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syndicom magazin Nr. 22

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen. (R)

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<strong>syndicom</strong><br />

<strong>Nr</strong>. <strong>22</strong> März-April 2021<br />

<strong>magazin</strong><br />

Weniger<br />

arbeiten,<br />

mehr<br />

leben!


Gaoussou Diakité, Gynäkologe<br />

Wir liefern keine<br />

Medikamente.<br />

Sondern medizinisches<br />

Fachwissen.<br />

Aktuell mit Coachings von Ärztinnen und<br />

Ärzten in Mosambik. Helfen Sie mit: solidarmed.ch<br />

Zusammenarbeit, die wirkt.


Inhalt<br />

4 Teamporträt<br />

5 Kurz und bündig<br />

6 Die andere Seite<br />

7 Gastautor<br />

8 Dossier: Verkürzung der<br />

Arbeitszeit<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

16 Arbeitswelt<br />

<strong>22</strong> Agenda 2030: Arbeit<br />

19 Mobilisieren in Zeiten<br />

von Covid<br />

25 Recht so!<br />

26 Freizeit<br />

27 1000 Worte<br />

28 Bisch im Bild<br />

30 Aus dem Leben<br />

31 Kreuzworträtsel<br />

32 Inter-aktiv<br />

die Bestrebungen der Gewerkschaften, die<br />

Arbeit zu humanisieren, «Arbeit und Leben»<br />

voneinander zu trennen, sind nicht denkbar<br />

ohne die Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeit.<br />

Um 1850 wurde der Slogan geprägt:<br />

«8 Stunden arbeiten, 8 Stunden schlafen und<br />

8 Stunden Freizeit und Erholung». Noch heute<br />

hat diese Forderung kaum an Aktualität eingebüsst.<br />

Obwohl Forderungen zur Arbeitszeit immer<br />

Teil der gewerkschaftlichen Aufgabe waren,<br />

fielen sie seit den 1990er-Jahren vielfach aus<br />

unserer Agenda, insbesondere angesichts der<br />

grossen Kämpfe um Lohnfragen. Heute sind sie<br />

im Kontext von Digitalisierung und Gleichstellung<br />

wieder relevant, und Ideen zu einer gut<br />

geregelten Flexibilisierung werden entwickelt,<br />

um einen echten Wertewandel einzuleiten.<br />

Mit der Digitalisierung eröffnen sich neue<br />

Möglichkeiten, Arbeit flexibler zu gestalten –<br />

gerade bezüglich Ort und Zeit – und die Arbeitszeit<br />

zu reduzieren. Denn die Arbeit selber wird<br />

durch höhere Produktivität stark verdichtet, in<br />

der gleichen Zeit muss mehr geleistet werden.<br />

Mit unserem Ziel, die Arbeitszeit heute durch<br />

lebensabschnittsgerechte Arbeitszeitmodelle<br />

zu verkürzen, knüpft <strong>syndicom</strong> an die historische<br />

Forderung an, «Arbeit und Leben» zu<br />

trennen. Aktuell beteiligen sich schon mehrere<br />

hundert Kolleg*innen aus den Branchen der<br />

Informations- und Kommunikationstechnologie<br />

an dieser Debatte.<br />

8<br />

<strong>22</strong><br />

30<br />

Giorgio Pardini, Sektorleiter ICT,<br />

Mitglied der Geschäftsleitung


4<br />

Teamporträt<br />

«Die Arbeitszeit ist einfach zu lang,<br />

das muss sich ändern»<br />

Yvan Bianchini (45, links) behebt für<br />

die Swisscom Callcenter-Störungen.<br />

Im Unternehmen arbeitet er seit über<br />

10 Jahren. Als <strong>syndicom</strong>-Mitglied ist er<br />

nicht nur Teil der GAV-Strategie gruppe,<br />

sondern auch Personalvertreter für das<br />

Tessin. Er hat schon viele neue Mitglieder<br />

angeworben. Yvan spricht neben<br />

Italienisch auch perfekt Französisch.<br />

Er lebt und arbeitet in Bellinzona.<br />

Fabienne Roduit (32) arbeitet bei der<br />

Swisscom als Operative Process Managerin<br />

in Sion. Daneben studiert die<br />

Walliserin an der FH Wallis Betriebswissenschaft.<br />

Sie ist seit sechs Jahren<br />

Mitglied von <strong>syndicom</strong> und engagiert<br />

sich in der 24-köpfigen Strategiegruppe,<br />

die die Weiterentwicklung des GAV<br />

Swisscom vorbereitet und begleitet.<br />

Thomas Wälti (49) ist nicht nur Teil der<br />

GAV-Strategiegruppe, sondern auch<br />

Teil des Firmenvorstands Swisscom<br />

Group von <strong>syndicom</strong>, der die Einhaltung<br />

des GAV überwacht. Daneben amtet<br />

Thomas als Vorstand und Finanzverantwortlicher<br />

der <strong>syndicom</strong>-Sektion<br />

Bern. Bei der Swisscom arbeitet er als<br />

ICT Service Manager Datenqualität in<br />

Ittigen.<br />

Text: Basil Weingartner<br />

Bild: Illunauten<br />

Das Personal stösst an<br />

seine Grenzen – mehr<br />

Lohn hilft da nicht<br />

Wir setzen uns für neue Arbeitszeitmodelle<br />

bei der Swisscom ein. Solche<br />

braucht es aus mehreren Gründen.<br />

Bei der Swisscom wurden im<br />

letzten Jahrzehnt viele Prozesse<br />

automa tisiert. Übrig geblieben sind<br />

kom plexe, kopflastige Arbeiten. Das<br />

Korrigieren von Prozessen und das<br />

manuelle Prüfen und Anpassen von<br />

Programmierungen brauchen sehr<br />

hohe Konzentration – den ganzen<br />

Tag, bei schnell wechselnden Aufgaben.<br />

Die Angestellten stossen da an<br />

ihre Grenzen. An dieser Tatsache<br />

würden Lohnerhöhungen wenig ändern.<br />

Eine grundsätzliche Arbeitszeitverkürzung<br />

bei gleichbleibendem<br />

Lohn ist deshalb angebracht.<br />

Dies auch, weil die Produktivität<br />

deutlich gestiegen ist. Doch hier<br />

setzt sich ein langjähriger Trend fort:<br />

Vom zusätzlich erarbeiteten Mehrwert<br />

profitieren fast ausschliesslich<br />

die Aktionäre und das Management.<br />

Das muss sich ändern. Sonst hat<br />

die Swisscom bald noch mehr Mühe,<br />

gutes Personal zu finden.<br />

Wir alle sind Teil der Strategiegruppe<br />

von <strong>syndicom</strong>, die die GAV-<br />

Verhandlungen vorbereitet und<br />

führt. Über Jahre haben wir viele Modelle<br />

angeschaut. Wir haben unsere<br />

Arbeitskolleg*innen zu ihren Bedürfnissen<br />

und Ideen befragt. Es zeigte<br />

sich, dass es für über 50-Jährige neue<br />

Modelle braucht, weil der Druck auf<br />

diese Kolleg*innen besonders hoch<br />

ist. Bei den Jüngeren steht die<br />

Work-Life-Balance im Vordergrund.<br />

Sie brauchen eine Anpassung der Arbeit<br />

an die positiven Veränderungen<br />

im Familienleben. Heute wollen Arbeitnehmende<br />

mehr Zeit in der Familie<br />

verbringen. Auch gibt es immer<br />

mehr Leute, die neben der Arbeit studieren<br />

und mit geeigneten Arbeitsmodellen<br />

entlastet werden können.<br />

Wir sind überzeugt, dass auch die<br />

Swisscom von Arbeitszeitreduktion<br />

und Modellen profitiert, die die Menschen<br />

und ihre Bedürfnisse ins Zentrum<br />

stellen. Angestellte, die privat<br />

genug Zeit für sich haben, sind kreativer<br />

und haben mehr Elan. Wir sind<br />

offen für Gespräche. Wir hoffen, die<br />

Swisscom auch.<br />

Flexiblere Modelle haben viele<br />

Vorteile; doch wir müssen aufpassen.<br />

Denn ohne klare Leitplanken droht<br />

der Druck durch die Flexibilisierungen<br />

noch grösser zu werden.


Kurz und<br />

bündig<br />

Offener Brief gegen Sexismus \ Thema E-ID geht weiter \ Post:<br />

Du bestimmst über deine Überstunden \ Digitaler Stammtisch<br />

der Illus trator*innen \ Neue Regiosekretärin in Zürich \ Hausservice<br />

der Post wird digital \ Neue Webseite der IG Pensionierte<br />

5<br />

Offener Brief der<br />

Tamedia-Journalist*innen<br />

78 Journalist*innen bei TX Group (Ex-Tamedia)<br />

haben einen offenen Brief unterzeichnet,<br />

in dem sie von sexistischen<br />

Aussagen, von einer von Männern geprägten<br />

Betriebskultur und von weiteren<br />

Missständen bei der Mediengruppe berichten.<br />

Um gegen den strukturellen<br />

Sexismus zu kämpfen, fordern sie mehr<br />

Anstand und Respekt, mehr Frauen in<br />

Führungspositionen und ein standardisiertes<br />

Verfahren, um gegen die im offenen<br />

Brief genannte Diskriminierung<br />

vorzugehen. <strong>syndicom</strong> unterstützt den<br />

Kampf und die Forderungen der Unterzeichnerinnen<br />

und verurteilt die im Brief<br />

erwähnten Arbeitsbedingungen.<br />

Abstimmungsergebnis E-ID<br />

Am 7. März durften wir einen wichtigen<br />

und überwältigenden Sieg für einen<br />

starken öffentlichen Dienst feiern: Das<br />

Schweizer Volk hat sich mit einem klaren<br />

NEIN zur privaten E-ID geäussert.<br />

Das Ergebnis bedeutet, dass grosses<br />

Vertrauen in den Staat in Fragen der<br />

Digitalisierung des Service public vorhanden<br />

ist und es ein mangelndes<br />

Vertrauen in private Unternehmen in<br />

Fragen des Datenschutzes gibt. Jetzt<br />

lehnen wir uns aber nicht zurück: Die<br />

Arbeit am Thema E-ID muss weitergehen.<br />

P.S. Wir entschuldigen uns bei der<br />

Republik, dass wir sie im Magazin <strong>Nr</strong>. 21<br />

als eine Quelle zur E-ID-Europa-Karte<br />

auf Seite 15 vergessen haben.<br />

Zeitsouveränität bei der Post<br />

Der neue Gesamtarbeitsvertrag bei der<br />

Post, seit Anfang 2021 gültig, bringt den<br />

Angestellten mehr Selbstbestimmung<br />

im Umgang mit ihren Überstunden.<br />

Neu dürfen die Hälfte der Überstunden<br />

selbst eingeplant und tageweise bezogen<br />

werden. Der GAV schreibt ihnen<br />

dieses Recht zu. So muss jeweils unmittelbar<br />

nach der zweimal jährlich stattfindenden<br />

Saldierung in Absprache mit<br />

dem Team der tageweise Bezug der<br />

Überstunden geplant werden. <strong>syndicom</strong><br />

hat eine Onlinebroschüre, «Du bestimmst<br />

über deine Überstunden»:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/uHQlQ<br />

Digitaler Illustrator*innen-<br />

Stammtisch<br />

Bis zu 59 Personen waren am ersten<br />

Online-Stammtisch der Illustrator*innen<br />

bei <strong>syndicom</strong> eingeschaltet. Trotz<br />

der fehlenden persönlichen Nähe entwickelte<br />

sich rasch ein lebhafter, informativer<br />

Austausch zum Thema «Wie<br />

viel soll ich verlangen?». Auf Grund der<br />

regen Nachfrage ist bereits der nächste<br />

digitale Stammtisch geplant. Das<br />

Thema «Clients from Hell» wird ebenfalls<br />

Stoff für einen spannenden Abend<br />

bieten. Termin: 12. Mai, 17 Uhr. <strong>syndicom</strong>.ch/illustammtisch<br />

