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Schwarze 9

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Gruppe aufbauen. Dabei war ich gerade froh, für einige Jahre aus dem Betrieb<br />

rausgekommen zu sein, und nun sollte ich wieder rein. Ich glaube, daß hier meine<br />

Ansprechbarkeit gelegen hat, in der späteren Protokolle-Gruppe mitzuarbeiten, die<br />

damals den theoretischen Anspruch der Pl/Pi kritisierte. Für mich war damit die<br />

Partei noch nicht infrage gestellt, nur der Anspruch, mich in den Betrieb zu schicken.<br />

Warum klappte der Vatermord am Anfang meiner Revolte gegen Personen, die mich<br />

bevormundeten, mich herumkommandierten? Es ist verdammt schwierig, sich gegen<br />

die Meister im Betrieb und die Lehrer an der Abendschule aufzulehnen, aber das lief<br />

ganz selbstverständlich. Warum nicht innerhalb der linken Gruppe? Ich glaube, es<br />

liegt ganz einfach daran, welche Inhalte an die jeweilige Person geknüpft sind, gegen<br />

die man sich auflehnt, welcher Erfahrungshintergrund bzw. welche eigenen<br />

Bedürfnisse jahrelang unterdrückt worden sind, die dann plötzlich ausbrechen.<br />

Man glaubt gar nicht, was es für ein Kraftaufwand ist, alle halbe Jahr allein 'ne<br />

Lohnforderung vorzubringen, wie man da ringen muß, ich begreife eigentlich gar<br />

nicht, warum es mir später so schwer fiel, gegen andere Autoritäten anzugehen.<br />

Vielleicht spielt es eine Rolle, ob man sich auf seinem eigenen Mist bewegt oder<br />

höher hinaus will. Den autoritären Konflikt innerhalb linker Gruppen reagierte ich<br />

irgendwo ab, u.a. dann wohl auch im Leninmord.<br />

Die Sache mit Marx stand unter ganz anderen Bedingungen. Lenin war das Boot zur<br />

neuen Welt, Marx das Wasser, auf dem das Boot schwamm. Die Frage in den ersten<br />

Jahren war immer die nach dem Boot, das Wasser kam spritzerweise, wie man beim<br />

Rudern naß wird, nüchtern, sachlich, fast wissenschaftlich-einsichtig. Marx war nie<br />

wie Lenin eine Über-Ich-Figur, eher der Großvater des Über-ichs, und damit schon<br />

wieder menschlich. Wie das mit den Studenten der ersten Generation mit Marx und<br />

Lenin war, weiß ich nicht so genau. Ich glaube, daß auch sie den Lenin erst in dem<br />

Moment, so nach der Notstandsdemonstration ih Bonn, ausgegraben haben, als es<br />

um eine neue Perspektive ging, und genau zu dieser Zeit haben wir ja auch Lenin<br />

vorgehalten bekommen, in Westdeutschland, im Ruhrgebiet, außerhalb der Uni.<br />

J: Zunächst hatte die PI/Pi Hoffnung erwirbelt. Aber das war der alte Mist, nur<br />

skrupulöser verpackt. Das merkt man schnell, wenn man "Sympathisant“ ist – allein<br />

die Möglichkeit eines solchen "Status“ geht jedem gegen den Strich, der einen hat.<br />

Die Grundlage aber - theoretisch - war allemal „die Partei“, die des Uljanow. Die<br />

mußte, meinten wir, verstanden sein, bevor man in sie eintrat. Nur: wer einmal<br />

versucht hat, zu verstehen, tritt niemals ein, von Unfällen (Rückgratbruch) einmal<br />

abgesehen. Damals war klar - alle laborierten daran, wenn auch wenige auf ihre<br />

eigene Weise - daß der Leninismus, die russische Revolution usw. "gründlich<br />

studiert“ werden mußten wegen der "Lehren", die daraus zu ziehen wären. Wir<br />

machten das auch - auf unsere Art.<br />

B: Wir versuchten uns bei der Produktion der SP - und auch in den zwei Jahren<br />

davor bei unseren zur "Selbstverständigung" dienenden Versuchen - im kollektiven<br />

Schreiben. Wir teilten entweder das sujet in Teilthemen, fügten die Fragmente dann<br />

aneinander und glätteten die Übergänge - oder aber einer brachte einen Entwurf und<br />

die anderen, je nach Inspiration bzw. kritischen Bedenken, verfaßten Ergänzungen,<br />

strichen Passagen weg oder schrieben sie um etc., und das heterogene Produkt<br />

wurde so lange diskutiert und verändert, bis alle einverstanden waren, d.h. auch: das<br />

Geschriebene in sich einig war.<br />

Es klappte nicht immer mit der Kollektivität, insbesondere als dann die SP da waren.<br />

Zeitdruck führte bisweilen dazu, daß doch vieles von denen mit der flottesten Feder<br />

erledigt wurde. Wir haben dennoch die Mehrzahl unserer Artikel gemeinsam verfaßt.

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