an den Auftraggeber auf Verlangen<br />

herauszugeben und zu übereignen, nicht über den Regelungsgehalt<br />

<strong>des</strong> Gesetzes in § 667 BGB hinaus. Die Vertragsparteien begründen<br />

keine eigenständige Übereignungspflicht <strong>des</strong> Beauftragten, sondern sie<br />

treffen eine Treuhandvereinbarung, die gesetzlich zur Folge hat, dass<br />

der Beauftragte verpflichtet ist, das durch die Ausführung <strong>des</strong> Auftrags<br />

Erlangte - Eigentum und ggf. Besitz an dem Grundstück - an den<br />

Auftraggeber herauszugeben. Diese gesetzliche Folge tritt unabhängig<br />

davon ein, ob die Vertragsparteien hierzu eine Regelung treffen; ausreichend<br />

ist, dass sie sich darüber einig sind, dass der Beauftragte das<br />

Grundstück für den Auftraggeber erwerben und halten soll. Dies<br />

unterscheidet die Vereinbarung über den treuhänderischen Erwerb eines<br />

Grundstücks von Vereinbarungen, bei denen die Übertragung <strong>des</strong> Grundstücks<br />

zu den Hauptpflichten einer Partei gehört und wesentlicher Vertragsbestandteil<br />

ist. So folgt etwa bei dem Grundstückskaufvertrag die<br />

Pflicht <strong>des</strong> Verkäufers, dem Käufer das Eigentum an dem Grundstück zu<br />

verschaffen, zwar ebenfalls aus dem Gesetz (§ 433 Absatz 1 Satz 1 BGB). Sie<br />

besteht aber nicht unabhängig von einer hierzu getroffenen Vereinbarung<br />

der Vertragsparteien. Fehlt es an einer Einigung der Vertragsparteien<br />

darüber, dass der Verkäufer dem Käufer das Eigentum an<br />

dem Grundstück zu verschaffen hat, fehlt es an einer der essentialia<br />

negotii. Denn hierzu gehört die Festlegung <strong>des</strong> Vertragstyps (…), das<br />

ist bei einem beabsichtigten Kauf die Vereinbarung einer Übereignungsbzw.<br />

Übertragungspflicht (…). Dann kommt kein Kaufvertrag zustande<br />

und § 433 Absatz 1 Satz 1 BGB nicht zur Anwendung (…).<br />

Fraglich ist, ob sich eine andere rechtliche Bewertung daraus ergibt, dass hier<br />

kein Durchgangserwerb geplant war, bei dem der Treunehmer mit dem Treugeber<br />

eine dingliche Einigung bereits antizipiert und z.B. eine Vormerkung<br />

auf den Eigentumserwerb erhält. Hier sollten die B das Grundstück für K<br />

ausschließlich halten, damit dieser es erwerben konnte.<br />

Die Parteien trafen eine aus Sicht der<br />

B fremdnützige Treuhandabrede,<br />

nach der die B beauftragt war, das<br />

Grundstück zu erwerben. Diese<br />

formnichtige Abrede wurde durch<br />

Erwerb <strong>des</strong> Grundstücks geheilt.<br />

Der Clou <strong>des</strong> Falles: Das Recht <strong>des</strong> K,<br />

die Übereignung <strong>des</strong> Grundstücks<br />

zu verlangen, folgt schon unmittelbar<br />

aus § 667 BGB. Diese aus dem<br />

Gesetz folgende Pflicht bedarf nach<br />

ständiger Rechtsprechung keiner<br />

notariellen Beurkundung, weil die<br />

Pflicht <strong>des</strong> Beauftragten in diesem<br />

Fall nicht über den gesetzlichen<br />

Regelungsgehalt <strong>des</strong> § 667 BGB<br />

hinausgeht.<br />

Es fehlt an einer über § 667 BGB<br />

hinausgehenden, eigenständigen<br />

Übereignungspflicht.<br />

Beim Kaufvertrag folgt die Verpflichtung<br />

<strong>des</strong> Verkäufers zur Übereignung<br />

aus den vertragswesentlichen<br />

Bestandteilen <strong>des</strong> Vertrages<br />

selbst. § 433 I 1 BGB enthält die<br />

gesetzliche Typisierung dieser<br />

Hauptleistungspflicht – gleichwohl<br />

ist der Vertrag selbst die Anspruchsgrundlage.<br />

Bei der Treuhandabrede,<br />

ein Grundstück für einen anderen<br />

zu erwerben und zu halten, ist exakt<br />

diese Pflicht der Vertragsinhalt.<br />

Die Pflicht zur Herausgabe, hier zur<br />

Übereignung, folgt dann aus den<br />

gesetzlichen Rechtsfolgen, genauer<br />

aus § 667 BGB. Darin sieht der BGH<br />

den Unterschied.<br />

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228 Zivilrecht <strong>RA</strong> <strong>05</strong>/<strong>2021</strong><br />

