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Schwarze 9

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das rote kreuz für uns selbst - immerhin: mit genossen zusammen werden wir auch<br />

mit den individuellen problemen, den zweierbeziehungen und den schwierigkeiten in<br />

den wohngemeinschaften nicht besser fertig als allein.“<br />

die arbeit macht so kaputt, daß der lohn sich erstmal als rotes kreuz darstellt. aber<br />

zum glück gibt es auch was anderes: wir sind was, haben was und bringens - in<br />

frankfurt!: prestige heißt der lohn.<br />

die spontis leisten harte arbeit. die spontis sind im betrieb. sie sind die starken, die<br />

prestigieusen, die hochgeschätzten. für sie lohnt es sich, politisch gearbeitet zu<br />

haben. sie sind interessant. als kamerad für die kiesgrube, wo man nackt badet, süß!<br />

als libidinöse partner bei den parties, lecker!<br />

(genossen ironisieren das schon und sprechen von einem sexuellen markt der linken<br />

scene). begehrt für alles. für die zweierbeziehungen, für die wohngemeinschaften, für<br />

individuelle probleme, auch wenn man dann damit nicht besser fertig wird. selbst die<br />

streitereien sind mit ihnen befriedigend. ja, der mutterkuchen ist tatsächlich dick.<br />

insofern das prestige an der organisation hängt, oder der bewegung, gilt es für die<br />

einzelnen genossen, wenn sie mit der organisation identifiziert werden. das ist der fall<br />

für eine reihe von oberkadern, die sogenannten obermacker, 2, 5, 10, höchstens 15<br />

für jede organisation, ohne die die gruppe nicht vorstellbar wäre. sie verfügen über<br />

das gesamte prestige der organisation. für sie ist es also unpassend von einem 'lohn'<br />

zu sprechen. 'honorar' bliebe auch jenseits der realität. was sie haben, sind<br />

sozusagen anerkennungen für die verdienste um die organisation, d.h. um das<br />

proletariat, um die sache der revolution. funktionsgebundene vorteile: man kann<br />

nichts dafür und nichts dagegen. ebensowenig wie<br />

der manager einer kapitalistischen firma was dafür kann oder der genosse<br />

oberbürokrat in der sowjetunion.<br />

der status der meisten militanten ist aber viel unsicherer. alle genossen sind zwar<br />

gleich. die gleichheit von einigen ist aber viel leichter anerkannt als die von anderen.<br />

viele militanten fühlen sich einfach nicht gesehen, nicht wahrgenommen. politisch<br />

meine ich.<br />

die müssen mehr investieren, wenn sie nicht rumhängen wollen. die müssen bei der<br />

harten arbeit dabei sein, wenn sie einfach gesehen werden wollen. und wenn sie<br />

nicht besonders spektakulär sind, um eine 'spontane' präsenz auf der politischen<br />

scene zu haben, d.h. wenn sie keine besonders guten redner sind, besonders<br />

kämpferisch, besonders schön, besonders he-man, besonders proletarisch,<br />

besonders emigrant, besonders schwul, besonders lesbisch, besonders mutig,<br />

besonders ängstlich (neuerdings sehr 'in'), besonders genial, besonders reich (das<br />

auch, tut mir leid), besonders außenseiter, besonders was-du-willst-aber-in-muß-dassein-,<br />

dann muß man sich was anderes einfallen lassen.<br />

und was läßt sich so ein Militanter dann einfallen? eine drastische verinnerlichung<br />

der arbeitsmoral.<br />

d.h. er zeigt sich besonders opferbereit.

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