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Schwarze 9

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Unsere sprachunterrichterfahrung mit gastarbeitern. da schreiben wir einen bericht,<br />

wo wir ganz genau alle methoden, die wir erprobt haben, beschreiben. die methoden<br />

kritisieren wir. wir versuchen zu zeigen, wie die kurse in jedem fall manipulatorisch<br />

sind. wie schizophren es ist, gerade von den am meisten bewußten verweigerern der<br />

emigration zu fordern, daß sie deutsch lernen, um die emigration besser zu<br />

bekämpfen, wenn deutsch von ihnen als die sprache der herren und der integration<br />

identifiziert wird.<br />

man hätte daraus schließen können, daß jede sprachschule in der tat eine schule<br />

des schweigens ist. man hätte einen anderen bezug zum sprechen als<br />

kommunikationsmittel entwickeln können.<br />

dagegen bekommen wir einen berg von briefen, mitarbeitsangebote und fragen: mit<br />

welchen übungen soll man anfangen? was haltet ihr vom drill? usw.<br />

es kann sein, wir hätten deutlicher sein können.<br />

in dem papier waren wir aber deutlich mit der kritik an freire. wir haben anhand<br />

unserer erfahrung und einer nichtbestrittenen analyse bewiesen, daß freire entweder<br />

ein demagege ist oder ein naives arschloch. darauf fangen alle unsere<br />

pädagogischen bekannten an, sich für freire zu interessieren. plötzlich werden<br />

referate über freire gedruckt, in denen unser artikel zitiert wird, manchmal sogar<br />

teilweise abgeschrieben. das ganze kam von militanten pädagogen.<br />

einer unserer finanziellen unterstützer bei dem sprachkursexperiment, ein kluger<br />

linker filmemacher und theoretiker des klassenkampfes, sagte uns zu unserem<br />

artikel: 'ja natürlich die methode ist gut, mit bildern aus dem alltagsleben und mit<br />

fragen und antworten. das ist aber nicht neu. man hat mir gesagt, daß ein gewisser<br />

freire in südamerika schon lange so eine methode angewandt hat.'<br />

er hatte das papier nicht selbst gelesen. gut. es gibt tausende von papieren, die<br />

jeden tag gedruckt werden. leute hatten ihm davon erzählt, die es vielleicht ihrerseits<br />

von anderen gehört haben. es bleibt aber, daß nach einem gespräch die kritik an<br />

freire zu einer kritischen rezeption geworden ist. nach einem weiteren gespräch ist<br />

nur die rezeption übriggeblieben. man kann nicht sagen, daß sie uns nicht<br />

verstanden haben. die lefèbre- und touraineleser haben auch die situs verstanden.<br />

es ist vielmehr so, daß sie, weil sie richtig verstanden haben, entsprechend handeln.<br />

sie haben den richtigen sinn der kritik begriffen. wie alle anderen. wir handeln ja fast<br />

alle so. es ist vielmehr wahr, daß jede kritik in der tat eine kritische rezeption ist und<br />

daß bei jeder kritischen rezeption das 'kritisch' vergeht und die rezeption bleibt.<br />

einer der historisch größten witze in diesem sinne: marx baut sein ganzes system auf<br />

der abzuschaffenden halbtatsache auf, daß der arbeiter gewaltsam auf die ware<br />

arbeitskraft reduziert worden ist. anstatt das praktisch zu negieren und nur noch<br />

poesie zu schreiben, wird aus dem Imarxismust der 'kritische' machtvollzug,<br />

verzeihung, nachvollzug und damit die repressive befestigung dieser reduktion. aus<br />

der kritik der politischen ökonomie, ah, wird die sozialistische ökonomie, produktion,<br />

arbeit, eine philosophie der herrschaft. (der junge marx ist noch dichter und

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