altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Ausgabe Mai/Juni 2021

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Genossenschaften — ein bewährtes Geschäftsmodell Arbeitsbühnenverleih . Malerfachbetrieb Seit 1929: Nicht nur der Gewinn ist wichtig Altlandkreis | Für Josef Schilcher aus Kinsau am Lech ist klar: So geht es in der Milchwirtschaft nicht weiter. Die Konkurrenz mit dem Ausland treffe die Bauern im Allgäu und Pfaffenwinkel hart. Vor illustren Gästen, wie dem Landwirtschaftsminister und einem Ministerialrat aus Berlin hält der Ökonomierat seine Rede. Es ist der 5. Januar 1929 und an diesem Tag wird das „Erste Bayerische Butterwerk Schongau“ eingeweiht. Es besteht aus 14 kleinen Molkereigenossenschaften: Sechs aus Schongau und Peiting, die weiteren aus Birkland, Steingaden, Hohenfurch, Kinsau, Schwabniederhofen, sowie Apfel- und Unterapfeldorf und Apfeldorfhausen. Diese kleinen Molkereigenossenschaften, die nun Mitglieder im Butterwerk sind, hatten sich seit dem 19. Jahrhundert gebildet, als Landwirte ihre Hauskäsereien aufgaben und sich zusammenschlossen. Nun, 1929, gründet sich ein noch größerer Verbund. Das Butterwerk, seinerseits selbst eine Genossenschaft, übernimmt das Milchfett der dörflichen Molkereigenossenschaften und produziert daraus in Massen Butter – im Jahr 1932 schon 17 Zentner pro Tag. 1952 übernimmt das Butterwerk auch die Milch- und Käseproduktion von ihren Mitgliedern. In den achtziger Jahren gibt es abermals einen Wandel: Das Butterwerk gibt die Produktion auf und wird zu einer Milchliefergenossenschaft – bis heute. „Wir handeln für unsere Mitglieder, die Landwirte aus der Region, möglichst gute Preise mit den Molkereien aus“, erklärt Landwirt Thomas Bertl aus Wildsteig, Geschäftsführer des Schongauer Butterwerks. Und dafür erweist sich die Organisationsform der Genossenschaft seit rund einem Jahrhundert als die richtige. 620 Landwirte als Mitglieder dabei In einer Genossenschaft schließen sich Mitglieder zusammen, die gemeinsam ihre wirtschaftlichen Interessen stärken wollen. Eine Genossenschaft, die es seit Jahrhunderten gibt, hat heute Ähnlichkeiten mit einem Verein, aber auch mit einer GmbH. Sie haftet nur bis zur Höhe der Einlagen, die die Mitglieder eingebracht haben. Anders als die GmbH braucht sie kein Mindestkapital bei der Grün- dung. Und wie bei einem Verein entscheiden die Mitglieder, deren Interessen also maßgebend sind. 620 Landwirte sind bei der „Erstes bayerisches Butterwerk Schongau eG“ (eG: eingetragene Genossenschaft) heute dabei. Sie kommen von Ettal im Süden bis Landsberg im Norden, Hopfen im Westen bis Obersöchering im Osten. Die Mitglieder treffen sich einmal im Jahr bei der Generalversammlung und bei Gebietsversammlungen. Der Vorstand um Thomas Bertl berichtet von seiner Preispolitik mit den Molkereien, aber auch vom Umgang mit aktuellen Themen wie Tier- wohl, nachhaltige Produktion und Klimabilanz. Sind die Mitglieder zufrieden, entlasten sie den Vorstand und stimmen über die weitere Besetzung ab. Auch andere Unternehmen im ländlichen Raum sind Genossenschaften. So sind bei den Volksund Raiffeisenbanken bis heute die Mitglieder auch Teilhaber der Bank und besitzen ein aktives Mitspracherecht. Onlinebanking, Vermögensberatung und ein Firmenkundengeschäft gibt es wie bei Großbanken, doch die Gewinnerzielung wird – gemäß der Genossenschaft – nicht zu Lasten der Kunden und Mitglieder maximiert. Eine Dividende erhält dennoch jedes Mitglied, das mit seiner Stimme den Geschäftsbetrieb mitgestaltet. Neue Kunden einer Raiffeisenbank müssen nicht Mitglieder der Genossenschaft werden, können dies aber. Die Raiff- eisenbank Steingaden betreibt in Böbing und Steingaden sogar noch zwei Lagerhäuser, in denen Waren verkauft werden. Einst waren solche Lager für eine Raiffeisenkasse selbstverständlich, denn die Landwirte die erstmals solche 26 | altlandkreis
