altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Ausgabe Mai/Juni 2021
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Inmitten des Sachsenrieder Forstes<br />
<strong>Das</strong> verschwun<strong>den</strong>e Dorf<br />
Sachsenried | Ein verschwun<strong>den</strong>es<br />
Dorf<br />
inmitten des 5000<br />
Hektar großen Sachsenrieder<br />
Forstes, der<br />
zu <strong>den</strong> größten zusammenhängen<strong>den</strong><br />
Waldgebieten<br />
Oberbayerns<br />
gehört? <strong>Das</strong> klingt<br />
mystisch, das klingt<br />
unheimlich. Und es<br />
wirft Fragen auf. Wann<br />
verschwun<strong>den</strong>? Warum<br />
verschwun<strong>den</strong>?<br />
Wie verschwun<strong>den</strong>?<br />
Und warum existierte<br />
überhaupt ein Dorf inmitten<br />
eines Waldes?<br />
Die Rede ist von Habratshofen,<br />
das sich wenige Kilometer<br />
nordwestlich von Sachsenried<br />
befand. Laut Überlieferung<br />
wurde der Weiler erstmals im<br />
Jahre 1126 urkundlich als „Hadebrehteshoven“<br />
erwähnt, stand zur<br />
selben Zeit unter der „Fuchtel“ des<br />
Klosters Rottenbuch, wohin der<br />
berüchtigte Zehent (zehnprozentige<br />
Steuer in Form von Geld oder<br />
Naturalien) abgegeben wer<strong>den</strong><br />
musste. Um 1809 bestand „Habratshoven“<br />
aus drei Bauernhöfen<br />
mit Schindeldach und war in etwa<br />
214 Hektar groß. Gezählt wur<strong>den</strong><br />
damals 18 Einwohner, sechs Pferde,<br />
ein Fohlen, zwölf Kühe sowie<br />
vier Kälber, die allesamt mit einem<br />
großen Problem zu kämpfen<br />
hatten: Wasserknappheit. Immer<br />
dann, wenn der Ziehbrunnen<br />
vor Ort trockengefallen war,<br />
mussten die Bewohner schwere<br />
Wasserfässer über einen steilen<br />
Waldweg namens „Wassersteige“<br />
aus dem benachbarten Ödwang<br />
(zwischen Bidingen und Osterzell)<br />
heraufschleppen. Als dem Dorf im<br />
32 | <strong>altlandkreis</strong><br />
Die Habratshofer hatten oft mit Wasserknappheit zu kämpfen<br />
— dieser Tiefbrunnen trocknete häufig aus.<br />
Jahre 1841 durch ein „Verbot der<br />
Waldweide“ letztlich die Überlebensgrundlage<br />
entzogen wurde,<br />
war das Aus von Habratshofen<br />
besiegelt. Keine vier Jahre später,<br />
um 1845, wurde der Weiler vom<br />
Bayerischen Staat aufgekauft, die<br />
drei Bauernhäuser wur<strong>den</strong> abgerissen.<br />
Und die drei Familien<br />
namens Nett, Seelos und Fischer?<br />
Die konnten durch <strong>den</strong> Verkaufserlös<br />
immerhin deutlich kleinere<br />
Höfe im benachbarten, da<strong>für</strong> wasserreichen<br />
Schwabsoien erwerben<br />
– und dort ein neues Leben<br />
beginnen.<br />
Tiefbrunnen, Infotafel<br />
und Ge<strong>den</strong>kstein<br />
Heute erinnert eine kleine Hinweistafel<br />
mit Kartierung und Infotext<br />
an das verschwun<strong>den</strong>e Dorf<br />
zurück. Wer <strong>den</strong> Forstweg nördlich<br />
von Königsried in Richtung Staatstraße<br />
2014 (Ortsverbindungsstraße<br />
zwischen Sachsenried und Osterzell)<br />
entlangspaziert, kommt<br />
dort zwangsläufig<br />
vorbei, und entdeckt<br />
direkt dahinter diesen<br />
überdachten<br />
Tiefbrunnen, der bis<br />
heute erhalten ist.<br />
Bereits einige hundert<br />
Meter vor diesem<br />
kleinen Platz,<br />
jedoch auf der anderen<br />
Seite des kerzengera<strong>den</strong><br />
Forstweges,<br />
zeigt ein Wegweiser<br />
mit der Aufschrift<br />
„Kapelle Habratshofen“<br />
zu einem Platz,<br />
wo die Ge<strong>den</strong>kkapelle<br />
der Habratshofener<br />
Bauern stand.<br />
Heute erinnert an diesen friedvollen<br />
Fleck von damals ein Ge<strong>den</strong>kstein<br />
mit der Inschrift „Hier stand<br />
etwa 800 Jahre, bis 1845, Habratshofen<br />
mit der Dreifaltigkeitskapelle“<br />
zurück.<br />
<strong>Das</strong>s sich Habratshofen damals<br />
tatsächlich inmitten eines so dichten<br />
Waldes befun<strong>den</strong> hatte, wie<br />
er heute vorzufin<strong>den</strong> ist? Schwer<br />
vorstellbar. Die Bäume in diesem<br />
Bereich sind mit rund 30 Jahren<br />
je<strong>den</strong>falls wesentlich jünger als<br />
das ehemalige Dorf. Hintergrund:<br />
Jahrhundertsturm Wiebke zerstörte<br />
im Jahre 1990 <strong>den</strong> Wald in<br />
diesem Bereich nahezu vollständig,<br />
weshalb dort vor rund drei<br />
Jahrzehnten eine umfassende Aufforstung<br />
stattgefun<strong>den</strong> hatte. Und<br />
zwar mit verschie<strong>den</strong>en Baumarten,<br />
um einen stabileren Wald<br />
gegen weitere Extremwetter herzustellen.<br />
So fin<strong>den</strong> Spaziergänger<br />
heute nicht nur Fichten, sondern<br />
auch Tannen sowie jede Menge<br />
Laubbäume, zum Beispiel Buche,<br />
Ahorn, Erle, Esche, Eiche und an-