Die - Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer
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Branchen <strong>und</strong> Märkte Branchen <strong>und</strong> Märkte<br />
Daimler-Investition in Kecskemét<br />
Fördermittel<br />
<strong>und</strong> mehr<br />
Bei privaten Großinvestitionen kann der ungarische Staat bis zu 20%<br />
der Investitionssumme beisteuern – als Beihilfe in cash, Steuervergünstigungen<br />
oder Qualifizierungszuschüsse. Auch für die geplante Investition<br />
von Daimler in Kecskemét hat die Regierung umfangreiche Förderungen<br />
zugesagt, aber Investitionsentscheidungen hängen von weit mehr<br />
Faktoren ab, als nur Subventionen.<br />
<strong>Die</strong> Höhe der aufgr<strong>und</strong> von Einzelentscheidungen<br />
der ungarischen<br />
Regierung gewährten Fördermittel<br />
wird üblicherweise sechzig Tage nach<br />
der Vertragsunterzeichnung veröffentlicht<br />
– im Falle Daimler also wohl erst im September.<br />
Allerdings sind der Generosität des<br />
Staates Grenzen gesetzt: nach den Regeln<br />
der Europäischen Union dürfen höchstens<br />
20 bis 22 Prozent des Investitionsvolumens<br />
gefördert werden. Im Falle Daimler hat<br />
Ungarn die Möglichkeiten offensichtlich<br />
maximal genutzt: „Dem deutschen Unternehmen<br />
gewähren wir die höchste Förderung“,<br />
erklärte der ungarische Ministerpräsident<br />
bei einer Pressekonferenz über das<br />
Investitionsvorhaben.<br />
<strong>Die</strong> Obergrenze des Förderbetrages<br />
ist von der jeweiligen Branche <strong>und</strong> der<br />
Region abhängig. <strong>Die</strong> Automobilindustrie<br />
gehört allerdings nicht zu den am<br />
stärksten förderbaren Sektoren. Aufgr<strong>und</strong><br />
der regionalen Kriterien – Kecskemét<br />
liegt im Fördergebiet „südliche Tiefebene“<br />
–dürfte die Förderung bei etwa<br />
150 bis 170 Mio. Euro liegen.<br />
Direkt im Werk entstehen voraussichtlich<br />
2.500 neue Arbeitsplätze, d.h.<br />
die Förderintensität pro Kopf – Experten<br />
zufolge eine der objektivste Förderkennzahlen<br />
– dürfte bei etwa 69.000 Euro liegen.<br />
Das sind ca. 15% weniger, als z.B.<br />
dem Windschutzscheibenhersteller Asahi<br />
Glass 2005 für die Ansiedlung in Tatabánya<br />
gewährt wurden, allerdings mehr, als<br />
der koreanische Reifenhersteller Hankook<br />
Tire an Fördergeldern erhalten hatte<br />
(45.000 Euro je Mitarbeiter). <strong>Die</strong> staatliche<br />
Förderung des Reifenwerks in der<br />
Stadt Dunaújváros hatte reichlich Empö-<br />
rung ausgelöst, was auf staatliche Förderungen<br />
für ausländische Investoren allgemein<br />
kein gutes Licht warf.<br />
Daimler Benz – vorhandene<br />
Infrastrukturen wichtiger als<br />
Fördergelder<br />
<strong>Die</strong> Fördersumme wird Daimler nicht in<br />
einem Betrag bereitgestellt, sondern in<br />
mehreren Stufen unter Vermittlung der<br />
staatlichen Investitions- <strong>und</strong> Handelsförderungsagentur<br />
ITD Hungary (ITDH) ausgezahlt.<br />
Das Förderpaket setzt sich zusam-<br />
Gut entwickelte Verkehrsinfrastrukturen<br />
<strong>und</strong> Ausbildungssysteme<br />
sind investitionsentscheidend.<br />
men aus der mit der Sonderentscheidung<br />
der Regierung gewährten Direktförderung,<br />
aus einer Steuervergünstigung für die Entwicklungsmaßnahmen<br />
<strong>und</strong> Subventionen<br />
für die Schaffung von Arbeitsplätzen.<br />
„Förderungen <strong>und</strong> Steuervergünstigungen<br />