Tamara Balzer<br />

Wir freuen uns, Tamara Balzer als neue<br />

Regionalsekretärin im <strong>syndicom</strong>-Team<br />

begrüssen zu dürfen. Tamara Balzer ist<br />

für die Region Zürich und Ostschweiz<br />

zuständig. Ihr hoher Gerechtigkeitssinn<br />

war für sie Motivation, Jura zu studieren,<br />

und hat sie auch zu ihrer gewerkschaftlichen<br />

Arbeit geführt.<br />

Post-Hausservice digital?<br />

Bis Mitte 2021 wird der Hausservice der<br />

Post digitalisiert und es wird nicht<br />

mehr möglich sein, ein Schild an den<br />

Briefkasten zu hängen, um den Postboten<br />

zu rufen. Während dieses Angebot<br />

geschlossene Poststellen ersetzen und<br />

den Zugang zum Postboten für alle ermöglichen<br />

sollte, ist klar, dass der Service<br />

public der Post immer nur komplizierter<br />

wird.<br />

Runderneuerter Webauftritt<br />

der IG Pensionierte<br />

Wie in unserer letzten Ausgabe auf<br />

Seite 30 angekündigt, wurde der Internetauftritt<br />

der Interessengruppe (IG)<br />

Pensionierte überarbeitet und neu gestaltet.<br />

Ihr könnt die Webseite erreichen<br />

unter Pensionierte.<strong>syndicom</strong>.ch.<br />

Alle IG von <strong>syndicom</strong> sind weiterhin<br />

online unter einem Dach zu finden:<br />

ig.<strong>syndicom</strong>.ch.<br />

Agenda<br />

Mai<br />

1.<br />

Tag der Arbeit<br />

Angesichts der zunehmenden Prekarität<br />

vieler Arbeitender wird die gewerkschaftliche<br />

Mobilisierung am 1. Mai absolut<br />

entscheidend sein. Aufgrund der<br />

Hygienemassnahmen werden jedoch<br />

nur lokale Versammlungen genehmigt.<br />

Anmeldung ab demnächst auf deinem<br />

Regiosekretariat oder auf den Webseiten<br />

von <strong>syndicom</strong> und SGB!<br />

3.<br />

Welttag der Pressefreiheit<br />

Mehr denn je muss die Pressefreiheit<br />

verteidigt werden, denn die Internationale<br />

Journalisten-Föderation (IFJ) gab<br />

kürzlich bekannt, dass im Jahr 2020<br />

65 Journalistinnen und Journalisten<br />

im Dienst ihr Leben ver loren haben.<br />

Die Unesco veranstaltet zum 30. Jahrestag<br />

der Windhoek-Erklärung zur<br />

Pressefreiheit eine Konferenz in Namibia:<br />

Bit.ly/2QS85uQ (englisch).<br />

21.<br />

Strike for Future<br />

Initiiert von der Klimastreik-Bewegung,<br />

legt dieser grosse Aktions- und Streiktag<br />

einen weiteren Grundstein für den<br />

langfristigen Wandel hin zu einer nachhaltigen<br />

Gesellschaft, auch für die Zukunft<br />

unserer Arbeitsplätze (siehe<br />

auch Artikel Seite 18). Wir laden euch<br />

ein, euch an lokalen Aktionen zu beteiligen<br />

und dabei die geltenden Schutzmassnahmen<br />

zu beachten.<br />

Mehr Infos: strikeforfuture.ch<br />

Juni<br />

14.<br />

Frauenstreik<br />

In diesem Jahr des 50. Jahrestages<br />

des Frauenwahlrechts ist der Frauenstreik<br />

umso wichtiger. Informationen<br />

zu den verschiedenen Veranstaltungen<br />

und Mobilisierungen werden zu gegebener<br />

Zeit auf der <strong>syndicom</strong>-Website<br />

veröffentlicht. Merkt euch das Datum<br />

vor!<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/agenda


6 Die andere<br />

Monia Vidi ist Chief Human Resources Officer bei localsearch<br />

Seite<br />

(Swisscom Directories). Der neue Gesamtarbeitsvertrag mit<br />

localsearch, der seit 1. Januar 2021 in Kraft ist, bietet fortschrittliche<br />

Arbeitsbedingungen.<br />

1<br />

Wie unterstützt der neue GAV Ihre<br />

Aktivitäten im Zeitalter der digitalen<br />

Transformation?<br />

Der neue GAV bietet unseren Mitarbeitenden<br />

berufliche Sicherheit. Das<br />

ist gerade in unserer schnelllebigen<br />

Branche von grosser Bedeutung und<br />

macht uns attraktiv als Arbeitgeber.<br />

Das kommt allen zugute, denn je besser<br />

sich unsere Mitarbeitenden bei<br />

uns aufgehoben fühlen, desto mehr<br />

Energie und Motivation steht für die<br />

Bewältigung der unternehmerischen<br />

Herausforderungen zur Verfügung.<br />

2<br />

Wie hat localsearch von der Beteiligung<br />

der Mitarbeitenden an den<br />

Diskussionen und der Entwicklung<br />

des GAV profitiert?<br />

Die Mitarbeitenden stehen im Mittelpunkt<br />

des GAV und ihre Beteiligung<br />

war eine wichtige Voraussetzung für<br />

ein besseres Verständnis ihrer Bedürfnisse.<br />

Die Personalvertretung<br />

entwickelte gemeinsam mit den Gewerkschaften<br />

Vorschläge. In den Diskussionen<br />

und Verhandlungen war<br />

die Mitarbeitersicht entscheidend,<br />

um die aufgeworfenen Probleme konkret<br />

und verständlich zu formulieren.<br />

3<br />

Der GAV enthält neue Regelungen im<br />

Zusammenhang mit der Digitalisierung.<br />

Können Sie uns mehr über<br />

diesen Ansatz erzählen?<br />

Die Digitalisierung bringt sowohl<br />

Chancen als auch Risiken mit sich.<br />

Dem wollen wir Rechnung tragen und<br />

das richtige Arbeitsumfeld für eine<br />

bestmögliche Work-Life-Balance<br />

schaffen. Es ist uns wichtig, unseren<br />

Mitarbeitern so viel Freiheit wie möglich<br />

und alle Werkzeuge zu bieten,<br />

die sie brauchen, um ihr Bestes zu geben.<br />

Dazu gehören auch «Lebenslanges<br />

Lernen» und «Remote Work».<br />

4<br />

Um die Entwicklung Ihrer Teams zu<br />

ermöglichen, wird die Weiterbildung<br />

gefördert. Wie konkret?<br />

Weiterbildung geht heute über die<br />

traditionellen Formen hinaus, Lernziele<br />

können selbständig im eigenen<br />

Tempo gesetzt werden. Dieses<br />

«selbstgesteuerte Lernen» kann überall<br />

und zu jeder Zeit stattfinden. Wir<br />

wollen diese Form des Lernens und<br />

die Entwicklung unserer Mitarbeiter<br />

unterstützen. Es ist auch für uns von<br />

Vorteil, denn eine erfolgreiche Organisation<br />

benötigt kompetente Mitarbeitende.<br />

5<br />

In einer Branche, die Mühe hat, Fachkräfte<br />

zu rekrutieren und zu halten,<br />

was bringt Ihnen der GAV?<br />

Ein guter GAV macht uns als Arbeitgeber<br />

attraktiv, denn er zeigt, wie<br />

wichtig uns unsere Mitarbeitenden<br />

sind. Natürlich sind die Anforderungen<br />

bei uns hoch. Aber: Die Balance<br />

ist entscheidend. Wir bieten fortschrittliche,<br />

faire Anstellungsbedingungen<br />

und viele Freiheiten. Im<br />

Gegen zug leisten unsere Mitarbeitenden<br />

vollen Einsatz.<br />

6<br />

Was sind die wichtigsten technologischen<br />

Herausforderungen für localsearch<br />

in den kommenden Jahren?<br />

Die technologische Entwicklung ist<br />

rasant, sie spielt aber voll in unsere<br />

Hände. Sie ermöglicht uns, für unsere<br />

KMU-Kunden neuartige, innovative<br />

Produkte im Bereich des digitalen<br />

Marketings zu konzipieren und auf<br />

den Markt zu bringen. Daneben legen<br />

wir den Fokus auf das Entschlacken<br />

und Automatisieren von Prozessen.<br />

Das hilft uns dabei, weniger fehleranfällig<br />

und gleichzeitig agiler zu sein.<br />

Fragen: Daniel Hügli<br />

Bild: HR-Today/Aniela Lea Schafroth Photography


Gastautor<br />

In einer gut organisierten Gesellschaft<br />

sollten Produktivitätsgewinne, die sich<br />

vor allem aus der Automatisierung und Digitalisierung<br />

der Wirtschaft ergeben, eigentlich zu<br />

kürzeren Arbeitszeiten und höheren Löhnen der<br />

Angestellten im betroffenen Sektor führen.<br />

Stattdessen bringen sie eine Prekarisierung der<br />

Arbeitsplätze und massive Unterbeschäftigung<br />

mit sich, die durch die Covid-19-Pandemie noch<br />

verschärft werden. Die soziale Ungerechtigkeit<br />

wird dadurch weiter verstärkt.<br />

Die Prozesse, die den Reichtum in wenigen<br />

Händen konzentrieren, laufen immer schneller<br />

ab. Gemäss der Weltbank musste 2018 circa<br />

die Hälfte der Weltbevölkerung mit weniger als<br />

5.50 Dollar pro Tag leben. 2020 könnten bis zu<br />

100 Millionen Menschen zusätzlich in extreme<br />

Armut gestürzt sein und gezwungen, mit weniger<br />

als 1.90 Dollar täglich auszukommen.<br />

Das Gesamtvermögen der zehn Reichsten der<br />

Welt hingegen hat sich 2020 gemäss Oxfam auf<br />

1120 Milliarden Dollar fast verdoppelt. Am 20. Juli<br />

2020 ist Jeff Bezos, der 11 Prozent der Amazon-<br />

Aktien besitzt, in einem Tag um 13 Milliarden<br />

Dollar reicher geworden!<br />

Da sich Produktivitätsgewinne stärker in<br />

den Börsenkursen niederschlagen als in mehr<br />

Freizeit und das vermeintliche «Durchsickern»<br />

der Reichtümer nach unten dem Gesetz der<br />

Schwerkraft nicht folgt und sich der Reichtum<br />

an der Spitze der sozialen Pyramide konzentriert<br />

– dann ist dies Ausdruck von einer schwerwiegenden<br />

Fehlfunktion der Gesellschaft.<br />

Eine Gesellschaft, die einen grossen Teil ihrer<br />

Mitglieder ausschliesst und vergisst, dass sie<br />

diese respektvoll behandeln muss, ebnet politischen<br />

oder wirtschaftlichen Führern den Weg,<br />

die in krassem Antagonismus zu den grossen<br />

gesellschaftlichen Herausforderungen und den<br />

Wünschen und Bedürfnissen der Menschen<br />

stehen.<br />

Produktivitätsgewinn<br />

und Freizeit<br />

Marc Chesney ist Professor an der Wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Fakultät der<br />

Universität Zürich und ist Leiter des<br />

Kompetenzzentrums für Sustainable<br />

Finance. Er ist Autor des Buchs «Die<br />

permanente Krise», dessen zweite Auflage<br />

im April 2019 beim Versus Verlag<br />

erschienen ist. Er vertritt einen kritischen<br />

Standpunkt gegenüber dem<br />

Finanz sektor und dessen Casino-Mentalität.<br />

Marc Chesney hat eine Volksinitiative<br />

mitlanciert, welche insbesondere<br />

die Mehrwertsteuer durch eine Mikrosteuer<br />

auf dem bargeldlosen Zahlungsverkehr<br />

ersetzen will.<br />

7


10 Die 4-Tage-Woche holt uns aus der Krise<br />

12 Damit alle Haus- und Care-Arbeit leisten können<br />

13 Unser branchenpolitisches Arbeitsheft für 2021<br />

14 Erste Erfahrungen im Ausland stimmen optimistisch<br />

Dossier 9<br />

Weniger<br />

arbeiten,<br />

besser<br />

leben


10 Dossier<br />

So führt uns die 4-Tage-Woche<br />

aus der Krise – und durch die<br />

beschleunigte Digitalisierung<br />

Unerwartet erleben wir gerade ein Grossexperiment<br />

in Arbeitszeitreduktion.<br />

Wir müssen die Arbeit fair teilen.<br />

Text: Oliver Fahrni<br />

Jacinda Ardern ist keine Politikerin wie andere. Die Premierministerin<br />

Neuseelands führt gerne hart, aber fürsorglich.<br />

Als 2019 ein Neofaschist in zwei Moscheen 51<br />

Betende erschoss, verbot Ardern kurzerhand alle halbautomatischen<br />

Waffen und Sturmgewehre. Und liess die<br />

Schiess prügel landesweit einsammeln.<br />

Covid-19 liess sie erst gar keine Chance. Bilanz nach<br />

einem Jahr Corona: weniger als 100 Tote, das Leben geht<br />

weiter. Was machte den Unterschied? Ardern hat die Neuseeländer*innen<br />

in ihre Politik eingebunden. Während<br />

des Lockdowns setzte sie sich jeden Abend auf ihr Sofa<br />

und sprach mit den fünf Millionen Bewohner*innen<br />

(«mein Team») per Facebook-Live darüber, was nun zu tun<br />

sei. Geradeheraus, ohne Rechtfertigungen oder Panikmache.<br />

Sie hörte Vorschläge und Einwände, beantwortete<br />

Fragen zu Lohnersatz, Fieberkurven und Arbeitslosengeld.<br />

Irgendwann sagte Ardern: «Wir sollten die 4-Tage-<br />

Woche einführen. Bei vollem Lohn. Das würde allen dienen,<br />

und ein zusätzlicher freier Tag könnte unserem Tourismus<br />

und der Gastronomie wieder auf die Beine helfen.»<br />

Milliarden für die Krisengewinnler<br />

Weniger arbeiten, um die Krise zu lösen? Unverhofft hat<br />

uns die «Corona-Krise» ein globales Grossexperiment mit<br />

kürzeren Arbeitszeiten beschert. Die waren lange tabu.<br />

Doch nun werden mancherorts die 30-Stunden-Woche,<br />

der Sechsstundentag oder die 4-Tage-Woche geprüft, da<br />

und dort sogar erprobt (siehe Artikel Seite 14).<br />

Die abrupteste Form von Arbeitszeitverkürzung ist<br />

Kurzarbeit. Sie hat in vielen Ländern den Anstieg der Arbeitslosigkeit<br />

gebremst. Einige Schweizer Konzerne und<br />

ihre Aktionäre sind mit Kurzarbeit und mit den Bundesmilliarden<br />

bestens gefahren. Allein die 30 grössten<br />

Schweizer Firmen schütten jetzt mehr als 39 Milliarden<br />

Franken Dividenden aus – und nochmals viele Milliarden<br />

über Aktienrückkauf-Programme.<br />

Dennoch drängen die Krisengewinnler auf längere Arbeitszeiten.<br />

Die 40-Stunden-Woche ist, abgesehen von wenigen<br />

Branchen, längst ein sinnloses Schreckgespenst.<br />

Im Schnitt arbeiten Vollzeitbeschäftigte heute 20 Stunden<br />

länger pro Jahr als noch 2015. Der Gewerbeverband<br />

fantasiert seit einiger Zeit von der 50-Stunden-Woche als<br />

neuer Norm. Liest man die Verlautbarungen der Arbeitgeber,<br />

soll die Krise nun über verlängerte Arbeitstage, unkontrollierte<br />

Flexibilisierung, Sonntags- und Nachtarbeit<br />

und schrankenlose digitale Heimarbeit bewältigt werden.<br />

Volkswirtschaftlich ist das blanker Unsinn, weil diese<br />

Strategie keine Jobs rettet, sondern viele vernichtet. Und<br />

den Druck auf jene erhöht, die noch Arbeit haben. Doch<br />

die ideologisch verhärtete Position der Arbeitgeber zeigt<br />

an, wo die Fronten in der grossen Auseinandersetzung um<br />

die Schweiz nach der Krise verlaufen. Es lohnt sich, etwas<br />

genauer hinzuschauen.<br />

Die doppelte Krise<br />

Das beginnt mit der «Corona-Krise». Eine irreführende Bezeichnung.<br />

Die Weltwirtschaft trat 2018 in eine neue Phase<br />

heftiger Erschütterungen ein, der Handel brach weg<br />

und 2019 mussten Banken und das Finanzsystem schon<br />

mit Milliarden von Dollar stabilisiert werden. Alles lange<br />

vor Ausbruch der Epidemie.<br />

Doch dann haben Sars-CoV-2, «das Virus der Ungleichheit»,<br />

wie es die Hilfsorganisation Oxfam nennt, die Lockdowns<br />

und die fast 25 000 Milliarden Dollar der Rettungspakete<br />

die Krise und den Umbau des Systems auf Lichtgeschwindigkeit<br />

beschleunigt. Vorab seine zwei dominanten<br />

Tendenzen: Die extreme Konzentration von Vermögen,<br />

Kapital, Einkommen und Chancen in immer weniger<br />

Händen. Und die umfassende Digitalisierung von<br />

Wirtschaft und Gesellschaft.<br />

Was bisher nur schleppend anging und oft kaum mehr<br />

als ein Medien-Gag schien, nimmt nun sehr rasch die<br />

Form von datengetriebenen Geschäftsmodellen an: Die<br />

Digitalisierung wird in den kommenden fünf Jahren unsere<br />

Arbeitswelt, unseren Konsum und unsere Lebensformen<br />

auf den Kopf stellen. Dieser Tage bekommen einige<br />

unter uns einen Vorgeschmack auf diese neue Welt, in<br />

Form von digitaler Heimarbeit rund um die Uhr.<br />

Digital nur mit 4-Tage-Woche<br />

Eigentlich wissen alle Ökonomen von Verstand, dass die<br />

Digitalisierung die starke Verkürzung von Arbeitszeiten<br />

geradezu erzwingt, soll sie nicht in einer sozialen Katastrophe<br />

münden. Der Grund ist simpel: Digitale Arbeit<br />

erhöht die Produktivität der Arbeit scharf. Ökonomisch<br />

gesprochen: Grosse Wertschöpfung bei geringem Ressourceneinsatz.<br />

Das meint vor allem eine Ressource – die<br />

menschliche Arbeit. Nur sie schafft Wert (Geld arbeitet<br />

nicht). Aber mit digitalen Techniken (also der zur Maschine<br />

gewordenen Arbeit von Ingenieuren, Maschinenmechanikern,<br />

Programmiererinnen etc.) lassen sich die<br />

Lohnstückkosten einer Ware oder Dienstleistung entscheidend<br />

senken. Hier trifft die Digitalisierung die<br />

Grundmechanik kapitalistischen Wirtschaftens. Von Anfängen<br />

an ging es darum, die Arbeit so zu organisieren,<br />

dass der Lohn für die Arbeit tiefer war als der Wert der produzierten<br />

Ware. Je höher diese Differenz, desto grösser<br />

am Ende der Gewinn für das Kapital.<br />

Freie Zeit<br />

ist ein<br />

Menschenrecht.


