Beiträge zur Sozialen Phantasie
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AUTONOMIA - vom Neoleninismus <strong>zur</strong><br />
Lebensphilosophie.<br />
I. Einleitung<br />
Über den Verfall einer Revolutionstheorie<br />
Als Detlev Hartmann Ende 1985 auf den Kongreß "Aktualität des Kommunismus" sprach, da<br />
war sein Vortrag ein einziges Plädoyer für die Organisation des revolutionären Kampfes, jetzt<br />
und sofort. Ob es revolutionäre Autonomie gäbe oder nicht, so sein Argument, sei solange<br />
eine scholastische Frage für Marxologen wie man darüber nur theoretisiere und es also<br />
unterläßt sie zu organisieren. Das ist der starke Punkt der autonomen Theorie, ihre<br />
unhintergehbare Wahrheit, die all die metaphysischen Scheinprobleme, die der traditionelle<br />
Marxismus um das Verhältnis von Theorie und Praxis aufgebaut hat und endlos hin- und<br />
herwälzt, als das denunziert, was sie sind: philosophische Fragestellungen für Doktorarbeiten.<br />
Dagegen polemisierte schon der junge Marx in der 2. These über Feuerbach: "Die Frage, ob<br />
dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme - ist keine Frage der Theorie,<br />
sondern eine praktische Frage."<br />
Die Geschichte der Autonomie als politischer Bewegung ist die Geschichte der Verzweiflung<br />
an dieser elementaren Wahrheit. Denn wenn es auch keinem Zweifel unterliegt, daß<br />
revolutionäre Autonomie notwendig nicht anders als praktisch gedacht werden kann, so sagt<br />
diese Notwendigkeit noch nichts über ihre Wirklichkeit aus. Was denknotwendig ist, ist<br />
deshalb noch lange nicht wirklich. Beides, Denknotwendigkeit und Wirklichkeit der<br />
Organisation von revolutionärer Autonomie dauernd zu verwechseln, durchzieht die<br />
Geschichte der autonomen Theoriebildung wie ein roter Faden. Nun könnte man mir<br />
entgegnen, dieser Dualismus von Notwendigkeit und Wirklichkeit sei wieder so ein<br />
philosophisches Scheinproblem; die Wirklichkeit ließe sich eben nur praktisch zeigen, indem<br />
man also <strong>zur</strong> Organisation übergeht. Es liegt hier scheinbar ein Paradox vor;, es scheint, als<br />
ließe sich gar nichts Stichhaltiges gegen die autonome Bewegung einwenden. In der Tat ist<br />
eine Kritik an praktischen Versuchen, die revolutionäre Autonomie zu organisieren, logisch<br />
unmöglich und praktisch blödsinnig. Der Fehler dieser Versuche liegt nicht darin, daß es sie<br />
gibt, wie der meinen könnte, der wie etwa St[efan] Breuer das notwendige Scheitern dieser<br />
Versuche philosophisch dekretiert; ihr einziger Fehler besteht vielmehr in ihrem bisherigen<br />
Scheitern. Eine theoretische Kritik an praktischen Revolutionsversuchen ist unsinnig. Es gilt<br />
hier abgewandelt das Wort Max Horkheimers, bürgerliche Kritik am proletarischen<br />
Klassenkampf sei eine logische Unmöglichkeit.