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Sabine Houtrouw: Steinstraßendetektive (Blick ins Buch)

Das Geheimnis in der Werkstatt Hallo Freunde, kennt ihr das auch? Verregnete Weihnachtsferien und jede Menge Langeweile? So sah das bei uns auch aus. Nix mit Schlitten fahren und Schneeballschlacht. Zum Glück habe ich meine Freunde Jan, Sven und Florian, mit denen ich schon einige schöne Spielenachmittage erlebt hab. Am Tag, als diese Geschichte beginnt, war es jedoch ein bisschen anders. Wir waren gerade mitten im Spiel, als ein lauter Knall durch die Siedlung Steinstraße tönte. Das alleine hätte uns jetzt nicht vom Hocker gehauen, wenn sich unser Hausmeister danach nicht so überaus merkwürdig verhalten hätte. Ich habe sofort einen neuen Fall gewittert und obendrauf noch einen ganz fiesen Gestank!Was das war? Nun, dafür müsst ihr die ganze Geschichte erfahren. Also los, schlagt das Buch auf! Ich warte auf euch. ​Eure Rosalinde

Das Geheimnis in der Werkstatt

Hallo Freunde, kennt ihr das auch?
Verregnete Weihnachtsferien und jede Menge Langeweile? So sah das bei uns auch aus. Nix mit Schlitten fahren und Schneeballschlacht. Zum Glück habe ich meine Freunde Jan, Sven und Florian, mit denen ich schon einige schöne Spielenachmittage erlebt hab. Am Tag, als diese Geschichte beginnt, war es jedoch ein bisschen anders. Wir waren gerade mitten im Spiel, als ein lauter Knall durch die Siedlung Steinstraße tönte. Das alleine hätte uns jetzt nicht vom Hocker gehauen, wenn sich unser Hausmeister danach nicht so überaus merkwürdig verhalten hätte. Ich habe sofort einen neuen Fall gewittert und obendrauf noch einen ganz fiesen Gestank!Was das war?
Nun, dafür müsst ihr die ganze Geschichte erfahren. Also los, schlagt das Buch auf! Ich warte auf euch.
​Eure Rosalinde

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<strong>Blick</strong> <strong>ins</strong> <strong>Buch</strong>


Herausgeber: ELVEA<br />

© Elvea & <strong>Sabine</strong> <strong>Houtrouw</strong> 2021<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Das Werk darf, auch teilweise,<br />

nur mit Genehmigung der Autorin<br />

weitergegeben werden.<br />

Autorin: <strong>Sabine</strong> <strong>Houtrouw</strong><br />

Lektorat: Antje Haugg, Sabrina Haugg<br />

Bilder: Denis Christo<br />

Covergestaltung/Grafik: ELVEA<br />

Layout: Uwe Köhl<br />

Projektleitung<br />

www.bookunit.de<br />

ISBN: 978-3753160887


<strong>Sabine</strong> <strong>Houtrouw</strong><br />

<strong>Ste<strong>ins</strong>traßendetektive</strong><br />

Das Geheimnis in der Werkstatt


Autorin<br />

<strong>Sabine</strong> <strong>Houtrouw</strong> arbeitet<br />

als staatlich anerkannte<br />

Erzieherin und ist Leiterin<br />

verschiedener Kinder und<br />

Jugendgruppen der evangelischen<br />

Kirche.<br />

Geboren wurde sie 1980<br />

im Saarland, machte dort<br />

ihre Ausbildung und zog<br />

2001 <strong>ins</strong> Rheinland, wo sie seither mit ihrer<br />

Familie lebt und arbeitet.<br />

Die <strong>Ste<strong>ins</strong>traßendetektive</strong> sind auf Bitte ihrer<br />

Söhne Tristan und Arjen entstanden, die sich<br />

eine persönliche Geschichte wünschten. Neben<br />

den beiden, durften auch ihr Mann, ihre Mutter<br />

und die Schwiegereltern Einfluss auf die Geschehnisse<br />

im <strong>Buch</strong> nehmen.<br />

Das Geheimnis in der Werkstatt ist ihr erstes<br />

eigenes Kinderbuch, aber bestimmt nicht das<br />

letzte!


