Schwarze 9

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23.12.2012 Aufrufe

(politische) arbeit und reproduktion der (politischen) arbeitskraft füllen den tag aus. die trennung arbeit/freizeit der warengesellschaft wird von den militanten aufgehoben: die arbeit hat die freizeit absorbiert. alles ist arbeit geworden! es gibt nichts als die arbeit. die totalität des alltags des militanten ist arbeit: er ist in jedem moment und egal was er macht ein arbeiter am werk oder einer, der sich ausruht. spricht er? er diskutiert, er widerlegt, er entlarvt, er agitiert, je nachdem, also arbeitet er. fährt er? er untersucht den zustand des verkehrs, der transportmittel, er bereitet die kampagne gegen die tariferhöhung der straßenbahnen und busse vor, er beobachtet die proleten, die zur arbeit fahren oder von der arbeit zurückkehren oder sonstwas, also arbeitet er. geht er zu einem fest? zu einem proletarischen natürlich!damit macht er stadtteilarbeit, emigrantenarbeit oder häuserkampf, je nachdem, welche leute dadurch angesprochen werden sollen, wo es stattfindet und vor welche politischen ereignisse das fest fällt, d.h. je nach der funktion des festes. seine haltung bei dem fest ist davon abhängig, also arbeitet er. geht er spazieren? auch wenn er keine flugblätter mitnimmt, paßt er auf, ob er fabriken sieht, leere häuser, überfüllt emigrantenhäuser, kinder auf der straße, die vielleicht keinen kindergarten haben, spricht er möglichst leute an, versucht er, kontakte aufzunehmen und sucht er ständig neue anknüpfungspunkte, also arbeitet er. geht er einen trinken? das passiert immer vor oder lieber nach einer diskussion, versammlung, um die ereignisse zu bewerten oder um sich davon auszuruhen als echte 'freizeit', endlich mal den proleten gleich, also arbeitet er, oder reproduziert er seine politische arbeitskraft. geht er zu einer demo? nicht so, nicht um ein eigenes interesse zu vertreten, er hat kein eigenes, er ist doch berufsrevolutionär, seine interessen sind wie die nützlichkeit seiner arbeit diese gesellschaft transzendierend! und er geht auch nicht, weil er zornig oder empört ist. zornig oder empört, hic et nunc, sind die anderen, die direkt angesprochen sind, er ist emblematisch zornig: zornig als beruf, metazornig. wenn die anderen endlich zornig sind, dann freut er sich: es wird heiß, es riecht nach kampf, nach revolution. je mehr die anderen empört sind, desto mehr freut er sich. je mehr die anderen gründe haben, empört zu sein, desto mehr gründe hat er, sich zu freuen. Er ist nicht ein demonstrant, er ist ein berufsdemonstrant: er demonstriert nicht, er arbeitet! kämpft er? nicht so, nicht um sein leben zu gewinnen, nicht, um sich zu befreien. er ist nicht blöd, er weiß, daß die revolution ein permanenter prozeß ist, auch die politische arbeit wird also permanent sein, insofern die revolution wie er annimmt, von der politischen arbeit nicht zu trennen ist. (zum glück, was würde er sonst machen, er,

der über die motivationen seines revolutionärseins befragt, jedes zweite mal antwortet: weil ich mich sonst langweile!) also eigentlich kämpft er nicht: er macht, daß gekämpft wird, er kann mit-kämpfen (mit-kämpfen: das revolutionäre subjekt ist er nicht), .aber nur, auf daß gekämpft werde: sein kampf, er weiß es, hat in sich keine bedeutung. er hat nur eine, wenn dadurch der kampf der arbeiter provoziert wird oder wenn er, falls die arbeiter bereits kämpfen dadurch zum sieg geführt wird. auch wenn 'gesiegt' wird, siegt der militante nicht: er macht, daß gesiegt wird. 'sein' sieg transzendiert selbstverständlich diese gesellschaft. der militante ist kein kämpfer: er ist ein berufskämpfer! er kämpft nicht: er arbeitet! kritisiert er? nicht, um zu kritisieren selbstverständlich, die kritik muß dem kampf dienen, den kampf vorbereiten, den kampf führen. sie ist ein kampf-mittel, d.h. für den militanten ist sie ein bestandteil der politischen arbeit. der militante ist kein kritiker: er ist ein revolutionärer kritiker, ein berufskritiker, er kritisiert nicht: er arbeitet! kurz, heute, bei der neuen linken, 6 jahre nach dem mai 68 ist von der KRITIK DER ARBEIT nur die ARBEIT DER KRITIK übriggeblieben und vom KAMPF GEGEN DIE ARBEIT nur noch DIE ARBEIT DES KAMPFES. dieser drang des militanten, seine aktivität als arbeit zu betrachten, diese konstante lust, das vokabular der arbeit zu benutzen, diese lust, neue 'arbeiten' zu erfinden: lehrlings-arbeit, frauenarbeit, kinder-arbeit, gefängnis-arbeit, jetzt wieder theaterarbeit usw. ist das ein versuch, die arbeit zu imitieren, die arbeiter nachzuäffen, um ihnen näher zu sein, um von ihnen vielleicht akzeptiert zu werden? ist das bloße logomanie, die im kontext des proletarisierungsprozesses als kulturelle manifestation zu relativieren ist? die arbeitsmoral ist aber da, eine strenge arbeitsmoral, die es erlaubt, mit sicherheit festzustellen, ob einer ein politarbeiter ist oder ein ausgeflippter! arbeitsmoral mit starken exklusionsmechanismen. die ist schon ein argument, um diese arbeit ernst zu nehmen. und da ist auch die konstante sorge des militanten, nur die aktionen anzufangen, die sich 'lohnen': politisch selbstverständlich. die aktionen müssen früchte bringen! man soll z.b. an den widersprüchen anknüpfen, die am meisten 'mobilisierend' sind, auch wenn andere zentraler oder wichtiger wären: der militant denkt produktiv! und wann ist eine aktion tatsächlich produktiv? wenn man sie 'politisch' verwerten kann. hauptprinzip: keine politische arbeit ohne verwertung! streiks, häuserkampf, demonstrationen, selbst straßenschlachten, das alles hat nur einen sinn, wenn es sich politisch verwerten läßt. und da sind auch die politischen organisationen: wie das wort schon sagt, die sind da, um zu 'organisieren'. nicht mehr die leute organisieren, um gottes willen, das machen nur noch die antiquierten revis und ml-er: die kämpfe organisieren, nicht mehr nach köpfen sondern nach interessen organisieren. da kann man planen, oder wie die lottas in ihrem fortgeschrittenen und artikulierten vokabular sagen: „formare e catturare quadri,

