Beiträge zur Sozialen Phantasie
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Reproduktion der männlichen Arbeitskraft abgedrängt wurden. Selbst im Verlauf der<br />
revolutionären Kämpfe zu Beginn der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts hat sich hieran<br />
wenig geändert.<br />
In Deutschland wurden die Frauen nicht in die Vollzugsräte gewählt, die Frauen wurden<br />
weiterhin schlechter bezahlt als die Männer, auch wenn Arbeitergremien die Löhne<br />
festsetzten, die Männer verdrängten die Frauen vielmehr wieder aus den Positionen, welche<br />
sie während der Kriegswirtschaft eingenommen hatten. In der proletarischen Literatur der<br />
zwanziger Jahre spiegelte sich die Erfahrung der Frauen, welche diese während des Krieges<br />
und im Verlauf der revolutionären Erhebungen gemacht hatten, keineswegs wider. Bezüglich<br />
der Rolle der Frau weist der proletarische Roman sogar Parallelen zum faschistischen auf.<br />
Selbst in der Roten Armee des Ruhrgebiets im März 1920 war es nicht anders. Die<br />
Kampfleitung der Roten Armee denunzierte Frauen, die den Kampf an der Front unterstützen<br />
wollten, als "Huren". Dieselbe Rote Armee, die von den noch nicht reell subsumierten<br />
Ruhrarbeitern gebildet wurde und die in der Autonomie Nr.14 als Ausdruck proletarischer<br />
Gegenmacht gefeiert wird.<br />
"Diese Konstitution ist nicht das Resultat des Produktionsprozesses allein, mißt sich nicht am<br />
Grad der Vereinnahmung, sondern genau im Gegenteil: an der anarchischen Reproduktion der<br />
Unterschichten, die in erster und zweiter Generation dem Leben als Industriearbeiter fremd<br />
gegenüberstanden, und in der Bereitschaft, aus dieser Fremdheit heraus das gesamte soziale<br />
Verhältnis in Frage zu stellen. Davon zeugen die Kämpfe um die Jahrhundertwende, die<br />
1918-20 kulminierten." (S.206)<br />
Die Konsolidierung des Kapitalismus erfolgte erst, als im Verlauf der faschistischen Epoche<br />
die Verantwortung des Über-Vaters Staat für die Regeneration und Reproduktion der<br />
Arbeitskraft anerkannt wurde, was mit einer Reaktivierung quasi patriarchaler Kontrolle und<br />
Fürsorge einher ging. Diese Formation lebte bzw. lebt bis heute in der Gestalt des<br />
"Wohlfahrtsstaates" fort. Die Antwort auf die Frage, ob beim Übergang von der formellen <strong>zur</strong><br />
reellen Subsumtion das Patriarchat der Unterklassen von einem "naturwüchsigen" in ein<br />
bürgerliches transformiert wurde, kann nicht gegeben werden. Feststeht auf jeden Fall ein<br />
enger Zusammenhang zwischen kapitalistischer Produktionsweise und modernen Formen des<br />
Patriarchats. Das gilt nicht nur für die direkt ökonomische Ebene der Aneignung unbezahlter<br />
Mehrarbeit, sondern für das Denken selbst. Die sexistische Reduktion von Frauen zu<br />
Objekten männlicher Begierde, denen jede Individualität abgesprochen wird, ist die<br />
patriarchale Parallele zum kapitalistischen Phänomen der Verdinglichung. Spiegelt sich in der<br />
Liebe <strong>zur</strong> Zahl der Sexismus wieder, so kann weiterhin gesagt werden, daß Sozialpolitik, die<br />
Berechnung der Verteilung der produzierten Güter, das Weiterbestehen des Patriarchats im<br />
Kapitalismus öffentlich macht. (vgl. hierzu: B. Schaeffer-Hegel, B. Wartmann (Hg.), Mythos<br />
Frau, Berlin 1982, S.140ff )<br />
Die entscheidende Frage bezüglich des Konzepts der Autonomie besteht darin, zu welchem<br />
Zeitpunkt der "Prozeß der Zivilisation% die Verinnerlichung der Selbstdisziplinierung in den