1<br />

Sven<br />

Der <strong>Blick</strong> aus dem Fenster bestätigte<br />

das, was Sven schon durch das<br />

Prasseln aufs Dach befürchtet hatte.<br />

Es regnete und das nicht zu knapp.<br />

Was bitte konnte man bei so einem<br />

Wetter mit der freien Zeit anfangen?<br />

Es waren doch schließlich Ferien!<br />

Seufzend stützte er das Kinn auf die<br />

Hände und schaute missmutig in den<br />

Hof und zur Straße hinunter.<br />

5


Sein <strong>Blick</strong> fiel auf den alten Mann,<br />

der fröhlich in Richtung des kleinen<br />

Parkplatzes hopste. Das war doch<br />

jetzt nicht sein Ernst. Er würde doch<br />

nicht etwa … Gebannt beobachtete<br />

Sven, wie der alte Kerl in sein Cabrio<br />

e<strong>ins</strong>tieg und allen Ernstes das Verdeck<br />

öffnete. Der Typ konnte doch wirklich<br />

nicht mehr ganz dicht sein.<br />

Andere Menschen fuhren Cabrio,<br />

sobald die Sonne schien und Opa<br />

Jupp aus dem Erdgeschoss fuhr,<br />

sobald es regnete.<br />

Die Sonne wurde dann genutzt, um<br />

den Innenraum wieder zu trocknen.<br />

Ob das so wirklich viel brachte, wagte<br />

Sven zu bezweifeln. Das Auto sah<br />

jedenfalls ähnlich schäbig aus wie<br />

sein Besitzer.<br />

Opa Jupp war schon über 90 Jahre<br />

alt, aber dafür körperlich noch recht<br />

fit. Er sah ein bisschen aus wie der<br />

ungepflegte ältere Bruder des<br />

Weihnachtsmanns. Seine langen<br />

6


weißen Haare waren zottelig und<br />

ungepflegt. Der Bart hatte eine<br />

beachtliche Länge und würde im<br />

nächsten Frühjahr vermutlich einen<br />

wunderbaren Nistplatz für Vögel<br />

abgeben. Was erwartete man auch<br />

bei jemandem, der im Regen Cabrio<br />

fuhr? Aber nett war Opa Jupp schon.<br />

Sven war mit seinen Eltern<br />

hergezogen, als er noch ganz klein<br />

war. Seine Mutter war schwanger<br />

gewesen mit den Zwillingen<br />

Annelotte und Liselotte. Da war die<br />

alte Wohnung einfach zu klein<br />

gewesen und sie waren in das<br />

Mehrparteienhaus in der Ste<strong>ins</strong>traße<br />

gezogen. Opa Jupp hatte ihm als<br />

kleinem Bub schon immer einen Lolli<br />

geschenkt. Er schien einen endlosen<br />

Vorrat an Lollis zu besitzen.<br />

Am Anfang hatte Opa Jupp ihm ein<br />

bisschen Angst gemacht. Abgesehen<br />

von der optischen Erscheinung hatte<br />

Sven ihn einfach nicht verstanden.<br />

7


Als Sven etwas älter wurde, merkte<br />

er, dass dies an dem lockeren Gebiss<br />

des alten Mannes lag. Er hatte sich<br />

dann durchaus gerne mit ihm<br />

unterhalten. Zum einen konnte Opa<br />

Jupp tolle Geschichten erzählen – die<br />

meisten hatten mit dem Cabrio und<br />

der Polizei zu tun – und zum anderen<br />

war das Klappern im Mund einfach<br />

zu komisch.<br />

Inzwischen war Sven 14 Jahre alt<br />

und die Zwillinge 10 Jahre. Dennoch<br />

bekam er weiterhin von Opa Jupp<br />

einen Lolli, wann immer sie sich<br />

trafen. Sven war der Meinung, dass<br />

man für Lollis nie zu alt war.<br />

Nachdem Opa Jupp mit dem Cabrio<br />

um die Ecke verschwunden war,<br />

überlegte sich Sven, was er heute<br />

machen wollte. Aufstehen und<br />

Anziehen wäre ein guter Plan.<br />

