Beiträge zur Sozialen Phantasie
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zw. notfalls diese ausschlagen, zumal die Initiative meist von den Autonomen selbst oder<br />
anderen radikalen Linken ausgeht.<br />
Je konkreter und existentiell wichtiger der Anlaß, z.B. die drohende Räumung der<br />
Hafenstraße, desto breiter angelegt und taktisch flexibler die Bündnispolitik. Trotzdem geht<br />
diese nicht wie bei 2) bis zum Minimalkonsens: die Erhaltung der Hafenstraße um den Preis<br />
der Befriedung steht selbstverständlich nicht <strong>zur</strong> Debatte. Die Hafenstraßen-<br />
Auseinandersetzung ist auch ein Beispiel für die geschickte Handhabung militanter Aktionen;<br />
allerdings hat diese Militanz nichts mehr von spontaner, unberechenbarer Rebellion - sie ist<br />
ein zwar risikoreiches, aber genau berechnetes Instrument eines "bargaining by riot". Auf der<br />
anderen Seite - Extrembeispiel IWF - je abstrakter und unmittelbar folgenloser das Thema,<br />
desto rabiater der Abgrenzungswahn auch nach innen. Die Folge: der Erfolg der Aktionen<br />
gegen den IWF kam trotz der von den Autonomen ausgegebenen Linie zustande, da die<br />
verschiedenen Spektren doch gemeinsam auf die Straße gingen. Dafür wurde den Reformisten<br />
die inhaltliche Repräsentanz der Kampagne in der Öffentlichkeit überlassen, zumal die<br />
autonome Internationalismusdiskussion, eigentlich Hauptziel der Kampagne über den Tag<br />
hinaus, weder vorher noch nachher richtig in Gang kam.<br />
Es ist keineswegs so, daß es auf diesem Feld über die Durchsetzung bestimmter Forderungen<br />
hinaus nichts zu gewinnen gäbe. Hier geht es einmal um die mehr als nur symbolische (wie an<br />
den Bauzäunen) Praktizierung direkter Widerstandsaktionen, wo Widerstand noch möglich<br />
ist, außerdem um die Verankerung revolutionärer Positionen innerhalb der Linken. Oft<br />
bleiben aber die Autonomen hinter diesen Möglichkeiten <strong>zur</strong>ück, aus logisch und von<br />
Außenstehenden nicht nachvollziehbaren Gründen der eigenen Gruppendynamik und<br />
Identitätsbespiegelung (siehe das Desaster der Stammheim-Demo 1987). Freilich kann mit<br />
solcher Kampagnenpolitik kaum mehr als die Linke erreicht werden, eine Begrenzung die<br />
kaum weniger eng ist als die der Szene.<br />
V<br />
Es darf gefragt werden, warum wider besseres Wissen über die Perspektiven solcher<br />
Kampagnen- und Bewegungspolitik diese den Hauptteil der Aktivitäten der Autonomen<br />
ausmacht. Die Unzufriedenheit mit diesem Zustand ist weitverbreitet und vielbeschworen.<br />
Die Leute, an die mensch eigentlich herankommen möchte, wollen von den Autonomen<br />
nichts wissen (und umgekehrt), und die, mit denen mensch es in den Bündnissen zu tun hat,<br />
lassen sich nicht in in revolutionärer Absicht anagitieren.<br />
Die Suche nach Auswegen aus dem hier aufgeworfenen Widerspruch zwischen<br />
revolutionärem Selbstverständnis ("Identität") und aktueller Unmöglichkeit revolutionärer<br />
Praxis führt dabei zu genau denselben ideologischen Spiegelfechtereien, wie wir sie (als<br />
Tragödie) aus der Geschichte der Arbeiterbewegung und (als Farce) bei den GRÜNEN