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Schwarze 9

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verleugnet der militante nicht seine wirkliche klassenzugehörigkeit?<br />

versichert er nicht dauernd, daß er ein privilegierter sei und daß als solcher er zu<br />

verschwinden habe, daß er das subjekt der revolution nicht sei, daß er in der<br />

revolution keine zentrale rolle spielen werde (immer an der seite, hinter, oder vorm<br />

oder an der spitze des proletariats, aber niemals im zentrum, obwohl er sich schon<br />

ins herz der kämpfe wünscht).<br />

der militante wünscht sich anders zu sein als proletarier, er sieht, daß er, was immer<br />

er auch macht, erniedrigt auf die stufe von arbeitskraft ist, daß die produkte seiner<br />

intellektuellen arbeit waren sind, das alles von ihm, bis hin zu den manifestationen<br />

seiner revolte, von der macht wieder eingeholt wird, umgeformt zum spektakel (ob<br />

surrealistisch, industrielle oder pop oder andere kunst) und zur ware (hippie-mode,<br />

musikmode etc.)<br />

tagtäglich erfährt er am eigenen leib, wie proletarisch es ist, nicht frei über das<br />

eigene leben verfügen zu können, über seinen eigenen körper, über seine phantasie,<br />

seine eigenen hände, sein wissen. aber mit leidenschaft stürzt er sich darauf,<br />

proletarischer als sich selbst zu finden. er ist auf der suche nach einem wahrhaften<br />

proletariat, einem wirklichen physischen elend: am liebsten hätte er die dritte welt<br />

hier. er gibt der ökonomie das primat und leitet davon gründe ab, sich als<br />

privilegierter zu fühlen oder was er dafür hält, um sagen zu können: die prolos, das<br />

sind die anderen.<br />

anstatt sich das elend seines reichtums bewußt zu machen, zieht er vor, an den<br />

reichtum seines elends zu glauben, um sich selbst den luxus zu leisten, noch etwas<br />

zu tun zu haben, noch etwas einzusetzen zu haben im potlach der revolution. geplagt<br />

vom schlechten klassengewissen, das er bei sich provoziert, leistet er sich den luxus<br />

des substitutiven klassenbewußtseins auf dessen altar seine letzten privilegien als<br />

sühneopfer brennen werden.<br />

da sein wirkliches privileg in der tat die ideologie des schlechten klassengewissens<br />

ist, sondert er ein ideologisches klassenbewußtsein ab, welchem er sich mit leib und<br />

seele verschreibt.<br />

nachdem er sich von sich selbst bis hin zu seinem proletarischen sein entfremdet<br />

hat, sucht er nun verzweifelt sich auf diesen proletarischen helden, definitiv anders<br />

als er, zu beziehen. der militante ist zu allem bereit, sogar zum martyrium: er will sein<br />

opfer bringen, unwichtig welches:<br />

ruhmvoll oder demütig<br />

berauscht oder schäbig<br />

künftig wird seine suche eine suche nach eigenschaften und optimalen bedingungen<br />

seines opfers sein: ruhmreich an der spitze des proletariats zu sterben; sich in<br />

selbstmörderischen aktionen zu vernichten, damit es bewußt wird; es tapfer zu leiten,<br />

um seinen sieg zu garantieren; im schatten des proletariats zu verkümmern, in der<br />

düsteren, ruhmlosen arbeit des treuen verbündeten; oder, unerhoffte, belebende<br />

lösung, so schön, daß man es kaum glauben kann, zusammen mit den proletariern<br />

seinen eigenen proletarisierungsprozeß bis zur vollständigen regeneration und zur<br />

letzten erlösung zu unternehmen.

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