Industrieanzeiger 05.2021

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15.03.2021 Aufrufe

TOPSTORY » Nachhaltige Produktion Bild: DMG Mori „Langfristig werden nur Unternehmen erfolgreich sein, die nachhaltig wirtschaften“, sagt Dr. Maurice Eschweiler, General - bevollmächtigter der DMG Mori AG. Erst der ausgewogene Dreiklang aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten führt zu nachhaltigem Wirtschaften. bessert“, berichtet Steffen Baur, der bei Ceratizit das Produktmanagement leitet. „Auch bei der Erweiterung des Standorts haben wir auf den Ressourceneinsatz geachtet: Wo möglich, nutzten wir den nachwachsenden Rohstoff Holz als Baumaterial.“ Auf diese nachhaltige Bauweise sowie auf beste Isolierung, Strom aus der eigenen Photovoltaik-An lage und Energierückgewinnung setzte der Hartmetallspezialist auch beim neuen Logistikzentrum in Kempten. Dass solche Maßnahmen nicht nur für die großen Player in der Fertigungswelt realisierbar sind, das zeigen zwei Werkzeug- und Formenbauer unterschiedlicher Betriebsgröße – Haidlmair mit Stammsitz im österreichischen Nußbach beschäftigt weltweit etwa 500 Mitarbeiter, die Hanns Engl o.H.G in Bozen ist mit rund 20 Beschäftigten das kleinste der hier betrachteten Unternehmen. Die Gründe für das Engagement beschreiben sowohl Willibald Wind - hager, Leiter Forschung & Entwicklung sowie Nachhaltigkeitsbeauftragter bei Haidlmair, als auch Johannes Engl, Geschäftsführer des Südtiroler Familienbetriebs, so: „Wir leben in einer landschaftlich sehr schönen Gegend und erleben jeden Tag, wie wertvoll und wichtig die Natur für uns Menschen ist. Deshalb setzen wir uns bereits seit vielen Jahren dafür ein, die Auswirkungen unseres betrieblichen Handelns auf die Umwelt so gering wie möglich zu halten.“ Johannes Engl beschäftigt sich seit 15 Jahren mit Nachhaltigkeit und sagt: „Wir sind schrittweise ins Thema hineingewachsen. Als kleines Unternehmen haben wir den Vorteil, dass die Geschäfts leitung diebei Hermle im Blick, als sie vor einigen Jahren die eigene Gießerei für Mineralguss-Maschinenbetten konzipierten. Die Nähe zum Stammsitz in Gosheim sorgte für kurze Transportwege und eine sichere Lieferkette. Die gesamte Gebäudetechnik und alle Abläufe wurden energetisch optimiert. Die Silos für das Rohmaterial sind im Gebäude untergebracht, was für eine konstante Temperatur beim Gießen sorgt – unabhängig von der Außentemperatur – und so nicht nur Energie spart, sondern auch eine konstante Qualität sichert. Selbst für die Materialanlieferung muss das Gebäude nicht geöffnet werden. Kompressoren gewährleisten das energieeffiziente Befüllen der Silos. Eine Wärmepumpe sorgt in Kombination mit einer Industrieflächenheizung für energiereduziertes Heizen der Büros und der Produktionshalle. Erst bei Temperaturen unter –5° C muss zugeheizt werden. Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen Energieeinsparungen von bis zu 80 % im Vergleich zur vorherigen Nutzung am Standort Mamer in Luxemburg sicherten Ceratizit 2014 den Green Facility Management Award. Die Basis dafür war eine umfassende Renovierung des Heizungs-, Lüftungs- und Kühlsystems. Den Wärmebedarf deckt der Werkzeughersteller dort heute zu 90 % durch die Abwärme der Maschinen. Ähnliche Maßnahmen setzte der Werkzeughersteller auch an anderen Standorten um. „Für unsere Produktion in Reutte bestätigt ein ISO 50001-Zertifikat seit 2013 ein systematisches Energiemanagement, das die Effizienz kontinuierlich ver- Bild: Engl 36 Industrieanzeiger » 05|2021