Immerhin war es schon nach Elf.<br />

Er suchte sich im Kleiderschrank<br />

seine Klamotten und zog sich an.<br />

8


Die meisten Sachen, die er hatte,<br />

waren grün. Seine Mutter fand, dass<br />

die ganz toll zu seinen roten Haaren<br />

passten. Wenn Sven sich allerdings<br />

im Spiegel betrachtete, war er da<br />

nicht so sicher. Er stylte sich die<br />

lockigen Haare, damit er zumindest<br />

etwas cool aussah. Trotzdem war er<br />

zu dünn und schlaksig, um bei den<br />

Mädchen gut anzukommen.<br />

Lediglich seine Sommersprossen<br />

fanden sie süß und erwähnten das<br />

immer wieder. Echt jetzt? Welcher<br />

Junge wollte von den Mädchen in<br />

seiner Klasse süß gefunden werden?<br />

Mädchen waren süß! Besonders<br />

Rosalinde aus seiner Klasse. Hach,<br />

war die niedlich! Und wohnte nur drei<br />

Häuser weiter in der zweiten Etage.<br />

Bei der hätte Sven gerne eine Chance<br />

gehabt, aber irgendwie schien sie<br />

nicht zu merken, was Sache war.<br />

Vielleicht war das auch besser so.<br />

9


Sven hatte sich vorgenommen, etwas<br />

für seinen Körper zu tun. In zwei<br />

Wochen war sein Geburtstag und ab<br />

dann durften seine Eltern ihn im<br />

Sportstudio anmelden. Da würde er<br />

sich ein paar Muckis zulegen.<br />

Sein Ziel war es, so gut auszusehen<br />

wie Herr Mathias, der Hausmeister<br />

aus dem Nebenhaus, der mit<br />

Vornamen Harry hieß. Oder hieß er<br />

Mathias und Harry mit Nachnamen?<br />

Keine Ahnung, war aber auch egal.<br />

Der sah mal echt spitze aus! Wenn<br />

der draußen mit der Heckenschere zu<br />

Gange war, natürlich mit nacktem<br />

Oberkörper, dann sah man alle<br />

Frauen der Siedlung wie zufällig hin<br />

und herlaufen, um einen <strong>Blick</strong> auf ihn<br />

zu erhaschen.<br />

Ein weiterer <strong>Blick</strong> auf sein eigenes<br />

Spiegelbild und er seufzte wieder.<br />

Vor ihm lag eine Menge Arbeit, aber<br />

er würde es schaffen!<br />

10


2<br />

Florian<br />

Florian saß an seinem PC, als das<br />

Telefon klingelte. Ein kurzer <strong>Blick</strong> auf<br />

das Display und er meldete sich mit<br />

den Worten:<br />

»Hi Sven.«<br />

»Hi Flumi. Draußen geht was ab, das<br />

hast du noch nicht erlebt!«<br />

»Erstens heißt es Fluminox und nicht<br />

Flumi. Und zweitens: Hat das noch<br />

11


nicht Erlebte was mit dem seltsamen<br />

alten Mann im Cabrio zu tun?«<br />

»Ja, Opa Jupp ist wieder on Tour.<br />

Okay, damit kann ich dich nicht vom<br />

Hocker reißen. Me<strong>ins</strong>t du, es ist<br />

möglich, dass wir was zusammen<br />

machen heute? Ich hab so gar keine<br />

Lust auf Eiskönigin mit den beiden<br />

Kröten.«<br />

»Alles ist möglich, solange du<br />

glaubst, dass es möglich ist, Sven.«<br />

»Danke Flumi. Äh Fluminox. Sag mal,<br />

bist du nicht langsam zu alt für den<br />

Spitz … Ach vergiss es, schon gut.<br />

Wann kann ich rüber kommen?<br />

In einer Stunde?«<br />

»Ja das passt. Bis gleich.«<br />

Florian war der beste Freund von<br />

Sven und kannte demnach auch<br />

seine Schwestern nur zu gut. Kleine<br />

Schwestern waren ja eh schon die<br />

