Beiträge zur Sozialen Phantasie
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Die IWF-Kampagne wurde im Vorfeld begriffen als eine Möglichkeit, von der<br />
reformistischen Randalepolitik hin zu einer tatsächlich revolutionären Orientierung zu<br />
kommen. Gerade die Abstraktheit des Themas schien die Möglichkeit zu bieten, von dem<br />
Festkleben im Konkreten wegzukommen, endlich das Ganze nicht nur als abstrakte Phrase,<br />
sondern als begriffenes Ganzes zum Thema zu machen. Die Möglichkeiten dazu schienen<br />
gegeben zu sein. Die Frankfurter schrieben damals:<br />
“Wir denken also, daß die Aufarbeitungsversuche aus den letzten Jahren, die entwickelten<br />
theoretische Ansätze (Autonomie NF, KSZ, <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> feministischen Theorie und Praxis)<br />
und das verbreitete Bedürfnis nach einer langfristigen politischen Strategie zusammenfallen,<br />
daß hier ein autonomer Organisationsprozeß (wieder)aufgenommen, (weiter)entwickelt<br />
werden, und daß sich dieser Prozeß im Hinblick auf den IWF-Gipel praktisch entfalten kann."<br />
II: Ablauf der Kampagne<br />
Wir sehen also: Die Vorsätze in Bezug auf die IWF-Kampagne waren die allerbesten. Doch<br />
wie es mit guten Vorsätzen meistens geht, sie sind dazu da, nicht umgesetzt zu werden.<br />
Obwohl zwei Jahre im voraus eine theoretische Offensive gestartet wurde, schlug spätestens<br />
ein halbes Jahr vor der Kampagne das Pendel wieder auf die Seite des Aktionismus um. Die<br />
angestrebte neue Qualität wurde nicht erreicht, von einer Bündelung der<br />
Teilbereichsbewegung konnte keine Rede sein. Und von der vielbeschworenen Kontinuität,<br />
die durch die Fortführung der IWF-Kampagne in eine EG-Binnenmarktkampagne erreicht<br />
werden sollte, redet heute niemand mehr. Genausowenig kann von einer neuen,<br />
vorwärtsweisenden Theorie die Rede sein, die sich doch aus der Kampagne hätte entwickeln<br />
sollen. Das alte, instrumentelle Verhältnis <strong>zur</strong> Theorie feierte Hochzeiten. Das einzige, was<br />
sich in Sachen Theorie geändert hat, ist die Verankerung der alten autonomen<br />
Theorieversatzstücke in der autonomen Basis. Die Arbeitsteilung in der Kampage war<br />
traditionell: den Reformisten blieb die Theorie, die Autonomen organisierten die Aktionen.<br />
Wir versuchen im folgenden, die wichtigsten Punkte der Kampagne zu beleuchten.<br />
Die praktisch-organisatorischen Erfahrungen aus der Geschichte der autonomen Bewegung<br />
ließen sich wunderbar einsetzen. Da die Repression vollkommen überschätzt wurde, mündete<br />
viel Energie in eine gut funktionierende Infrastruktur mit Fahrdiensten,<br />
Ermittlungsausschüssen, Volxküchen und Infostellen. Die Disziplin ging soweit, daß in den<br />
frequentierten Kneipen ein knallhartes Alkoholverbot durchgehalten wurde.<br />
Selbst die militanzerprobten Autonomen saßen der bürgerlichen Propaganda vor der<br />
Kampagne auf, die damit drohte, Berlin <strong>zur</strong> Festung zu machen und jede militante Aktion zu<br />
verhindern. Es wurde sogar diskutiert, keine AktivistInnen aus der BRD kommen zu lassen<br />
und dezentrale Aktionen zu organisieren, um der Kriminalisierung zu entgehen. Darauf ist<br />
auch <strong>zur</strong>ückzuführen, daß viele individuell und kurzentschlossen nach Berlin aufbrachen, was