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Beiträge zur Sozialen Phantasie

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Schon hier deutet sich das Marxsche Konzept der Klasse an sich und für sich an; aus diesem<br />

Zitat wird aber auch ersichtlich, weshalb Engels gegen Ende seine Lebens noch sagen konnte,<br />

daß die Arbeiterklasse die Erbin der klassischen deutschen Philosophie wäre. Das heißt, die<br />

Klasse für sich ist keine Umschreibung für jede beliebige Arbeiterbewegung. Die Klasse für<br />

sich ist diejenige Kraft, die den Widerspruch zwischen fortgeschrittenem Bewußtsein und<br />

realem kapitalistischen Dasein aufhebt. Daß die entstehende Sozialdemokratie die Klasse für<br />

sich wäre, davon hat Marx, wie schon erwähnt, sich später distanziert. Daß jedoch die<br />

Subsistenz die positive Bestimmung des Nicht-Werts wäre, dies ist spezifisch für Meyer.<br />

Damit wiederholt er, mit anderer Begründung, den Fehler des jungen Marx: Er projiziert<br />

seinen subjektiven Wunsch nach Zerstörung kapitalistischer Verhältnisse auf die Kämpfe, die<br />

bei der Zerstörung vorkapitalistischer Gesellschaftsformen entstehen. Die pure Möglichkeit,<br />

daß in derartigen Kämpfen so etwas wie revolutionäre Spontaneität entstehen könnte, wird<br />

ihm <strong>zur</strong> Gewißheit. Daß ein revolutionäres Potential sich als Klasse konstituieren muß, damit<br />

es <strong>zur</strong> Revolution kommt, ist klar. Die umstandslose Identifikation dieses Subjekts mit der<br />

Subsistenz ist aber reines Wunschdenken. Denn mit dieser Identifikation spricht er diesen<br />

Kämpfen das ab, was revolutionäre Subjektivität ausmacht. Meyer übersieht, daß die positive<br />

Setzung von Subjektivität frei handelnde Subjekte voraussetzt, daß heißt, daß die Gesellschaft<br />

nicht mehr durch die Individuen hindurchhandelt, wie in der kapitalistischen Gesellschaft<br />

üblich ist. Subjektivität setzt voraus, daß Bewußtsein und Ich übereinstimmen, daß die<br />

Archaik nicht unbewußt fortlebt. Ist dies nicht gegeben, vollzieht die positive Setzung von<br />

Subjektivität das nach, was im Kapitalismus tagtäglich geschieht: das "Verschwinden" des<br />

Besonderen, Individuellen im gesellschaftlich Notwendigen. Indem Meyer die Subsistenz<br />

zum positiven Nicht-Wert erhebt, subsumiert er sie zugleich unter ein Allgemeines. Das<br />

Kapital wird wiederhergestellt, indem er die Mythologie des orthodoxen Marxismus durch die<br />

"moralische Ökonomie der Armen" ersetzt. So schreibt er:<br />

"Es mußte nicht erst eine vom Kapital organisierte Industriearbeiterklasse als Voraussetzung<br />

der Revolution heranwachsen. Im Gegenteil markieren Arbeiter- und<br />

Gewerkschaftsbewegung das Scheitern einer ganzen Epoche von sozialen Kämpfen gegen das<br />

Lohnsystem. Antikapitalistische revolutionäre Sozialbewegungen haben sich in der<br />

europäischen Sozialgeschichte solange herausgebildet, wie die Klasse in der Reproduktion<br />

außerhalb des Kapitals stand. Mit anderen Worten: der Verlust der europäischen Perspektive<br />

einer Sozialrevolution hat etwas mit dem Prozeß der reellen Subsumtion unter das Kapital zu<br />

tun." (S.19-20)<br />

Meyer bricht nicht aus dem Verständnis der Kritik der politischen Ökonomie aus, wie sie von<br />

den orthodoxen Marxisten vertreten wird, wenn er statt dessen die "moralische Ökonomie"<br />

der Armen einfordert. Auch diese bleibt, wie im Namen schon deutlich wird, Ökonomie.

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