(politische) arbeit und reproduktion der (politischen) arbeitskraft füllen den tag aus.<br />

die trennung arbeit/freizeit der warengesellschaft wird von den militanten<br />

aufgehoben: die arbeit hat die freizeit absorbiert. alles ist arbeit geworden!<br />

es gibt nichts als die arbeit. die totalität des alltags des militanten ist arbeit: er ist in<br />

jedem moment und egal was er macht ein arbeiter am werk oder einer, der sich<br />

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spricht er?<br />

er diskutiert, er widerlegt, er entlarvt, er agitiert, je nachdem, also arbeitet er.<br />

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er untersucht den zustand des verkehrs, der transportmittel, er bereitet die kampagne<br />

gegen die tariferhöhung der straßenbahnen und busse vor, er beobachtet die<br />

proleten, die zur arbeit fahren oder von der arbeit zurückkehren oder sonstwas, also<br />

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geht er zu einem fest?<br />

zu einem proletarischen natürlich!damit macht er stadtteilarbeit, emigrantenarbeit<br />

oder häuserkampf, je nachdem, welche leute dadurch angesprochen werden sollen,<br />

wo es stattfindet und vor welche politischen ereignisse das fest fällt, d.h. je nach der<br />

funktion des festes. seine haltung bei dem fest ist davon abhängig, also arbeitet er.<br />

geht er spazieren?<br />

auch wenn er keine flugblätter mitnimmt, paßt er auf, ob er fabriken sieht, leere<br />

häuser, überfüllt emigrantenhäuser, kinder auf der straße, die vielleicht keinen<br />

kindergarten haben, spricht er möglichst leute an, versucht er, kontakte aufzunehmen<br />

und sucht er ständig neue anknüpfungspunkte, also arbeitet er.<br />

geht er einen trinken?<br />

das passiert immer vor oder lieber nach einer diskussion, versammlung, um die<br />

ereignisse zu bewerten oder um sich davon auszuruhen als echte 'freizeit', endlich<br />

mal den proleten gleich, also arbeitet er, oder reproduziert er seine politische<br />

arbeitskraft.<br />

geht er zu einer demo?<br />

nicht so, nicht um ein eigenes interesse zu vertreten, er hat kein eigenes, er ist doch<br />

berufsrevolutionär, seine interessen sind wie die nützlichkeit seiner arbeit diese<br />

gesellschaft transzendierend! und er geht auch nicht, weil er zornig oder empört ist.<br />

zornig oder empört, hic et nunc, sind die anderen, die direkt angesprochen sind, er ist<br />

emblematisch zornig: zornig als beruf, metazornig. wenn die anderen endlich zornig<br />

sind, dann freut er sich: es wird heiß, es riecht nach kampf, nach revolution. je mehr<br />

die anderen empört sind, desto mehr freut er sich. je mehr die anderen gründe<br />

haben, empört zu sein, desto mehr gründe hat er, sich zu freuen. Er ist nicht ein<br />

demonstrant, er ist ein berufsdemonstrant: er demonstriert nicht, er arbeitet!<br />

kämpft er?<br />

nicht so, nicht um sein leben zu gewinnen, nicht, um sich zu befreien. er ist nicht<br />

blöd, er weiß, daß die revolution ein permanenter prozeß ist, auch die politische<br />

arbeit wird also permanent sein, insofern die revolution wie er annimmt, von der<br />

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