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Schwarze 9

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wir wollen mehr als Dada!<br />

1<br />

Den Dadaismus wieder ansehen: Nicht so sehr um auf die Perlenkette der echten,<br />

subversiven Bewegung vor die anti-autoritäre Bewegung der 60er Jahre einen<br />

weiteren funkelnden Vorläufer zu schieben (seht her! hier liegt unsere viel radikalere<br />

Tradition, wir haben nämlich auch eine). Sondern Dada ansehen, weil das heute<br />

jeden Tag mehr um sich greifende Unbehagen an der 'malaise' von Politik, Arbeit und<br />

'Theorie' sich in Dada wiederfindet. Heute kann man in Ruhe wieder Dadaist in bezug<br />

auf politische Gruppen, politischen Kampf, politische Arbeit & Theoretische<br />

'Diskussion' sein. Überhaupt gegenüber den ganzen politischen Spielchen, die von<br />

'Revolution, Klassenkampf, Emanzipation' etc.pp. triefen und eigentlich doch nur<br />

Ausdruck unbegriffener, undurchlittener Selbstabwesenheit sind.<br />

Das Unbehagen daran braucht nur noch radikal sich selbst gegenüber zu werden &<br />

begreifen, daß es ohne tiefgreifende Selbstveränderung, den Tod des ego, eine<br />

Befreiung der sichtbaren Welt nie geben wird. DaDa war dagegen noch zu<br />

'ego'istisch. Wir können heute alles das werden, was Dada damals noch nicht sein<br />

konnte. Es gibt schon ein 'richtiges' Leben, nicht im, sondern gegen das falsche;<br />

counter-culture - oder immer nur wieder die Vertagung des eigenen Glücks auf das<br />

Jüngste Gericht, den grauen Montagmorgen nach der sozialistischen Revolution.<br />

2<br />

3<br />

Die Gegenwärtigkeit der Subversion und die Geschichte des Dada sind ebenso<br />

untrennbar wie Flamme und Feuer, Gras und Wiese. Will erstere nicht alles<br />

sprengende des Dada sein, ist sie nichts: 'Konflikt mit allem', Anomie, Negation der<br />

etablierten Wissenschaft, Abschaffung der Politik, Aufhebung der Kunst, das positive<br />

Loch, 'die Leerheit, die dem Gefühl der Kreativität vorausgeht'. War aber Dadas<br />

Ausgangspunkt mehr die aktivistische Negation der versteinerten 'Kunscht', so ist<br />

heute für uns viel umfassender das verrückte 'objektive Bewußtsein', der<br />

Ausgangspunkt. Der Ausbeuter ist der abstrakte rationale Intellekt.<br />

4<br />

Dada ist explosives Moment eines unglaublichen Reichtums der Jahre um 1910-20,<br />

der sich erst langsam vor unseren Augen enthüllt: Nach der 'Karneval-Erfahrung der<br />

Pariser Kommune' als Auftakt im letzten Jahrhundert, wurde hier im 20. Jahrhundert<br />

zum ersten Mal mit viel Inkohärenz und Genie und Eros eine Brücke zwischen Kunst<br />

und Leben zu schlagen versucht: Die communetären Experimente vom drop-outcenter<br />

bei Ascona bis zur Anarcho-Kommune Barckenhof, mit Siddharta und dem<br />

freak Hermann Hesse, mit Marx und dem Kommunisten Heinrich Vogeler, die<br />

hedonistischen Horden in der deutschen Jugendbewegung, Volksdada mit Muck<br />

Lamberty's swingender Tanzschar, die den Bürgern 'massenhaft' die Regeln des<br />

Alltagslebens spielend verstellte, bilden darin mit Dada eine heterogene Einheit. Bis

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