altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Ausgabe Mai/Juni 2021
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lutherischen Glauben in der vierten<br />
Generation. Nach dem Ende<br />
der Apartheid zogen viele Schwarze<br />
in die Innenstadt Pretorias, in<br />
der die St.-Peters-Kirche steht.<br />
Auch zahlreiche Lutheraner. So<br />
wurde die Gemeinde multikulturell<br />
und dreisprachig. Heutzutage<br />
liegt die Kirche in mitten verschie<strong>den</strong>er<br />
sozialer Brennpunkte. Ich<br />
habe dort viel in Bezug auf Integration<br />
und Konfliktmanagement<br />
mitgenommen.<br />
Frau und Kinder waren damals immer<br />
mit dabei?<br />
Ja. Südafrika ist ihre zweite Heimat<br />
gewor<strong>den</strong>. Aber auch in Weilheim<br />
haben wir uns sehr wohl gefühlt.<br />
Letztlich fiel jeder Umzug schwer,<br />
am Ende waren jedoch immer alle<br />
dankbar <strong>für</strong> das Erlebte.<br />
Wie viele Sprachen sprechen Sie?<br />
In der Schule gelernt habe ich<br />
Deutsch, Englisch und Französisch.<br />
Für meinen Aufenthalt in Papua-<br />
Neuguinea Tok Pisin, <strong>für</strong> <strong>den</strong> in<br />
Südafrika Afrikaans. Und im Rahmen<br />
des Theologie-Studiums noch<br />
Latein, Griechisch und Hebräisch.<br />
Vieles habe ich aber leider wieder<br />
verlernt.<br />
Inzwischen sind sie Pfarrer der<br />
Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde<br />
in Schongau und Umgebung?<br />
Wir sind zuständig <strong>für</strong> Schongau,<br />
Altenstadt, Apfeldorf, Bernbeuren,<br />
Burggen, Denklingen, Ingenried,<br />
Hohenfurch, Kinsau, Reichling,<br />
Schwabbruck und Schwabsoien!<br />
Wow. Viel unterwegs, oder kommen<br />
die Gläubigen nach Schongau?<br />
Viel unterwegs, was von Schongau<br />
aus gut machbar ist, da es<br />
nie wirklich mehr als 20 Minuten<br />
Fahrzeit sind. Aber klar, viele Veranstaltungen<br />
fin<strong>den</strong> auch zentral<br />
in unseren Schongauer Räumlichkeiten<br />
statt.<br />
Mit wir sprechen Sie von Julia Steller.<br />
Wie läuft die Zusammenarbeit<br />
mit einer Pfarrerin?<br />
Mit Julia Steller zusammenzuarbeiten<br />
ist ohne Übertreibung<br />
ein Traum. Wir verstehen und ergänzen<br />
uns gut. Es gibt zwischen<br />
uns keine Machtspielerein. <strong>Das</strong> ist<br />
besonders. Aber auch das ökumenische<br />
Miteinander in der Region<br />
und die Zusammenarbeit mit Pfarrerin<br />
Weggel und Pfarrer Wollenweber<br />
aus Peiting ist gut.<br />
Künftig in der frisch renovierten<br />
Dreifaltigkeitskirche, Blumenstr. 5,<br />
in Schongau?<br />
Ja. Die Elektrik inklusive Lautsprecheranlagen<br />
und Verstärker wurde<br />
neu gemacht. Die Innenwände wur<strong>den</strong><br />
geweißelt. Die Bänke gestrichen,<br />
Fensterscheiben ausgewechselt.<br />
Die Glockenjoche erneuert und<br />
und und... Neu sind auch Altar,<br />
Lesepult und Taufbecken. Leider<br />
ist die Renovierung der Orgel noch<br />
nicht abgeschlossen. Insgesamt hat<br />
das Projekt 450 000 Euro gekostet.<br />
Ein Drittel hat die Landeskirche aus<br />
Kirchensteuermitteln bezahlt, ein<br />
Drittel kam aus unseren Rücklagen,<br />
und ein Drittel haben wir von der<br />
Stadt Schongau und umliegen<strong>den</strong><br />
Gemein<strong>den</strong> sowie über Spen<strong>den</strong>sammlung<br />
bekommen.<br />
Zufrie<strong>den</strong> mit dem Endergebnis?<br />
Absolut. Den Leuten gefällt es,<br />
obwohl das neue Taufbecken, das<br />
neue Lesepult und der neue Altar<br />
<strong>für</strong> manche noch gewöhnungsbedürftig<br />
sind.<br />
Umso trauriger, dass aufgrund Corona<br />
vieles nicht in gewohnter Manier<br />
stattfin<strong>den</strong> kann. Was hat sich<br />
