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Beiträge zur Sozialen Phantasie

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strikten Trennung von gewerkschaftlichem Lohrkampf und parlamentarischer Politik für<br />

allgemein-gesellschaftliche Reformen. Die Gewerkschaften feilschten mit der. Kapitalisten -<br />

um den Verkaufspreis der Ware Arbeitskraft und die Parteien verpflichteten ihre Mitglieder<br />

und Wähler aufs Wohl der Nation. Wie der Bürger nur objektiv schizophren als egoistischer<br />

bourgeois, der nur seinen Geschäftsinteressen verpflichtet ist, einerseits und allgemein<br />

staatspolitisch interessierter citoyen andererseits existieren kann, so setzte die Praxis von PCI<br />

und PSI den Proletarier als janusköpfiges Ungeheuer voraus: in den Gewerkschaften soll er<br />

nur als lebendiges Arbeitsvermögen und also eine Naturkraft unter anderen dahinvegetieren;<br />

als Parteimitglied dagegen hat er sich über seine tierische Existenz im ökonomischen<br />

Daseinskampf zu erheben, *um den Idealismus des Staates, das abstraktallgemeine Interesse<br />

aller Werktätigen an der Reproduktion als Werktätige auf die eigene Kapp zu nehmen. Ziel<br />

dieser halsbrecherischen Verrenkung war es, vermittels des Staates die Gesellschaft von allen<br />

parasitären Elementen, die nicht produzieren sondern nur schmarotzen, zu reinigen. Der Staat<br />

wurde wie im ganzen traditionellen Marxismus seit Kautsky und Lenin als Ort der sozialen<br />

Emanzipation angesehen und die Partei sollte diesen Ort im Wettstreit um die Sitzverteilung<br />

im Parlament erobern. Nur konsequent war es daher, die staatseigenen Betriebe als befreites<br />

Territorium zu feiern. Wer dagegen die Arbeitsbedingungen in diesen Fabriken kritisierte,<br />

schreibt Panzieri irgendwo, riskierte in jenen Jahren, schief angesehen zu werden.<br />

Die "demokratischen (d.h. parlamentarisch kontrollierte) Wirtschaftsprogrammierung”, war<br />

allgemein als probates Mittel anerkannt, die staatlichen Inseln der Freiheit aufs gesamte<br />

gesellschaftliche Territorium auszuweiten. Das alles ist von der DKP und den Jusos her nur<br />

allzu gut bekannt: je nach Parteizugehörigkeit wird diese Strategie als "antimonopolistischer<br />

Kampf" oder "Investitionslenkung" bezeichnet. In Italien gewinnt sie im Rahmen der<br />

süditalienischen Frage noch spezifische Bedeutung. PCI und PSI wollten mit Hilfe der<br />

staatlichen Wirtschaftspolitik einen Teil der Investitionen nach Süditalien und auf die Inseln<br />

umleiten, um den inneren Kolonialismus im Verhältnis von industrialisiertem Norden und<br />

agrarischen Süden abzuschaffen. Von den Gewerkschaften wurde dies zeitweilig durch<br />

sogenannte Lohn<strong>zur</strong>ückhaltung unterstützt. Die Erfahrungen zeigen, daß wie in allen Ländern<br />

der Peripherie derartige Wirtschaftspolitiken nur katastrophale Folgen haben.<br />

Während die historischen Arbeiterorganisationen ihre Aufmerksamkeit auf die<br />

volkswirtschaftlichen Globaldaten richteten und bereits damit dem kapitalistischen Fetisch<br />

unterlag, fand in den Betrieben eine umfassende Umstrukturierung des Produktionsprozesses<br />

statt. Hand in Hand mit einem kolossalen Investitionsschub wurden tayloristische<br />

Arbeitsmethoden und die Managementtechniken des human engineering eingeführt. Die<br />

Gewerkschaften nahmen davor keinerlei Notiz und blieben weiterhin auf ihre traditionelle<br />

Strategie der Lohnerhöhungen fixiert. Die Erfahrungen der Arbeiter im Arbeitsalltag gingen<br />

in keinster Weise in die Gewerkschaftsstrategie ein. Ebensowenig kümmerte sie sich um die<br />

großangelegten Säuberungsaktionen, in denen die besten Kader entweder entlassen, ermordet<br />

oder wie bei der Fiat in besonderen Abteilungen konzentriert wurden. Die Demoralisierung<br />

der Arbeiter war so groß, daß seit 1954 bei der Fiat nicht mehr gestreikt wurde. Ende der 50er<br />

Jahre war die Fiat in Italien das Symbol für kapitalistischen Betriebsfrieden. Und als bei den<br />

Wahlen zum Vertrauensleutekörper 1955 die sozialistisch-kommunistische Gewerkschaft<br />

CGIL drastische Stimmenverluste hinnehmen mußte, da war die Krise der italienischer.<br />

Arbeiterbewegung offensichtlich.

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