Pest, aber im Doppelpack so gar nicht<br />

zu ertragen. Er selbst hatte nur<br />

12


seinen großen Bruder Paul und der<br />

war eh mehr unterwegs als zu Hause.<br />

Also war es kein Problem, wenn sie<br />

sich in der Regel bei ihm trafen.<br />

Hier hatten sie Platz und Ruhe.<br />

Sie spielten für ihr Leben gerne<br />

Brettspiele aller Art. Da das zu zweit<br />

aber ziemlich unspektakulär war,<br />

hatten sie zum einen Jan in die<br />

Gruppe aufgenommen und auch<br />

Rosalinde aus ihrer Klasse.<br />

Sven schien sie sehr zu mögen und<br />

eigentlich war sie auch ganz nett.<br />

Optisch war sie jetzt nichts<br />

Besonderes. Recht klein und ein wenig<br />

pummelig. Ihre langen blonden<br />

Haare trug sie meist in einem<br />

Pferdeschwanz, wobei eine Strähne<br />

immer frei hing. Sobald Rosalinde<br />

konzentriert war, wickelte sie sich die<br />

Strähne um den Finger. Immer wieder<br />

und wieder, bis sich eine richtige<br />

Korkenzieherlocke bildete. Wenn sie<br />

dann noch die Stupsnase kraus zog,<br />

13


konnte Florian in den Augen seines<br />

besten Freundes bereits die Herzchen<br />

leuchten sehen. Ob Rosalinde das<br />

gleiche Interesse an Sven hatte,<br />

konnte Florian beim besten Willen<br />

nicht sagen. Wer verstand die<br />

Mädchen schon.<br />

Florian, der seinen alten Spitznamen<br />

Fluminox einfach liebte und bei jedem<br />

PC Spiel auch als Spielernamen<br />

verwendete, war recht groß<br />

gewachsen, schlank und unter den<br />

struppigen blonden Haaren<br />

leuchteten die strahlend grünen<br />

Augen. Ein <strong>Blick</strong> durch sein Zimmer<br />

sagte ihm, dass er dringend noch<br />

aufräumen musste. Überall lagen<br />

Werkzeuge rum, denn er bastelte für<br />

sein Leben gerne. Am liebsten würde<br />

er mal ein großer Erfinder werden,<br />

denn Ideen hatte er immer genug.<br />

Allerdings waren seine Eltern von<br />

diesem Berufswunsch nicht so ganz<br />

überzeugt. Wirkliche Begeisterung für<br />

14


jedes neue Werkstück erntete er<br />

dagegen von seinem Kumpel Jan.<br />

Jan wohnte im gleichen Haus wie<br />

Florian. Er war erst letztes Jahr mit<br />

seinen Eltern hergezogen und ging<br />

auf eine andere Schule. Er sagte<br />

zwar, dass er schon 18 wäre, aber<br />

von seinem Verhalten her konnte<br />

man sich das schlecht vorstellen.<br />

Was das Aussehen betraf, hätten die<br />

beiden Brüder sein können. Da war<br />

deutlich mehr Ähnlichkeit als zu<br />

seinem richtigen Bruder, was Florian<br />

echt krass fand. Jans Verhalten war<br />

speziell und sein Humor eigenartig.<br />

Zudem benutzte Jan unheimlich oft<br />

Worte, die niemand verstand.<br />

Da Jan mit seiner Familie aus Island<br />

kam, tippte Florian am ehesten auf<br />

Isländisch. Wobei er sich nicht richtig<br />

vorstellen konnte, dass »Blubili«<br />

dort tatsächlich »Hallo« bedeutete.<br />

Irgendwie hatten die vier<br />

Jugendlichen sich gesucht und<br />

15


gefunden und ihre Spielgruppe<br />

gegründet. Wenn Sven also nachher<br />

vorbeikommen würde, konnte es<br />

nicht schaden auch Rosalinde und<br />

Jan einzuladen.<br />

Florian schrieb eine entsprechende<br />

