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Schwarze 9

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die kämpfe haben aber auch einen gebrauchswert. diese exaltation, dieses freiheits-<br />

und dieses machtgefühl, diese momenthaftigkeit, dieses kollektive fest der sinne,<br />

diese spektakularität, diese orgastische freude, die zum ausschreien bringt: "je jouis<br />

dans les pavès". ja, im kampf 'kann' man, wie in der liebe, die höchste stufe des<br />

genusses erreichen. kann man. aber wie die ehelichen pflichten jeden genuß<br />

verderben, dient die ideologie des kampfes dazu, ihn zwanghaft und entfremdet zu<br />

machen. eine ware. eine ware, aber mit dem höchsten gebrauchswert. seine<br />

spektakuläre seite ist so stark, daß er keine werbung<br />

braucht. er kommt durch alle medien durch. seine attraktivität läßt sich nur mit der<br />

von sex vergleichen: potenz der barrikaden! und genau wie die frau (als sexuelles<br />

objekt) benutzt wird, um für konsumprodukte zu werben, genauso kann der kampf<br />

(als gewaltobjekt) auch benutzt werden, um politische produkte durchzubringen, d.h.<br />

um widersprüche sichtbar zu machen, kraft des systems, das seine negation braucht,<br />

um seine macht zu beleben. und kraft des kampfes, der so schnell bestandteil des<br />

systems wird.<br />

der gebrauchswert des kampfes erlaubt dann einen neuen markt zu entdecken. nicht<br />

nur die bürokraten-aspiranten, nicht nur die militanten, die nach machtkonsum<br />

streben und die ihn im schweiße ihres angesichts verdienen - jetzt kann jeder<br />

konsumieren. nicht jeder die macht, versteht sich: die macht wird kapitalisiert und für<br />

die avantgarden vorbehalten oder für die zukünftigen räte, d.h. für die, welche die<br />

räte kontrollieren werden.<br />

jeder kann aber jetzt, sofort, 'kämpfe' konsumieren, negative macht, die bloß negativ<br />

bleibt oder zur produktion von politischem mehrwert wird, also illusorische macht.<br />

zum hier essen, nicht zum mitnehmen.<br />

konsumware, aber von besonderer art. um sie zu konsumieren muß man gleichzeitig<br />

produzieren. der kampf hat das gemeinsam mit dem spiel, mit dem fest, mit dem<br />

tanz, mit der selbstgespielten musik etc., daß der moment der produktion und des<br />

konsums simultan sind, sie lassen sich nicht auseinanderbringen. die gaukelei kann<br />

gelingen, daß die die kommen um 'kampf' zu konsumieren in der tat dieselben sind,<br />

die ihn produzieren. da die zwei momente gleichzeitig sind, kann die inversion<br />

unbemerkt bleiben:<br />

der kämpfer. der produziert, was er zu konsumieren glaubt; vermischt sich mit dem,<br />

der bei seinem konsumieren genießt, daß er produziert und daß die anderen,ohne es<br />

zu wissen mit ihm produzieren.<br />

das ist es, was in frankfurt bei jeder straßenschlacht wieder sichtbar wird. die meisten<br />

jugendlichen kommen nicht aus politisch reflektierten gründen hin, sondern mehr aus<br />

kampffreude. nicht, daß diese kampfesfreude letztlich vom dreck des systems nicht<br />

motiviert wäre. nur, die motivationen bleiben den akteuren selbst vor, im und fast<br />

immer m.e. auch nach dem 'kampf' unbewußt. ihre haltung ist und bleibt<br />

konsumistisch. konsumistisch beim zuschauen, sonst würden die militanten nicht die<br />

ganze zeit darauf insistieren müssen, die bevölkerung (hier passanten und gaffer)<br />

'aktiv einzubeziehen'. und konsumistisch bei ihrer eigenen kampfproduktion selbst,<br />

sonst würden sie auch an den politischen diskussionen nach dem kampf teilnehmen<br />

und würden die genossen nicht nötig haben, sie holen zu gehen, damit sie doch zur

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