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Schwarze 9

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alle anderen stellten ähnliche Ansprüche an sich selbst und so wurde von uns auch<br />

manchmal erwartet, daß wir die organisatorische Alternative zur Partei darlegten<br />

oder eine Strategie für den Sturz des Weltimperialismus - bzw. man unterstellte uns,<br />

daß wir das wollten.<br />

Wenn du überhaupt etwas machst, dann denken die anderen gleich, du wolltest alles<br />

machen und greifen dich entweder wütend an oder schütteln dir dankbar die Hand.<br />

Warum ist der Gedanke so wenig verbreitet, daß es vieler sich ergänzender aber<br />

auch überschneidender Initiativen und Aktivitäten der verschiedensten<br />

Temperamente und Talente bedarf, um die linke Gesellschaftskritik in die Praxis zu<br />

überführen?<br />

Von den politisch verantwortungsbewußten Linken werden wir bisweilen gefragt, ob<br />

wir nie daran gedacht hätten, uns anzuschließen, zu unterstellen, zu fusionieren, in<br />

Kontakt zu treten, zu zentralisieren etc.pp., kurz: eine sogenannte politische<br />

Verbindung herzustellen zu irgendwelchen für relevant gehaltenen<br />

Organisationskraken wie beispielsweise dem Sozialistischen Büro (schon den<br />

Namen find' ich komisch). Wenn man herauszufinden versucht, warum die Genossen<br />

dies für nötig halten, so stößt man auf dies: sie finden es einfach praktischer, es<br />

gefällt ihnen besser, wenn alles Linke sich unter eine Kappe drückt und denselben<br />

Stempel trägt; es ist ihnen unheimlich, wenn so viele unkontrollierte frei flottierende<br />

Initiativen in der linken scene umherschwirren. Wenn sie fürchten, die Übersicht zu<br />

verlieren, geraten sie in Panik. Merkwürdig, mir geht es umgekehrt: Wenn ich von<br />

einer neuen autonomen linken Gruppe, die ihren eigenen Kopf hat und ihren eigenen<br />

Kram macht, erfahre, dann habe ich ein unheimlich gutes Gefühl, was die Revolution<br />

betrifft.<br />

Lust und Leistung<br />

B: Wir schreiben bzw. geben heraus Inhalte über "neue Lebensformen“, alternative<br />

Praxis etc. Das - wenn es schon nicht verpflichtet, dann ruft es doch zumindest dazu<br />

auf, die eigene Lebens- und Arbeitspraxis an denselben Normen zu messen, die wir<br />

da aufstellen oder propagieren in den SP. Z.B. wir als Gruppe - was ist davon zu<br />

halten, wie funktioniert die Kollektivität, ist das schon die erwartete neue Qualität<br />

oder bloß das, was man aus der Schule, der Familie kennt? Wenn es widersprüchlich<br />

ist - in welche Richtung geht es dann voran?<br />

Zunächst: auch oder gerade in der Zeit, als wir uns diese Fragen gar nicht stellten,<br />

als wir eine in erster Linie auf Leistung bedachte AG waren, gab es lustvolle<br />

Momente im gemeinsamen Verstehen von Zusammenhängen, Durchschauen von<br />

Ideologie etc. Was mir an den Sponti-Linken nicht gefällt, ist, daß sie Lust nur mit<br />

Tanz, Gelächter, Sexualität koppeln und völlig vergessen, daß in Intellektualität eine<br />

Dimension von Sinnlichkeit eingeht, die, vor allem in kollektiven Prozessen von<br />

Denken, Schreiben etc. eine Lustquelle sein kann.<br />

P: Nachdem wir den Surrealismus-Artikel veröffentlicht hatten, hat uns einer<br />

geschrieben, die Autoren hätten sich dem Thema nur mit dem Kopf genähert, und mit<br />

den Schwänzen hätten sie nichts gemacht. Ich könnt' mich, heut' schwarz ärgern<br />

über so eine Bemerkung. Bedeutet Kopfarbeit, oder Arbeit mit dem Kopf, daß es<br />

ohne sinnliche Empfindung abläuft? Empfindsamkeit und Sensibilität entwickelte sich<br />

bei mir beileibe nicht ohne intellektuelle Einsicht bzw. gerade da, wo ich intellektuell<br />

nicht weiter konnte, aber weiter mußte, weil ich das Unartikulierte einfach verbal zu

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