Dafür hat der Industriekapitalismus ein strenges Zeitregime<br />

eingerichtet, dem die menschliche, die gelebte<br />

Zeit mit Zwangsmassnahmen unterworfen wurde. Wir haben<br />

das längst verinnerlicht. Aber wie sehr dieses Zeitregime<br />

auf Zwang baut, zeigte sich dieser Tage, als viele<br />

Menschen in Kurzarbeit oder in Heimarbeit zurück in<br />

eine menschliche Zeit fielen. In ihren «Biorhythmus».<br />

Weil die Arbeit durch Lernprozesse und Automatisierung<br />

immer produktiver wurde, konnten Gewerkschaften<br />

seit 1850 in langen, aufreibenden Kämpfen wachsende<br />

Löhne, soziale Absicherungen und mehr freie Zeit erringen.<br />

Vom 16-Stunden-Tag in der Fabrik zum 12-Stunden-Tag<br />

im Glarner Fabrikgesetz (1864), zum (theoretischen)<br />

8-Stunden-Tag heute. Von der 6½-Tage-Woche zu<br />

fünf Tagen. Von der 58-Stunden-Woche über 48 Stunden<br />

(Generalstreik 1918) zur faktischen 42,5-Stunden-Woche.<br />

Der Weckruf der Frauen<br />

Freie Zeit ist ein Menschenrecht. Weniger Zeit aufs Überleben<br />

zu verwenden, um mehr zu leben, ist kein Spruch<br />

für Work-Life-Seminare, sondern ein uraltes menschliches<br />

Projekt. Der Kern aller utopischen Entwürfe. Erst<br />

wenn die nackte Notwendigkeit gebändigt ist und etwas<br />

Musse eintritt, entsteht Zivilisation. Das <strong>syndicom</strong>-Magazin<br />

hat diese Geschichte der Emanzipation in einem Dossier<br />

im Frühjahr 2018 erzählt.<br />

Doch nachdem 1976 die Initiative für eine 40-Stunden-Woche<br />

gescheitert war, legten die Gewerkschaften<br />

ihre Forderung nach kürzeren Arbeitszeiten vorläufig auf<br />

Eis. Genauer: sie verlegten sie in die GAV-Verhandlungen.<br />

Die meisten Gesamtarbeitsverträge sind heute weit fortschrittlicher<br />

als das Arbeitsgesetz. Der Weckruf kam in<br />

jüngerer Zeit von der Frauenbewegung. Kürzere Arbeitszeiten<br />

für Frauen und Männer sind eine Voraussetzung<br />

für die gerechtere Aufteilung der gesellschaftlich notwendigen<br />

Arbeit (Haushalt, Care, Kindererziehung), die nicht<br />

entlöhnt wird (siehe Artikel S. 12). Und zuletzt meldete<br />

sich auch die Ökologiebewegung: Klimaschutz und der<br />

sorgsame Umgang des Menschen mit sich selbst verlangen<br />

nach einer Entschleunigung.<br />

Problem: Seit Mitte der 1980er-Jahre behielten die Arbeitgeber<br />

Produktivitätsfortschritte zunehmend für sich.<br />

Heute aber entscheidet die kollektive Nutzung der digitalen<br />

Produktivitätsfortschritte über die Zukunft der Gesellschaft.<br />

Denn Wohlstand und sozialer Fortschritt hängen<br />

nicht nur daran, ob es gelingt, die digitale Plattformarbeit<br />

zu regulieren, die Entwicklung eines Massen-Klickproletariats<br />

zu stoppen, die schlimmen Formen von Flexibilisierung<br />

(wie Arbeit auf Abruf) zu verhindern und die Entgrenzung<br />

der Arbeitszeit durch digitale Heimarbeit zu<br />

unterbinden (mit einem Recht auf Abschalten). Dem gesellschaftlichen<br />

Crash entgehen wir nur, wenn die Gewerkschaften<br />

verhindern, dass das Kapital die wachsende<br />

Produktivität in der Zerstörung von Arbeitsplätzen versilbert.<br />

Wir müssen die Arbeit mit Arbeitszeitverkürzungen<br />

besser verteilen.<br />

Das ist eine alte Forderung. Sie ist erprobt. Etwa in<br />

Frankreich. Zwischen 1998 und 2002 führte die Regierung<br />

in Paris die gesetzliche 35-Stunden-Woche ein. Seither bezichtigen<br />

Wirtschaftsjournalisten und Politiker gern die<br />

«35 Stunden» aller Katastrophen. Seit 2002 hat jede französische<br />

Regierung die «35 Stunden» mit neuen Verordnungen<br />

aufgeweicht. Heute zeigen umfassende Studien:<br />

Die Arbeitszeitverkürzung ist besser als ihr Ruf. Sie hat<br />

Frankreich einen Schub gegeben. Vor allem haben die «35<br />

Stunden» tatsächlich viele Arbeitsplätze geschaffen.<br />

Die Gewerkschaften werden die angelaufenen Experimente<br />

jetzt genau beobachten. Denn klar ist: Die Schweiz<br />

braucht einen neuen Gesellschaftsvertrag zwischen Kapital<br />

und Arbeit. Eine flexible 30-Stunden-Woche wäre ein<br />

ziemlich guter Anfang.


12 Dossier<br />

Wenn alle weniger arbeiten würden ...<br />

Die Verkürzung der Arbeitszeit ist auch Teil der<br />

Gleichstellungsdebatte. Wenn die hier notwendigen<br />

politischen Massnahmen utopisch<br />

erscheinen, so offenbart dies vor allem eine<br />

unhaltbare Vorherrschaft der Wirtschaft.<br />

Text: Muriel Raemy<br />

In der Schweiz ist es praktisch unmöglich, Erwerbsarbeit<br />

und Familie unter einen Hut zu bringen. Diese dringende<br />

Frage betrifft den Arbeitsmarkt, aber auch die Gesellschafts-<br />

und Familienpolitik, die Gleichstellung der Geschlechter<br />

und die Chance, das Leben nach eigenen Ideen<br />

zu gestalten. Mögliche Lösungsansätze auf der wirtschaftlichen<br />

Ebene führen zu einer gewerkschaftlichen Forderung,<br />

die am Schnittpunkt der Herausforderungen steht:<br />

Reduktion der Erwerbsarbeit für alle.<br />

Unhaltbare wirtschaftliche Ausbeutung<br />

Weniger zu arbeiten, könnte grosse Kreise ziehen. «Die<br />

Bedürfnisse verändern sich im Lauf des Lebens. Junge Eltern<br />

hätten die Möglichkeit, die Kinder gemeinsam zu betreuen,<br />

andere könnten sich um ihre alten Eltern kümmern»,<br />

sagt Patrizia Mordini, Leiterin Gleichstellung bei<br />

<strong>syndicom</strong>. Der Zugang der Frauen zum Arbeitsmarkt führte<br />

in der Praxis nicht dazu, dass Männer mehr Familienoder<br />

Hausarbeit leisten. Mit kürzerer Arbeitszeit könnten<br />

auch vollzeitarbeitende Männer sich mehr der Care-Arbeit<br />

widmen, die bis heute auf den Frauen lastet.<br />

2020 rechnete die feministische Ökonomin Mascha<br />

Madörin aus, dass von den 8,7 Milliarden Stunden unbezahlter<br />

Arbeit – Kochen, Putzen, Erziehen, Unterstützung<br />

bei den Hausaufgaben, Pflegen, Zuhören, Gärtnern, Einkaufen,<br />

Waschen, Ehrenamt, Bezahlen von Rechnungen<br />

– 5,6 Milliarden Stunden auf die Frauen entfallen. Patrizia<br />

Mordini: «Diese ungleiche Verteilung entspricht einem<br />

Verlust von ca. 80 Milliarden Franken für die Frauen!» Die<br />

Zahlen der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE<br />

2018) zeigen das ganze Ausmass: 61 Prozent der erwerbstätigen<br />

Frauen, aber nur 14 Prozent der erwerbstätigen<br />

Männer gaben an, ihre Arbeitszeit für die Betreuung von<br />

Kindern unter 15 Jahren reduziert zu haben. Dies wirkt<br />

sich direkt aus in Form von tieferen Einkommen und einer<br />

riesigen Lücke in den AHV-Beiträgen der Frauen. Zudem<br />

wenden sich Frauen, wenn sie Mütter werden, häufig<br />

einer Erwerbsarbeit mit weniger Verantwortung zu und<br />

ziehen es vor, ihre Kinder selbst zu betreuen – zu Lasten<br />

ihrer finanziellen Unabhängigkeit.<br />

Die Forderung ist deshalb simpel: Es braucht kürzere<br />

Arbeitszeiten. «Um die schon nachteilige wirtschaftliche<br />

Lage der Frauen nicht noch mehr zu verschlechtern, setzen<br />

wir uns für eine Arbeitszeitverkürzung bei gleichem<br />

Lohn ein», erklärt Patrizia Mordini. Ist das nicht utopisch?<br />

«Utopisch ist für mich, ungeschriebene Gesetze nicht in<br />

Frage zu stellen: Gesetze, wonach eine Frau keinen Zugang<br />

zu Jobs hat, die ihren Kompetenzen entsprechen,<br />

wonach sie für dieselbe Arbeit weniger verdient und,<br />

schlimmer noch, wonach bestimmte unentbehrliche,<br />

«traditionelle Frauenberufe» ganz einfach nicht geschätzt<br />

werden. Sobald die Pflege- und Betreuungsberufe umfassend<br />

anerkannt und gut bezahlt sind, werden sich Männer<br />

dafür interessieren und einsteigen, da bin ich sicher!»<br />

Gewerkschaftliche Forderungen<br />

Die Gewerkschaft <strong>syndicom</strong> nennt keine Zahl als Ziel bei<br />

der Wochenarbeitszeit. «Wir verlangen einen Bewusstseinswandel:<br />

kürzere, planbare und verlässliche Arbeitszeiten,<br />

längere Elternurlaube und externe Kinderbetreuung,<br />

die an eine möglichst lange und flexible Erwerbsarbeit<br />

angepasst ist – ohne dass jedoch Flexibilisierung und<br />

Digitali sierung zu einer neuen Bedrohung für die Balance<br />

zwischen Arbeit und Leben werden.» Ein Gesellschaftsprojekt<br />

fordert Patrizia Mordini also, in welchem der Staat<br />

eine Wirtschaft fördert, die sich an den Bedürfnissen des<br />

realen Lebens orientiert. Mit diesem Projekt im Hinterkopf<br />

setzt sich <strong>syndicom</strong> für die Einführung von an den<br />

jeweiligen Lebensabschnitt angepassten Arbeitszeitmodellen<br />

in den Betrieben ein.


Die Zeit ist nicht der einzige Feind<br />

Neben der Wochenarbeitszeit ist die Gewerkschaft<br />

an weiteren Fronten aktiv. Ein Überblick<br />

zur Lage in den Sektoren von <strong>syndicom</strong>.<br />

Text: Giovanni Valerio<br />

Im Pandemiejahr hat sich die bereits schwierige Lage der<br />

Arbeitnehmenden in der Logistik noch verschlimmert. In<br />

einer jüngsten Umfrage von <strong>syndicom</strong> zeigte sich, dass<br />

63 % der PostMail-Angestellten Mühe haben, Arbeit, Freizeit<br />

und Familie miteinander zu vereinbaren. 54 % der Belegschaft<br />

von PostLogistics geben an, dass der schnelle Arbeitsrhythmus<br />

Folgen für ihre Gesundheit hat. Der Boom<br />

beim Onlinehandel während des Lockdowns und die folgende<br />

Paketflut haben sicherlich Spuren bei den Arbeitsbedingungen<br />

hinterlassen. «Es braucht mehr Personal»,<br />

fordert Matteo Antonini, Zentralsekretär Logistik bei <strong>syndicom</strong>.<br />

«So kann verhindert werden, dass die schwankenden<br />

Volumen die Gesundheit zu stark belasten. Der neue<br />

Gesamtarbeitsvertrag enthält wichtige Bestimmungen,<br />

um die Überstunden zu begrenzen und arbeitsfreie Tage<br />

zu garantieren. Zum Beispiel ist es mit der Bekanntgabe<br />

der Arbeitspläne zwei Wochen im Voraus möglich, zusätzliche<br />

Einsätze abzulehnen, ohne dass dies Folgen hat. Zudem<br />

wird die Einhaltung der Zeitsaldi zweimal jährlich<br />

durch eine Saldierung sichergestellt, und die Hälfte der<br />

Überstunden kann tageweise geplant werden.»<br />

Grafische Industrie:<br />

Eindämmen der Krise mit der 42-Stunden-Woche?<br />

Im Mediensektor hingegen hat die Pandemie die Überstundenproblematik<br />

– Alltag im Journalismus – lediglich<br />

auf später verlagert. Da zahlreiche Verlage Kurzarbeitsentschädigung<br />

erhalten, sind sie bei den Überstunden<br />

sehr vorsichtig, um keine Sanktionen des Seco zu riskieren.<br />

In der grafischen Industrie vermochte die Gewerkschaft<br />

eine Situation zu entschärfen, die sich aufgrund<br />

der seit den 90er-Jahren andauernden Krise in der Branche<br />

noch zu verschlechtern drohte: Nach GAV können die<br />

Arbeitgeber die Arbeitszeit mit schriftlichem Einverständnis<br />

der Personalkommission oder der Angestellten<br />

selbst auf 42 Stunden erhöhen. Im Dreischichtbetrieb bedeutet<br />

dies, dass ein Samstag im Monat zusätzlich gearbeitet<br />

werden muss. 2012 hatte <strong>syndicom</strong> in Bern über<br />

hundert Personen gegen die 42 Stunden als Normalarbeitszeit<br />

mobilisiert. Damit wurde die Erhöhung nicht<br />

vollständig gestoppt. Zumindest aber wird sie nicht überall<br />

angewendet. Allerdings ist festzustellen, dass die Möglichkeit<br />

zur Erhöhung der Arbeitszeit entgegen den Befürchtungen<br />

nicht zu Kündigungen geführt hat.<br />

Swisscom: Flexibilität und Mitwirkung<br />

Flexible Arbeitszeiten. Modelle für eine Teilpensionierung.<br />

Hybridlösungen zwischen Homeoffice und Arbeit<br />

im Betrieb, auch nach der Pandemie. Dies sind einige der<br />

Ideen, die eine erste Reihe von Umfragen bei den Angestellten<br />

von Swisscom ergeben hat. Im Mai werden Workshops<br />

mit den Mitarbeitenden durchgeführt, um die Forderungen<br />

für den neuen GAV zu konkretisieren. Die<br />

Verhandlungen beginnen im Herbst, sodass der GAV 20<strong>22</strong><br />

unterzeichnet werden kann.<br />

Die Voraussetzungen für kürzere Arbeitszeiten sind<br />

gegeben, sagt Daniel Hügli, Zentralsekretär ICT bei <strong>syndicom</strong>:<br />

«Sie beruhen auf drei Punkten: der Motivation des<br />

Personals, die in der Umfrage sichtbar wurde; der Produktivität,<br />

die sich mit der Arbeitszeitverkürzung zeigt; und<br />

einer grösseren Attraktivität von Swisscom auf dem Markt.<br />

Wenn Swisscom junge Talente anziehen will, muss sie<br />

auch hervorragende Arbeitsbedingungen bieten. Flexibilität<br />

und Mitwirkung sind dafür sehr wichtig. So wie das<br />

an die verschiedenen Lebensphasen angepasste flexible<br />

Arbeitszeitmodell, über das wir derzeit diskutieren. Jede<br />

und jeder muss die Wahl haben.»<br />

Aktuelles aus unseren Branchen:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/branchen