des ungarischen Staates sind<br />
wichtig, werden jedoch von den Investoren<br />
im Allgemeinen erst in der Finalr<strong>und</strong>e<br />
berücksichtigt. In den ersten Verhandlungsr<strong>und</strong>en<br />
werden zumeist Bedingungen<br />
abgewogen, wie der Entwicklungsstand<br />
der Verkehrsinfrastruktur, das<br />
Ausbildungssystem oder die Arbeitskultur.<br />
Nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong> dieses guten<br />
Entwicklungsstandes fiel bei Daimler die<br />
Wahl auf Ungarn“, so der für Entwicklungsvorhaben<br />
zuständige Direktor der<br />
ITDH, Csaba Kilián. „Unseren Informationen<br />
nach hätten auch Rumänien <strong>und</strong><br />
Polen die höchstmögliche Förderung für<br />
das Projekt gewährt. Ein wichtiges Argument<br />
gegen Rumänien war der mangelnde<br />
Entwicklungsstand der Infrastruktur,<br />
aber auch ungeklärte Eigentumsverhältnisse<br />
der angebotenen Liegenschaften“,<br />
erläutert Kilián weiter.<br />
Neben der ungarischen Regierung hat<br />
auch die Stadt Kecskemét erheblich dazu<br />
beigetragen, dass das Werk des Herstellers<br />
in Ungarn errichtet werden soll. Über die<br />
lokale Förderung war bis Redaktionsschluss<br />
noch nichts Näheres bekannt, fest steht aber<br />
bereits, dass das Stadtparlament innerhalb<br />
von fünf Jahren die Gewerbesteuer stufenweise<br />
von 2 auf 1,5% herabsetzen will.<br />
“Neben der Steuervergünstigung wollen<br />
wir auch Verbesserungen im Bereich<br />
der Ausbildung erreichen. Allerdings<br />
werden wir uns auch dazu erst nach der<br />
Zustimmung der Kommission der Europäischen<br />
Union äußern“, meint Gábor<br />
Zombor, Bürgermeister von Kecskemét.<br />
<strong>Die</strong> im September beginnenden Berufsbildungsmaßnahmen<br />
werden in der Regionalhauptstadt<br />
des Kiskunság bereits an<br />
den Anforderungen von Daimler ausgerichtet.<br />
Auch die Unterbringung von vor-<br />
aussichtlich etlichen H<strong>und</strong>ert deutschen<br />
Ingenieuren <strong>und</strong> Führungskräften mitsamt<br />
ihren Familien wird keine Probleme<br />
bereiten, außerdem gibt es in Kecskemét<br />
bereits mehrere deutschsprachige Kindergärten<br />
<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen.<br />
Der Bau des Mercedes-Werkes soll 2009<br />
beginnen, voraussichtlich zwei Jahre später<br />
kann der erste in Ungarn produzierte<br />
Mercedes vom Band rollen. Das deutsche<br />
Investitionsvorhaben hat dabei nicht nur<br />
regionale, sondern landesweite Auswirkungen:<br />
Nach Expertenschätzungen können<br />
einschließlich der Subauftragnehmer<br />
Nachunternehmer bis zu 12.000 Arbeitsplätze<br />
entstehen. Noch ist über die größeren<br />
Zulieferer nichts bekannt. Experten<br />
gehen aber davon aus, dass sich bei Automobilherstellern<br />
(OEM) dieser Größenklasse<br />
üblicherweise die Zulieferer für das<br />
Interieur (Sitze, Innenraumverkleidungen<br />
usw.), wie auch die Mehrzahl der Karosseriezulieferer<br />
in einem Umkreis von 70 bis<br />
100 Kilometern ansiedeln. Bewerbungen<br />
für die Vorauswahl als Zulieferer werden<br />
von der Förderstelle ITDH übrigens<br />
bereits entgegengenommen.<br />
Fördermittel<br />
Nicht nur für<br />
Ausländer<br />
<strong>Die</strong> geplante Investition von Daimler in Kecskemét hat staatliche Fördermöglichkeiten<br />
wieder in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses<br />
gerückt, aber schon bisher haben 2 Großinvestoren davon Gebrauch<br />