Ammergauer Straße 7 86989 Steingaden Thomas Bertl aus Wildsteig (li.) ist Geschäftsführer des Schongauer Butterwerks. Alois Schärfl zeigt ein altes Foto der Schongauer Alm. genossenschaftlichen Banken gegründet hatten, um die Beschaffung von Saatgut und Dünger gemeinsam zu finanzieren, lagerten das Material auch zusammen. Heute ist die Raiffeisenbank Steingaden eine der wenigen, die dieser Tradition treu geblieben ist. Wobei das Lagerhaus inzwischen allen Bürgern zum Einkauf offensteht. Zusammenschluss von Waldbesitzern Manche Genossenschaft gibt es erst seit kurzem. So ist die Waldbesitzervereinigung (WBV) Schon- gau eG seit 2007 der in Bayern erste und bisher einzige Zusam- menschluss von Waldbesitzern in Form einer Genossenschaft. Davor war sie ein Verein, so wie es die meisten anderen Forstzusammenschlüsse sind. „Im praktischen Betrieb merkt man den Unterschied kaum“, erklärt Geschäftsführer Florian Riedl aus Schongau. Von ihren fast 1300 Mitgliedern, überwiegend private Waldbesitzer, kauft die WBV Holz ein, bündelt es und verkauft es weiter: hauptsächlich an Sägewerke. Der komplette Verkaufserlös fließt zurück an die Waldbesitzergenossen, die WBV finanziert ihre Kosten aus einem pauschalen Vermarktungsaufschlag pro Transaktion und der oftmals kontrastreich. Gelebte Unikat, ein ist Objekt Jedes Stahl und Schrott. Farbe trifft auf treffen Holzoberflächen – am Ende leicht und einfach. Material zurückhaltendes auf OBJEKTMÖBEL von www.wolperdings.de gefertigt und ausgestellt bei „el carpintero“ Christian Breidenbach Mitgliedsgebühr. Die Höhe dieser Gebühren bleibt bescheiden, da die Genossenschaft keinen großen Gewinn erwirtschaften muss. „Als Verein funktioniert das an sich genauso“, so Riedl. „Organisieren und verwalten aber können wir es in der Genossenschaft professioneller.“ So ist die Genossen- schaft zur Bilanzierung verpflichtet. Ein vom Genossenschaftsverband beauftragter Wirtschaftsprüfer sieht einmal im Jahr nach dem Rechten. Beim Verein hingegen genügen eine einfache Gewinnund Verlustrechnung und eine nach eigenem Ermessen durchgeführte Kassenprüfung. Die Folge: Wird der Verein größer, steigt das Haftungsrisiko für die Vorstände, wenn Fehler passieren. „Unsere Vorstände entschlossen sich daher für die Umwandlung in eine Genossenschaft“, erklärt Florian Riedl. Dabei befinden sich unter den Mitgliedern der WBV nicht nur Privatmenschen, Gemeinden und Kirchen, sondern auch kleinere Genossenschaften, so genannte Waldgenossenschaften. Und während die WBV als Waldbesitzervereinigung Holz von vielen einzelnen Waldbesitzern sammelt und vertreibt, bringen die Mitglieder in den kleineren Waldgenossenschaften einen einzigen gemeinsamen Waldbesitz ein. So nennen in der Waldgenossenschaft Schongau sieben Mitglieder eine Waldfläche von zehn Hektar und eine Weidefläche von elf Hektar, südwestlich des Orts nahe dem Lechstausee, ihr Eigen. Die Flächen hatten mehrere Schongauer 1904 erworben, nachdem sie sich in der Genossenschaft zusammengeschlossen hatten. Heute können sich ihre Nachkommen um Vorstand Alois Schärfl nicht vorstellen, an der gemeinsamen Bewirtschaftung und gegenseitigen Unterstützung etwas zu ändern. Auch die nun über 100 Jahre alte Hirtenhütte, die „Schongauer Alm“, bleibt dank der Waldgenossenschaft Schongau erhalten. cr OBJEKTMÖBEL von www.wolperdings.de gefertigt und ausgestellt bei „el carpintero“ Christian Breidenbach Ammergauer Straße 7 86989 Steingaden Jedes Objekt ist ein Unikat, oftmals kontrastreich. Gelebte Holzoberflächen treffen auf Stahl und Schrott. Farbe trifft auf zurückhaltendes Material – am Ende leicht und einfach. Ein Holzganter, aufgebeigt für Mitglieder der Waldbesitzervereinigung Schongau, seit 2007 eine Genossenschaft. mai / juni 2021 | 27
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