14<br />

Dossier<br />

Rund um den Globus wird<br />

experimentiert und realisiert<br />

Immer mehr Unternehmen versuchen es mit<br />

weniger Arbeitsstunden. Die Resultate sind<br />

ermutigend: Die Leute werden produktiver,<br />

sind weniger gestresst und gesünder. Erste<br />

progressive Regierungen wollen Arbeitszeitverkürzung<br />

ins Gesetz schreiben.<br />

Text: Andreas Minder<br />

Eine ist am Skifahren, die Zweite sitzt hoch über einer<br />

Meeresbucht, der Dritte hält einen kapitalen Karpfen in<br />

die Kamera. Auf der Website der Firma Emagnetix, einer<br />

österreichischen Agentur für digitales Marketing, werden<br />

die Mitarbeitenden bei ihren Freizeit- und Ferienaktivitäten<br />

gezeigt. Sie haben reichlich davon. Die Firma hat 2018<br />

die 30-Stunden-Woche eingeführt, bei gleichem Lohn.<br />

«Wir haben kaum mehr neue Mitarbeitende gefunden»,<br />

begründet Geschäftsführer Klaus Hochreiter die Arbeitszeitverkürzung.<br />

Der Schritt hat sich für alle Beteiligten<br />

ausbezahlt. Rekrutierungsprobleme sind Geschichte,<br />

die Firma ist stark gewachsen. Sie beschäftigt heute über<br />

dreissig Mitarbeitende, mehr als doppelt so viele wie vor<br />

der 30-Stunden-Woche. Und denen geht es gut. Eine externe<br />

Evaluation ergab, dass sich über 80 Prozent von ihnen<br />

gesünder fühlen. Zwei Drittel gaben an, ihre Arbeitsbelastung<br />

sei gesunken.<br />

Dass die Rechnung aufgeht, hat gemäss Hochreiter<br />

zwei Hauptgründe. Erstens: Es wurden Kosten eingespart,<br />

indem alles Mögliche digitalisiert und automatisiert wurde<br />

und indem unnötige Sitzungen gestrichen wurden.<br />

Zweitens: Die Mitarbeitenden wurden effizienter. Hochreiter,<br />

der sich selbst auch an die 30 Stunden hält, sagt,<br />

man verzettle sich weniger, wenn man wisse, dass man<br />

weniger Zeit zur Verfügung habe. Zudem sei man – gerade<br />

in der Kreativbranche – sowieso nicht mehr als sechs<br />

Stunden pro Tag produktiv.<br />

Gute Erfahrungen weltweit<br />

Emagnetix ist kein Einzelfall. Auf der ganzen Welt experimentieren<br />

unterschiedlichste Unternehmen mit Arbeitszeitverkürzungen.<br />

Die neuseeländische Treuhandgesellschaft<br />

Perpetual Guardian zum Beispiel führte 2018 für<br />

ihre rund 250 Mitarbeitenden die 4-Tage-Woche ein. Auch<br />

bei vollem Gehalt, auch mit Erfolg: Die Produktivität ist<br />

gestiegen, der Stress gesunken, die Work-Life-Balance<br />

ausgeglichener. In Japan gab Microsoft seinen 2300 Angestellten<br />

einen Monat lang jeden Freitag frei. Resultat: Die<br />

Leute waren motivierter und ihre Produktivität stieg um<br />

40 Prozent. Die Liste liesse sich beliebig erweitern.<br />

Bei so viel guten Erfahrungen fragt es sich, weshalb weniger<br />

Arbeitsstunden nicht längst die Regel sind. Eine<br />

Antwort liefert möglicherweise ein weiterer, viel zitierter<br />

Versuch: In einem städtischen Altersheim in Göteborg<br />

wurde 2015 der 6-Stunden-Tag eingeführt. Mit vergleichbarer<br />

Wirkung: Auch hier fühlte sich das Personal fitter,<br />

aufmerksamer und gelassener. Trotzdem wurde das Experiment<br />

nicht weitergeführt, auch wegen der Kosten: Es<br />

hatten zusätzliche Pflegende eingestellt werden müssen,<br />

was als zu teuer befunden wurde. Im Gegensatz zu den erfolgreichen<br />

Beispielen waren die Produktivitätsfortschritte<br />

weniger gross, und sie hatten sich nicht in der Kasse,<br />

sondern «nur» in besserer Pflegequalität manifestiert.<br />

Dies – und der traditionelle Widerstand von Arbeitgebern<br />

– dürfte es Arbeitszeitverkürzungen in einigen Betrieben<br />

schwer machen, allen positiven Effekten zum Trotz.<br />

Linke Regierungen gehen voran<br />

Aktuell gibt es in mehreren Ländern Vorstösse, die Arbeitszeit<br />

von staatlicher Seite zu reduzieren. Im Herbst<br />

2020 erwägt die linke Regierung in Spanien die Einführung<br />

einer 4-Tage-Woche. Ein dreijähriges Pilotprojekt,<br />

das zusammen mit den Gewerkschaften entwickelt wurde,<br />

ist jetzt auf dem Weg. In Finnland erarbeitet die Mitte-links-Koalition<br />

Pläne für eine Arbeitszeitreduktion.<br />

Und wiederum in Neuseeland ermuntert Regierungschefin<br />

Jacinda Ardern die Arbeitgeber zur 4-Tage-Woche (siehe<br />

Seite 10). Sie bringt zusätzlich die coronabedingte Krise<br />

des Tourismus ins Spiel: Mit mehr Freizeit könnten die<br />

Menschen mehr Ferien machen – zur Freude von Hotels,<br />

Restaurants und Transportbetrieben. Wann können wir<br />

das in der Schweiz auch?<br />

Einblick in die Debatte in Deutschland bei Ver.di:<br />

Bit.ly/2PsuNsx<br />

Fotostrecke<br />

Das Konzept unseres Fotografen Olivier Vogelsang arbeitet<br />

mit einer Doppelbelichtungstechnik und erschafft damit<br />

einen kontemplativen Blick auf unser Verhältnis zur Arbeitszeit.<br />

Mit dem Begriff der Zeit, definiert durch den Himmel<br />

von der Morgendämmerung bis zur Abenddämmerung, ist<br />

hier die Arbeitszeit verbunden, die durch die Berufe unserer<br />

Branchen in Aktion dargestellt wird.<br />

Olivier Vogelsang ist seit fast 30 Jahren engagierter Reporter-Fotograf<br />

und arbeitet für die Schweizer und internationale<br />

Presse sowie für Organisationen. Er hat über zahlreiche<br />

Kriegsgebiete berichtet und war Zeuge des durch Bürgerkriege<br />

verursachten Leids. Als Autor mehrerer Bücher wurde<br />

er mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Swiss Press Award.<br />

Wer mehr über seine Arbeit erfahren will, besucht seine Website:<br />

Disvoir.net


Arbeitszeit<br />

Stimmt es, dass wir in der Schweiz im Vergleich mit unseren<br />

Nachbarn viel arbeiten? Ein genauerer Blick auf die Statistiken<br />

zeigt, dass es nur bedingt stimmt. Ebenfalls erstaunlich: Wir<br />

leisten mehr unbezahlte als bezahlte Arbeit und weltweit<br />

betrachtet arbeiten Menschen in ärmeren Regionen mehr als<br />

Menschen in wohlhabenderen Regionen.<br />

Wir leisten mehr unbezahlte als bezahlte Arbeit<br />

9,245<br />

Milliarden<br />

Stunden unbezahlte Arbeit (Haus-,<br />

Familien- und Freiwilligenarbeit)<br />

7,929<br />

Milliarden<br />

von allen Erwerbstätigen<br />

geleistete Stunden<br />

Quelle: Quelle: BFS – Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE), Schweizerische Lohnstrukturerhebung<br />

(LSE), Zahlen für 2019<br />

Fortschritt sieht anders aus<br />

Die betriebsübliche Arbeitszeit stagniert in der Schweiz seit 20 Jahren.<br />

46<br />

45<br />

44<br />

43<br />

42<br />

41<br />

Viele Schweizer*innen weichen der Vollzeitstelle mit<br />

langen Arbeitszeiten aus<br />

Tatsächliche Wochenarbeitszeit pro Erwerbstätige*n in Stunden für 2018.<br />

40<br />

1973<br />

1975<br />

1980<br />

1985<br />

1990<br />

1995<br />

Quelle: BFS – Statistik der betriebsüblichen Arbeitszeiten (BUA)<br />

2000<br />

2005<br />

2010<br />

2015<br />

2019<br />

nur Vollzeitangestellte<br />

Schweiz<br />

Grossbritannien<br />

gesamte Bevölkerung<br />

Wie viel wir arbeiten, hängt von unserem<br />

Erwerbsstatus ab<br />

Tatsächliche Wochenarbeitszeit der Vollzeiterwerbstätige*n in Stunden,<br />

in der Schweiz für 2018.<br />

Griechenland<br />

Männer<br />

Frauen<br />

Deutschland<br />

Österreich<br />

Spanien<br />

Italien<br />

Frankreich<br />

0 5 10 15 20 25 30 35<br />

40 45<br />

Selbständigerwerbende<br />

51.9<br />

48.5<br />

Arbeitnehmende in eigener Firma<br />

48.7<br />

45.9<br />

Arbeitnehmende<br />

41.3 40.2<br />

Lernende (im Betrieb)<br />

29.9<br />

28.7<br />

Quelle: Eurostat<br />

Quelle: BFS – Arbeitsvolumenstatistik (AVOL)<br />

Ungesund lange Arbeitszeiten weltweit<br />

Anteil der arbeitstätigen Bevölkerung, die mehr als 48 Stunden pro Woche arbeitet in Prozent. Die internationale<br />

Arbeitsorganisation (engl: ILO) legt die Grenze für überlange und ungesunde Wochenarbeitszeiten bei 48 Stunden fest.<br />

Europa und Zentralasien<br />

10,8 %<br />

10,5 %<br />

Entwicklungsländer<br />

Industrieländer<br />

Total<br />

40,5 %<br />

36,1 %<br />

21,7 %<br />

15,9 %<br />

Amerika<br />

19,3 %<br />

10,3 %<br />

Afrika<br />

32,8 %<br />

Arabische<br />

Staaten<br />

43,6 %<br />

47,2 %<br />

Asien und Pazifik<br />

23 %<br />

45,8 %<br />

15,3 %<br />

Global<br />

Quelle: ILO (2018): Future of work research paper «Working time and the future of work»


16<br />

Eine bessere<br />

Arbeitswelt<br />

Nein zur verlängerten Ladenöffnung und zum<br />

Sonntagsshoppen. Bern und Zug lehnten klar ab,<br />

dass das Verkaufspersonal die Krise bezahlt.<br />

Was bedeutet es, wenn ich als Konsumentin<br />

an zwei Sonntagen im Jahr zusätzlich<br />

die Möglichkeit habe einzukaufen?<br />

Für die Verkäuferin und den<br />

Verkäufer einen Tag weniger mit Familie,<br />

Freundinnen und Freunden.<br />

Denn wer glaubt, die Sonntagsruhe sei<br />

ein Relikt aus christlichem Brauchtum,<br />

irrt. Vielmehr ist es ein gemeinsamer<br />

freier Tag, um zur Ruhe zu kommen<br />

und Privatleben und Arbeit neu<br />

auszubalancieren. Auch ein Irrglaube:<br />

Mehr Arbeitsplätze durch längere Öffnungszeiten.<br />

In der Realität wird die<br />

Personaldecke weiter ausgedünnt und<br />

der Druck auf Löhne und Arbeitszeiten<br />

erhöht. Und das in einer mehrheitlichen<br />

Frauen-Branche. Genau jene<br />

Bevölkerungsgruppe, die ohnehin<br />

schon massiven Benachteiligungen<br />

im Erwerbsleben ausgesetzt ist. Ein<br />

aktuelles Beispiel: Bei der Kleiderkette<br />

H & M werden junge Mütter nach<br />

dem Mutterschaftsurlaub entlassen,<br />

weil sie nicht an Wochenenden oder<br />

zu Randzeiten arbeiten können.<br />

Das Arbeitsgesetz bietet im Detailhandel<br />

den Arbeitnehmenden keinen<br />

ausreichenden Schutz. Die Behauptung,<br />

die Ausdehnung der Öffnungszeiten<br />

sei eine Win-win-Situation für<br />

Arbeitnehmende und Kund*innen, ist<br />

unter den realen Bedingungen<br />

schlicht falsch. Ganz abgesehen davon,<br />

dass kleine Betriebe sich längere<br />

Öffnungen vielfach nicht leisten können<br />

und so von grossen Ketten weiter<br />

unter Zugzwang gesetzt werden.<br />

Wie weit diese Liberalisierungstendenzen<br />

gehen, sehen wir auch an<br />

der Corona-Politik der Bürgerlichen.<br />

Die Wirtschaftskommission des Ständerats<br />

hat auf einen Antrag der Bürgerlichen<br />

hin entschieden, das Verlustgeschäft<br />

im Detailhandel sei<br />

durch mehr Sonntagsarbeit aufzuholen.<br />

Durch solche Regelungen bezahlt<br />

das Verkaufspersonal die Krise. Das<br />

ist inakzeptabel.<br />

Dieser fragwürdigen Kostenabwälzung<br />

sind Ständerat und Nationalrat<br />

am Ende nicht gefolgt. Denn solche Liberalisierungen<br />

haben nichts mit einer<br />

modernen und fairen Arbeitswelt<br />

zu tun. Das hat auch die Stimmbevölkerung<br />

der Kantone Bern und Zug verstanden.<br />

Mit der klaren Ablehnung<br />

zeigt sie sich solidarisch mit den Verkäufer*innen<br />

und unbeeindruckt vom<br />

Liberalisierungsdruck der Bürgerlichen.<br />

Lena Allenspach<br />

Viele kleine Geschäfte – wie die Berner LibRomania – sind gegen die Sonntagsöffnung. (© Alexandre Egger)<br />

Der SGB zur Entscheidung der Räte:<br />

Bit.ly/31rBkqa


«Es gibt keinen erkennbaren Grund, warum die Frauen für die<br />

gleiche Arbeit weniger verdienen.» Patrizia Mordini<br />

17<br />

Gewerkschaften unterstützen<br />

Aktionstag fürs Klima<br />

Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen uns alle, auch am<br />

Arbeitsplatz. <strong>syndicom</strong> und unsere Schwestergewerkschaften<br />

unterstützen deshalb den Aktionstag der «Strike for Future»-<br />

Bewegung am 21. Mai 2021.<br />

Völlig klar: Auf einem toten Planeten gibt es keine Arbeit. (© Ver.di)<br />

Modelle der ETH Zürich und der Universität<br />

Bern sagen voraus, dass es<br />

2060 bis zu 3,3 Grad wärmer sein wird<br />

als 2010. Starke Stürme im Winter,<br />

Hitzewellen und Dürreperioden im<br />

Sommer nehmen weiter zu. Selbst<br />

wenn weltweit der Klimaschutz konsequent<br />

verfolgt wird und die CO2-Emissionen<br />

kontinuierlich sinken, wird es<br />

wärmer bei mehr Wetterextremen.<br />

Diese Veränderung wird die tägliche<br />

Arbeit von uns allen beeinflussen.<br />

Zwei Beispiele: Wer in Buchläden oder<br />

Postfilialen arbeitet, wird zunehmend<br />

in überhitzten Innenstädten Kundschaft<br />

bedienen müssen. Brief- und<br />

Paketbotinnen und Netzelektriker<br />

werden immer öfter Winterstürmen<br />

und Hitzewellen ausgesetzt sein.<br />

Gute Arbeit bei Extremwetter?<br />

Um die schlimmsten Folgen einzudämmen,<br />

muss rasch gehandelt werden.<br />

Gerade weil es uns am Arbeitsplatz<br />

betrifft, ist dies in unserem<br />

Interesse als Arbeitnehmende. In einer<br />

möglichen Klimakatastrophe wird<br />

gute Arbeit schwierig zu finden sein.<br />

Die internationale Gewerkschaftsbewegung<br />

hat den Slogan «Auf einem toten<br />

Planeten gibt es keine Arbeit» geprägt.<br />

Das stimmt auch in der Schweiz.<br />

Service public für das Klima<br />

Inhaltlich stehen für <strong>syndicom</strong> drei<br />

Punkte im Zentrum. Erstens ist für<br />

uns klar, dass der Service public eine<br />

zentrale Rolle in der Bekämpfung des<br />

CO2-Ausstosses spielt. Zweitens muss<br />

die Bekämpfung des Klimawandels<br />

sozialverträglich sein: Sie darf nicht<br />

auf Kosten der Arbeitnehmenden gehen.<br />

Drittens steht der Arbeitsschutz<br />

im Zentrum, denn steigende Temperaturen<br />

bedrohen die Gesundheit vieler<br />

Arbeitnehmender.<br />

Wir sind am Aktionstag dabei<br />

Deshalb hat <strong>syndicom</strong> die Unterstützung<br />

des «Strike for Future»-Aktionstages<br />

am 21. Mai 2021 beschlossen.<br />

Wir rufen alle unsere Mitglieder zur<br />

Beteiligung an lokalen Aktionen auf<br />

(soweit die Pandemiesituation dies<br />

zulässt). An diesem bunten Aktionstag<br />

wollen wir die Kämpfe der Klima- und<br />

der Arbeiter*innenbewegung verbinden.<br />

Denn letztlich geht es bei beiden<br />

Bewegungen darum, dass wir auch in<br />

Zukunft gut leben können – und der<br />

Klimawandel bedroht dieses Ziel.<br />

Um das Schlimmste zu verhindern,<br />

müssen wir heute handeln. In der<br />

nahen Zukunft werden wir uns immer<br />

mehr mit dem Klimawandel beschäftigen<br />

müssen. Am 21. Mai beginnen<br />

wir damit und zeigen, dass der Klimawandel<br />

auch uns Arbeitnehmende<br />

betrifft – und starten den Kampf für<br />

eine gerechtere Zukunft auch in<br />

Klima fragen.<br />

Dominik Fitze<br />

Das Programm für den 21. Mai:<br />

StrikeForFuture.ch<br />

Alarmstufe Rot:<br />

Lohnungleichheit<br />

angestiegen!<br />

Patrizia Mordini, Leiterin Gleichstellung,<br />

Mitglied der Geschäftsleitung<br />

Kürzlich meldete das Bundesamt für<br />

Statistik (BFS) das alarmierende Ergebnis<br />

der neusten Analyse zur Lohnungleichheit:<br />

zwischen 2014 und 2018<br />

hat die Lohndiskriminierung nicht<br />

ab-, sondern zugenommen! 2018 verdienten<br />

Frauen in der Gesamtwirtschaft<br />

(privater und öffentlicher Sektor)<br />

19 Prozent weniger als Männer<br />

(2016: 18,3 %; 2014: 18,1 %). Im privaten<br />

Sektor betrug die Differenz gar<br />

19,6 %, mit grossen Unterschieden in<br />

den Branchen: im Gastgewerbe 8,1 %,<br />

im Detailhandel 17,7 %, in der Maschinenindustrie<br />

21,7 % oder im Kreditund<br />

Versicherungsgewerbe 33,4 %.<br />

Diese Lohndiskriminierung ist<br />

teilweise auf Faktoren wie das Bildungsniveau,<br />

die Dienstjahre oder die<br />

Ausübung einer Führungsfunktion<br />

zurückzuführen, und sie wird grösser,<br />

je höher in der Hierarchie. Und: in der<br />

Hälfte der Fälle gibt es für sie keinen<br />

erklärbaren Grund! Keinen erkennbaren<br />

Grund, weshalb Frauen für die<br />

gleiche Arbeit weniger verdienten.<br />

Es ist höchste Zeit. Firmen müssen<br />

Lohnanalysen durchführen und Lohndifferenzen<br />

rasch abbauen. Seit Juni<br />

2020 besteht für Firmen mit über 100<br />

Mitarbeitenden dazu eine gesetzliche<br />

Pflicht. In der Verfassung ist die<br />

Lohngleichheit jedoch schon seit<br />

1981 verankert. Wird nicht endlich<br />

ernsthaft und konsequent gehandelt,<br />

droht die unfaire, verfassungswidrige<br />

Lohnungleichheit immer weiter anzusteigen.


