Schwarze 9

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23.12.2012 Aufrufe

avanguardie“ (kader und avantgarden bilden, kader und avantgarden fangen, von einer anderen organisation). „gestire le lotte“ (die kämpfe verwalten). bei den spontis geschieht es häufig, daß man den obermacker als 'boss' und als 'manager' verarscht. freundliche selbstironisierung, die eine ernsthafte realität verschleiert. es stimmt: die politischen organisationen sind die unternehmer der politischen arbeit. sie sind die arbeitgeber. sie haben ihr personal, ihr büro und ihre einstellungsmethoden: entweder eine aufnahmeprüfung, eine art von verhör, wo der kandidat zeigen soll, daß er die prinzipien der politischen arbeit und des politischen handelns (in jedem sinne des wortes) kennt, oder/und eine probezeit, ein praktikum, nach dem der kandidat in die organisation aufgenommen wird (ein richtiger genosse wird!) oder auch nicht, je nachdem. das ganze geht mehr oder weniger locker vor sich, mehr oder weniger 'spontan', mehr oder weniger formell, je nach dem stil der organisation. notwendig ist so ein personalbüro, weil sonst ein ungenügendes oder falsches klassenbewußtsein eindringen könnte. das klassenbewußtsein ist sozusagen der blaumann der politischen arbeit. es wird aber toleriert (eigentlich nur bei den arbeitern und nicht bei den studenten: die arbeiter, die armen, können nichts dafür wenn sie dumm sind, die studenten aber, diese privilegierten, die hätten doch marx lesen können), es wird toleriert, daß das klassenbewußtsein nicht von anfang an da ist: „proletarisierung (siehe betriebsprojektgruppen-papier S.9) als notwendiger proletarischer schritt vom arbeiterbewußtsein zum klassenbewußtsein“. man braucht ja eine gewisse zeit, um den politischen blaumann anzuziehen und sich zum politischen band zu begeben. die organisationen haben auch ihre arbeitsteilung! die arbeitsbranchen sind so vielfältig (die verschiedenen fronten), die aufgaben so parzelliert, daß arbeitsteilung unvermeidlich ist. aber wir wollen doch nicht in vorkapitalistische produktionsformen zurückfallen, nicht wahr? außerdem wird die 'rotation' von anfang an eingeführt. jeder muß alles machen können. in der tat hängt man meistens überall rum. die, die tatsächlich rotieren, sind eine kleine handvoll. eine art allround-kader, die an irgendeiner stelle und je nach gelegenheit eingesetzt werden können. fast immer waren sie von anfang an da: es sind die alten, die heroischen, informelle bezugspunkte für jede organisation. sie fungieren natürlich als vorarbeiter für die neueingestellten jungen genossen, die doch 'einbezogen' werden müssen. diese rollentrennung trotz aller rotationsversuche und trotz aller angeblichen räteorganisation der politischen arbeit, diese horizontale hierarchie, die vom zentrum zur peripherie geht, vom harten kern bis zu den randgenossen und zu den emarginierten, das provoziert und unterhält die konkurrenz. konkurrenz zwischen den kadern, die hinter den pseudo-theoretischen auseinandersetzungen und den erbarmungslosen unterirdischen machtkämpfen liegt. diese persönliche konkurrenz provoziert oft zersplitterungen und gründung von neuen organisationen, die dann weiter gegeneinander konkurrieren. wenn zwei organisationen miteinander konkurrieren, sind auch die militanten der organisationen einander feind. bei den kapitalistischen firmen ist das nicht so, außer

in japan, wie man sagt. die identifikation mit der organisation ist hier total. auch unter diesem gesichtspunkt sind die politischen firmen den kapitalistischen überlegen. bei so einer politischen firma zu arbeiten impliziert eine reihe von nachteilen. insofern keine organisation den physischen einsatz total ausschließt, müssen schläge und wunden in kauf genommen werden wie auch schwierigkeiten mit der justiz. selbst mit der 'bevölkerung', (selbst mit der 'arbeiterschaft' können die militanten konfrontationen erleben, manchmal handgreifliche!): die müssen schließlich auch ihren lernprozeß erstmal durchmachen, bevor sie tatsächlich verstehen können, nicht wahr? auch da, wo faschistoide organisationen nicht aktiv sind, haben die militanten keine ruhe. sie stehen unter konstanter spannung. unsicherheit, schuldgefühle, ratlosigkeit, verzagtheit, identitätskrise, konkurrenzsituation, angst vor der gruppenautorität, angst vor der vernichtenden kritik der anderen (plus die langeweile und die mühe, die der politischen arbeit inhärent sind), die permanent überwunden, überkompensiert werden müssen, provozieren den aufbau einer charaktermaske, eines he-man-typcharakterpanzers, der eine grundlegende psychische fragilität verdeckt. man könnte schon eine typologie der militantenkrankheit skizzieren. eine typologie der militantenneurose, der 'militantose' sozusagen, d.h. der konsequenzen, die das alltägliche militantsein auf die psyche hat. die 'militantose' ist eine echte und ernste arbeitskrankheit, nicht zu verwechseln mit der 'militantitis' oder militantomanie, die bei einem normalen menschen oder genossen eintritt und ihn zum militant-werden zwingt. diese militantitis ist ein witz, da es sich hier nicht um ein individuelles phänomen handelt, sondern um ein kollektives, ein soziologisches. die militantose dagegen läßt sich bei der individuellen psyche eines aktiven militanten, eines politarbeiters, feststellen. trotz der großen zahl von genossen, die unter so einer krankheit leiden, unterliegt diese immer noch der kompetenz der psychologie und der psychoanalyse. auf jeden fall kann man unter so einem gesichtspunkt leichter das erneute interesse für die psychoanalyse bei den genossen verstehen, den erfolg von duhm, michael schneider, g. vinnai und co. und das breite echo der sukzessiven emanzipationskongresse und der damit verbundenen emanzipationsbewegung. man muß schon sagen, daß im gegensatz zu den meisten 'politischen' problemen, von denen die militanten nicht direkt betroffen sind, sondern eben nur 'politisch' vermittelt, diesmal die genossen direkt interessiert sind. die, die von dem 'system' und von der 'arbeit' am meisten kaputt sind, sind eben die militanten. sie übersehen aber, daß das 'system' sie vorwiegend über die 'politische arbeit' und über das 'system' der politischen aktivität verstanden als arbeit (d.h. als systemreproduzierend) trifft und nicht direkt. wie kommt es, daß aus dem kampf gegen das system der lohnarbeit genau dieselben psychischen krankheiten (und sogar schwerere) entstehen, wie aus dem system selbst? ist das nicht deshalb so, weil beim kampf genau dieselben scheißsituationen reproduziert werden wie bei dem bekämpften system? sind sich diese psychologen bewußt, daß sie in der tat die mediziner der politischen arbeit sind, analog zu den ärzten die von den kapitalistischen firmen eingestellt werden, um die arbeiter in einem arbeitsfähigen zustand zu halten? sind sie sich bewußt, daß sie zur 'politischen' arbeit funktionalisiert werden? daß ihre eigene aktivität auch 'arbeit'