Typische wirtschaftliche Betrachtungsweise<br />

bei einem fremdnützigen Verwaltungstreuhandverhältnis<br />

[18] Dass der Beauftragte hinsichtlich <strong>des</strong> Grundstückseigentums wirtschaftlich<br />

nur „Durchgangsstelle“ ist, stellt keine gesonderte Voraussetzung<br />

für die Formfreiheit der Treuhandabrede hinsichtlich seiner Übereignungspflicht<br />

dar. Gemeint ist hiermit lediglich, dass der Schutzzweck <strong>des</strong><br />

§ 311b Absatz 1 Satz 1 BGB es nicht erfordert, die Treuhandabrede<br />

(auch) wegen der Pflicht <strong>des</strong> Beauftragten zur Übereignung <strong>des</strong><br />

Grundstücks an den Auftraggeber als beurkundungsbedürftig anzusehen,<br />

weil der Beauftragte das Grundstückseigentum von vornherein<br />

nur rechtlich, nicht aber wirtschaftlich erwerben soll. Der Beauftragte<br />

wird durch das Grundstück nämlich einerseits wirtschaftlich nicht<br />

belastet, weil der Auftraggeber verpflichtet ist, ihm die Aufwendungen<br />

zu erstatten, die er zum Erwerb und zum Halten <strong>des</strong> Eigentums an dem<br />

Grundstück macht (§ 670 BGB). Er soll andererseits aber auch keine Vorteile<br />

aus der Ausführung <strong>des</strong> Auftrags ziehen und hat daher dem Auftraggeber<br />

alles herauszugeben, was er zu dem Erwerb <strong>des</strong> Grundstückseigentums<br />

erhalten oder durch den Erwerb erlangt hat (…). Hierdurch ist sichergestellt,<br />

dass der Auftrag, das Grundstück für den Auftraggeber zu beschaffen<br />

und zu halten, für den Beauftragten ein „Nullsummenspiel“ ist (…).<br />

3. Formnichtigkeit <strong>des</strong> Vertrages gem. §§ 125 S. 1, 311b I 1 BGB wegen der<br />

später erfolgten Abrede<br />

Fraglich ist, ob sich eine Formnichtigkeit daraus ergibt, dass die Parteien im<br />

März 2010 ihre mündliche Abrede schriftlich fixiert haben, was erneut nicht<br />

der Form <strong>des</strong> § 311b I 1 BGB entsprach.<br />

Vertragliche Pflicht schränkte gesetzliche<br />

Pflicht ein, weshalb keine Beurkundungspflicht<br />

gerechtfertigt ist<br />

[25] Beurkundungsbedürftig ist ein Vertrag nach § 311b Absatz 1 Satz 1<br />

BGB, wenn sich darin eine Partei verpflichtet, das Eigentum an einem<br />

Grundstück zu übertragen oder zu erwerben. Die Pflicht <strong>des</strong> Beauftragten,<br />

das Eigentum an dem Grundstück an den Auftraggeber zu<br />

übertragen, folgt aber - wie gezeigt - aus dem Gesetz. Eine durch<br />

den Vertrag begründete Übereignungspflicht <strong>des</strong> Beauftragten läge<br />

nur vor, wenn die durch § 667 BGB begründete Übereignungspflicht<br />

durch vertragliche Regelungen der Parteien verschärft würde, nicht<br />

aber, wenn sie eingeschränkt wird. Dies folgt schon aus dem Wortlaut<br />

der Formvorschrift, aber auch aus deren Sinn und Zweck. Denn durch den<br />

Beurkundungszwang könnte nur der zur Übereignung verpflichtete Beauftragte<br />

geschützt werden, nicht hingegen der - mangels Gegenleistung -<br />

durch § 667 BGB rechtlich ausschließlich bevorteilte Auftraggeber. Der<br />

Beauftragte bedarf aber keines Schutzes, wenn seine gesetzliche<br />

Verpflichtung lediglich beschränkt wird.<br />

[26] Durch die genannten vertraglichen Regelungen der Parteien wird<br />

- unabhängig von der Frage, ob ihnen jeweils der von den Beklagten angenommene<br />

Regelungsinhalt zu entnehmen ist - die Pflicht der Beklagten,<br />

das Grundstück an den Kläger zu übereignen, gegenüber der in § 667<br />

BGB getroffenen Regelung allenfalls eingeschränkt. (…)<br />

Somit steht fest, dass der Vertrag nicht gem. §§ 125 S. 1, 311b I 1 BGB formnichtig<br />

ist.<br />

B. Ergebnis:<br />

K hat gegen B einen Anspruch auf Übereignung <strong>des</strong> Grundstücks gem.<br />

§§ 675, 667 BGB.<br />

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EXAMENSTREFFER<br />

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unsere aktuelle Aufstellung für Sie:<br />

EXAMENSTREFFER ZIVILRECHT<br />

Januar <strong>2021</strong> 2. Ex., Z II HE <strong>RA</strong> 06/20, 281; CK ZR, Az.: VIII ZR 18/19<br />