18 Arbeitswelt<br />

«Facebook soll bezahlen – allerdings nicht an die Verlage,<br />

sondern an die Journalist*innen.» Stephanie Vonarburg<br />

Teilen kostet.<br />

Facebook zahlt womöglich künftig für journalistische Inhalte auf<br />

seiner Plattform. Der Druck der australischen Regierung auf den<br />

Online-Konzern dürfte weltweite Auswirkungen haben – auch<br />

für die Schweiz. Rettet das die Medien?<br />

Mit einem neuen Gesetz hatte die australische<br />

Regierung Online-Plattformen<br />

wie Facebook und Google zwingen<br />

wollen, für das Publizieren von<br />

Medienartikeln zu bezahlen. Darauf<br />

reagierte Facebook und sperrte in einer<br />

vorauseilenden Aktion kurzerhand<br />

alle Inhalte austra lischer Medien<br />

– weltweit erstmalig.<br />

Wenige Tage später krebste die<br />

australische Regierung zurück und<br />

verkündete, das Gesetz mildern zu<br />

wollen, während Facebook im Gegenzug<br />

gelobte, in Partnerschaften mit<br />

Verlagen zu investieren. In den USA<br />

und Grossbritannien geschieht dies<br />

bereits mit «Facebook News».<br />

Erhalten auch die Schweizer Medien<br />

künftig Geld von Facebook? Das ist<br />

die grosse Frage, die sich spätestens<br />

seit dem Skandal in Australien alle<br />

stellen.<br />

Gegenseitige Abhängigkeit zwischen<br />

klassischen und sozialen Medien<br />

Das Grundproblem ist altbekannt:<br />

Online-Plattformen profitieren von<br />

den Inhalten der Medien, da sich viele<br />

Menschen vorwiegend über solche<br />

Seiten informieren. Die Medien wiederum<br />

sind auf die Verbreitung ihrer<br />

Inhalte über Social Media oder Suchmaschinen<br />

angewiesen, um ihre<br />

Reichweite zu vergrössern – und so höhere<br />

Werbeeinnahmen zu erzielen.<br />

Ironischerweise sind es gerade Facebook<br />

und Google, die dafür sorgen,<br />

dass die Werbung von den Medien weg<br />

zu den Online-Plattformen wandert.<br />

Ein Dilemma.<br />

Deshalb wollte die australische Regierung<br />

Druck machen. Google zeigte<br />

sich kooperativer als Facebook und<br />

will mit dem Programm «Showcase»<br />

ebenfalls für Medieninhalte bezahlen.<br />

Global herrscht nervöses Interesse<br />

Alle Länder beobachten diese Entwicklungen<br />

genau. Auch in Kanada<br />

wird ein ähnliches Mediengesetz diskutiert.<br />

In der Europäischen Union<br />

dreht sich die Frage rund um die Umsetzung<br />

des neuen europäischen Urheberrechts.<br />

Und in der Schweiz? Hier kam das<br />

Thema bereits mit der Urheberrechtsrevision<br />

2019 auf den Tisch, schaffte<br />

es jedoch nicht in die Vorlage. Das Parlament<br />

gab an, zuerst schauen zu wollen,<br />

wie die EU handeln würde.<br />

Es kommt auch darauf an, wer<br />

von den Geldern profitiert<br />

Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin<br />

von <strong>syndicom</strong> und Leiterin des<br />

Sektors Medien, ist jedenfalls der<br />

Meinung, dass Facebook & Co für Medieninhalte<br />

bezahlen sollten. «Allerdings<br />

sollte diese Abgabe in einen<br />

gemein samen journalistischen Fördertopf<br />

wandern und der ganzen Branche<br />

zugutekommen.»<br />

Schliesslich hätten nicht alle Medien<br />

die gleichen Möglichkeiten, um<br />

mit internationalen Konzernen zu verhandeln.<br />

«Wichtig ist zudem, dass das<br />

Geld nicht die Verlage, sondern die<br />

Medienschaffenden selbst unterstützt.»<br />

Eva Hirschi<br />

Die Selbstbedienung an Pressetexten durch die digitalen Plattformen muss aufhören. (© iStock)<br />

Artikel auf Netzpolitik.org zum Thema:<br />

Bit.ly/3rupTIZ<br />

Weiterbildung<br />

für die Arbeitswelt der<br />

Zukunft<br />

Dominik Fitze,<br />

Zentralsekretär Jugend bei <strong>syndicom</strong><br />

Die Digitalisierung verändert unsere<br />

Jobs, unsere Berufswelt laufend. Was<br />

junge Leute heute in der Lehre lernen,<br />

kann in 10 Jahren schon überholt<br />

sein. Gleichzeitig sind die Karrieren<br />

weniger gerade. Immer mehr Menschen<br />

arbeiten nicht im gelernten Beruf,<br />

immer mehr studieren.<br />

In diesem Umfeld wird Weiterbildung<br />

gerade für die jungen Kolleg*innen<br />

wichtiger. Eine Umfrage vom Februar<br />

unter Mitgliedern unter 35 zeigt,<br />

dass nur knapp die Hälfte in den letzten<br />

zwei Jahren eine Weiterbildung<br />

absolviert haben. Die wichtigsten<br />

Gründe dafür sind mangelnde finanzielle<br />

und zeitliche Ressourcen sowie<br />

mangelnde Informationen, welche<br />

Weiterbildungen sinnvoll wären.<br />

Gegen mangelnde Ressourcen gehen<br />

wir seit langem vor. Unsere GAV<br />

sind wegweisend: Bei Swisscom dürfen<br />

alle jährlich 5 Arbeitstage für Weiterbildung<br />

verwenden. Für die grafische<br />

Industrie führen wir mit Helias<br />

sogar ein eigenes Weiterbildungsinsti<br />

tut, aus GAV-Vollzugsbeiträgen finanziert<br />

und für Mitglieder unter GAV<br />

gratis. Der Einsatz für Weiterbildung<br />

gehört zur <strong>syndicom</strong>-DNA.<br />

Gegen das Problem der mangelnden<br />

Information müssen wir noch einiges<br />

tun. Es gilt Wege zu finden, unseren<br />

Mitgliedern sinnvolle Beratung<br />

zukommen zu lassen. Die aktuelle<br />

Umfrage zeigt, dass junge Mitglieder<br />

diese gerne von uns erhalten würden.<br />

Daran müssen wir arbeiten.


«Amazon darf nicht zum Vorbild für die Überwachung und<br />

Kontrolle von Angestellten werden.» Daniel Hügli<br />

19<br />

Im Fulfillment ist Amazon (noch) nicht in der Schweiz tätig. <strong>syndicom</strong> strebt einen branchenweiten GAV an,<br />

der die Arbeitsbedingungen hierzulande enorm verbessern wird. (© Shutterstock)<br />

Der globale Kampf um bessere<br />

Arbeitsbedingungen<br />

Im Fulfillment – also der Auftragsabwicklung für Drittfirmen –<br />

verdient der US-Konzern Amazon Milliarden. Derweil schuften<br />

die Mitarbeitenden für wenig Geld. In der Schweiz verbessert ein<br />

von <strong>syndicom</strong> ausgehandelter erster GAV die Arbeitsbedingungen<br />

in der Fulfillment-Branche.<br />

Das Vermögen von Jeff Bezos, dem<br />

Gründer und Miteigentümer des Amazon-Konzerns,<br />

wuchs allein seit Beginn<br />

der Pandemie um umgerechnet<br />

70 Milliarden Franken. Nicht von diesem<br />

Geschäftserfolg profitieren die<br />

Amazon-Angestellten, die in den vielen<br />

Verteilzentren des Versandhändlers<br />

die eigentliche Arbeit machen.<br />

Weltweit leiden sie unter Tiefstlöhnen<br />

und miserablen Arbeitsbedingungen.<br />

Neuigkeiten aus Alabama<br />

Gleichzeitig tut der US-Konzern alles,<br />

um eine gewerkschaftliche Organisierung<br />

zu verhindern. Bis anhin mit Erfolg.<br />

Doch nun stimmt die 5800-köpfige<br />

Belegschaft des US-amerikanischen<br />

Verteilzentrums in Bessemer, Alabama,<br />

über den Anschluss an eine Gewerkschaft<br />

ab, bei Redaktionsschluss<br />

war die Auszählung noch im Gang.<br />

Im Kampf für bessere Arbeitsbedingungen<br />

im digitalisierten Kapitalismus<br />

sei dieses Verdikt ein globaler<br />

Richtungsentscheid, sagt Daniel<br />

Hügli, Zentralsekretär Sektor ICT bei<br />

<strong>syndicom</strong>. Amazon sei Vorreiter einer<br />

Entwicklung, welche die Grenzen bei<br />

der Überwachung und Kontrolle der<br />

Mitarbeitenden immer weiter verschiebt.<br />

«Es muss verhindert werden,<br />

dass andere Unternehmen und Branchen<br />

dem Beispiel folgen.»<br />

In der Schweiz lange komplett<br />

unreguliert<br />

Ein grosser Teil des 2020 erzielten<br />

Wachstums von Amazon stammt aus<br />

dem Bereich Fulfillment. Das bedeutet,<br />

der Konzern übernimmt für Drittanbieter<br />

auf seiner Plattform die Abwicklung<br />

des Versands an die<br />

Endkund*innen. Amazon dominiert<br />

diesen Bereich global, ist in der<br />

Schweiz bisher aber grundsätzlich<br />

nicht tätig.<br />

Doch das Fulfillment ist auch in<br />

der Schweiz ein wachsendes Geschäft,<br />

das vor allem auch Arbeitsplätze für<br />

Personal mit niedrigerer Qualifikation<br />

schafft. Die Schweizer Fulfillment-<br />

Branche war lange Zeit komplett unreguliert.<br />

Die Folge: keine Mindestlöhne<br />

und Arbeitsbedingungen auf der Basis<br />

des gesetzlichen Minimums.<br />

Das änderte sich 2019, als <strong>syndicom</strong><br />

mit dem Schweizer Marktführer,<br />

der MS Direct AG, einen Gesamtarbeitsvertrag<br />

ausgehandelt hat. Dieser<br />

verschafft den Angestellten Mitsprache-<br />

und der Gewerkschaft <strong>syndicom</strong><br />

Mitbestimmungsrechte.<br />

Endlich bessere Arbeitsbedingungen<br />

mit dem GAV<br />

Dank des Gesamtarbeitsvertrags gibt<br />

es auch Mindestlöhne und verbesserte<br />

Arbeitsbedingungen. Letztere seien<br />

auch in der Schweizer Fulfillment-<br />

Branche hart – aber nicht vergleichbar<br />

mit jenen bei Amazon, sagt Hügli.<br />

«Wegen des pandemiebedingten<br />

Booms des Versandhandels ist die Belastung<br />

des Personals weiter gestiegen.»<br />

<strong>syndicom</strong> will den GAV deshalb auf<br />

die gesamte Branche der Dienstleister<br />

ausdehnen. Der globale Kampf um<br />

bessere Arbeitsbedingungen im Fulfillment<br />

wird nicht nur in Alabama,<br />

sondern auch in Muttenz, Lausanne<br />

und Chiasso entschieden.<br />

Basil Weingartner<br />

Mach mit bei der Petition von Amnesty International<br />

an Jeff Bezos: Bit.ly/3fu4nC1


20 Arbeitswelt<br />

«Es wird Zeit, die Paketbranche zu regulieren, wo noch viele<br />

Probleme gelöst werden müssen.» Urs Zbinden<br />

Lohnkürzung bei Quickmail? Das<br />

Gesetz gilt auch in Corona-Zeiten<br />

Gezwungen, ihre kollektive Arbeit per Videokonferenz zu organisieren,<br />

haben das Quickmail-Personal und <strong>syndicom</strong> bewiesen,<br />

dass man Aktionen gegen missbräuchlichen Lohnkürzungen<br />

auch online führen und gewinnen kann.<br />

Es war ein Team-Meeting, das die Mitarbeitenden<br />

von Quickmail in der Administration<br />

nicht so schnell vergessen<br />

werden. Ende Januar wurden sie<br />

vor die Tatsache gestellt, dass ihr Lohn<br />

um 5 Prozent gekürzt werde. Zwar<br />

handle es sich dabei nur um eine temporäre<br />

Massnahme, so die Geschäftsleitung,<br />

doch ein Ende der Massnahme<br />

wurde nicht definiert.<br />

Und im Übrigen erfolge die Lohnkürzung<br />

rückwirkend auf Anfang Januar,<br />

sei also vom Lohn bereits abgezogen,<br />

der demnächst ausbezahlt<br />

werde. Der Grund für diese drastische<br />

Massnahme sei der schlechte Geschäftsgang.<br />

Schlecht oder erfolgreich, was nun?<br />

Rechtlich gesehen kann ein Arbeitsvertrag<br />

auf zwei Arten abgeändert werden:<br />

Entweder sind beide Parteien mit<br />

der Änderung einverstanden, oder es<br />

muss eine Änderungskündigung<br />

durchgeführt werden. Quickmail wollte<br />

mit seinem Vorgehen den ersten<br />

Weg beschreiten, was in der Belegschaft<br />

auf Empörung stiess. Die Pressemitteilung<br />

von Anfang Februar, die<br />

von einem «erfolgreichen 2020» mit<br />

Quickmail stellt adressierte Sendungen wie<br />

Kataloge und Kundenzeitschriften zu. (© Pixabay)<br />

Umsatzwachstum sprach, goss weiteres<br />

Öl ins Feuer.<br />

Betriebsversammlung in<br />

Corona-Zeiten<br />

Vor diesem Hintergrund meldeten<br />

sich Mitarbeitende von Quickmail bei<br />

<strong>syndicom</strong>. Unter normalen Umständen<br />

würde eine Betriebsversammlung<br />

einberufen, an welcher man das weitere<br />

Vorgehen bespricht. Doch die Massnahmen<br />

zur Eindämmung der<br />

Covid-Pandemie liessen keine Versammlungen<br />

zu, und zudem waren<br />

alle im Homeoffice. Das stellte die<br />

Quickmail-Mitarbeitenden und <strong>syndicom</strong><br />

vor die Frage, wie man sich in Zeiten<br />

von Homeoffice kollektiv organisieren<br />

kann (siehe dazu auch Artikel<br />

Seite 24).<br />

Anstatt die Versammlungen physisch<br />

durchzuführen, fanden diese<br />

mittels Videokonferenzen statt. Mit<br />

diesem Vorgehen konnten Forderungen<br />

aufgestellt und das Mandat zu<br />

Verhandlungen konnte abgeholt werden.<br />

Die Belegschaft forderte die Einhaltung<br />

der gesetzlichen Bestimmungen,<br />

was Änderungskündigungen und<br />

damit die Rückzahlung der bereits<br />

durchgeführten Lohnabzüge zur Folge<br />

hätte.<br />

Doch noch Verhandlungen<br />

Mit diesem Mandat forderte <strong>syndicom</strong><br />

von Quickmail Verhandlungen über<br />

die getroffenen Massnahmen. Quickmail<br />

liess sich auf die Verhandlungen<br />

ein und krebste von seinem Vorgehen<br />

zurück. Wer mit der Massnahme nicht<br />

einverstanden war, erhielt eine Änderungskündigung<br />

und die bereits abgezogenen<br />

Löhne wurden rückerstattet.<br />

Der intensive Monat Februar bei<br />

Quickmail hat gezeigt, dass auch in<br />

Zeiten von Homeoffice kollektive Organisierung<br />

möglich ist.<br />

Urs Zbinden<br />

Zur Branche bei <strong>syndicom</strong>:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/branchen/logistik/kepmail<br />

KEP-Dienste: Sogar der<br />

Bundesrat will bessere<br />

Arbeitsbedingungen!<br />

Urs Zbinden ist Fachsekretär Logistik im Berner<br />

Zentralsekretariat<br />

Die Branche der Kurier-, Express- und<br />

Paketdienste KEP boomt. Es ist nicht<br />

erst dem pandemiebedingten Lockdown<br />

geschuldet, dass das Volumen<br />

der Pakete auch bei den privaten Postdienstleistern<br />

stetig ansteigt. Doch<br />

wer das Gespräch mit den Zusteller*innen<br />

sucht und sich mit ihnen<br />

über die Arbeitsbedingungen unterhält,<br />

dem wird schnell klar, dass es in<br />

dieser Branche noch viele Probleme<br />

zu lösen gilt. Insbesondere die Mitarbeitenden<br />

von Subunternehmen klagen<br />

über viele Pakete, lange Arbeitstage,<br />

unangekündigte Lohnabzüge und<br />

tiefe Löhne. Mit dieser Botschaft gelangen<br />

sie immer wieder an die Öffentlichkeit,<br />

wie vor einigen Wochen<br />

im «Kassensturz».<br />

Bereits im Herbst 2019 hatte <strong>syndicom</strong><br />

den alten Gesamtarbeitsvertrag<br />

der KEP-und-Mail-Branche vorsorglich<br />

gekündigt, da es für diese Probleme<br />

keine genügenden Regelungen<br />

gab. Die vorsorgliche Kündigung hatte<br />

zum Zweck, die Parteien an den Verhandlungstisch<br />

zu bringen. Leider<br />

war die Arbeitgeberseite zu Verhandlungen<br />

nicht bereit, was zum Auslaufen<br />

des Vertrages führte. Doch selbst<br />

der Bundesrat sieht mittlerweile<br />

Handlungsbedarf.<br />

Auf eine Frage im National rat zu<br />

den Arbeitsverhältnissen in der Paketbranche<br />

sprach er sich anfangs März<br />

dafür aus, dass sich die Sozialpartner<br />

auf einheitliche Regelungen in einem<br />

allgemeinverbindlichen Branchen-<br />

GAV einigen sollen. Es wird Zeit, dass<br />

die Paketbranche reguliert wird, damit<br />

sich die Arbeitsbedingungen der<br />

Zusteller*innen verbessern!