Nachricht in ihre WhatsApp–Gruppe<br />

und machte sich anschließend ans<br />

Aufräumen.<br />

16


3<br />

Rosalinde<br />

Rosalinde saß in ihrem Zimmer und<br />

blickte missmutig in den Spiegel.<br />

Sie drehte den Kopf von links nach<br />

rechts und verglich ihr Gesicht mit<br />

dem Bild in der Zeitschrift neben sich.<br />

Ihr Teenie–Idol strahlte sie mit dem<br />

perfekten Make–up an, und direkt<br />

daneben war die Überschrift zu lesen:<br />

So gelingt dir dieses Make–up ganz<br />

sicher in Rekordzeit.<br />

17


Rosalinde hatte 45 Minuten mit<br />

P<strong>ins</strong>el, Schwämmchen, Quaste und<br />

Ähnlichem hantiert. Das war weit<br />

entfernt von jeglicher Rekordzeit.<br />

Und was das ganz sichere Gelingen<br />

betraf, nun ja, jeder Indianerstamm<br />

hätte sie mit auf den Kriegspfad<br />

genommen. Eigentlich hätte sie sich<br />

gerne an den Spruch gehalten,<br />

wahre Schönheit kommt von innen,<br />

aber wenn sie die anderen Mädchen<br />

in ihrer Klasse so sah, dann schien<br />

der Spruch doch recht Out zu sein.<br />

Was für ein Mist. In, Out, hip und cool<br />

– war es wirklich das, worum es im<br />

Leben einer 15–Jährigen ging?<br />

Ja verdammt! Sollte es so sein?<br />

Nein, wohl eher nicht. Frustriert<br />

schob sich Rosalinde eine Praline in<br />

den Mund und begann sich<br />

abzuschminken. Das würde weitere<br />

15 Minuten brauchen und sie hätte<br />

ein krebsrotes Gesicht vom Rubbeln.<br />

Klar versprach die Werbung ein<br />

18


entspanntes Abschminken mit sanften<br />

Bewegungen und zwei Wattepads,<br />

aber die Realität, mit einem gefühlten<br />

halben Kilo Pampe im Gesicht, sah<br />

definitiv anders aus. Es half alles<br />

nichts. Sie wollte eigentlich in 20<br />

Minuten bei Florian sein. Das schaffte<br />

sie nie im Leben und würde mal<br />

wieder zu spät kommen.<br />

Nicht den Kopf hängen lassen und<br />

immer positiv bleiben. Ab morgen<br />

wird alles besser! Mit diesem Motto<br />

rettete sie sich durch den Tag.<br />

Zum Glück waren im Moment Ferien.<br />

Rosalinde mochte die Schule nicht.<br />

Die Hänseleien der Mitschüler hatten<br />

angefangen, als ihr Klassenlehrer<br />

damals in der Fünften zum ersten Mal<br />

ihren Namen laut vorgelesen hatte.<br />

Sie würden wohl auch anhalten, bis<br />

sie diese Schule wieder verließ.<br />

Warum musste ihre Mutter unbedingt<br />

den Namen ihrer Urgroßmutter an sie<br />

weitergeben, und warum hatte sich<br />

19


ihr Vater nicht wenigsten EINMAL im<br />

Leben durchgesetzt? Denn dann wäre<br />

sie jetzt Lisa und nicht Rosalinde.<br />

Aber es spielte keine Rolle, denn mit<br />

einem Nachnamen wie<br />

Schnabelschuh, waren Scherze<br />

lebenslänglich garantiert.<br />

Oder zumindest bis zur Hochzeit, was<br />

noch mindestens drei Jahre dauern<br />

würde und demnach einem<br />

Lebenslänglich gleich kam.<br />

Rosalinde ging <strong>ins</strong> Bad und<br />

betrachtete sich dort im großen<br />

Spiegel, was die Sache nicht besser<br />

machte. Zum Ersten war sie für ihr<br />

Gewicht definitiv zu klein, vermutlich<br />

circa 20 Zentimeter. Als Nächstes<br />

hatte sie Locken, die eigentlich echt<br />