Photovoltaik, gute Gebäudeisolierung und viel Tageslicht reduzieren bei Haidlmair in Nußbach die CO 2 - Emissionen erheblich. Bild: Haidlmair se Werte direkt vorleben kann.“ Im Familienbetrieb sei es oft einfacher, solche Ideen umzusetzen, weil man keine mittlere Managementebene überzeugen müssen und schnell auf den Punkt kommen könne. Als die Südtiroler 2007 einen Neubau planten, war das Ziel, für mindestens 20 bis 30 Jahre den steigenden Anforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Eine energieeffiziente Temperierung der Werkhalle auf ± 2 Grad kommt nicht nur der Präzision der produzierten Werkzeuge zugute, sie fördert – zusammen mit einer guten Luftqualität – auch das Wohlbefinden der Mitarbeiter und damit deren Leistungsfähigkeit. Rund 15 % des Strombedarfs deckt die eigene Solaranlage, der Rest wird als Ökostrom zugekauft. Durch die Kompensation von rund 90 t CO 2 -Äquivalent ist Engl heute klimaneutral. Wie Engl betreibt auch Haidlmair eine eigene Photovoltaikanlage. Was darüber hinaus an elektrischer Energie benötigt wird, kaufen die Nußbacher in Form von Wasserkraft-Strom zu. „Allein dadurch konnten wir unsere CO 2 -Emissionen in den letzten Jahren um 90 Prozent senken“, sagt Willibald Windhager. Das Unternehmen habe konsequent in die Infrastruktur investiert, die Beleuchtung auf energiesparende LED- Technologie umgestellt, die Lüftungsanlage und die Wärmedämmung optimiert sowie Hitzeschutzverglasung installiert, um den Bedarf an Klimatisierung zu minimieren. Selbstverständlich sind für die Österreicher eine konsequente Mülltrennung, das Recycling von Wertstoffen oder der regionale Einkauf von Stahl und Zukaufteilen. „Durch die kurzen Transport- und Lieferwege sparen wir nicht nur CO 2 , gibt Windhager zu bedenken, „sie haben in der kritischen Phase von Corona auch unsere Lieferketten gesichert.“ Vor zwei Jahren startete Haidlmair erstmals eine Aktion und bot interessierten Mitarbeitern vergünstigte Kaufkonditionen für ein Elektroauto an. Inzwischen sind rund 15 % der Belegschaft mit E-Fahrzeugen von BMW und Volkswagen unterwegs, deren Batterien während der Arbeitszeit an eigens installierten Stationen kostenlos geladen werden können. Der Strom dafür kommt aus der hauseigenen Photovoltaikanlage. Auch das spart in der Unternehmensbilanz laut Windhager rund 10 t CO 2 . Vor einem Jahr kleidete Haidlmair den bunten Strauß an Maßnahmen in eine konsequente Strategie. Dafür steht auch der neue Unternehmens-Claim: „Productivity for Sustainability“. Laut Windhager bringt dieses zielgerichtete Vorgehen echte Wettbewerbsvorteile: „Wer in Sachen Nachhaltigkeit noch nicht aktiv ist, der wird in den kommenden Jahren den Druck der Öffentlichkeit zu spüren bekommen. Außerdem hilft uns unser Erfahrungsvorsprung schon heute, unsere Kunden auf ihrem Weg in eine nachhaltigere Zukunft zu unterstützen.“ Deutsche Industrie mit hohen Zielen Dass er mit dieser Einschätzung richtig liegt, belegt auch die Wintererhebung 2020/21 des Energieeffizienz-Index (EEI), an der mehr als 880 Unternehmen aus über 20 Branchen teilgenommen haben. Sie zeigt einen erneuten Anstieg der Bedeutung von Energieeffizienz in der deutschen Industrie. Laut dem Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart stabilisierte sich der EEI – nach einem kurzfristigen Einbruch im Zuge der Corona- Pandemie im Frühjahr 2020 – auf dem Vorjahres - niveau. „Bei den Energieeffizienz-Investitionen wurde nur knapp ein neuer absoluter Höchstwert verfehlt“, berichtet Prof. Alexander Sauer, Leiter des EEP. Die Erhebung sollte auch die Frage klären, auf welche Aspekte Unternehmen ihre Nachhaltigkeits - strategie ausrichten. Am häufigsten wurde das Optimieren des Energiebedarfs genannt (30 %). Ein weiteres Viertel der Antworten entfielen auf die CO 2 –Reduktion, jeweils 18 % gaben an, sich an der Reduzierung aller Treibhausgas-Emissionen sowie aller Umweltauswirkungen zu orientieren. Bild: Grob „Das Wohl der Mitarbeiter steht bei der Nachhaltigkeit stärker im Fokus als oft angenommen“, sagt Heinz Kolb, Managementbeauftragter bei Grob. Industrieanzeiger » 05|2021 37

