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Beiträge zur Sozialen Phantasie

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I: Zur Geschichte der Autonomen Bewegung<br />

Die Geschichte der autonomen Bewegung stellt sich im nachhinein dar als die Geschichte<br />

eines sukzessiven Niedergangs. Sie zeichnete sich aus durch immer schnelleres Springen von<br />

einem Brennpunkt zum anderen, von diesem Schweineprojekt zum nächsten. Als dieser<br />

Niedergang auch dem blauäugigsten Siegesoptimisten nicht mehr verborgen bleiben konnte,<br />

mußte mit der IWF-Kampagne endlich die große Klebstofftube her, die. den beliebigen<br />

autonomen Aktionismus mit einer umfassenden Legitimationstheorie verkleistern sollte.<br />

Erinnern wir uns: Der Glanz der Häuserkämpfe der Jahre 80/81 war verblaßt, die großen,<br />

eindeutig auszumachenden Schweineprojekte waren gebaut. Der letzte Bauzaun, der der<br />

WAA in Wackersdorf, war derart uneinnehmbar geworden, daß sich auch der genialste<br />

autonome Feldmarschall Gedanken über das Verhältnis von Effizienz militanten<br />

Widerstandes und der zu erwartenden Repression bzw. physischen Schädigung machen<br />

mußte.<br />

Brüchig wurden in diesem Niedergang auch die alten, bislang naturwüchsig existierenden<br />

Bündnisse. Bislang hatten sich, aufgrund der autonomen Strategie, Bündnisse quasi von selbst<br />

ergeben. Im Häuserkampf, in der Anti-AKW-Bewegung oder an der Startbahn West ging es<br />

in einem konkreten Kampf um konkrete Dinge. Mit dem eigenen revolutionären Anspruch<br />

waren diese Kämpfe nur lose verknüpft. Der Anspruch war zwar da, spielte in den<br />

Auseinandersetzungen dann doch kaum eine Rolle. Dort ging es immer nur um<br />

Einzelprojekte. Der revolutionäre Anspruch blieb nur dadurch gewahrt, daß gesagt wurde: in<br />

diesen Einzelfragen kann mensch eine substantielle Veränderung nur durch den Sturz des<br />

Ganzen erreichen. Den Bürgers war dieser revolutionäre Anspruch ziemlich egal. Die wollten<br />

eben kein AKW vor ihrer Haustüre. Und so kam es, unausgesprochen, zu den berühmten<br />

Bündnissen. Die Autonomen waren von den Oberpfälzern begeistert, weil die das Teufelsding<br />

WAA aus ihrem christlichen Bayern weghaben wollten und umgekehrt konnten diese sich mit<br />

der autonomen Militanz befreunden, weil sie diese entschlossene Unterstützung in ihrem<br />

Kampf gegen die WAA brauchen konnten. Daß die Autonomen eigentlich nicht gegen die<br />

WAA Sturm liefen, sondern gegen das kapitalistische Schweinesystem, war ihnen<br />

gleichgültig.<br />

Diese naturwüchsigen Bündnisse zerbrachen mit der Zeit aus zwei Gründen. Zum erstens<br />

liefen sich die Kämpfe mit der Zeit ganz einfach von selbst tot. Die Bauzaunmilitanz erwies<br />

sich zunehmend als ineffektiv. Die periodisch auftretenden Gesetzesnovellen mit neuen<br />

Rundumpaketen sogenannter Sicherheitsgesetze bewirkten in diesem Zusammenhang das<br />

ihre. Zum zweiten kamen zu diesen äußeren Bedingungen aber auch innerautonome Gründe<br />

hinzu. Immer deutlicher wurde gespürt, daß die Taktik, durch das Beispiel der eigenen<br />

Militanz die nichtrevolutionären Kräfte mit<strong>zur</strong>eißen, sie vom Kampf gegen ein einzelnes<br />

Projekt zum Kampf gegen das gesamte System zu bewegen, nicht funktionierte. Vom<br />

Reformismus führt kein geradliniger Weg <strong>zur</strong> Revolution. Immer deutlicher wurde gespürt,

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