in japan, wie man sagt. die identifikation mit der organisation ist hier total. auch unter<br />

diesem gesichtspunkt sind die politischen firmen den kapitalistischen überlegen.<br />

bei so einer politischen firma zu arbeiten impliziert eine reihe von nachteilen. insofern<br />

keine organisation den physischen einsatz total ausschließt, müssen schläge und<br />

wunden in kauf genommen werden wie auch schwierigkeiten mit der justiz. selbst mit<br />

der 'bevölkerung', (selbst mit der 'arbeiterschaft' können die militanten<br />

konfrontationen erleben, manchmal handgreifliche!): die müssen schließlich auch<br />

ihren lernprozeß erstmal durchmachen, bevor sie tatsächlich verstehen können, nicht<br />

wahr?<br />

auch da, wo faschistoide organisationen nicht aktiv sind, haben die militanten keine<br />

ruhe. sie stehen unter konstanter spannung. unsicherheit, schuldgefühle, ratlosigkeit,<br />

verzagtheit, identitätskrise, konkurrenzsituation, angst vor der gruppenautorität, angst<br />

vor der vernichtenden kritik der anderen (plus die langeweile und die mühe, die der<br />

politischen arbeit inhärent sind), die permanent überwunden, überkompensiert<br />

werden müssen, provozieren den aufbau einer charaktermaske, eines he-man-typcharakterpanzers,<br />

der eine grundlegende psychische fragilität verdeckt. man könnte<br />

schon eine typologie der militantenkrankheit skizzieren. eine typologie der<br />

militantenneurose, der 'militantose' sozusagen, d.h. der konsequenzen, die das<br />

alltägliche militantsein auf die psyche hat. die<br />

'militantose' ist eine echte und ernste arbeitskrankheit, nicht zu verwechseln mit der<br />

'militantitis' oder militantomanie, die bei einem normalen menschen oder genossen<br />

eintritt und ihn zum militant-werden zwingt. diese militantitis ist ein witz, da es sich<br />

hier nicht um ein individuelles phänomen handelt, sondern um ein kollektives, ein<br />

soziologisches. die militantose dagegen läßt sich bei der individuellen psyche eines<br />

aktiven militanten, eines politarbeiters, feststellen. trotz der großen zahl von<br />

genossen, die unter so einer krankheit leiden, unterliegt diese immer noch der<br />

kompetenz der psychologie und der psychoanalyse. auf jeden fall kann man unter so<br />

einem gesichtspunkt leichter das erneute interesse für die psychoanalyse bei den<br />

genossen verstehen, den erfolg von duhm, michael schneider, g. vinnai und co. und<br />

das breite echo der sukzessiven emanzipationskongresse und der damit<br />

verbundenen emanzipationsbewegung.<br />

man muß schon sagen, daß im gegensatz zu den meisten 'politischen' problemen,<br />

von denen die militanten nicht direkt betroffen sind, sondern eben nur 'politisch'<br />

vermittelt, diesmal die genossen direkt interessiert sind. die, die von dem 'system'<br />

und von der 'arbeit' am meisten kaputt sind, sind eben die militanten. sie übersehen<br />

aber, daß das 'system' sie vorwiegend über die 'politische arbeit' und über das<br />

'system' der politischen aktivität verstanden als arbeit (d.h. als<br />

systemreproduzierend) trifft und nicht direkt.<br />

wie kommt es, daß aus dem kampf gegen das system der lohnarbeit genau<br />

dieselben psychischen krankheiten (und sogar schwerere) entstehen, wie aus dem<br />

system selbst? ist das nicht deshalb so, weil beim kampf genau dieselben<br />

scheißsituationen reproduziert werden wie bei dem bekämpften system? sind sich<br />

diese psychologen bewußt, daß sie in der tat die mediziner der politischen arbeit<br />

sind, analog zu den ärzten die von den kapitalistischen firmen eingestellt werden, um<br />

die arbeiter in einem arbeitsfähigen zustand zu halten? sind sie sich bewußt, daß sie<br />

zur 'politischen' arbeit funktionalisiert werden? daß ihre eigene aktivität auch 'arbeit'

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