TOPSTORY » Nachhaltige Produktion<br />

Bild: DMG Mori<br />

„Langfristig werden<br />

nur Unternehmen<br />

erfolgreich sein, die<br />

nachhaltig wirtschaften“,<br />

sagt Dr. Maurice<br />

Eschweiler, General -<br />

bevollmächtigter der<br />

DMG Mori AG.<br />

Erst der ausgewogene<br />

Dreiklang aus ökologischen,<br />

ökonomischen<br />

und sozialen Aspekten<br />

führt zu nachhaltigem<br />

Wirtschaften.<br />

bessert“, berichtet Steffen Baur, der bei Ceratizit das<br />

Produktmanagement leitet. „Auch bei der Erweiterung<br />

des Standorts haben wir auf den Ressourceneinsatz<br />

geachtet: Wo möglich, nutzten wir den nachwachsenden<br />

Rohstoff Holz als Baumaterial.“ Auf diese<br />

nachhaltige Bauweise sowie auf beste Isolierung,<br />

Strom aus der eigenen Photovoltaik-An lage und<br />

Energierückgewinnung setzte der Hartmetallspezialist<br />

auch beim neuen Logistikzentrum in Kempten.<br />

Dass solche Maßnahmen nicht nur für die großen<br />

Player in der Fertigungswelt realisierbar sind, das<br />

zeigen zwei Werkzeug- und Formenbauer unterschiedlicher<br />

Betriebsgröße – Haidlmair mit Stammsitz<br />

im österreichischen Nußbach beschäftigt weltweit<br />

etwa 500 Mitarbeiter, die Hanns Engl o.H.G in<br />

Bozen ist mit rund 20 Beschäftigten das kleinste der<br />

hier betrachteten Unternehmen. Die Gründe für das<br />

Engagement beschreiben sowohl Willibald Wind -<br />

hager, Leiter Forschung & Entwicklung sowie Nachhaltigkeitsbeauftragter<br />

bei Haidlmair, als auch Johannes<br />

Engl, Geschäftsführer des Südtiroler Familienbetriebs,<br />

so: „Wir leben in einer landschaftlich sehr<br />

schönen Gegend und erleben jeden Tag, wie wertvoll<br />

und wichtig die Natur für uns Menschen ist. Deshalb<br />

setzen wir uns bereits seit vielen Jahren dafür ein,<br />

die Auswirkungen unseres betrieblichen Handelns<br />

auf die Umwelt so gering wie möglich zu halten.“<br />

Johannes Engl beschäftigt sich seit 15 Jahren mit<br />

Nachhaltigkeit und sagt: „Wir sind schrittweise ins<br />

Thema hineingewachsen. Als kleines Unternehmen<br />

haben wir den Vorteil, dass die Geschäfts leitung diebei<br />

Hermle im Blick, als sie vor einigen Jahren die<br />

eigene Gießerei für Mineralguss-Maschinenbetten<br />

konzipierten. Die Nähe zum Stammsitz in Gosheim<br />

sorgte für kurze Transportwege und eine sichere Lieferkette.<br />

Die gesamte Gebäudetechnik und alle Abläufe<br />

wurden energetisch optimiert. Die Silos für das<br />

Rohmaterial sind im Gebäude untergebracht, was für<br />

eine konstante Temperatur beim Gießen sorgt – unabhängig<br />

von der Außentemperatur – und so nicht<br />

nur Energie spart, sondern auch eine konstante Qualität<br />

sichert. Selbst für die Materialanlieferung muss<br />

das Gebäude nicht geöffnet werden. Kompressoren<br />

gewährleisten das energieeffiziente Befüllen der Silos.<br />

Eine Wärmepumpe sorgt in Kombination mit einer<br />

Industrieflächenheizung für energiereduziertes<br />

Heizen der Büros und der Produktionshalle. Erst bei<br />

Temperaturen unter –5° C muss zugeheizt werden.<br />

Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen<br />

Energieeinsparungen von bis zu 80 % im Vergleich<br />

zur vorherigen Nutzung am Standort Mamer in Luxemburg<br />

sicherten Ceratizit 2014 den Green Facility<br />

Management Award. Die Basis dafür war eine umfassende<br />

Renovierung des Heizungs-, Lüftungs- und<br />

Kühlsystems. Den Wärmebedarf deckt der Werkzeughersteller<br />

dort heute zu 90 % durch die Abwärme der<br />

Maschinen. Ähnliche Maßnahmen setzte der Werkzeughersteller<br />

auch an anderen Standorten um. „Für<br />

unsere Produktion in Reutte bestätigt ein ISO<br />

50001-Zertifikat seit 2013 ein systematisches Energiemanagement,<br />

das die Effizienz kontinuierlich ver-<br />

Bild: Engl<br />

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