Beiträge zur Sozialen Phantasie
Beiträge zur Sozialen Phantasie
Beiträge zur Sozialen Phantasie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
sind wir also - Marx sei Dank - auch nach dieser Aufarbeitung noch weit entfernt.<br />
Natürlich ist unsere Kritik auch als autobiographische Bestandsaufnahme und Bruch<br />
mit liebgewordenen Vorstellungen und Weltbildern zu sehen. Erste Reaktionen auf<br />
unseren Reader waren entsprechend nicht inhaltlich, sondern bezogen sich lediglich<br />
auf diesen biographischen Anlaß. Wir bekamen beispielsweise zu hören: "Wenn ihr<br />
euch schon eine andere Identität zulegen müßt, dann belästigt wenigstens nicht auch<br />
noch uns damit; ihr wollt doch nur den Rest der Bewegung kaputtmachen!' Damit<br />
wird unserer Kritik ihre politische Berechtigung abgesprochen und alles auf eine<br />
persönliche Geschmacksfrage reduziert. Das sehen wir anders. Die objektive<br />
politische Gültigkeit unserer Kritik kann nicht dadurch beiseite geschoben werden,<br />
indem auf ihrem subjektiven Anlaß herumgeritten wird. Wir meinen durchaus,<br />
berechtigte politische Kritik zu äußern, über die wir auch eine entsprechende<br />
Auseinandersetzung erwarten können. Von anderen bekommen wir vorgehalten, wir<br />
wären Renegaten. Als vermeintliche Kritik wird zumindest einem Teil von uns<br />
vorgeworfen: "Aber ihr habt doch früher selbst... ". Darauf können wir nur sagen:<br />
Diesen Springerstiefel ziehen wir uns gerne an. Wir jedenfalls wissen, worüber wir<br />
reden - zumindest ein Teil von uns...<br />
Aber um zu unserer Autonomen-Kritik <strong>zur</strong>ückzukommen: Uns war dabei klar, daß<br />
unsere Kritik nicht so abstrakt bleiben durfte, wie es die meisten autonomen<br />
Selbstkritiken sind: Nicht die Kritik der Bewegung, gemessen an einem irgendwie aus<br />
den Wolken kommenden Anspruch an die Bewegung sollte unser Ziel sein. Derartige<br />
Kritik, das war uns <strong>zur</strong> Genüge bekannt, führt zu nichts anderem als zu moralischen<br />
Appellen, wie denn die einzelne RevolutionärIn sich in der Bewegung und gegenüber<br />
den Schweinen zu verhalten habe, bleibt also weiterhin dem Subjektivismus der<br />
Bewegung verhaftet. Vielmehr wollten wir die Bewegung begreifen als einen Teil der<br />
gesellschaftlichen Verhältnisse selbst, gegen die sie sich wendet. Wir wollten mit<br />
unserer Kritik also einen Beitrag <strong>zur</strong> Selbstaufklärung der Bewegung über sich<br />
leisten. Inwieweit uns dies gelungen ist, wird die Diskussion zeigen.<br />
Einleitung<br />
Es ist etwas schwierig, unsere Kritik, die wir an der real existierenden Autonomen<br />
Bewegung haben, in einem kurzen Referat zusammenzufassen. Wer unsere<br />
Textsammlung gelesen hat, wird festgestellt haben, daß die Texte nur sehr schwer<br />
miteinander diskutiert werden können. Die Kritik, wie wir sie an der Autonomie (Neue<br />
Folge) geübt haben, hat zum Beispiel wenig zu tun mit der Kritik autonomer<br />
Bündnispolitik. Wir hatten ungemeine Schwierigkeiten, autonome Theorie und<br />
autonome Praxis so zu kritisieren, daß es sich um ein und dieselbe Kritik handelt,<br />
daß die Fehler der Theorie auf die der Praxis verweisen und umgekehrt. Diese<br />
Schwierigkeiten, die autonome Bewegung in ihrer Einheit von Theorie und Praxis zu<br />
kritisieren, haben allerdings ihren Grund nicht nur in unserer subjektiven Unfähigkeit.