Schwarze 9

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23.12.2012 Aufrufe

Die Abschaffung der Arbeit als einer Tätigkeit, die mit dem Gebot der Produktivität die Kreativität des Arbeitenden zerstört (1), kann nur durch die Veränderung der Organisation der Arbeit erreicht werden. (Ob dann jene veränderte Tätigkeit, die ihren Zweck nicht mehr allein im Produkt, im Ergebnis hätte, sondern schon um ihrer selbst willen mit Lust getan werden wollte, noch Arbeit zu nennen wäre, das scheint mir relativ gleichgültig zu sein. Ihr fehlte tatsächlich jeder Zwang - auch der Sachzwang - insofern sie nicht vom Ziel (Produkt) diktiert würde; die Trennung Zweck-Mittel wäre aufgehoben.) Die Lordstown-Autoren tun so, als sei es bisher stets um die Änderung der Arbeit gegangen, die einzig ernsthafte Lösung aber sei eben die Abschaffung der Arbeit. Abgesehen davon, daß wesentliche Veränderungen der Arbeitsorganisation von seiten der Arbeiter gerade nicht vollzogen sind, liegt der Fehler in dieser Gegenüberstellung. Offenbar geht es doch bei der "Abschaffung der Arbeit“ um nichts anderes als um eine fundamentale Änderung der Arbeitsorganisation - ich bin versucht zu sagen: um die Aufhebung der entfremdeten Arbeit. Aber wenn ich daran denke, wo überall die entfremdete Arbeit der Ideologie nach abgeschafft ist und wie die Arbeit dort aussieht, dann fürchte ich, die möglichen Mißverständnisse werden nur gefährlicher. Verstanden als Möglichkeit ist die "Abschaffung der Arbeit“ viel unmißverständlicher als die "Abschaffung der entfremdeten Arbeit" ... Die Gegenüberstellung von Abschaffung und Veränderung der Arbeit als Alternative kehrt lediglich die Argumentation derer um, die die Sabotage - von den Lordstown- Autoren etwas euphorisch auch schon als "Abschaffung der Arbeit" verstanden - mit dem Hinweis auf mögliche Veränderungen der an sich notwendigen Arbeit ablehnen. "Abschaffung der Arbeit" als Verweigerung der Arbeit so wie sie ist, kann Veränderungen der Arbeitsorganisation zur Folge haben, die ohne diese Verweigerung illusorisch blieben. Sie kann derart radikale Veränderungen zur Folge haben, daß von "Abschaffung der Arbeit“ zu reden wäre. Sie wird solche Veränderungen nur zur Folge haben, wenn Abschaffung der Arbeit nicht als Gegensatz von Änderung der Arbeit verstanden wird. Bleibt die Frage: Was bedeutet das alles für mich, wenn Ich aufhöre, darüber zu reden? Die Provokation bleibt. Ralph, Berlin (1) so etwa Vaneigen: "Die Pflicht zu produzieren entfremdet die Leidenschaft, schöpferisch zu handeln.“ (S. 59) Zu „Umweltschutz versus Ökologie" - Ein Interview mit Murray Bookchin, S.P. Nr.8, S. 12-18 Liebe Genossen! Das Thema in Eurer letzten Nummer "Umweltschutz versus Ökologie“ hat mich sehr interessiert, weil hier in einem relativ kleinem Teilgebiet sich jemand Gedanken

gemacht hat, wie er seinen Beitrag für die fortschreitende Entwicklung auf diesem Planeten sieht; das ist doch immer wieder dasselbe Handicap, was einem beim diskutieren passiert, daß unter dem Pseudoanspruch einer sogenannten Wissenschaftlichkeit entgegengehalten wird, wer imstande sei Fortschritt zu ersinnen (d.h. technologischen), der würde ja wohl als verantwortungsbewußter Wissenschafler sich auch über die damit einhergehenden Gefahren im klaren sein. Das scheint ja offensichtlich nicht der Fall zu sein, wenn ich da erfahre, wie die Koryphäen der Ökologie - sicher haben sie alle dicke Lehrbücher geschrieben - auf der von Bookchin erwähnten Umweltkonferenz in Stockholm die Neukonstruktion unseres Planeten erörterten. Ich schreibe nun allerdings nicht, um wohlgefälliger Claqueur zu sein, sondern weil mir - als Biologe aus dem selben Fach wie Bookchin, ohne vorher von ihm gehört zu haben - zum Thema Ökologie auch schon einiges eingefallen war, was mir der Diskussion wert zu sein scheint: Ich stimme mit ihm darüber ein, daß die Ökologie in erster Linie etwas über die Wechselwirkung in der Natur aussagen soll; wie diese zu interpretieren sind, um eine Konstruktion unserer Umwelt zu ermöglichen, das hängt eben ganz stark zusammen mit dieser gottverdammten Technologie, daß wir jede Pflanze und jedes Tier gleich als Modell ansehen für etwas, was funktionieren kann und soll. Ökologie muß sich darauf beschränken, kein Modellfall für die Technologie darzustellen, sondern hat die Aufgabe, die Komplexität von biologischen Vorgängen als Beispiel eines 3 Milliarden Jahre schon andauernden Prozesses zu erkennen; daran sei ständig gedacht, daß dieser Prozeß immer und immer wieder immensen Wandlungen unterzogen war, dennoch immer ein Gleichgewicht vorhanden war, das offensichtlich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erstmalig stark ins Wanken geraten ist. Wenn es möglich ist, diese Grundlage zu vermitteln, dann habe ich Hoffnung, daß dieser Fetisch Technologie endlich von seinem Thron gestoßen wird, der Individualisierung und Vermenschlichung unserer Gesellschaft nichts weiter im Wege steht. Was kommt danach? Bookchin nennt es befreiende Technologie. Ich halte diese Definition für etwas gequält, weil uns tagtäglich im „Hausgebrauch“ Güter angeboten werden, die uns von diesem oder jenem Arbeitsaufwand befreien sollen, sei es die elektrische Kaffeemahlmaschine oder das Suchtmittel Seife. Sicher wird es auch in Zukunft notwendig sein, Maschinen zu entwickeln, die uns zu einer Creativität provozieren - eben modifizierbar in ihrer Anwendung sind -, Güter zu produzieren, die so hochwertig in ihrer Qualität sind, daß man sie nicht gleich wegzuschmeißen braucht. Das ist aber nichts im eigentlichen Sinne technologisches mehr, sondern hier handelt es sich um praktische Creativität, die das Sich-Befreien von der Technologie und nicht durch sie, wenn auch in stark modifizierter Form, mit einschließt. Dies war es, was mir beim Lesen des Artikels auf den Nägeln brannte. so long Thomas, Berlin Zu "Die Affen lernen es nie" - Mein Senf zu Themroc, S.P. Nr.8, S.43-46 Werte Genossen,

