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Beiträge zur Sozialen Phantasie

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zumindest in den für die Metropolen am wichtigsten Ländern aller Wahrscheinlichkeit nach<br />

ohne eine Erhebung in den Metropolen militärisch vernichtet werden würde, zwingt zu der<br />

Auseinandersetzung mit der Situation hier. Wo dieser Zusammenhang fehlt, bewegt sich die<br />

Beschreibung leicht zum Voyeurismus hin.<br />

7. Grundlegend anders ist der Charakter des Klassenbegriffs. Die Ökonomie der Verwertung<br />

ermöglicht noch einen gewissen Spielraum gegen das Kapital, die Subjekte der Kämpfe waren<br />

noch im Produktionsprozeß des Kapitals, sie hatten noch durch die Produktionsmittel, die sie<br />

bedienten, die Waffen <strong>zur</strong> Errichtung einer freien Gesellschaft in ihrer Hand. Dagegen: Streik<br />

in der Subsistenz? Die Ökonomie der Verwertung wurde bzw. wird durch die Ökonomie der<br />

Vernichtung abgelöst, die Waffe des Kapitals gegen die überflüssigen Esser heißt Dürre und<br />

Hunger. Die Qualität der Kämpfe - d.h., daß sie außerhalb des Verwertungszyklus stattfinden<br />

-bedeuten gleichzeitig ihre Schwäche.<br />

8. Was weitgehend fehlt in den "Materialien" ist die Auseinandersetzung mit dem<br />

paternalistischen System der Ausbeutung. Vor allen Dingen im Norden sind die<br />

Lebensverhältnisse noch stark von der Ideologie des "casa grande" geprägt. Nicht nur die<br />

physischen Abhängigkeiten sind entscheidend, die Internalisierung der Unterlegenheit ist<br />

mindestens ebenso wichtig.<br />

9. In diesem Zusammenhang ebenfalls von großer Bedeutung - und in den "Materialien" nicht<br />

erwähnt - ist die Rolle der katholischen Kirche. In einem so stark religiös geprägten Land wie<br />

Brasilien kann diese Institution nicht einfach "übersehen" werden. Während die Kirche lange<br />

Zeit einen überaus reaktionären Charakter hatte und wesentlich <strong>zur</strong> Aufrechterhaltung der<br />

sozialen Ordnung und der psychischen Disposition der Unterdrückten mit beitrug,<br />

entwickelten sich im Laufe der letzten Jahrzehnte auch einige progressivere Bewegungen.<br />

Wie die Befreiungtheologie nun endgültig zu bewerten ist, sei erstmal dahin gestellt. Man<br />

kommt aber nicht umhin festzustellen, daß sie in vielen Regionen Brasiliens eine der<br />

Hauptinitatorinnen und die Trägerin des Widerstandes ist, besonders im Nord-Osten. Die<br />

"Commisao Pasoral da Terra" zum Beispiel bietet organisatorische und ideelle Hilfe für die<br />

LandarbeiterInnen, die eingeklemmt zwischen paternalistischer Unterwerfung und brutaler<br />

Repression sich sonst häufig nicht zum Widerstand entschlossen hätten.<br />

10. So gut wie gar nicht thematisiert wird die Rolle des Patriarchats. Bedeutet das Patriarchat<br />

eine "Spaltung in der Klasse", bzw. ist das Patriarchat ein Widerspruch quer zu den von der<br />

Ökonomie gezogenen Fronten? (Verschärft wird die Frage durch den lateinamerikanischen<br />

Machismo, bzw. die Prägung Brasiliens durch die patriarchale Doppelmoral seit der<br />

Kolonisierung.)<br />

Oder bedeutet es den grundlegenden Widerspruch, von dem der Kapitalismus nur eine<br />

bestimmte Stufe darstellt, grundlegend deshalb, weil die "Reproduktion der Gattung" jeder<br />

"Arbeit" und erst recht dem Kapital vorausgeht? Werden die (trikontinentalen) Frauen wegen<br />

der grundlegenden Bedeutung der Gattungsreproduktion und vor allem der von ihnen

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