Januar <strong>2021</strong> 2. Ex., AW HE <strong>RA</strong> 12/20, 617<br />

Oktober 2020 1. Ex., Z III HE <strong>RA</strong> 06/17, 291<br />

September 2020 2. Ex., Z II HE <strong>RA</strong> 09/16, 454; <strong>RA</strong> 01/18, 17; CK ZR, Az.: IX ZR 3<strong>05</strong>/16<br />

August 2020 1. Ex., Z I HE, RP, SN, SA <strong>RA</strong> 01/10, 25; <strong>RA</strong> 04/10, 211; CK ZR, Az.: XII ZR 108/17<br />

August 2020 1. Ex., Z III SN <strong>RA</strong> 10/13, 709; <strong>RA</strong> 08/14, 389; CK ZR, Az.: VII ZR 241/13<br />

August 2020 1. Ex., Z I TH <strong>RA</strong> 10/13, 709; <strong>RA</strong> 08/14, 389; CK ZR, Az.: VII ZR 241/13<br />

Juni 2020 1. Ex., Z II HE <strong>RA</strong> 01/17, 10; <strong>RA</strong> 12/17, 617; CK ZR, Az.: VIII ZR 211/15, VIII ZR 271/16<br />

Juni 2020 2. Ex., Z IV RP, BW <strong>RA</strong> 02/17, 65; CK ZR, Az.: 17 U 52/16<br />

Juni 2020 1. Ex., Z HE <strong>RA</strong> 01/17, 10; CK ZR, Az.: VIII ZR 211/15, VIII ZR 117/12<br />

EXAMENSTREFFER ÖFFENTLICHES RECHT<br />

Februar/März <strong>2021</strong> 1. Ex., ÖR II TH<br />

<strong>RA</strong> 10/19, 529 f.; CK TH, Az.: 1 BvL 1/18 u.a.<br />

Februar/März <strong>2021</strong> 1. Ex., ÖR I BW <strong>RA</strong> Telegramm 07/20, 87 f.; CK BW, Az.: 8 CN 1.19<br />

Februar <strong>2021</strong> 1. Ex., ÖR II NRW <strong>RA</strong> 10/20, 533; CK NRW, Az.: Vf. 32-IX-20<br />

Februar <strong>2021</strong> 1. Ex., ÖR II HE, RP, BW <strong>RA</strong> 10/19, 529; CK HE/RP/BW, Az.: 1 BvL 1/18<br />

Februar <strong>2021</strong> 1. Ex., ÖR I HE, RP, NRW <strong>RA</strong> 04/20, 197; CK HE/RP/NRW, Az.: 2 BvR 2347/15<br />

Januar <strong>2021</strong> 1. Ex., ÖR II NRW <strong>RA</strong> 02/20, 89<br />

August 2020 1. Ex., ÖR I TH <strong>RA</strong> 06/18, 426; CK TH, Az.: 1 BvF 1/13<br />

August 2020 1. Ex,, ÖR II SA <strong>RA</strong> 12/19, 644; CK SA, Az.: 15 A 4753/18<br />

August 2020 1. Ex., ÖR I SA <strong>RA</strong> 07/20, 365; CK SA, Az.: 1 BvR 2835/17<br />

August 2020 1. Ex., ÖR I SN <strong>RA</strong> 08/17, 426; CK SN, Az.: 15 A 3048/15<br />

August 2020 1. Ex., ÖR I HE, RP CK HE/RP, Az.: 1 BvR 16/13<br />

EXAMENSTREFFER ST<strong>RA</strong>FRECHT<br />

März <strong>2021</strong> 2. Ex., SR HE, NRW <strong>RA</strong> 08/20, 440<br />

Februar <strong>2021</strong> 1. Ex., SR HE, RP <strong>RA</strong> 07/20, 348<br />

Januar <strong>2021</strong> 2. Ex., SR HE, NRW <strong>RA</strong> Telegramm 12/20, 129<br />

September 2020 1. Ex., SR BY <strong>RA</strong> 01/18, 48; <strong>RA</strong> 10/19, 545; CK SR, Az.: 2 StR 154/17, 3 StR 333/18<br />

September 2020 2. Ex., SR HE, NRW <strong>RA</strong> 03/20, 157<br />

Juni 2020 1. Ex., SR HE <strong>RA</strong> 01/20, 48<br />

Januar 2020 2. Ex., SR NRW, HE <strong>RA</strong> 01/18, 48; <strong>RA</strong> 10/19, 545; CK SR, Az.: 2 StR 154/17, 3 StR 333/18<br />

Oktober 2019 2. Ex., SR NRW, RP <strong>RA</strong> Telegramm 01/19, 6<br />

August 2019 1. Ex., SR NRW, HE, RP <strong>RA</strong> 11/17, 6<strong>05</strong>; <strong>RA</strong> 09/18, 493; CK SR, Az.: BGH, 2 StR 130/17<br />

August 2019 1. Ex., SR HE, RP <strong>RA</strong> 04/17, 217; CK SR, Az.: 4 RVs 159/16<br />

Stand: Mai <strong>2021</strong><br />

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