«Statt stereotyper Kosmetik ‹für Frauen› braucht es<br />

attraktive Arbeits bedingungen für alle.» Miriam Berger<br />

21<br />

Solidarität verändert die<br />

Arbeitswelt<br />

«Stoppt den permanenten Leistungsdruck und stellt endlich<br />

mehr Personal ein!»: Mit dieser Petition haben sich die Paketzusteller*innen<br />

in Frauenfeld erfolgreich Gehör verschafft. Eine<br />

optimistische, lehrreiche Geschichte auch für andere Teams.<br />

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache:<br />

121 von 180 Zusteller*innen haben<br />

im November 20 die Petition<br />

«Stoppt den permanenten Leistungsdruck<br />

und stellt endlich mehr Personal<br />

ein» in Frauenfeld unterschrieben.<br />

Dieser Zusammenhalt zeigt: Man<br />

kann sich gemeinsam wehren, trotz<br />

der Pandemie und trotz der Ängste der<br />

Mitarbeitenden.<br />

Die Zusteller*innen in Frauenfeld<br />

haben bewiesen, dass man gemeinsam<br />

mit der Gewerkschaft stark sein<br />

kann. Denn es kam in der Folge zu<br />

enormen Verbesserungen am Arbeitsplatz.<br />

ca. 20 temporäre Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter eingestellt. Die Temporären<br />

waren zunächst als Unterstützung<br />

für die Weihnachtszeit eingeplant.<br />

Fortlaufend wird auch jetzt<br />

neues Personal rekrutiert.<br />

Dank zurück:<br />

Es war auch euer Engagement!<br />

Sehr viele Zusteller*innen haben sich<br />

überglücklich bei uns gemeldet und<br />

sich für das Engagement von uns bedankt.<br />

Doch es war nicht nur unser Engagement,<br />

sondern hauptsächlich das<br />

der Mitarbeitenden. Herzlichen Dank<br />

für das Vertrauen in uns.<br />

Mit den zahlreichen Unterschriften<br />

und der gestiegenen Mitgliederzahl<br />

der Zusteller und Zustellerinnen<br />

hat die Gewerkschaft <strong>syndicom</strong> das<br />

Mandat erhalten, auch in Zukunft mit<br />

ihnen für besserer Arbeitsbedingungen<br />

zu kämpfen. Ihr seid die Gewerkschaft<br />

im Betrieb, und nur zusammen<br />

können wir eure Situation verbessern.<br />

Azra Ganic, Regionalsekretärin<br />

Die Arbeit von <strong>syndicom</strong> bei PostLogistics:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/branchen/logistik/pl-ag<br />

Zusätzliches Personal schon<br />

zwei Wochen nach der Petition<br />

Die Leitung ist nun um eine schnelle<br />

Umsetzung der Forderungen bemüht.<br />

Dies spüren die Mitarbeiter*innen in<br />

ihrer täglichen Arbeit. Die Sekunden-<br />

Sollwerte pro Päckli bestehen zwar<br />

noch, doch der Druck, sie zu erreichen,<br />

wird in diesem Ausnahmezustand<br />

sistiert.<br />

Die Paketbasis in Frauenfeld hat<br />

nach der Übergabe der Petition innerhalb<br />

von zwei Wochen ca. 30 neue und<br />

Action vor dem Paketzentrum Frauenfeld: Gemeinsam haben wir es geschafft. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

Den digitalen Wandel<br />

weiblich gestalten<br />

Miriam Berger,<br />

Zentralsekretärin ICT<br />

Der Frauenanteil in der IT ist bekanntlich<br />

tief. Aber braucht es überhaupt<br />

eine gute Geschlechtermischung? Ja.<br />

Denn in der Branche herrscht Fachkräftemangel,<br />

durchmischte Teams<br />

sind empirisch bestätigt erfolgreicher,<br />

weibliche Vorbilder ziehen andere<br />

weibliche Vorbilder an und die<br />

Personen, die die Algorithmen programmieren,<br />

beeinflussen, wie sich<br />

intelligente Systeme entscheiden –<br />

und bestimmen so mit, wie sich die digitale<br />

Welt entwickelt. Um zu vermeiden,<br />

dass nur eine Mehrheitsgruppe<br />

denkt und argumentiert, hilft es, wenn<br />

die Diversität unter den Entwickelnden<br />

erhöht wird. «Männerberufe» sind<br />

zudem besser entlöhnt. Das trägt zum<br />

Gender-Pension-Gap bei: Frauenrenten<br />

sind immer noch einen Drittel<br />

kleiner als die der Männer.<br />

Um die Branche für Frauen attraktiver<br />

zu gestalten, reicht es offensichtlich<br />

nicht, einmal jährlich die Website<br />

pink einzufärben. Statt stereotyper<br />

Kosmetik müssen die Arbeitsbedingungen<br />

für alle attraktiv gestaltet werden:<br />

die Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf ist wichtig. Auch hier geht<br />

es um die Verkürzung der Arbeitszeit.<br />

Nicht nur, um Frauen zu überzeugen,<br />

in der IT Fuss zu fassen, sondern damit<br />

auch Männer unbezahlte Familienarbeit<br />

leisten können. Damit dies<br />

kollektiv garantiert werden kann,<br />

braucht es Gesamtarbeitsverträge in<br />

der Branche, welche die Arbeitsbedingungen<br />

modern gestalten.<br />

Dreisprachige Broschüre «Digitalisierung<br />

und Geschlecht» von der EKF: Bit.ly/31xiTkf


<strong>22</strong> Politik<br />

Rettet die 4-Tage-Woche<br />

unseren Planeten?<br />

Weltweit fordern Initiativen<br />

eine Reduktion der Arbeitszeit,<br />

um das Klima zu schützen.<br />

Weniger Arbeit bei gleichem<br />

Lohn reduziert Stress,<br />

verbessert Gesundheit und<br />

Wohlbefinden. Leistet es<br />

auch einen Beitrag zur<br />

Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele?<br />

Text: Eva Schmassmann*<br />

Bild: Keystone SDA<br />

Spanien startet ein Pilotprojekt, um<br />

mit der 4-Tage-Woche die Gesundheit<br />

zu verbessern, die Umwelt zu<br />

schützen und die Produktivität zu<br />

steigern. Der Klima-Aktionsplan der<br />

Klimastreikenden fordert eine Wochenarbeitszeit<br />

von 24 Stunden verteilt<br />

auf vier Tage.<br />

Die Realität in der Schweiz ist<br />

derzeit ziemlich anders: die wöchentliche<br />

Normalarbeitszeit liegt<br />

bei 42 Stunden. Damit führt die<br />

Schweiz zusammen mit Island die<br />

europäische Rangliste für die höchsten<br />

Arbeitszeiten an.<br />

Jährlich werden rund 8 Milliarden<br />

Arbeitsstunden geleistet. 85 %<br />

der erwerbstätigen Männer leisten<br />

ein Vollzeitpensum, bei den Frauen<br />

sind 60 % in Teilzeit angestellt. Frauen<br />

übernehmen den grössten Teil<br />

der unbezahlten Pflege- und Hausarbeit.<br />

In Teilzeit haben sie wesentlich<br />

schlechtere Chancen, in Führungspositionen<br />

aufzurücken.<br />

Im Job-Stress-Index 2020 geben<br />

drei von 10 Erwerbstätigen an, nicht<br />

über ausreichend Ressourcen zu<br />

verfügen, um den Belastungen im<br />

Job zu begegnen. Arbeitsbezogener<br />

Stress kostet Arbeitgebende rund<br />

7,6 Milliarden Franken pro Jahr.<br />

Bessere Gesundheit und<br />

Wohlbefinden<br />

Verschiedene Studien mit Pflegefachkräften<br />

und Sozialarbeitenden<br />

zeigen auf, dass eine Reduktion der<br />

Tagesarbeitszeit bei gleichem Lohn<br />

zu weniger Stress, besserem Schlaf<br />

und allgemein zu besserer Gesundheit<br />

und Wohlbefinden führt. Die<br />

Abwesenheiten infolge Krankheit<br />

nehmen ab. In Berufen mit sehr langen<br />

und/oder flexiblen Arbeitszeiten<br />

kann eine verkürzte Arbeitszeit<br />

einen positiven Effekt auf Gesundheit<br />

und Wohlbefinden haben. Ausschlaggebend<br />

ist, ob die Arbeitszeiten<br />

und die Dauer selbst bestimmt<br />

werden können. Weniger Arbeit<br />

trägt dann zu besserer Work-Life-<br />

Balance bei, wenn sie den Ansprüchen<br />

nach Selbstbestimmung und<br />

Flexibilität der Mitarbeitenden<br />

nachkommt und nicht eine einseitige<br />

Flexibilisierung zugunsten der<br />

Arbeitgebenden ermöglicht.<br />

Kürzere Arbeitszeiten verringern<br />

den Treibhausgasausstoss<br />

Bereits 2006 zeigte eine erste Studie,<br />

dass längere Arbeitszeiten im<br />

Durchschnitt zu höheren Emissionen<br />

führen. Eine Reduktion der Arbeitszeit<br />

um 10 % würde demnach<br />

unseren CO2-Fussabdruck um<br />

14,6 % reduzieren.


Schon 2006 zeigte eine Studie, dass längere Arbeitszeiten im Durchschnitt zu<br />

höheren Emissionen führen. Eine Reduktion der Arbeitszeit um 10 % würde unseren<br />

CO2-Fussabdruck um 14,6 % reduzieren.<br />

23<br />

Dieser Effekt lässt sich mit verschiedenen<br />

Faktoren erklären: Menschen<br />

haben mehr Zeit, um selber<br />

zu kochen, Wege zu Fuss oder per<br />

Velo zurückzulegen oder Konsumgüter<br />

zu reparieren. Es verkürzen<br />

sich die Pendelzeiten, die Effizienz<br />

in der Produktion wird gesteigert,<br />

und der konsumbasierte Fussabdruck<br />

verkleinert sich. Wenn die<br />

Arbeitszeit reduktion mit höherem<br />

Wohlbefinden einhergeht, entfallen<br />

auch «Kompensationskäufe», um<br />

durch Konsum kurzfristige Befriedigung<br />

zu erhalten.<br />

Allerdings hängt der Klimaeffekt<br />

einer Arbeitszeitreduktion stark<br />

von den Aktivitäten ab, die wir in<br />

der neu gewonnenen Zeit ausüben.<br />

Erfahrungen aus Frankreich stimmen<br />

hier optimistisch: Das Land<br />

führte zur Jahrtausendwende die<br />

35-Stunden-Woche ein. In den folgenden<br />

Jahren zeigte sich, dass die<br />

Menschen die neu gewonnene Zeit<br />

in ressourcenschonende Aktivitäten<br />

investieren: Familie, Entspannung,<br />

Sport und ehrenamtliche Tätigkeiten<br />

führten die Liste an. Energieintensive<br />

Aktivitäten wie Reisen<br />

oder Konsum folgten erst auf den<br />

hinteren Plätzen.<br />

Von uns als angenehm empfundene<br />

Aktivitäten sind also oft nicht<br />

energieintensiv. Wenn wir die gesparte<br />

Arbeitszeit in Musik, Kultur<br />

oder Sport investieren, Beziehungen<br />

oder den Garten pflegen, der Spiritualität<br />

mehr Raum geben, steigern<br />

wir unser Wohlbefinden und leisten<br />

einen Beitrag für Umwelt und Klima<br />

*Eva Schmassmann ist Geschäftsführerin<br />

und Koordinatorin<br />

der Plattform Agenda<br />

2030, ein Netzwerk von über<br />

50 Organisationen aus den<br />

Bereichen Umwelt, Entwicklung,<br />

Menschenrechte, nachhaltiges<br />

Wirtschaften, Gender,<br />

Frieden, Wohnen und Arbeiten.<br />

Das Netzwerk setzt sich für<br />

die Umsetzung der UN-Agenda<br />

2030 in der Schweiz ein.<br />

– vorausgesetzt, die Anfahrt lässt<br />

sich klima schonend organisieren.<br />

Mehr Arbeit für alle?<br />

Eine verkürzte Arbeitszeit kann<br />

auch dazu beitragen, die Arbeit gerechter<br />

zwischen Burnout-gefährdeten<br />

Vollzeitarbeitenden und Unterbeschäftigten<br />

oder Arbeitslosen<br />

aufzuteilen.<br />

Doch wer soll die Kosten der<br />

Arbeitszeitreduktion bezahlen? Aus<br />

Gründen der sozialen Gerechtigkeit<br />

darf die Arbeitszeitreduktion für die<br />

tiefen Einkommen nicht mit einer<br />

Lohneinbusse einhergehen. Bei den<br />

hohen Einkommen hingegen kann<br />

eine Einbusse einen zusätzlichen<br />

Klimaeffekt fördern. Ab einer gewissen<br />

Einkommensschwelle trägt ein<br />

zusätzliches Einkommen nicht weiter<br />

zur Steigerung des Wohlbefindens<br />

und der Lebensqualität bei,<br />

vergrössert aber den Treibhausgas-<br />

Fuss abdruck.<br />

Arbeitszeitreduktion als triple win?<br />

Allein mit Arbeitszeitverkürzung<br />

lässt sich unser Planet nicht retten.<br />

Allerdings bietet sie wichtige Hebel,<br />

um diverse positive Effekte zu generieren:<br />

im Sozialen (Gesundheit,<br />

Wohlbefinden), Klima und Umwelt<br />

(vorausgesetzt, die neu gewonnene<br />

Freizeit wird ressourcenschonend<br />

genutzt) und in der Wirtschaft (gerechtere<br />

Verteilung der Arbeit).<br />

Weitere Massnahmen sind jedoch<br />

gefragt: so werden wir nicht um eine<br />

Verschiebung der Arbeitsplätze in<br />

nachhaltige Bereiche herumkommen.<br />

Arbeitsplätze mit grossem<br />

ökologischem Fussabdruck müssen<br />

abgebaut werden. Dafür brauchen<br />

wir zusätzliche Jobs in arbeitsintensiven<br />

und ressourcenschonenden<br />

Bereichen: in der Pflege, in der Bildung,<br />

der Kultur oder der biologischen<br />

Landwirtschaft.<br />

In der Gestaltung dieses Übergangs<br />

werden fraglos auch die Gewerkschaften<br />

eine gewichtige Rolle<br />

spielen müssen!<br />

Die Webseite der Plattform Agenda 2030:<br />

plattformagenda2030.ch<br />

Weniger<br />

arbeiten für<br />

nachhaltigere<br />

Entwicklung<br />

Die UN-Agenda 2030 für nachhaltige<br />

Entwicklung wurde 2015 von allen<br />

Staaten der Welt verabschiedet.<br />

Die Länder haben sich darin auf die<br />

Zukunftsvision einer Welt in Frieden<br />

geeinigt, in der niemand Hunger<br />

leiden muss, die Ökosysteme an<br />

Land und im Wasser geschützt sind<br />

und Konsum und Produktion die<br />

planetaren Grenzen nicht überschreiten.<br />

Die Agenda setzt insgesamt<br />

17 Ziele, die Sustainable<br />

Development Goals (SDG), um diese<br />

Zukunftsvision zu verwirklichen.<br />

Damit eine Arbeitszeitreduktion<br />

zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele<br />

der Agenda 2030 beiträgt,<br />

muss sie einen positiven Effekt auf<br />

sozialer, ökologischer und ökonomischer<br />

Ebene erzielen.<br />

Im Zusammenhang mit Arbeit<br />

nimmt die Agenda 2030 die «Decent<br />

Work Agenda» der Internationalen<br />

Arbeitsorganisation ILO auf. SDG 8<br />

setzt das Ziel einer produktiven<br />

Vollbeschäftigung und menschenwürdigen<br />

Arbeit für alle. SDG 3 will<br />

ein gesundes Leben für alle Menschen<br />

gewährleisten. Unbezahlte<br />

Pflege- und Hausarbeit soll gerechter<br />

zwischen den Geschlechtern verteilt<br />

werden; die volle und wirksame<br />

Teilhabe von Frauen und ihre Chancengleichheit<br />

bei der Übernahme<br />

von Führungsrollen soll sichergestellt<br />

werden (SDG 5). Ausserdem<br />

soll Armut beendet (SDG 1), Ungleichheit<br />

reduziert (SDG 10), Biodiversität<br />

geschützt (SDG 14 und 15)<br />

und die Pariser Klimaziele sollen erreicht<br />

werden (SDG 13). (es)