schön waren. Dummerweise trugen<br />

die hippen Girls ihre Haare streng<br />

geglättet und damit war Rosalinde<br />

wieder raus. Sie hatte sich beim<br />

Glätten ihrer Haare einmal das Ohr<br />

so richtig verbrannt und seitdem nie<br />

20


wieder das Teufelseisen in die Hand<br />

genommen. Gegen blond war auch<br />

nichts einzuwenden. Ihre blauen<br />

Augen sah sie derzeit kaum im<br />

Spiegel. Das lag an den dicken<br />

verwischten Kajalbalken, die sie<br />

immer wieder nachgezogen hatte,<br />

weil die Linie einfach nicht<br />

gleichmäßig gelingen wollte, und<br />

daran, dass sie ohne Brille kaum was<br />

sah. Kontaktl<strong>ins</strong>en vertrug sie<br />

dummerweise nicht, klar, die trugen<br />

ja die halb blinden hippen Girls.<br />

Brille war total out.<br />

Karma ist echt für andere.<br />

Auf den Punkt gebracht, war sie die<br />

perfekte Außenseiterin. In einer Sache<br />

meinte das Leben es dann aber<br />

anscheinend doch gut mit ihr.<br />

Sie wohnte mit ihren Eltern in einer<br />

Wohnsiedlung, in der es anscheinend<br />

von Außenseitern nur so wimmelte.<br />

So war es ihr dann doch gelungen,<br />

ein paar gute Freunde zu finden, auch<br />

21


wenn das ausschließlich Jungs waren.<br />

Florian kannte sie aus dem<br />

Kindergarten. Es war damals schon<br />

echt klasse gewesen, was der aus<br />

Knetmasse gebaut hatte. Wenn er<br />

dann noch Lego Technik in die Finger<br />

bekam, ließ er als Vorschulkind jeden<br />

Grundschüler vor Neid erblassen.<br />

Jetzt kam zu dem Bastel– und<br />

Erfindertalent noch der Umgang mit<br />

dem PC dazu und damit war er der<br />

absolute Nerd.<br />

Jan, der im gleichen Haus wie Florian<br />

wohnte, war einfach speziell.<br />

Von seiner Größe und dem Körperbau<br />

her, wirkte er wie der Typ, dessen<br />

jüngere Freunde man besser in Ruhe<br />

ließ. Zumindest wenn man um die 15<br />

Jahre alt war. Von seiner Art her war<br />

er aber genauso pubertär wie die<br />

Jungs in ihrer Klasse. Im Gegensatz<br />

zu Florian hatte er zwei absolut linke<br />

Hände. Jan war schon schwer in<br />

Ordnung und konnte tolle Geschichten<br />

22


erzählen von seiner Heimat. So hatte<br />

sie sich Island zwar nie vorgestellt,<br />

aber sie war ja auch noch nie da<br />

gewesen.<br />

Tja und dann war da noch Sven.<br />

Er war zwar 5 Monate jünger als sie,<br />

aber voll süß! Seine roten Locken<br />

waren der Hammer. Wie bei Michael<br />

Schulte! Dazu die Sommersprossen,<br />

ach ja. Und er schien immer etwas<br />

verlegen zu sein, wenn sie ihn<br />

anlächelte. Auch voll süß! Aber ob er<br />

wirklich Interesse an ihr hatte?<br />

Keine Ahnung. Vielleicht stand er ja<br />

auf reifere Frauen. Eigentlich hatte<br />

sie den ganzen Kampf mit dem<br />

Make–up hauptsächlich geführt, um<br />

ihm zu gefallen. Wenn er aber keine<br />

Schwäche für Clowns hatte, würde es<br />

eher ein Reinfall werden. Wieder ein<br />

kräftiger Seufzer, und Rosalinde griff<br />

nach der Seife.<br />

23


Empfehlung<br />

Antje Haugg<br />

Die Teufelsbraten<br />

ISBN 978-3-946751-54-0<br />

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