Die Abschaffung der Arbeit als einer Tätigkeit, die mit dem Gebot der Produktivität<br />

die Kreativität des Arbeitenden zerstört (1), kann nur durch die Veränderung der<br />

Organisation der Arbeit erreicht werden. (Ob dann jene veränderte Tätigkeit, die<br />

ihren Zweck nicht mehr allein im Produkt, im Ergebnis hätte, sondern schon um ihrer<br />

selbst willen mit Lust getan werden wollte, noch Arbeit zu nennen wäre, das scheint<br />

mir relativ gleichgültig zu sein. Ihr fehlte tatsächlich jeder Zwang - auch der<br />

Sachzwang - insofern sie nicht vom Ziel (Produkt) diktiert würde; die Trennung<br />

Zweck-Mittel wäre aufgehoben.)<br />

Die Lordstown-Autoren tun so, als sei es bisher stets um die Änderung der Arbeit<br />

gegangen, die einzig ernsthafte Lösung aber sei eben die Abschaffung der Arbeit.<br />

Abgesehen davon, daß wesentliche Veränderungen der Arbeitsorganisation von<br />

seiten der Arbeiter gerade nicht vollzogen sind, liegt der Fehler in dieser<br />

Gegenüberstellung. Offenbar geht es doch bei der "Abschaffung der Arbeit“ um<br />

nichts anderes als um eine fundamentale Änderung der Arbeitsorganisation - ich bin<br />

versucht zu sagen: um die Aufhebung der entfremdeten Arbeit. Aber wenn ich daran<br />

denke, wo überall die entfremdete Arbeit der Ideologie nach abgeschafft ist und wie<br />

die Arbeit dort aussieht, dann fürchte ich, die möglichen Mißverständnisse werden<br />

nur gefährlicher. Verstanden als Möglichkeit ist die "Abschaffung der Arbeit“ viel<br />

unmißverständlicher als die "Abschaffung der entfremdeten Arbeit" ... Die<br />

Gegenüberstellung von Abschaffung und Veränderung der Arbeit als Alternative<br />

kehrt lediglich die Argumentation derer um, die die Sabotage - von den Lordstown-<br />

Autoren etwas euphorisch auch schon als "Abschaffung der Arbeit" verstanden - mit<br />

dem Hinweis auf mögliche Veränderungen der an sich notwendigen Arbeit ablehnen.<br />

"Abschaffung der Arbeit" als Verweigerung der Arbeit so wie sie ist, kann<br />

Veränderungen der Arbeitsorganisation zur Folge haben, die ohne diese<br />

Verweigerung illusorisch blieben. Sie kann derart radikale Veränderungen zur Folge<br />

haben, daß von "Abschaffung der Arbeit“ zu reden wäre. Sie wird solche<br />

Veränderungen nur zur Folge haben, wenn Abschaffung der Arbeit nicht als<br />

Gegensatz von Änderung der Arbeit verstanden wird.<br />

Bleibt die Frage: Was bedeutet das alles für mich, wenn Ich aufhöre, darüber zu<br />

reden? Die Provokation bleibt.<br />

Ralph, Berlin<br />

(1) so etwa Vaneigen: "Die Pflicht zu produzieren entfremdet die Leidenschaft,<br />

schöpferisch zu handeln.“ (S. 59)<br />

Zu „Umweltschutz versus Ökologie" - Ein Interview mit Murray Bookchin, S.P.<br />

Nr.8, S. 12-18<br />

Liebe Genossen!<br />

Das Thema in Eurer letzten Nummer "Umweltschutz versus Ökologie“ hat mich sehr<br />

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