24 Politik<br />

Gemeinsam kommen<br />

wir aus der Krise<br />

Hunderttausende Frauen<br />

gingen im Juni 2019 zum<br />

Frauenstreik auf die Strasse.<br />

Tausende Arbeitnehmende<br />

gehen jeden Herbst an die<br />

Lohn-Demonstrationen. Seit<br />

einem Jahr ist dies aufgrund<br />

der epidemiologischen Lage<br />

nicht mehr erlaubt. Es stellt<br />

Gewerkschaften auf die Probe:<br />

Wie geht Mobilisierung<br />

zu Corona-Zeiten?<br />

Text: Lena Allenspach<br />

Bild: <strong>syndicom</strong><br />

Die Gewerkschaft <strong>syndicom</strong> lebt von<br />

kollektiven Erfolgen, von Versammlungen<br />

und dem Austausch – vom<br />

Zusammenstehen, das derzeit physisch<br />

unmöglich ist. Auch in den Betrieben<br />

hat die Pandemie das Leben<br />

auf den Kopf gestellt. Die Pausenräume<br />

sind leer, zwei Meter Abstand<br />

– die einen sind im Homeoffice,<br />

die anderen nach wie vor draussen<br />

unter wegs. Die Pandemie wirkt sich<br />

je nach Branche unterschiedlich auf<br />

die Arbeit aus, aber sie hat das Leben<br />

aller Arbeitnehmenden auf den<br />

Kopf gestellt. Und damit auch die<br />

gewerkschaftspolitische Arbeit.<br />

Seit 2020 können wichtige<br />

Events für die Arbeiter*innenbewegung<br />

nicht in gewohnter Form stattfinden.<br />

Die Bündelung der Kräfte in<br />

den Organisationen, die für mehr<br />

Gleichstellung, mehr Solidarität<br />

und mehr Zeit im Leben kämpfen,<br />

kann nur bedingt geschehen. Das<br />

Versammeln und Reden auf den<br />

Strassen und Plätzen muss ins Netz<br />

verschoben werden. Anlässlich des<br />

1. Mai haben wir Gewerkschaften<br />

Diskussionsrunden zu unseren Themen<br />

online durchgeführt. In der<br />

Woche des Frauenstreiks 2020 haben<br />

die Referent*innen online zur<br />

Gleichstellung gesprochen. Die Anliegen<br />

werden nicht weniger wichtig,<br />

nur weil das Format der Diskussion<br />

sich temporär ändern muss.<br />

1. Mai im Wohnzimmer?<br />

Doch wesentliche Teile können<br />

durch solche Formate nicht abgedeckt<br />

werden: Der gesellschaftliche<br />

Zusammenhalt, aber auch die<br />

Schlagkraft von Aktionen und Demonstrationen<br />

leiden unter der<br />

Vereinze lung an den Monitoren.<br />

Es ist deshalb klar, dass nach dieser<br />

Pandemie auch der gewerkschaftspolitische<br />

Kampf wieder auf der<br />

Strasse und in den Betrieben stattfinden<br />

muss.<br />

Aktive und kreative Mitglieder<br />

Eine schlagkräftige Organisation<br />

lebt von der Stärke ihrer Basis. So<br />

auch eine Gewerkschaft. Dies kam<br />

im letzten Jahr besonders zum Ausdruck.<br />

Denn die Branchenpolitik<br />

darf besonders in einer Krise wie<br />

der jetzigen nicht pausieren. Viele<br />

Verbesserungen für Arbeitnehmende,<br />

die in der Pandemie massivem<br />

Druck ausgesetzt sind, konnten erreicht<br />

werden. Vom Paketboten bis<br />

zur Mitarbeiterin in der Flugsicherung.<br />

Dies nicht zuletzt, weil sich<br />

unsere Mitglieder aktiv daran beteiligt<br />

haben. Sie haben Problemen gemeinsam<br />

mit uns Sichtbarkeit verliehen,<br />

Lösungen ausgearbeitet und<br />

weitergetragen.<br />

Sogar Neues ist in einem Jahr<br />

Pandemie gewachsen: eine Gruppe<br />

von Illustrator*innen hat sich zusammengeschlossen<br />

und sich unter<br />

dem <strong>syndicom</strong>-Dach als Gewerkschaft<br />

der Illustrator*innen neu gegründet.<br />

Durch ihre Rolle als Botschafter*innen<br />

haben sich bereits<br />

viele weitere angeschlossen. Dieses<br />

Engagement zieht sich durch viele<br />

Branchen von <strong>syndicom</strong>. Swisscom-<br />

Mitarbeitende haben für ihre Kolleg*innen<br />

Online-Veranstaltungen<br />

zur Arbeitszeitverkürzung durchgeführt,<br />

die Post-Mitarbeitenden haben<br />

Petitionen unterzeichnet und<br />

Postkarten verschickt, die Selbständigen<br />

und Freischaffenden haben<br />

mit uns für anständige Unterstützung<br />

durch den Bund gekämpft.<br />

Was bleibt also nach einem<br />

Jahr im ausserordentlichen Zustand?<br />

Die Hoffnung, sich bald wieder<br />

auf der Strasse versammeln zu<br />

können. Aber auch das Vertrauen<br />

darauf, dass die wichtige Arbeit und<br />

das enorme Engagement der Mitglieder<br />

weitergehen. Nur gemeinsam<br />

sind wir stark.<br />

Erfolgreich Mobilisieren in Covid-Zeiten:<br />

Frauenrenten.ch/


Recht so!<br />

25<br />

Liebe Rechtsberatung von <strong>syndicom</strong>,<br />

ich arbeite in einem 100-Prozent-Pensum,<br />

wobei ich davon drei Tage die Woche im<br />

Homeoffice meine Arbeit erbringe. Wie frei<br />

darf ich meine Arbeitszeit gestalten? Darf<br />

ich früh am Morgen und spät am Abend<br />

meine Arbeit erledigen, falls ich mal aus<br />

privaten Gründen tagsüber besetzt bin?<br />

Darf ich im Homeoffice ohne Pause durcharbeiten<br />

und dafür früher mit der Arbeit<br />

aufhören?<br />

Meine Chefin schickt mir oft am späten<br />

Abend eine E-Mail. Muss ich immer erreichbar<br />

sein und eine solche E-Mail sofort beantworten?<br />

Antwort des <strong>syndicom</strong>-Rechtsdienstes<br />

Wie flexibel du deine Arbeitszeit (im Homeoffice) gestalten<br />

darfst, hängt zunächst von einer allfälligen vertraglichen<br />

Regelung ab. Falls dein Arbeitsvertrag, der GAV oder<br />

das Personalreglement feste Arbeitszeiten (auch) im<br />

Homeoffice vorsieht, sind sie einzuhalten. Andernfalls<br />

schränken die gesetzlichen Vorschriften zum Gesundheitsschutz<br />

und die Praxis in deinem Betrieb die Flexibilität<br />

deiner Arbeitszeit ein. Die Tages- und Abendarbeit<br />

inkl. Pausen und Überzeit muss innerhalb von 14 Stunden<br />

und zudem zwischen 6 und 23 Uhr liegen. Nach einem<br />

Arbeitstag hast du Anspruch auf mind. 11 Stunden<br />

Ruhezeit, die du selber auch einhalten musst.<br />

Auch muss eine allfällige Praxis im Betrieb oder Abrede<br />

von Verfügbarkeit und Erreichbarkeit mit deiner Vorgesetzten<br />

eingehalten werden. Z. B. kannst du bei 8<br />

Soll-Stunden pro Tag im Homeoffice ohne feste Arbeitszeiten<br />

von 6 bis 10 Uhr und von 16 bis 20 Uhr arbeiten,<br />

falls nichts anderes abgemacht ist und deine Vorgesetzte<br />

darüber informiert ist. Die gesetzliche Arbeitszeiterfassungspflicht<br />

gilt auch im Homeoffice. Grundsätzlich ist<br />

die Arbeitgeberin verpflichtet, die Arbeitszeit der Angestellten<br />

zu erfassen. Sie kann die Aufzeichnung aber an<br />

die Angestellten delegieren.<br />

Nein, das entspricht nicht dem Sinn von Pausen, die von<br />

Gesetzes wegen zur Erholung und Verpflegung dienen<br />

sollen. Pausen finden in der Regel zur Mitte der täglichen<br />

Arbeitszeit statt. Das gesetzlich vorgeschriebene Pausenminimum<br />

ist zwingend einzuhalten; «durcharbeiten» ist<br />

nicht erlaubt, denn es kann zu einer Gesundheitsgefährdung<br />

führen. Falls die Pausen vertraglich nicht geregelt<br />

sind, ist die gesetzliche Mindestdauer zu respektieren:<br />

Eine Viertelstunde Pause bei einer täglichen Arbeitszeit<br />

von mehr als fünfeinhalb Stunden, eine halbe Stunde bei<br />

täglich mehr als sieben Stunden oder eine Stunde Pause<br />

bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als neun Stunden.<br />

Nein, du musst nicht immer verfügbar sein, sondern<br />

bloss während der definierten Arbeitszeiten. Verlangt<br />

eine Arbeitgeberin ohne vertragliche Abrede und ausserhalb<br />

von Notfällen, dass ein Arbeitnehmer nach Feierabend<br />

erreichbar ist, kann dies verweigert werden. Falls<br />

die Arbeitszeiten vertraglich nicht festgelegt sind und<br />

auch keine festen Präsenzzeiten im Betrieb bzw. in deinem<br />

Dienst zu respektieren sind, sind auf jeden Fall die<br />

gesetzlichen Vorschriften über Ruhezeiten, Nachtarbeit<br />

und Pausen zu respektieren. Eine E-Mail, die nach Feierabend<br />

bei dir eintrifft, musst du nicht am selben Tag beantworten,<br />

ausser bei einem Notfall.<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/rechtso


26 Freizeit<br />

Tipps<br />

© C.H. Beck<br />

Pia Zanetti, Pozzuoli, Italien, 1970 © Pia Zanetti<br />

Movendo-Kurse für die Post<br />

Movendo, das Bildungsinstitut der<br />

Gewerkschaften, organisiert verschiedenste<br />

Kurse für Mitarbeitende<br />

der Schweizer Post. Im Kurs<br />

«Meine Rechte im GAV Post CH<br />

2021» werden alle wichtigen Bestimmungen<br />

des neuen GAV Post CH,<br />

der am 1. Januar in Kraft getreten<br />

ist, thematisiert und erklärt. Man<br />

erfährt, wie der neue GAV den Arbeitsalltag<br />

verändern kann und was<br />

die neuen Rechte und Pflichten<br />

sind. Anschlies send werden eure<br />

Fragen beantwortet.<br />

Der Kurs ist für alle Mitarbeitenden<br />

der Post CH AG und der PostFinance<br />

AG bestimmt und die Kosten<br />

werden vom Solifonds des GAV Post<br />

übernommen – die Teilnahme ist<br />

also kostenlos. Der Kurs findet jeweils<br />

von 9.30 Uhr bis 15.00 Uhr in<br />

den folgenden Städten statt:<br />

Burgdorf: 11. Mai<br />

Zürich: 2. Juni<br />

Bellinzona: 4. Juni<br />

Luzern: 7. Juni<br />

Biel: 15. Juni<br />

Olten: 21. Juni<br />

St. Gallen: 24. Juni<br />

Chur: 6. Juli<br />

Weiter interessant sind auch<br />

die Kurse «Älter werden im Beruf»,<br />

«Basisseminar für PeKo der Post»,<br />

«AZG für PostAuto-FahrerInnen –<br />

asa», «Stress und Burnout» und «Vorbereitung<br />

auf die Pensionierung».<br />

Movendo bietet natürlich nicht<br />

nur für die Post, sondern für alle<br />

Branchen lehrreiche Kurse an, wobei<br />

man mehr über seine Rechte<br />

lernt. Schau auf der Webseite vorbei<br />

und melde dich einfach an.<br />

Sharada Iser<br />

Poetische Fotografie<br />

Die Fotostiftung Schweiz in Winterthur<br />

zeigt bis zum 24. Mai die Fotografien<br />

und Reportagen von Pia<br />

Zanetti. Die 1943 in Basel geborene<br />

Pia Zanetti wusste schon früh, dass<br />

sie Fotografin werden wollte. Zu Beginn<br />

musste sie aber viele Absagen<br />

einstecken: Einer solch jungen<br />

Dame traute mann kein fotografisches<br />

Geschick zu. Trotzdem schaffte<br />

sie den Durchbruch und behauptete<br />

sich erfolgreich in einer lange<br />

von Männern dominierten Domäne.<br />

Nach ihrer Ausbildung in der Schule<br />

für Gestaltung in Basel machte sie<br />

sich als Fotojournalistin selbständig.<br />

Ab den 60er-Jahren wurde Zanetti<br />

u. a. von Die Woche, Das Magazin<br />

und NZZ oder auch von Hilfswerken<br />

und NGOs für Aufträge in der ganzen<br />

Welt engagiert. Während ihren<br />

Reisen fotografierte sie Menschen<br />

auf der Strasse, bei der Arbeit, im<br />

Fussballstadion oder beim Sinnieren.<br />

Einer seits bildete sie Widerstand<br />

gegen Unrecht ab, andererseits<br />

aber auch die Verwirklichung<br />

von Träumen. Pia Zanetti schafft es,<br />

Momente einzufangen und ihnen<br />

ein Stück Poesie abzuringen.<br />

Für die Ausstellung hat die Fotografin<br />

eine Reihe von Bildern aus ihrem<br />

Archiv ausgewählt, um sie zu<br />

einer Erzählung zusammenzufügen.<br />

Dass es möglich war, einen so umfangreichen<br />

Bilderfluss zu komponieren,<br />

ohne sich auf eine starre<br />

Struktur mit Kapiteln zu beschränken,<br />

spricht für die hohe Qualität<br />

ihrer Arbeit.<br />

Als Begleitbuch zur Ausstellung<br />

erscheint die Monografie «Pia Zanetti.<br />

Photographer» bei Scheidegger<br />

& Spiess und Codax Publisher,<br />

herausgegeben von Peter Pfrunder.<br />

Sharada Iser<br />

Unsere Geschichte als Comic<br />

«Sapiens. Der Aufstieg» ist eine kreative<br />

und humorvolle Comic-Adaption<br />

des Bestsellers «Eine kurze Geschichte<br />

der Menschheit». Ein Werk<br />

des bekannten israelischen Autors<br />

Yuval Noah Harari, das in 45 Sprachen<br />

übersetzt und über 12 Millionen<br />

Mal verkauft wurde. Die Graphic<br />

Novel illustriert, wie der Homo<br />

sapiens die anderen Menschenarten<br />

verdrängte, rasch an die Spitze der<br />

Nahrungskette zum Beherrscher der<br />

Erde aufstieg und ihr Ökosystem<br />

drastisch verändert hat.<br />

Mit Hilfe des französisch-belgischen<br />

Duos David Vandermeulen<br />

und Daniel Casanave erzählt der<br />

Historiker, Philosoph und renommierte<br />

Schriftsteller Yuval Harari<br />

die Entwicklungsgeschichte der<br />

Menschheit – vom ersten Auftreten<br />

des Homo sapiens bis zur landwirtschaftlichen<br />

Revolution, informativ<br />

und witzig. Der Autor tritt in diesem<br />

packenden und lehrreichen Comic –<br />

der in die offizielle Auswahl des<br />

Internationalen Comicfestivals<br />

Angoulême aufgenommen wurde –<br />

selbst als Erzähler auf.<br />

Im Herbst 2021 soll der zweite<br />

Band erscheinen. Insgesamt wird<br />

die Comic-Adaption vier Bände aufweisen,<br />

die jeweils einen Teil der<br />

Buchvorlage zusammenfassen.<br />

Bis dahin möchten wir euch ans<br />

Herz legen, diesen unterhaltsamen<br />

ersten Band zu lesen. Ein aufwendig<br />

und ideenreich gestalteter Comic,<br />

der uns die Geschichte der Menschheit<br />

neu entdecken lässt.<br />

Robin Moret<br />

Das Kursangebot Post/Solifonds:<br />

Movendo.ch/de/kurse/solifonds<br />

Alle Daten zur Ausstellung:<br />

Fotostiftung.ch<br />

Harari, Casanave, Vandermeulen: «Sapiens<br />

– Der Aufstieg», C.H. Beck, Fr. 35.90


1000 Worte<br />

Ruedi Widmer<br />

27


28 Bisch im Bild <strong>syndicom</strong> stritt für die Renten der Frauen und stand ihnen am Internationalen<br />

Frauentag zur Seite. Die Gewerkschaft bedankte sich bei den Mitarbeitenden der<br />

