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Schwarze 9

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unbewußt fürchtet er sogar die aufhebung der angst. das könnte eine verminderung<br />

des aggressivitätspotentials, der gewaltladung, bedeuten.<br />

er ignoriert die wechselseitigkeit, sozusagen die dialektik von gewalt und angst, nicht.<br />

wenn die angst aus der gewalt geboren wird, liegt der ursprung der gewalt in der<br />

angst. jedoch, wenn der militante die gewalt als ultima ratio für die befreiung des<br />

proletariats verabsolutiert, wenn er die aggressivität zu einem zwang macht, für jeden<br />

kontext anwendbar, dann vergißt der militante, daß er der angst einen ebenso<br />

definitiven status gibt. es ist so nicht ersichtlich, wie so nicht auch die immanenten<br />

bedingungen im system, die ökonomischen und andere, verewigt wurden, die die<br />

existenz von gewalt und angst möglich machen.<br />

auf jeden fall wird sich die angst des proletariats nach maßgabe ihrer<br />

'militantisierung' verwandeln. angst, die letztlich verachtung der angst wird, wenn<br />

nicht ignorierung der angst - beim kämpferischsten militanten, dem 'he manmilitanten',<br />

hart geworden durch harte schläge, nichts und niemanden mehr<br />

fürchtend.<br />

aber die angst ist nicht aufgehoben worden, man hat sie nur durch(aus)gestrichen,<br />

ignoriert. man hat nur die gewalt behalten, höchsten ausdruck der angst. der militante<br />

spielt mit der angst des prolos. er rechnet auf ihre integrale umwandlung in gewalt<br />

um jeden preis, die, politisch gut geführt, zur machtübernahme führen soll. daß diese<br />

macht auch auf einer Situation angst/gewalt beruht, kümmert die militanten wenig.<br />

wie sollte es anders ein, wenn jedenfalls nach dieser hypothese die militanten<br />

diejenigen sind, die am besten gerüstet sind, um eine solche situation zu meistern?<br />

die angst vor der gewalt wird zur gewalt der angst und die gewalt der angst wird zur<br />

angst vor der gewalt. das ist der motor der militanten aktion. die militanten<br />

verabsolutieren die gewalt. sie machen aus ihr den absoluten wert der<br />

kulturrevolution wie der revolution überhaupt. sie verabsolutieren das fehlen von<br />

angst. und auf der anderen seite reproduzieren sie genau die zustände, die einem<br />

angst machen (Straßenkämpfe etc.): „lotta dura - senza paura!" harter kampf ohne<br />

angst! es ist das „senza paura“ (ohne angst) von jemand der weiß, daß er angst hat<br />

und der weiß, daß er sich erneut in eine Situation hineinbegibt, in der er nur zu recht<br />

hat, angst zu haben („la lotta dura“, der harte kampf), wobei man alles machen muß,<br />

um etwas weniger angst zu haben als der feind ...<br />

das 'ohne angst' (senza paura) klingt übrigens mehr nach wunsch als nach<br />

versicherung: die 'vokative' seite ist so offensichtlich, daß man der angst dessen, der<br />

es schreit, eher glaubt als seiner versicherung, und damit macht er unter seinen<br />

eigenen genossen mindestens soviel angst wie gegenüber dem feind.<br />

dieser widerspruch dauernd wachsender angst, die gewaltig negiert wird, bringt eine<br />

elitäre persönlichkeit, den he-man-typen, den 'capo popolo' hervor, der diesen<br />

widerspruch am besten zu verinnerlichen weiß und der besser ausgerüstet ist, das zu<br />

tun. (und wer ist besser dafür gerüstet als der militante durch seine herkunft und den<br />

schutz, den sie ihm gibt und durch seine bildung?)<br />

die vorbedingungen eines schon latenten rassismus kommen hier zusammen -<br />

rassismus dieser kämpferelite ohne angst gegenüber allen, die keine kämpferseele

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