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Beiträge zur Sozialen Phantasie

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Arbeiterbewegung im autonomen Sinne die Funktion einer neuen Klassenpolitik" sein. (ebd.<br />

S.84) Einerseits sei "das zentrale Motiv der Wiederherstellung der italienischen<br />

Arbeiterbewegung ihre volle Fähigkeit <strong>zur</strong> Autonomie", andererseits aber habe sich die<br />

Arbeiterbewegung an das "grundlegende Kriterium der Entwicklung der Produktivkräfte"<br />

(ebd. S.86) anzumessen. So wird der Zweck - nämlich Autonomie - dauernd in ein Mittel für<br />

anderes umgebogen. Panzieri denkt die Arbeiterautonomie von unten als Politikform der<br />

Partei von oben. Dieses Paradox charakterisiert auch seine Praxis als Theoretiker und ZK-<br />

Mitglied. Die Autonomie der Arbeiterbewegung von den Schalthebeln des ZK aus in Gang<br />

setzen zu wollen, ist ein Widerspruch in sich. Offenbar hoffte Panzieri damals noch, ein<br />

Neubeginn des offenen Klassenkampfes einerseits -und eine durch ihn selbst von oben<br />

angekurbelte Veränderung der Parteistrukturen andererseits könnten das Verhältnis von<br />

Arbeiterklasse und Partei insgesamt verändern. Und er tat alles, um die Partei auf seinen Kurs<br />

zu bringen. Selbst vor einem Putschversuch gegen den rechtssozialdemokratischen Nenni<br />

schreckte er nicht <strong>zur</strong>ück. An dessen Stelle sollte Lelio Basso gesetzt werden; der spielte<br />

jedoch nicht mit und schlug sich schließlich auf die Seite der Mehrheitssozialisten.<br />

Im Laufe der landesweiten Debatte um die Arbeiterkontrolle betonte Panzieri immer mehr die<br />

Autonomie von unten -wohl auch deshalb, weil sich abzeichnete, daß seine Konzeption keine<br />

Chance hatte, innerparteiliche Mehrheiten zu gewinnen. Als Nenni 1959 dann seine<br />

Mehrheitsposition festigen kann, verläßt Panzieri die Direktion von "Mondo Operaio" und<br />

geht dorthin, wo die ersten Anzeichen für die Fabrikkämpfe der 60er Jahre schon sichtbar<br />

wurden: nach Turin. Das Paradox Bewegung/Partei löste sich zugunsten der Bewegung,<br />

wurde aber auf andere Weise akut - wie sich gleich zeigen wird.<br />

III. Die Quaderni Rossi<br />

In Turin konstituierte sich dann 1961 die Gruppe um die "Quaderni Rossi", der außer Panzieri<br />

u.a. auch die Römer PCI-Dissidenten um Tronti angehörten. Die QR sind eine eigentümliche<br />

Mischung aus theoretischer Revue und praktisch-politischem Interventionsorgan. In ihnen<br />

veröffentlichte Panzieri seine auch in deutscher Sprache zugänglichen Aufsätze zu Marx. Ein<br />

weiterer Schwerpunkt der QR war außer den Analysen <strong>zur</strong> Entwicklung des italienischen<br />

Nachkriegskapitalismus die sogenannte Arbeiteruntersuchung, um die sich später der Mythos<br />

QR rankte. Über der Status der Arbeiteruntersuchung gab es von Anfang an unterschiedliche<br />

Auffassungen: eine soziologischobjektivistische -und eine politisch-interventionistische.<br />

Panzieri schwankte zwischen beiden hin -und her.<br />

Die soziologisch-objektivistische Strömung verstand unter Arbeiteruntersuchung die<br />

industriesoziologische Analyse der Arbeitsverhältnisse in der Fabrik und übernahm<br />

unbesehen Interview-Techniken, wie sie von der amerikanischen Industriesoziologie in der<br />

Absicht der Perfektionierung kapitalistischer human- relations- Techniken entwickelt wurden.<br />

Tatsächlich machte diese Strömung der QR dadurch die amerikanische Industriesoziologie in<br />

Italien bekannt. Die Arbeiterklasse kommt dabei nur als totes Untersuchungsobjekt vor. Die<br />

Industriesoziologie reduziert den Arbeiter auf den Status der Ameise. Sie beschreibt ihn so,

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