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Brigitte Buhmann - Schweizerischer Fahrlehrerverband

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doSSiEr<br />

8<br />

Bettina Zahnd<br />

interview mit Bettina Zahnd, unfallforscherin bei der aXa Winterthur<br />

«Notbremsung muss mehrmals<br />

geübt werden»<br />

R a V a l D O g u e R R i n i<br />

Die 32-jährige diplomierte physikerin<br />

schloss ihr studium 2004<br />

an der universität Bern ab und<br />

ist seither bei der aXa Winterthur<br />

in der unfallforschung<br />

tätig. ihr hauptgebiet ist die<br />

technische Beratung im Bereich<br />

der prävention von Verkehrsunfällen.<br />

unter anderem ist sie<br />

verantwortlich für die jährlichen<br />

Crashversuche der aXa Winterthur<br />

und der DeKRa in Wildhaus.<br />

aus der aXa-Studie geht hervor, dass junge autolenker<br />

zaghaft bremsen. in 62 Prozent der ausgewerteten auffahrkollisionen<br />

hätte die Kollision durch sofortiges, starkes<br />

Bremsen verhindert werden können. Was sind ihrer Meinung<br />

nach die Gründe für ein solch deutliches resultat?<br />

FOtO ZVg<br />

Bettina Zahnd: Dank den Daten aus<br />

Crash Recordern von 94 auffahrkollisionen<br />

konnten wir nachweisen, was<br />

viele Verkehrssicherheitsexperten<br />

schon lange vermuten. Viele autofahrer<br />

– wir untersuchten hauptsächlich<br />

unfälle verursacht von 18–25-Jährigen<br />

– bremsen zu wenig stark. Welche<br />

gründe dies hat, kann aus den<br />

Crash-Recorder-Daten nicht eruiert<br />

werden. uns stehen lediglich die Beschleunigungsdaten<br />

zur Verfügung,<br />

die das Bremsverhalten aufzeichnen.<br />

Müsste ihrer Meinung nach die Notbremsung<br />

ein «zwingendes» Manöver<br />

an der Führerprüfung sein?<br />

BZ: Die gefahrenbremsung oder<br />

notbremsung ist bei einem Fahrlehrer<br />

teil der Fahrausbildung. es ist<br />

aus sicht der unfallforschung wichtig,<br />

die notbremsung nicht nur einmal, sondern mehrmals<br />

– am besten auf abgesperrten plätzen – zu üben.<br />

Was würden Sie ändern, um dieses negative resultat zu<br />

verbessern?<br />

« Essentiell bleibt,<br />

dass jeder Lenker<br />

gut ausgebildet<br />

» wird.<br />

BZ: gemäss unseren untersuchungen<br />

können in Zukunft Fahrerassistenzsysteme<br />

wie z. B. City safety von Volvo gewisse<br />

Defizite des lenkers wettmachen.<br />

trotz aller technischen einrichtungen<br />

wird es zumindest in naher Zukunft essentiell<br />

bleiben, dass jeder lenker gut ausgebildet wird<br />

und fähig ist, eine notbremsung einzuleiten.<br />

die bfu hat in einer Studie nachgewiesen, dass die angenommene<br />

reaktionszeit der Fahrzeugführer/-innen<br />

von 1 Sekunde nicht zutreffend ist und in den meisten<br />

Fällen von 2 Sekunden ausgegangen werden muss (vgl.<br />

ld 4/08). Bei der theorieprüfung und der praktischen<br />

Fahrausbildung wird jedoch immer noch mit 1 Sekunde<br />

gerechnet. Wiegen sich die Neulenker so nicht in einer<br />

falschen Sicherheit?<br />

BZ: Die Flut an studien zum thema Reaktionszeit zeigt<br />

bereits, wie unterschiedlich die Reaktionszeit von Mensch<br />

zu Mensch und von situation zu situation ist. Wichtig<br />

für die Fahrausbildung ist, zu lernen, dass bereits eine<br />

«harmlose» ablenkung durch z. B. das anzünden einer Zigarette,<br />

das Wechseln der CD, die Zielorteingabe am navigationsgerät<br />

oder das telefonieren mit dem handy die<br />

Reaktionszeit massiv verlängert und dadurch das Risiko<br />

eines unfalls erhöht. Das gleiche gilt für das Fahren unter<br />

Medikamenten-, alkohol- oder Drogeneinfluss.<br />

in ihrer Stellungnahme zur Studie weisen Sie darauf hin,<br />

dass zum autofahren ein geeignetes Schuhwerk getragen<br />

werden sollte. im Strassenverkehrsrecht fehlt jedoch<br />

eine Vorschrift betreffend Schuhwerk. Salopp ausgedrückt<br />

könnte man mit einem auto oder Motorrad barfuss<br />

fahren. Wäre eine anpassung der Gesetzgebung nötig?<br />

BZ: Zumindest mein Fahrlehrer hat mich damals – zu<br />

Zeiten, in denen plateauschuhe in waren – darauf aufmerksam<br />

gemacht, dass diese schuhe nur bedingt für<br />

das lenken eines autos geeignet sind. als Fahrlehrer<br />

würde ich mich wohl selbst nicht gerade sicher fühlen,<br />

wenn jemand mit Flipflops oder ähnlichem schuhwerk<br />

das autofahren lernen will. ein entsprechender hinweis<br />

vom Fahrlehrer an den Fahrschüler ist<br />

sicher zu empfehlen.<br />

Beabsichtigt die aXa Winterthur, auch<br />

eine Studie über das Bremsverhalten von<br />

anderen altersgruppen durchzuführen?<br />

BZ: es ist nicht auszuschliessen, dass<br />

wir in Zukunft auch weitere altersgruppen untersuchen.<br />

Da der Crash Recorder anfangs nur für Junglenker angeboten<br />

wurde, ist die Fallzahl von unfällen, verursacht<br />

durch Junglenker, viel grösser, und es waren zu einem<br />

früheren Zeitpunkt aussagekräftige studien möglich. n

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