Schwarze 9
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Was Dada für uns anziehend macht und was ihn von anderen subversiven<br />
Bewegungen unterscheidet, das ist sein spielerischer Hedonismus: Dadas Technik<br />
ist Spiel, nach außen hin als Spiel mit den zerfallenen Resten bürgerlicher Kultur,<br />
nach innen als Spiel mit sich selbst, dada Anti-DaDa ('Meine Herren wir sind schon<br />
unsere eigenen Gegner und wissen uns besser zu helfen als Sie') - das Spiel der<br />
permanenten Selbstaufhebung, die Methode hat: 'Dada sieht sich selbst morgen<br />
anders an, als es heute ist' (Hausmann). Dada ist damit wesentlich nicht Dogma,<br />
sondern Selbsttherapie: Dada ist kein Axiom, Dada ist ein Geisteszustand, der<br />
unabhängig von Schulen und Theorien ist, der die Persönlichkeit selbst angeht, ohne<br />
sie zu vergewaltigen', (Hausmann, Am Anfang war Dada, S.110). Dieser spielerische<br />
Relativismus trennt sich vom Absolutismus und Internationalismus anderer<br />
revolutionärer Bewegungen ('Dada ist der tänzerische Geist über den Moralen der<br />
Erde'). Dada konzipiert sich nicht, weder als Dogma, noch als Theorie, sondern als<br />
experimenteller 'Presentismus': 'Die Frage „Was ist Dada?" ist undadaistisch und<br />
schülerhaft ... Dada kann man nicht begreifen, Dada muß man erleben' (Einleitung<br />
zum Dada-Almanach I).<br />
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Die Umkehrung der Perspektive - die den Dadaisten zeigte, daß 'ihre Probleme<br />
radikaler Natur waren im Sinne der Totalität des menschlichen Lebens' war auch<br />
formaler, d.h. ästhetischer Natur. Die Taktik dieser Umkehrung im Ästhetischen ist<br />
das detournement, alles wird transformiert, die Dinge erscheinen neu und orginal.<br />
Der Dadaist, der im Laboratorium des Alltags die Banalität der Welt wiederentdeckt,<br />
und re-konstruiert, stellt sich wieder 'primitiv' zur Welt. Er sieht sich mehr als<br />
Ingenieur denn als Artist ('Dada übergeht mit Gelächter das freie intelligible Ich und<br />
stellt sieh wieder primitiv zur Welt, was etwa in der Verwendung von bloßen Lauten,<br />
Geräuschen, im direkten Verwenden gegebenen Materials wie Holz, Eisen, Glas,<br />
Stoff, Papier ... zum Ausdruck kommt'.) Baaders und Heartfields Montagen zeigen:<br />
Fotomontage und Collage als neue Formen sind aus dem Sammelsurium der Dinge<br />
von der Straße entstanden - sie sind Poesie, die von allen gemacht werden kann, die<br />
damals nur noch nicht von allen gemacht wurde.<br />
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Das, was von Lordstown bis Turin, von Frankfurt bis Paris an Ablehnung nicht nur<br />
von politischer Arbeit sondern von Arbeit als Leiden überhaupt sich artikuliert und<br />
immer selbstverständlicher wird, war bereits für die Dadaisten eine 'conditio sine qua<br />
non' von befreitem Leben: gegenüber der verbissenen Phalanx revolutionärer<br />
Arbeitsdemokraten - von den Bolschewisten über andere Sozialdemokraten bis hin<br />
zu den Rätekommunisten - forderten sie 1919 die 'Einführung der progressiven<br />
Arbeitslosigkeit durch umfassende Mechanisierung jeder Tätigkeit' als Möglichkeit<br />
des Einzelnen 'über die Wahrheit des Lebtns sich zu vergewissern und endlich an<br />
das Erleben sich zu gewöhnen'. Darüber hinaus erlaubten sie sich auf einen sauber<br />
abgeleiteten marxistischen Proletariatsbegriff zu scheißen und forderten statt dessen<br />
schon 'die Vereinigung aller schöpferischen und geistigen Menschen der ganzen<br />
Welt auf dem Boden des radikalen Kommunismus'. Das sollte man sich merken.<br />
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