Beiträge zur Sozialen Phantasie
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Autonomie ihren Grundsatz, die Wahrheit revolutionärer Autonomie könne nur durch ihre<br />
Organisation gezeigt werden. Die Geschichte dieser Theorie ist die. Geschichte der<br />
schrittweisen Ausdünnung ihrer revolutionären Substanz. Sie führt vom Neoleninismus des<br />
frühen Tronti über der Bedürfnisfetischismus des mittleren Negri bis <strong>zur</strong> autonomen<br />
Lebensphilosophie Detlev Hartmarns. Bevor ich darauf im Einzelnen eingehe, ist es<br />
notwendig, einiges über die Entstehungsbedingungen jener Bewegung zu sagen, die später mit<br />
dem Namen Autonomia belegt wurde.<br />
II. Der Scheidepunkt: Raniero Panzieri<br />
Eine verbreitete Lesart der italienischen Ereignisse behauptet, diese Bewegung habe sich in<br />
absolutem Gegensatz zu der traditionellen Arbeiterorganisationen entwickelt. Es wird ein<br />
Ursprungsmythos von der wirklicher. Arbeiterklasse konstruiert einer Arbeiterklasse, die sich<br />
durch die sozialdemokratischer. und kommunistischen Organisationen nicht hat korrumpieren<br />
lassen, die kämpferisch ist, die die autoritären Parteien ablehnt, kurz: das Bild einer<br />
Arbeiterklasse, wie die Linke sie sich erträumt. Die Geschichtsschreibung dieses Mythos<br />
beginnt daher erst Mitte der 60er Jahre als der heiße Herbst 167 sich ankündigte und die<br />
ersten politisch intervenierenden autonomen Gruppen-sich um die Zeitschrift "Classe<br />
Operaia" zusammenschlossen.<br />
Als dann wenig später die Schriften Panzieris zu Marx entdeckt wurden, da sah man darin nur<br />
eine theoretische Vorgeschichte <strong>zur</strong> anschließenden politischen Praxis. Zur wirklicher<br />
Arbeiterklasse war der wahre Marx gefunden. Bekannt wurde Panzieri hierzulande nur als<br />
Marxinterpret. Weitgehend im Dunkeln blieb, was Panzieri zu einer Neulektüre des "Kapital"<br />
trieb, deren philologische Mängel die Marxologen in der falschen Annahme Panzieri gehöre<br />
<strong>zur</strong> Zunft, unterstrichen. Meines Wissens ist keine seiner politischen Schriften jemals<br />
übersetzt worden. Um dem abzuhelfen, hat die ISF hier einen Anfang gemacht. (siehe<br />
Anhang: "Sieben Thesen <strong>zur</strong> Frage der Arbeiterkontrolle", von R.Panzieri)<br />
Mit Panzieri beginnt die praktische und theoretische Kritik an der Politik der traditionellen<br />
italienischen Arbeiterorganisationen, eine Kritik, die den Grund legte für die spätere<br />
Autonomia. Wer war dieser Panzieri und in welcher historischen Situation arbeitete er seine<br />
Kritik aus? (Im folgenden beziehe ich mich v.a. auf Wolfgang Rieland: Organisation und<br />
Autonomie, Verlag Neue Kritik, 1977)<br />
Ende der 50er Jahre war Panzieri Mitglied des ZK des PSI und einer der Direktoren der<br />
theoretischen Revue des PSI "Mondo Operaio". Der PSI war damals noch eine marxistische<br />
Partei und unterschied sich vom PCI v.a. durch seine Kritik an, der SU und die Offenheit<br />
innerparteilicher Diskussionen. Sieht man davon einmal ab, so waren sie sich in vielem einig.<br />
Beide Parteien akzeptierten die bürgerlichen Verkehrsformen. Die Verdoppelung der<br />
kapitalistischen Vergesellschaftung in Ökonomie und Politik wiederholten PCI und PSI in der