4
Aquarellmalerei im Fokus der ZeitDie stilistische und künstlerische Vielfalt muss erhalten bleiben!Aquarellmalerei im Fokus der ZeitEine persönliche Betrachtung von Franz-Josef BettagIm Laufe der Jahrhunderte hat sich dieAquarellmalerei immer wieder gewandeltund ist letztendlich von der reinenIllustration und Koloration zu einemkünstlerischen Ausdrucksmittel geworden.Nicht immer ist diese Entwicklunggeglückt und heute sieht man, dass dieTechnik in vielen Bereichen vollkommenmissverstanden wird.Mich persönlich nervt die Tatsache,dass jeder selbsternannte Aquarellpapstund jede „Infopubserin“ die Technikund das Material dazu gar nicht kenntund schon gar nicht dessen Verwendungversteht.Aquarellmalerei mutiert zur „Hopsasa-tralala-Technik“für Selbstdarstellerund wird auf wenige Anwendungsmöglichkeitenreduziert. So wird die Farbeund die Technik zu einer Werbebotschaftaufgehübscht, um daraus Kapitalzu schlagen.Gerade sogenannte Materialtests zeigendiesen Missstand sehr deutlich. Da werdenBirnen mit Äpfeln verglichen undminderwertige Produkte plötzlich zuhochwertigen stilisiert. Farben aus demAkademiesegment zu Künstlerfarbengemacht und umgekehrt.Das Blau der Marke XY ist dann sehrhübsch und das Rot von HerstellerNoName sehr intensiv.Jeder der sich ernsthaft mit derAquarellmalerei befasst, weiß, dass dieTechnik von vielen Komponentenabhängig und allein schon die Wahl desPapiers von Erfolg oder Misserfolggekrönt ist. Geht man nach diesen Fachleutenund Fachleutinnen kann manjedes Papier verwenden oder noch besser,es funktioniert nur das Papier vonHersteller B am besten. So ganz nebenbeikann man dann sehen oder hören,dass Hersteller B auch den Block oderdas Papier gespendet hat.Das blöde daran ist, dass auf Youtubehunderte solcher Leute unterwegs sindund ihren geistigen Dünnschiss in dieWelt tragen. Leider manchmal auch vonden Herstellern der Farben unterstützt,meist aus Unkenntnis und/oder falschenErwartungen in das Marketingpotentialder „Infopubserin“.Kann und sollte aber eine 15 jährige (essind fast ausschließlich junge Mädchen)über Aquarellmalerei referieren oderwas will uns das Mädchen sagen?Eine Bekannte sagte mir, dass ich überreagierenwürde: „Lass sie doch, istdoch witzig“!.Ja! vielleicht, aber hier wird so getan,als würde man/sie die Technik verstehenund weitergeben können.Aber leider wird nicht nur die Technikfalsch dargestellt, sondern auch nochdas Material in ein vollkommen falschesLicht gerückt.Es gibt meines Wissens ca. 80 verschiedeneMarken/Sorten von Künstler-Aquarellfarbenund jede ist anders.Sie unterscheiden sich in der Zusammensetzung,in der Verarbeitung usw,sodass man weder vergleichen kann,noch aussagekräftige Testergebnissebekommt. Alleine schon die Tatsache,dass all diese Sorten auf den rund 400verschiedenen Papiersorten vollkommenunterschiedliche Ergebnisse hervorbringen,macht medienwirksameVergleiche oder Tests zum Absurdum.In Deutschland gibt es einige Sorten,die von Profi-Aquarellmalern gernegenutzt werden. Grund hierfür sind diebesonderen Eigenschaften der Farbtöne,die allerdings nicht von jedemgemocht werden. Aus diesem Grundentscheidet sich ein Künstler für seineSorte, die er in der Regel auch nichtändert.Ich selbst arbeite seit meinem 10Lebensjahr mit Aquarellfarbe und meinerster Kasten mit 12 Farbtönen warvon Schmincke.Zugegeben 1969 war die Auswahl auchnicht so groß und mein Budget wohlauch nicht. Im Studium kam dann Winsor& Newton dazu, die englischen Farbenwaren etwas besonders, zumal sieaußer mir keiner hatte. Aber schondamals merkte ich sehr schnell, dassbeide Marken nicht zu vergleichenwaren. Auf der einen Seite, die in Näpfegegossenen Schmincke HoradamAquarellfarben, sehr fein und leichtanlösbar und auf der anderen, die Winsor& Newton Professional Water Colours,gröber meist granulierend undschwer zu steuern.Aber beide Sorten hatten und habennicht nur ihre Berechtigung, sondernauch gerade wegen ihrer Eigenschafteneine besondere Ausdruckskraft.Und genau diese Ausdruckskraft machtdie verschiedenen Sorten aus. Beginneich jetzt zu vergleichen und begehe denIrrglauben, eine Sorte sei besser als dieandere, weil das Rot schöner ist unddas Blau dunkler als bei der anderen,nehme ich der Vielfalt, die demAquarell inne wohnt, die Berechtigung.Ich reduziere nicht nur die Technik aufwenige Darstellungsmöglichkeiten, sondernich beschränke auch die künstlerischeAussagekraft. Letztendlichmache ich aus der Aquarelltechnik eineAllerweltstechnik, die nicht mehr verstandenwerden muss, sondern irgendwiefunktioniert, bzw, irgendwie einErgebnis erwarten lässt.Verwunderlich eben nur, dass hunderttausendegenau darauf stehen. Nein ichbin nicht neidisch, meine Folower reichenmir und meine Youtube Klickskönnen sich sehen lassen.Mich nervt nur, dass ich immer wiederMenschen begegne, die glauben, siewürden mit Aquarell malen, aber leidernur mit der Farbe herum schmieren.Weil sie das halt so bei der „Infopubserin“gesehen haben!5