altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Ausgabe Mai/Juni 2021
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Für schnelle Reparatur-Arbeiten gehen schon jetzt die Ersatzteile aus.<br />
nessstudios, Schwimmbäder und<br />
Wellnesshotels ohnehin dauerhaft<br />
geschlossen bleiben müssen, und<br />
der Spaziergang ums eigene Haus<br />
schnell langweilig wurde, war und<br />
ist Radfahren <strong>für</strong> viele eine letzte<br />
sinnvolle Alternative in Sachen<br />
Freizeitbeschäftigung. Heißt: Nahezu<br />
jeder Bürger, vom Kind bis<br />
zum Rentner, der noch kein tourentaugliches<br />
Fahrrad oder E-Bike<br />
zuhause im Keller stehen hatte,<br />
schlug kurzerhand zu. Online, oder<br />
beim Fachhändler vor Ort.<br />
<strong>Das</strong>s Radfahren in der Tat einen<br />
idealen Ausgleich zum pandemiebedingten<br />
Alltagsstress bietet, ist<br />
ähnlich selbsterklärend wie das<br />
Zustandekommen des Booms: Es<br />
eignet sich <strong>für</strong> nahezu alle Altersgruppen.<br />
Ist äußerst gesund, weil<br />
es sich um eine gelenkschonende<br />
Bewegung an der frischen Luft<br />
handelt, die alle Muskelgruppen<br />
beansprucht. Darüber hinaus können<br />
sogar Menschen mit kleineren<br />
Wehwehchen, Verletzungen oder<br />
Erkrankungen sich ohne größere<br />
Probleme aufs Fahrrad setzten und<br />
sich, zumindest in Maßen, bewegen.<br />
Abgesehen davon ist Fahrradfahren<br />
weit mehr als stupides<br />
Hineintreten in Pedale. Langsam<br />
und gemütlich auf ebenen Strecken?<br />
Schnell und anstrengend mit<br />
knackigen Anstiegen und rasanten<br />
Abfahrten? Auf Schotter, Asphalt<br />
oder verblockten Trails? Verspielte<br />
Kinder und Jugendliche, ehrgeizige<br />
Leistungssportler oder Adrenalin-<br />
Junkies kommen ebenso auf ihre<br />
Kosten wie ältere und eben weniger<br />
sportliche Menschen, die sich<br />
in erster Linie aus Genussgrün<strong>den</strong>,<br />
weniger aus sportlichem Ehrgeiz,<br />
aufs Bike setzen. Glücklich und<br />
zufrie<strong>den</strong> sind am Ende einer Tour<br />
jedoch alle, weil Fahrradfahren<br />
auch immer ein Gefühl von Freiheit<br />
vermittelt.<br />
Gekauft wer<strong>den</strong> alle<br />
Modelle<br />
Entsprechend vielschichtig waren<br />
auch die Anfragen nach neuen<br />
Rädern. „Es wur<strong>den</strong> wirklich alle<br />
Modelle <strong>für</strong> alle Altersgruppen verkauft“,<br />
sagt Florian Ohnesorg, der<br />
darüber durchaus überrascht war.<br />
„Ten<strong>den</strong>ziell ist die Nachfrage nach<br />
klassischen Mountainbikes eher<br />
zurückgegangen die vergangenen<br />
Jahre, die nach E-Bikes gestiegen.“<br />
Mit Beginn des ersten Lockdowns<br />
Mitte März 2020 war seine<br />
Sorge sogar groß, „nun erst recht<br />
auf diesen sportlicheren Modellen<br />
sitzen zu bleiben“. Auch deshalb,<br />
„weil ein Fahrrad <strong>für</strong> die meisten<br />
von uns nicht überlebensnotwendig,<br />
im Grunde ein Luxusgut ist,<br />
und viele ja nicht gewusst haben,<br />
ob sie aufgrund der Pandemie<br />
ihren Job verlieren, in finanzielle<br />
Schwierigkeiten kommen“. <strong>Das</strong>s<br />
trotzdem Räder gekauft wur<strong>den</strong>,<br />
als gäbe es sprichwörtlich kein<br />
Morgen mehr, „war wirklich verrückt“.<br />
Mountainbikes als Hardtail<br />
oder Fully, Rennräder, Trekkingräder,<br />
Gravel-Bikes und E-Bikes aus<br />
Aluminium oder Carbon? „Gekauft<br />
wurde wirklich alles“, bestätigen<br />
auch Michael Lang vom Tretlager<br />
in Burggen sowie Irmi Stöger von<br />
Berg- und Radsport Lerf in Schongau.<br />
Letztere möchte an dieser<br />
Stelle aber betonen, „dass es schon<br />
auch zahlreiche Kun<strong>den</strong> gab und<br />
gibt seit Pandemiebeginn, die sehr<br />
wohl mit finanzieller Sorge in die<br />
Zukunft blicken, sich deshalb kein<br />
neues Fahrrad gekauft, sondern<br />
ihre altes aus dem Keller geholt<br />
und zur Reparatur vorbeigebracht<br />
haben“. Genau das ist der wesentliche<br />
Grund <strong>für</strong> <strong>den</strong> Ausverkauf<br />
sämtlicher Ersatzteillager.<br />
Während also Mitarbeiter und Geschäftsführer<br />
aus Gastro-, Kunstund<br />
Kulturbereichen um ihre Existenzen<br />
kämpfen, konnten hiesige<br />
Fahrradhändler Umsatzrekorde<br />
verzeichnen. Stand jetzt hält dieser<br />
Trend an, weil das mit dem Verreisen<br />
auch im Jahr <strong>2021</strong> wohl nichts<br />
wer<strong>den</strong> wird. „Insofern erwarten<br />
wir dieses Jahr einen ähnlichen<br />
Umsatz wie 2020“, sagt Michael<br />
Lang. <strong>Das</strong> Problem an diesem Hype:<br />
Weil sowohl Ersatzteile als auch<br />
Bikes – zumindest von bestimmten<br />
Herstellern – schon jetzt ausverkauft<br />
sind, könnte <strong>den</strong> hiesigen<br />
Fahrradhändlern in rund einem<br />
Jahr genau das Gegenteil blühen:<br />
Anstelle eines Rekordjahrs eher<br />
Umsatzeinbußen, weil weder Räder<br />
verkauft noch repariert wer<strong>den</strong><br />
können. Letzteres wird übrigens<br />
auch <strong>für</strong> Radlfahrer zum Problem –<br />
womöglich schon diese Saison: Gerissene<br />
Ketten, abgenutzte Kassetten<br />
und Zahnkränze, verschlissene<br />
Bremsbeläge- und scheiben – wer<br />
heuer eine größere Panne hat,<br />
kann sie nur mit viel Glück beheben<br />
oder beheben lassen. Dann,<br />
wenn Händler oder Online-Shop<br />
dieses eine kaputte Teil doch noch<br />
auf Lager haben. Ob vor Ort, oder in<br />
einem Shop am anderen Ende der<br />
Welt, spielt derzeit nicht die größte<br />
Rolle, auch wenn die Unterstützung<br />
der „Locals“ immer an erster Stelle<br />
stehen sollte.<br />
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