seit Beginn der Pandemie <strong>für</strong> Ihre<br />
Kirchengemeinde verändert?<br />
Wir haben die Homepage vollständig<br />
überarbeitet, Online-Gottesdienste<br />
aufgenommen, Predigten<br />
zum Nachlesen ins Netz gestellt,<br />
einen neuen Newsletter erstellt,<br />
<strong>für</strong> unsere Senioren Briefe geschrieben,<br />
wir konnten eine Kolumne<br />
in der Tageszeitung durchsetzen,<br />
und immerhin trotzdem<br />
noch Gottesdienste abhalten, jedoch<br />
mit wesentlich weniger Leuten<br />
in der Kirche. Insofern warten<br />
wir sehnlichst darauf, uns wieder<br />
vollumfänglich treffen zu können.<br />
Und dann steht ja im Frühjahr noch<br />
die Renovierung des Gemeindehauses<br />
an?<br />
Es wird barrierefrei gemacht. Die<br />
Jugendräume wer<strong>den</strong> saniert und<br />
eine Freifläche wird geschaffen.<br />
Kann das beliebte Zeltlager auf der<br />
Staffelseeinsel „Libi“ heuer stattfin<strong>den</strong>?<br />
Der Ausfall vergangenes Jahr war<br />
ein großes Drama <strong>für</strong> Organisatoren,<br />
Jugendliche und Kinder. Dieses<br />
Jahr wurde ein neues Konzept<br />
<strong>für</strong> wesentlich weniger Teilnehmer<br />
erarbeitet – zwölf Kinder pro Kirchengemeinde.<br />
Ob es tatsächlich<br />
stattfin<strong>den</strong> kann, wissen wir noch<br />
nicht, hoffen aber sehr.<br />
Wie wichtig ist Ihnen Kinder- und<br />
Jugendarbeit generell?<br />
Sehr wichtig. Ich habe selber in<br />
Freising damals Heimat in der Kirchengemeinde<br />
gefun<strong>den</strong>. Und bin<br />
dankbar, dass meine Kinder das<br />
auch erfahren durften, wie bereichernd<br />
es ist, in einer lebendigen<br />
Gemeinschaft aufzuwachsen und<br />
zu reifen.<br />
Sie besitzen auch ein Familienhaus<br />
bei Rettenberg im Allgäu?<br />
Mein Zufluchtsort, mein Hobby,<br />
meine Heimat. Als Pfarrer zuhause<br />
Urlaub machen, wenn man direkt<br />
neben der Kirche wohnt, geht nur<br />
schwer. Umso wertvoller ist es, von<br />
Sonntagabend bis Dienstag ins Allgäu<br />
fahren zu können. Dort habe<br />
ich in zwei Tagen so viel Erholung<br />
wie andere nach vier Wochen Mallorca.<br />
Die ehemalige Alm liegt abseits<br />
auf einem Hochplateau, mit<br />
Sonne von früh bis spät. Und eignet<br />
sich ideal als Ausgangspunkt<br />
zum Skifahren und Wandern. Im<br />
Moment dürfen wir leider wegen<br />
Corona nicht vermieten.<br />
Haben Sie weitere Hobbys, um vom<br />
stressigen Alltag abschalten zu<br />
können?<br />
Mein Leben ist voll, aber sehr abwechslungsreich,<br />
und die Begegnung<br />
mit interessanten Menschen<br />
gibt mir Kraft. Als Pfarrer, als Pfarrerin<br />
hat man die Freiheiten eines<br />
Künstlers und Freiberuflers, andererseits<br />
auch die Vorzüge eines<br />
Beamten. Ein toller Beruf. Deshalb<br />
erlebe ich mein Leben meist nicht<br />
als stressig.<br />
Diese Zufrie<strong>den</strong>heit strahlen Sie<br />
auch aus. Doch wo sehen Sie die<br />
Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde<br />
in zehn Jahren?<br />
Sie wird weiterhin anerkannt sein<br />
als solidarische und verlässliche<br />
Gesprächspartnerin <strong>für</strong> die Bürger<br />
und Bürgerinnen und Kommunen<br />
in der Region. Sie wird Sprachrohr<br />
<strong>für</strong> Benachteiligte sein. Sie wird<br />
weiterhin ein selbstbewusstes und<br />
einla<strong>den</strong>des Bild abgeben, aber<br />
auch nicht überheblich wirken.<br />
Und ich sehe unsere frischrenovierte<br />
Dreifaltigkeitskirche in der<br />
Schongauer Blumenstraße als Mittelpunkt<br />
<strong>für</strong> die Region, in der viele<br />
Menschen gestärkt wer<strong>den</strong> und<br />
eine Heimat fin<strong>den</strong>.<br />
js<br />
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