LE-2-2021
LOGISTIK express Journal 2/2021
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LOGISTIK express 2/<strong>2021</strong> | S14<br />
Willibald Kofler: Das spannende an Fashion<br />
ist, dass Erfolg in dieser Branche nicht allein<br />
über Optimierung und Digitalisierung definiert<br />
wird. Mode ist und bleibt auch eine Kunst<br />
– das heißt, wenn österreichische Fashion-<br />
Unternehmen die Trends frühzeitig erkennen,<br />
verstehen und ihr Produktsortiment nach ihnen<br />
ausrichten, können sie weiterhin marktrelevant<br />
bleiben. Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive<br />
gibt es einige wichtige Ansätze, um<br />
Modeunternehmen systematisch fit für die Zukunft<br />
zu machen.<br />
Zur Entwicklung identitätsgerechter und konsumentenorientierter<br />
Unternehmensstrategien<br />
setzen wir bei PwC Strategy& unseren<br />
“Capabilities-driven Strategy”-Ansatz ein.<br />
Wir wenden dieses Konzept branchenübergreifend<br />
an, um Strategien systematisch an<br />
den Kernfähigkeiten des Unternehmens auszurichten.<br />
Auf der Kostenseite kommt unser<br />
bewährtes “Fit for Growth”-Programm zur<br />
Anwendung. Gemeinsam mit unseren Kund-<br />
Innen überprüfen wir dabei die Kostenstrukturen<br />
in allen Funktionsbereichen und nehmen<br />
zielgerichtete Kostensenkungen vor, um ein<br />
starkes und nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen.<br />
HV: „Der klassische Modehandel hat seine<br />
Daseinsberechtigung verloren“ – diese Aussage<br />
stammt von Prof. Dr. Jochen Strähle,<br />
Dekan der Fakultät Textil & Design an der<br />
Hochschule Reutlingen und wurde in der<br />
PwC Fashion-Studie zitiert. Wie stehen Sie zu<br />
dieser Aussage und können Sie diese genauer<br />
erörtern?<br />
Willibald Kofler: Dass der Branche große Veränderungen<br />
bevorstehen, ist eine Tatsache,<br />
die außer Frage steht. Der Modehandel spürt<br />
den Druck am Markt – eine anhaltende Welle<br />
an Konsolidierungen und Insolvenzen ist der<br />
beste Beweis dafür. Beispielsweise ist die Anzahl<br />
der Unternehmen im deutschen Bekleidungseinzelhandel<br />
zwischen 2010 und 2018<br />
um insgesamt 31% zurückgegangen.<br />
Dennoch hat der klassische Modehandel<br />
seine Daseinsberechtigung nicht eingebüßt. Es<br />
gibt sehr wohl einen Platz für stationäre Mode<br />
-Geschäfte am Markt, wenn diese ein innovatives<br />
Einkaufserlebnis und eine kundenzentrierte<br />
Customer Journey bieten können.<br />
Unsere Studie belegt, dass der stationäre Handel<br />
insbesondere dann Zusatznutzen beim<br />
Einkaufen stiftet, wenn Konsumenten positive<br />
Überraschungen erleben, neue Produkte<br />
ausprobieren oder von einem exklusiven<br />
Sortiment profitieren können. Viele Marktteilnehmer<br />
wissen das und ergreifen bereits<br />
entsprechende Maßnahmen wie die Sicherstellung<br />
eines nahtlosen Omnichannel-Einkaufserlebnisses.<br />
HV: Sprechen wir über die ideale Customer<br />
Journey. Wer ist unter den Playern am österreichischen<br />
Markt Omnichannel-Anbieter mit<br />
einer hervorragenden Customer Journey, der<br />
in Ihren Augen ein Paradebeispiel ist?<br />
Willibald Kofler: Die Frage nach dem optimalen<br />
Vertriebskanal ist tatsächlich keine binäre<br />
Entscheidung zwischen digital und stationär.<br />
Omnichannel-Konzepte können die<br />
Vorteile beider Welten verbinden, um der<br />
jeweiligen Zielgruppe eine optimale und zeitgemäße<br />
Customer Journey zu bieten. Viele<br />
bekannte Marktteilnehmer haben sich bereits<br />
unter dem Druck von Digitalisierung und<br />
E-Commerce neu erfunden, ohne auf den<br />
stationären Handel verzichten zu müssen.<br />
Auch am österreichischen Markt gibt es<br />
solche Player, die Offline- und Online-<br />
Lösungen zum Vorteil der Zielgruppe clever<br />
kombinieren:<br />
Bei BestSecret gibt es zum Beispiel ein exklusives<br />
Produktsortiment nur für Mitglieder, sowohl<br />
im Onlineshop als auch in den Flagship<br />
Stores. Humanic bietet einen digitalen Scan<br />
der Fußdimensionen an, um der Kundschaft<br />
bei der Wahl passender Schuhe und Größen<br />
individualisierte Empfehlungen zu geben.<br />
Bei Ace & Tate kann man fünf Brillen online<br />
bestellen, eine davon behalten und sich bei<br />
Reparaturen und anderen Services weiterhin<br />
an das Geschäft vor Ort wenden. Wenn<br />
man über die Grenze zu unseren deutschen<br />
Nachbarn schaut, dann ist Breuninger ein<br />
Paradebeispiel für ein gelungenes Omnichannel-Konzept.<br />
HV: Was raten Sie einem kleinen Modeeinzelhändler<br />
in der Wiener Innenstadt mit weniger<br />
als 5 Angestellten ohne Web-Shop. Kann<br />
dieser in der heutigen Zeit überleben und zu<br />
welchen Maßnahmen raten Sie ihm?