Post, unterstützte die PostAuto-Chauffeure, machte Betriebsbesuche und hörte<br />

die Anliegen der Illustrator*innen am Online-Stammtisch an.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4


1. Stephanie Vonarburg und Patrizia Mordini, Mitglieder der GL von <strong>syndicom</strong>, am 15. März vor dem Bundeshaus zur Übergabe von 314 187<br />

Unterschriften an den Ständerat gegen den geplanten Abbau der AHV auf Kosten der Frauen. (© Ueli Johner))<br />

2. Azra Ganic, Regionalsekretärin ICT-Sektor, zu Besuch bei MS Direct in St. Gallen am Internationalen Frauentag, 8. März. (© Azra Ganic)<br />

3. Am 8. März fand auch eine Rosenverteilung im Paketzentrum der Schweizerischen Post in Frauenfeld statt. (© Azra Ganic)<br />

4. <strong>syndicom</strong> in der Buchhandlung Stauffacher in Bern, wo ein voller Büchertisch für Frauenthemen wirbt. (© Patrizia Mordini)<br />

5. Betriebsbesuche bei privaten Postdienstleistern in Ebikon. (© Matthias Loosli)<br />

6. Ende Februar dankte <strong>syndicom</strong> gemeinsam mit den Grünen und der SP den Mitarbeitenden der Post für ihren Einsatz während Corona. (© Florin Schütz)<br />

7. <strong>syndicom</strong> und die PostAuto-Personalvertretung der Verteilregion Mitte reichen eine Petition ein, die eine rasche Diskussion über die<br />

Umsetzung des Alkoholverbots in Postautos fordert, welche die Forderungen der Fahrer berücksichtigt. (© Michael Bolettieri)<br />

8. Mehr als 50 Illustratoren und Zeichnerinnen diskutierten an einem <strong>syndicom</strong>-Stammtisch über ihre Preisgestaltung. (© Michael Moser)<br />

29<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8


30<br />

Aus dem<br />

Leben<br />

«Als geflüchteter Journalist ist es in der<br />

Schweiz nicht leicht, vom Beruf zu leben»<br />

Kairat Birimkulov ist 1967 in Bischkek,<br />

Hauptstadt von Kirgisistan, geboren.<br />

Mit seiner Familie lebt er im Kanton Luzern,<br />

nachdem sie 2007 wegen seiner<br />

Arbeit als Journalist flüchten mussten.<br />

Er arbeitete in Kirgisistan 14 Jahre als<br />

TV-Moderator einer Nachrichtensendung<br />

und als politischer Beobachter.<br />

In der Schweiz liess er sich zum Migrationsfachmann<br />

ausbilden. Seit 2013<br />

arbeitet er für die Schweizerische<br />

Flüchtlingshilfe. Kairat engagiert sich<br />

in verschiedenen Vereinen im Kultur-,<br />

Sozial- und Migrationsbereich: er ist<br />

Gründer und Präsident des Vereins<br />

«Brücke nach Kirgisistan», Gründer und<br />

Präsident von «Zusammen» und Co-<br />

Präsident im Migrant*innen-Parlament<br />

Luzern. Seit 2018 ist er Mitglied von<br />

<strong>syndicom</strong> und aktiv in der IG Migration.<br />

Text: Idris Djelid<br />

Bild: Patrick Gutenberg<br />

Ich habe viel erlebt:<br />

Unterstützung, aber<br />

auch Diskriminierung<br />

Den letzten Tag in meinem Land<br />

werde ich nie vergessen. Das schweizerische<br />

Konsulat hatte mir einen<br />

«grünen Korridor» offeriert, um Kirgisistan<br />

zu verlassen, damit ich meine<br />

Familie und mein Leben retten<br />

konnte. Doch diesen Weg wirklich zu<br />

gehen, fiel mir unglaublich schwer.<br />

In meinem Herzen wäre ich am liebsten<br />

geblieben, um die demokratischen<br />

Prozesse in meinem Land mitzugestalten<br />

und zu sehen, wie es<br />

wirtschaftlich und politisch in eine<br />

neue Zukunft aufbricht.<br />

Tief traurig und verunsichert besuchte<br />

ich am letzten Morgen in meiner<br />

Heimat meine Lieblingsplätze<br />

und das Fernsehstudio, wo ich 14<br />

Jahre als Moderator gearbeitet hatte.<br />

Als Journalist war mein Ziel, Transparenz<br />

über das korrupte System zu<br />

schaffen, das nach dem Zusammenbruch<br />

der Sowjetunion entstanden<br />

war. Genau diese Transparenz ist<br />

vielen anderen und mir zum Verhängnis<br />

geworden und hat mich zur<br />

Flucht gezwungen. Nach meinen Recherchen<br />

wurde es für mich und meine<br />

Familie zu gefährlich. Ich erhielt<br />

monatelang Drohungen, und nach<br />

einem brutalen Überfall, der mich<br />

schwer verletzte und fast das Leben<br />

kostete, war auch meine Familie in<br />

Schrecken. Ich vergesse nie die<br />

ängstlichen Augen meiner Töchter.<br />

Mit meiner Flucht öffnete ich<br />

eine neue leere Seite im Buch meines<br />

Schicksals. Viele Fragen begleiteten<br />

diese Reise in ein fernes Land.<br />

Nostal gische Erinnerungen an die<br />

Heimat und Zweifel an meiner Entscheidung<br />

plagten mich. Wie wird<br />

meine Frau, wie werden sich meine<br />

Kinder im unbekannten Leben zurechtfinden?<br />

Wie soll man leben?<br />

Nur langsam erkannte ich, dass<br />

dieser schwere Schritt in ein neues<br />

Leben auch eine Chance war.<br />

Ich weiss sehr gut, wie es ist, ein<br />

Flüchtling in einem fremden Land zu<br />

sein. Du musst bei null anfangen<br />

und der Gesellschaft erneut beweisen,<br />

was du kannst. Im Namen der<br />

Migranten und als Journalist möchte<br />

ich folgendes sagen: ich habe vieles<br />

im neuen Zuhause erlebt, Unterstützung<br />

– aber auch Diskriminierung,<br />

die mich oft deprimiert hat.<br />

Als geflüchteter Journalist ist es<br />

in der Schweiz nicht leicht, von seinem<br />

Beruf zu leben. Aber mit dem<br />

Diskurs über mehr Diversi tät unter<br />

den Medienschaffenden und Initiativen<br />

wie den Neuen Medienmacher*innen<br />

oder auch Baba News, einem<br />

Online-Magazin, gemacht von Journalist*innen<br />

mit Migrationshintergrund,<br />

bleibe ich optimistisch.<br />

Neben dem Journalismus habe<br />

ich eine zweite Leidenschaft, denn<br />

als Kind war ich oft im Filmstudio,<br />

wo meine Mutter als Regisseurin arbeitete.<br />

Nun habe ich dank einem<br />

Crowdfunding mein erstes Filmprojekt<br />

realisiert. Mein Film «Schneesturm»<br />

feiert am 4. Juni 2021 im<br />

Stattkino Luzern Premiere. Ich hoffe,<br />

dass ich dort möglichst viele meiner<br />

Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen<br />

begrüssen darf.<br />

Das Filmprojekt auf Wemakeit (mit Trailer):<br />

Bit.ly/3cx29jm


Impressum<br />

Redaktion: Robin Moret (Leitung),<br />

Giovanni Valerio<br />

Tel. 058 817 18 18, redaktion@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Freie Mitarbeit: Rieke Krüger<br />

Porträts, Zeichnungen: Katja Leudolph<br />

Fotos ohne ©Copyright-Vermerk: zVg<br />

Layout und Druck: Stämpfli AG, Bern<br />

Adressänderungen: <strong>syndicom</strong>, Adressverwaltung,<br />

Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern<br />

Tel. 058 817 18 18, Fax 058 817 18 17<br />

Inserate: priska.zuercher@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Abobestellung: info@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Abopreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen. Für<br />

Nichtmitglieder: Fr. 50.– (Inland), Fr. 70.– (Ausland)<br />

Verlegerin: <strong>syndicom</strong> – Gewerkschaft<br />

Medien und Kommunikation, Monbijoustr. 33,<br />

Postfach, 3001 Bern<br />

Das <strong>syndicom</strong>-Magazin erscheint sechsmal im Jahr.<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 23 erscheint am 4. Juni 2021<br />

Redaktionsschluss: 3. Mai 2021.<br />

31<br />

Das <strong>syndicom</strong>-Kreuzworträtsel<br />

Für alle, die sich auf das Leben nach<br />

dem Lockdown freuen: Zu gewinnen gibt<br />

es eine Hotelcard, gespendet von unserer<br />

Dienstleistungspartnerin Hotelcard.<br />

Das Lösungswort wird in der nächsten<br />

Ausgabe zusammen mit dem Namen der<br />

Gewinnerin oder des Gewinners veröffentlicht.<br />

Lösungswort und Absender auf einer<br />

A6-Postkarte senden an: <strong>syndicom</strong>-<br />

Magazin, Monbijoustrasse 33, Postfach,<br />

3001 Bern. Einsendeschluss: 3. Mai 21.<br />

Der Gewinner<br />

Die Lösung des Kreuzwort rätsels aus<br />

dem <strong>syndicom</strong>-Magazin <strong>Nr</strong>. 21 lautet:<br />

DATENSCHUTZ.<br />

Gewonnen hat Jris Stöckli-Wasmer aus<br />

Bettingen. Die Coop-Geschenkkarte ist<br />

unterwegs.<br />

Wir gratulieren herzlich!<br />

Anzeige<br />

Spezialofferte<br />

Bestellen Sie Ihre AgipPLUS-Karte<br />

RABATT: - 4,5 Rp/Lt. Treibstoff (Bleifrei und Diesel)<br />

Jahresgebühr CHF 10.- offeriert<br />

-4.5<br />

Montliche Rechnungsgebühr CHF 2.50 offeriert<br />

Verlangen Sie Ihren Kartenantrag beim Zentralsekretariat<br />

Rp pro Liter<br />

+41 (0)58 817 18 18 - info@<strong>syndicom</strong>.ch


32 Inter-aktiv<br />

<strong>syndicom</strong> social<br />

Pendler*innen auf unserer Seite11.03.2021<br />

Gemäss 20 Minuten-Leser*innen sind<br />

unsere #Lohnforderungen berechtigt.<br />

Die #Post-Direktion meint, der #Applaus<br />

von den Balkonen reiche aus. Die Post<br />

hat trotz Krise Gewinn geschrieben, ein Zeichen der<br />

Wertschätzung an die Angestellten wäre angebracht.<br />

@<strong>syndicom</strong>_de<br />

Journalismus in Not bei Tamedia 19.03.21<br />

Im Geschäftsbericht 2020 der @tx_group<br />

versichert @PietroSupino, dass der Journalismus<br />

weiterhin im Zentrum des Geschäftsmodells stehe.<br />

Die Zahlen sagen etwas anderes:<br />

Tamedia-Mitarbeiterbestand 2019: 1559,<br />

Mitarbeiterbestand 2020: 1428.<br />

@lorenzo_bonati<br />

Hände weg von den Renten der Frauen<br />

16.03.2021<br />

Der Ständerat hat heute im Vorfeld seiner<br />

Debatte zur AHV21-Reform 314 187 Unterschriften<br />

erhalten, die NEIN sagen zu<br />

einer Vorlage, die – einmal mehr – zu Lasten der Frauen<br />

geht. Die geplante Kürzung der Frauenrenten hat eine<br />

Welle der Empörung in der Bevölkerung ausgelöst: Noch<br />

nie haben so viele Menschen in der Schweiz in so kurzer<br />

Zeit online Unterstützung gesammelt. Die Botschaft ist<br />

klar: Eine AHV-Revision, die die realen Probleme der<br />

Frauen ignoriert, hat keine Chance, durchzukommen. Die<br />

Renten der Frauen sind immer noch ein Drittel niedriger<br />

als die der Männer. Es ist an der Zeit, sie zu erhöhen. Und<br />

nicht, sie zu kürzen. instagram.com/<strong>syndicom</strong>/<br />

Pressefreiheit12.03.2021<br />

Erster Schritt zu einem<br />

Wandel, der um die Welt<br />

gehen muss 17.03.2021<br />

In England gelten jetzt<br />

70 000 #Uber-Fahrer*innen<br />

als Angestellte. «Lediglich» eine Entscheidung<br />

des Obersten Gerichtshofs war dafür<br />

notwendig ... Ein Schritt in die richtige Richtung.<br />

In Genf werden die Uber-Fahrer*innen<br />

über eine Drittfirma mit #GAV angestellt.<br />

Wann ist dies überall in der Schweiz so?<br />

twitter.com/<strong>syndicom</strong>_fr<br />

#NEWS 65 Journalistinnen und Journalisten<br />

starben im Jahr 2020 im Dienst,<br />

so der jährliche Bericht der IFJ über<br />

Journalist*innen, die weltweit bei arbeitsbedingten<br />

Vorfällen getötet wurden. Mexiko rangiert<br />

mit 14 Morden zum vierten Mal in fünf Jahren als gefährlichstes<br />

Land. twitter.com/IFJGlobal<br />

Mangelnde Anerkennung<br />

für Paketbot*innen10.03.2021<br />

Offener Brief an die TX Group09.03.2021<br />

Die Sexismus-Probleme bei Tamedia sind Ausdruck einer<br />

branchenübergreifenden Problematik: «Zu wenig Frauen in<br />

den Chefetagen, Arbeitsbedingungen, die echte<br />

Gleichstellung verhindern, und veraltete Rollenbilder<br />

sowie Denkmuster.»<br />

twitter.com/Lenaallenspach<br />

Applaus von den Balkonen reicht nicht!<br />

Die diesjährige Lohnrunde bei der Post<br />

verläuft ergebnislos...<br />

Wir sind enttäuscht. Besonders nach<br />

einem Jahr mit noch nie dagewesenem<br />

Paketvolumen wäre ein wenig<br />

Anerkennung angezeigt.<br />

twitter.com/<strong>syndicom</strong>_fr<br />

Soziale Kriterien für öffentliche Aufträge<br />

23.03.2021<br />

Gemeinsam mit 99 Gewerkschaften aus ganz<br />

Europa haben wir einen Brief an die @EU_Commission<br />

unterzeichnet, in dem wir fordern, dass<br />

#Öffentliche Aufträge nur an Unternehmen<br />

vergeben werden, die ihre Angestellten respektieren.<br />

Der Wettlauf nach unten muss ein Ende<br />

haben. @<strong>syndicom</strong>_de<br />

Keine Corona-Ausreden11.03.2021<br />

«Der Anspruch, zu den Besten zu gehören, darf nicht<br />

beim Personal enden. Die TX Group ist finanziell kerngesund.<br />

Die Corona-Pandemie war ein temporärer Dämpfer.<br />

Diese ausserordentliche Situation darf nicht als<br />

Entschuldigung herangezogen werden, um die Mitarbeitenden<br />

mit einem ungenügenden Sozialplan abzuspeisen»,<br />

so kommentiert Stephanie Vonarburg, Leiterin<br />

Sektor Medien von <strong>syndicom</strong>, die Bilanzmedienkonferenz<br />

der TX Group.

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