Industrieanzeiger 05.2021
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TOPSTORY » Nachhaltige Produktion<br />
Bild: Engl<br />
„Das Verantwortungsbewusstsein<br />
ist deutlich<br />
gewachsen. Trotzdem<br />
bleibt noch viel zu<br />
tun“, sagt Werkzeugbauer<br />
Johannes Engl.<br />
Doch Nachhaltigkeit geht weit über den sorgsamen<br />
Umgang mit Ressourcen und Schadstoffemissionen<br />
hinaus. Wichtig ist vielmehr, ökologische,<br />
ökonomische und soziale Aspekten gut gegeneinander<br />
auszutarieren.<br />
Das hat auch Johannes Engl erkannt. Der Werkzeugmacher<br />
beschäftigt sich seit 2011 mit Gemeinwohlökonomie.<br />
Sie bemisst den Erfolg eines Unternehmens<br />
auch am Beitrag zum Nutzen der Gemeinschaft.<br />
„Das Mindset ändert sich“, sagt Engl. „2008<br />
und 2009 haben viele noch anders gedacht als heute.<br />
Das Verantwortungsbewusstsein für die Folgegenerationen<br />
und die Umwelt ist deutlich gewachsen.“<br />
Dennoch müsse sich hier noch viel ändern.<br />
Engl berichtet, dass sowohl seine Lieferanten als<br />
auch die Mitarbeitenden den Philosophiewandel sehr<br />
positiv aufgenommen haben. Bei den Kunden waren<br />
die Reaktionen eher verhalten oder gar nicht vorhanden.<br />
Der Werkzeugmacher fordert von der Politik ein<br />
entschlosseneres Handeln und wettbewerbsneutrale<br />
Maßnahmen, die der Gemeinwohl-Philosophie nicht<br />
schaden, statt die Macht allzu oft an Lobbygruppen<br />
abzugeben.<br />
Auch Heinz Kolb, Management-Beauftragter der<br />
Grob-Werke, sieht im sozialen Aspekt einen ganz<br />
wesentlichen Teil der Nachhaltigkeit. „Seit etwa<br />
2014 sind wir damit konfrontiert, dass Kunden unseren<br />
Nachhaltigkeitsstatus abprüfen und dafür auch<br />
externe Dienstleister wie NQC oder EcoVadis einsetzen.“<br />
Deren Fragebögen reichten weit über den schonenden<br />
Umgang mit Ressourcen und Umwelt hinaus<br />
und beträfen unter anderem auch das Unternehmensleitbild,<br />
die Geschäftsethik, die Arbeitsbedingungen<br />
und Menschenrechten, die Arbeitssicherheit<br />
oder die Beschaffungsphilosophie.<br />
„Das Wohl der Mitarbeiter steht bei Fragen rund<br />
um die Nachhaltigkeit viel stärker im Fokus als das<br />
gemeinhin angenommen wird“, sagt Kolb. In<br />
Deutschland seien viele Rechte und Pflichten bereits<br />
durch Gesetze und Verordnungen geregelt. Deshalb<br />
sei es mitunter schwierig, entsprechende Nachweise<br />
zu führen. „Wer aber ein gutes Umwelt- und Energiemanagementsystem<br />
aufgebaut hat, der kann damit<br />
schon viele Fragen beantworten.“ Denn die Zertifizierungen<br />
nach der Umweltmanagement-Norm ISO<br />
14001, der Energiemanagement-Norm ISO 50001<br />
oder der Arbeitsschutzmanagement-Norm OHRIS<br />
setzt einen funktionierenden Regelkreis und eine<br />
kontinuierliche Verbesserung voraus.<br />
Kolb sieht aber auch, dass das Thema Nachhaltigkeit<br />
mit Augenmaß behandelt werden muss. „Wir<br />
können von einem Zulieferer mit 20 oder 50 Mitarbeitern<br />
kein umfassendes Nachhaltigkeitskonzept<br />
verlangen. Das kann er einfach nicht leisten. Und<br />
trotzdem werden diese Unternehmen auch künftig<br />
wichtig sein für uns.“<br />
Rohmaterial aus sauberen Quellen<br />
Mit dem sorgsamen Umgang mit Rohstoffen, deren<br />
Herkunft und Recycling spricht Steffen Baur von<br />
Ceratizit einen weiteren Aspekte der Nachhaltigkeit<br />
an. „Die amerikanische ‚Security and Exchange<br />
Comission‘ gibt klare Vorgaben an die Hand bezüglich<br />
der Nachweispflicht für konfliktfreie Rohstoffe,<br />
die für die gesamte Lieferkette gelten. Zusammen<br />
mit anderen Wolfram-Verarbeitern haben wir die<br />
Arbeitsgruppe ‚Tungsten Industry Conflict Minerals<br />
Council‘ gegründet.“ Das TI-CMC habe eine einheit -<br />
liche Vorgehensweise entwickelt, um Schmelzhütten<br />
hinsichtlich ihrer Compliance zu überprüfen. Es arbeitet<br />
mit Organisationen anderer Branchen, etwa<br />
der Responsible Minerals Initiative (RMI) zusammen,<br />
um neben Wolfram auch andere Mineralien wie Kobalt,<br />
Tantal, Zinn oder Gold abdecken zu können. Als<br />
Ergebnis erhalten die angeschlossenen Unternehmen<br />
eine Liste mit vertrauenswürdigen Lieferanten.<br />
Haidlmair bot interessierten Mitarbeitern vergünstigte Konditionen beim<br />
Kauf eines E-Autos und hat so seinen CO 2<br />
-Footprint weiter reduziert.<br />
Bild: Haidlmair<br />
Auch Teil einer nachhaltigen Betriebsphilosophie – eine Wildblumenwiese<br />
auf dem Firmengelände, die Insekten Nahrung bietet.<br />
Bild: Grob<br />
38 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 05|2021