gemacht. Wir stellen an einigen Beispielen die wichtigsten Förderformen<br />
<strong>und</strong> notwendige Voraussetzungen vor.<br />
<strong>Die</strong> spanische F. Segura, ebenfalls<br />
ein Unternehmen der Automobilindustrie,<br />
wird ebenfalls<br />
umfangreiche staatliche Förderung erhalten.<br />
Der Teilezulieferer wird in der Stadt<br />
Szolnok eine 100.000 m_ große Montagehallen<br />
mit einem Projektvolumen von<br />
nicht weniger als 20 Mio. Euro errichten.<br />
<strong>Die</strong> Produktion im 12.000 m_ großen<br />
Werk wird bereits im kommenden Jahr<br />
aufgenommen. 2010 werden insgesamt<br />
150 Mitarbeiter bei der ungarischen Landesgesellschaft<br />
des Zulieferers arbeiten.<br />
Der Dachziegelhersteller Creaton AG<br />
hat an Stelle einer direkten staatlichen Förderung<br />
einen Betrag von 2,5 Mio. Euro<br />
aus dem operationellen Programm zur<br />
Wirtschaftsförderung für die Errichtung<br />
des zweiten ungarischen Produktionswerkes<br />
abgerufen. Durch das mit einem<br />
Volumen von 33 Mio. Euro im südwestungarischen<br />
Lenti realisierte Investitionsprojekt<br />
wird das modernste<br />
Werk des deutschen Unternehmens<br />
entstehen.<br />
Den größten Förderbetrag<br />
der letzten Monate wird<br />
das in der Stadt Gyöngyös<br />
geplante Werk von Apollo<br />
Tires erhalten. Zu dem<br />
Investitionsvorhaben von insgesamt<br />
200 Mio. Euro wird<br />
der ungarische Staat voraussichtlich<br />
(einschließlich der Steuervergünstigungen)<br />
mit 40 Mio. beitragen. Der<br />
indische Hersteller, der eine Jahresproduktion<br />
von 7 Mio. Reifen zugesagt hat, wird<br />
1.500 neue Arbeitsplätze schaffen. Zum<br />
Vergleich: der koreanische Reifenhersteller<br />
Hankook plant in seinem ungarischen<br />
Werk eine Produktionskapazität von bis<br />
zu 10 Mio. Reifen. Mögliche Umweltrisiken<br />
könnten jedoch die geplanten Baumaßnahmen<br />
bei Apollo Tires verzögern.<br />
Nicht nur ausländische<br />
Unternehmen profitieren<br />
Neben in Ungarn aktiven ausländischen<br />
Unternehmen werden auch einheimische<br />
Firmen bei ihren Entwicklungsmaßnahmen<br />
in Ungarn staatlich gefördert.<br />
Das war der Fall beim Pharmahersteller<br />
Richter Gedeon, der kürzlich angekündigt<br />
hat, bis 2014 in Debrecen für 65 Mio.<br />
Euro einen neuen Forschungs-, Entwicklungs-<br />
<strong>und</strong> Produktionsstandort für die<br />
Biotechnologie zu errichten. „Dem Pharmaunternehmen<br />
wurden staatliche Beihilfen<br />
<strong>und</strong> Steuervergünstigungen gewährt, die<br />
mit denen für ausländische Großinvestitionen<br />
vergleichbar sind“, versicherte Wirtschaftsminister<br />
Gordon Bajnai.<br />
Für Investitionen im Bereich<br />
der Forschung <strong>und</strong> Entwicklung<br />
mit einem Volumen von<br />
über 10 Mio. Euro <strong>und</strong> mindestens<br />
zehn neu errichteten<br />
Arbeitsplätzen gewährt der<br />
ungarische Staat eine Sonderförderung.<br />
Zusätzlich werden<br />
Steuervergünstigungen für<br />
die Investitionsmaßnahme, ein<br />
Qualifizierungszuschuss, sowie<br />
Beihilfen für die Schaffung von<br />
Arbeitsplätzen gewährt.<br />
Unternehmen, die sich überwiegend<br />
in staatlichem Eigentum befinden, werden<br />
für zehn Jahre ab Inbetriebnahme<br />
der F+E Investition von 80% der Körperschaftssteuer<br />
befreit, <strong>und</strong> können knapp<br />
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