Schwarze 9
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ealisierung des mehrwerts ist sehr delikat. hier braucht man einen echten<br />
geschäftsmann. es gibt nur wenige auf dem politischen markt. Die meisten linken<br />
sind naive idealisten.<br />
delikat: das produkt ist sehr ephemer. es wechselt von minute zu minute. es ist nicht<br />
wie ein auto oder eine waschmaschine, wo es egal ist, ob man sie heute oder in<br />
sechs monaten verkauft. es ist auch nicht wie ein kopfsalat, den man kühllagern<br />
kann. ein politischer kampf ist anders: jetzt ist er noch grün, in einigen stunden ist er<br />
reif, morgen ist er schon verfault. und er läßt sich auch nicht in den kühlschrank<br />
stellen. Ein bißchen wie die wassermelonen. wie der fidel castro schon sagte, es gibt<br />
sehr wenige gute wassermelonenhändler.<br />
zudem ist ein kampf nicht von anfang an politisch. selten sogar. man muß ihn<br />
'politisieren'. das ist unerläßlich. damit sein mehrwert realisiert werde, muß der kampf<br />
ja auf dem politischen markt verkauft werden. d.h. man muß politisch 'handeln', man<br />
muß wissen wie ein kampf sich politisch 'verwerten' läßt. erst damit wird der 'kampf<br />
gegen ...' ein 'kampf gegen etwas bestimmtes'. ein politisches ziel wird klar definiert.<br />
strategie und taktik, feinde und verbündete, verhandlungspartner und schlagwörter,<br />
das ganze zu bestimmen ist die große aufgabe der oberhändler. wie auch die gruppe<br />
oder die bewegung bei den 'verhandlungen' zu 'vertreten'. delikat. besonders daß auf<br />
dem markt unfaire kollegen sind, die versuchen, die kämpfe der anderen zu<br />
verwerten, zu kassieren. die kämpfe zu kassieren, die kämpfer zu kassieren und die<br />
sich aus den kämpfen herausbildenden avantgarden. (cattuare avanguardie, cattuare<br />
quadri: avantgarden und kader fangen, heißt es bei der italienischen neuen linken.)<br />
eine wassermelone kann jeder verkaufen. er braucht sie nur in den händen zu<br />
haben. wem die gehört, will niemand wissen.<br />
einmal realisiert, wird dieser machtmehrwert in kapital verwandelt und akkumuliert.<br />
kapital. das aus vertrauen besteht. vertrauen der masse in ihre avantgarde; vertrauen<br />
der avantgarden in die partei ... pardon, in die organisation ... pardon, in die<br />
bewegung ... pardon, in die massen.<br />
„abbiamo sciupato il capitale di fiducia che avevawo accumulato in questi anni die<br />
lavoro politico e di lotte“: wir haben das vertrauenskapital verschwendet, das wir in<br />
diesen jahren der politischen arbeit und der kämpfe akkumuliert hatten, sagte in<br />
einem moment der enttäuschung ein 'responsabile' (verantwortlicher) von lotta.<br />
dieser übergang vom geldkapital zum vertrauenskapital ist das große ereignis der<br />
neuen linken. übergang, der aber auch in den sozialistischen ländern schon läuft.<br />
"in der sowjetunion bereichert die mehrarbeit der arbeiter den genossen direktor vom<br />
trust nicht direkt. sie verstärkt nur seine macht als organisator und bürokrat. sein<br />
mehrwert ist ein machtmehrwert. er verdient ihn nicht auf der basis von geldkapital,<br />
sondern auf der einer ursprünglichen akkumulation von vertrauenskapital, dank einer<br />
gehorsamen aufzehrung von ideologischem stoff.“ (vgl. handbuch der lebenskunst<br />
für die jungen generationen, r.vaneigem, s.90)<br />
das ändert alles, auf daß sich nichts ändert. in den USA kann man eine politische<br />
karriere machen, wenn man sehr reich ist. in der UdSSR kann man zwar nichts<br />
'haben', aber doch über sehr viel verfügen, wenn man ein parteibonze ist.