Schwarze 9
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gestattete, gemeinsam eine Merge über marxistische Theorie zu erarbeiten, Texte<br />
lesen und selber schreiber. zu lernen etc.<br />
Im zweiten Jahr brachen die persönlichen Spannungen durch, Autoritätskonflikte und<br />
Verliebtheiten explodierten, es gab Zutrauen, Aufatmen, Angst, Verkrampfungen und<br />
plötzliche Fremdheit. Die gemeinsame Arbeit ging nur stockend weiter. Die SP seit<br />
einem Jahr regelmäßig erschienen, hatten sich "durchgesetzt". Wir knüpften<br />
Kontakte, fanden Zeichner, Übersetzer und Autoren von Artikeln; selbst faßten wir<br />
unsere bisherigen Arbeitsergebnisse nur noch mal hier und da neu zusammen.<br />
Was sich zutrug.<br />
Alles, ausführlich und gegliedert<br />
Arbeitsweise<br />
B: Wir fanden uns im Sommersemester 7o an der FU in einem jener unzähligen<br />
Zirkel, über die Marx und die Revolution - wenn auch nur als Studienobjekt - an die<br />
Uni geholt worden waren, zusammen-. Unsere Spezialgebiete waren Krisentheorien<br />
und später die Sowjetökonomie. Es gab noch eine zweite außeruniversitäre<br />
Arbeitsgruppe - 2 Genossen beteiligten sich an beiden - die sich an einer Kritik des<br />
leninistischen Parteitypus und des Marxismus der II. Internationale versuchte und die<br />
später mit dieser Uni-AG verschmolz.<br />
In der personellen Zusammensetzung, in der wir nachmals die Redaktion der SP<br />
bildeten, zogen wir uns als Arbeitsgruppe im Frühjahr 72 von der Uni zurück. Wir<br />
wollten von universitären Programmen unabhängig sein, selbst bestimmen, was wir<br />
wie lasen und unsere Arbeitsergebnisse notfalls selbst veröffentlichen.<br />
Wir trafen uns ein bis zweimal wöchentlich, debattierten lange, intensiv und nah am<br />
Text, verfaßten ausführliche "Protokolle"- Arbeitspapiere, die weniger im Stil eines<br />
eigentlichen Protokolls die Diskussion nachzeichneten, sondern schon gegliederte<br />
Skizzen für eine Kritik des jeweils zur Diskussion stehenden Textes waren.<br />
Es kam kaum vor, daß jemand der Diskussion fernblieb, die Vorbereitung vergaß<br />
oder sich weigerte, das "Protokoll" zu übernehmen. Die Arbeitsmoral war im Sinne<br />
"bürgerlichen" Fleisses, im Sinne von Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Ausdauer<br />
ungewöhnlich hoch. Hinter dieser unserer dreijährigen, durchaus eigenständigen und<br />
fruchtbaren kollektiven Aneignungs- und Kritikarbeit verbarg sich aber immer noch<br />
der alte antiautoritäre Impuls: das Bemühen, den neuen linken Vormund, die<br />
Avantgardepartei, die damals den Enthusiasmus der Genossen auf sich<br />
konzentrierte, zunächst mal theoretisch zu erledigen. Daß dies durch uns vorwiegend<br />
auf dem Papier geschah, schien uns kein Manko. Wir hielten Ideologiekritik für<br />
wichtig und haben uns selten durch die Einwände jener Genossen irritieren lassen,<br />
die fanden, wir vernachlässigten „die Praxis". Falsche Abstraktionen sind es<br />
durchaus wert, daß man sie vernachlässigt.<br />
J: Es ist ein Punkt erreicht, der entweder Wende- oder aber Endpunkt ist. Müdigkeit<br />
wechselt mit Hoffnung. Das Paradoxe an der Situation ist, daß gerade jetzt die SP so<br />
gut „gehen" wie noch nie. Die Auflage übersteigt erstmals die 3.000. Also warum<br />
nicht weitermachen wie bisher?