Beiträge zur Sozialen Phantasie
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Ein erster Schritt zu der Überwindung der eingefahrenen Strukturen und<br />
Argumentationsmuster wäre eine Diskussion über das eigene Selbstverständnis, entsprechend<br />
dem Versuch, über die bloße Denunziation hinaus zu einer (zumindest ansatzweisen)<br />
gemeinsamen Analyse des Bestehenden zu gelangen, die diesen Namen verdient. Damit soll<br />
nicht geleugnet werden, daß es Versuche und Ansätze autonomer Theoriediskussionen gibt,<br />
namentlich die GenossInnen von der Wildcat oder der Autonomie NF. Aber diese Debatten<br />
werden in kleinsten Insiderkreisen geführt, die wenigsten Autonomen haben eine Ahnung von<br />
"ihrer" Theorie. Dies führt zu der Forderung, daß das Verhältnis von Theorie und Praxis neu<br />
bestimmt werden muß - das autonome Verständnis von Theorie als irrelevanter Beschäftigung<br />
irgendwelcher verschrumpelter Intellektueller im Gegensatz zu den "praktischen" Kämpfern<br />
(die im besten Fall noch Flugis lesen) ist Teil des Problems und hat mit dessen Lösung nicht<br />
viel zu tun.<br />
Die oben benannten Schwierigkeiten machen es fast unmöglich, einen Vorschlag bezüglich<br />
einer Organisationsdebatte über ein bescheidenes Niveau hinaus zu entwickeln. Ein Versuch<br />
ist's allemal wert. Geklärt werden sollte zu Anfang, wer mit wem über was in's Gespräch<br />
kommen sollte. Wie oben schon mal angedeutet, leben wir momentan in einer<br />
abwechslungsvollen Periode innerhalb der Geschichte dieser grandiosen Welt. Einige<br />
Entwicklungen scheinen an bestimmten Knackpunkten angelangt zu sein, die sie wieder<br />
interessant werden lassen können. So ist z.B. der linke Teil der GAL innerhalb der GRÜNEN<br />
mit den Nerven am Ende und scheint gewillt zu sein, den untergehenden Misthaufen<br />
endgültig zu verlassen. Ebenfalls scheinen einige Mitglieder der DKP bemerkt zu haben, daß<br />
seit der Oktoberrevolution sich das eine oder andere verändert hat. Interessant wäre es<br />
ebenfalls, die Überbleibsel der ehemals bewegten K-Gruppen anzusprechen. Sinn und Ziel<br />
einer solchen Diskussion wäre es, die verschiedenen Teile und Fraktionen der radikalen<br />
Opposition zu organisieren. Wichtig wäre dabei, dadurch größtmöglichste Informationen über<br />
die verschiedensten Teile der bundesrepublikanischen Realität zu gewinnen. Ziel sollte es<br />
dabei sein, den bescheidenen Erfahrungsbereich autonomer Wirklichkeitswahrnehmung zu<br />
sprengen. Neben den bereits genannten Gruppierungen sollten daher noch die Bereiche<br />
miteinbezogen werden, wo die Autonomen bisher die meisten Erfahrungen gemacht haben,<br />
also die Stadtteilgruppen, Häuserkämpfer, Teile der Anti-AKW-Bewegung und Leute aus der<br />
Flüchtlingsarbeit.<br />
Zentraler Punkte einer solchen Diskussion über eine mögliche neue Organisations(form) bzw.<br />
Zusammenarbeit innerhalb der Linken wäre die Frage nach der Möglichkeit von gemischten<br />
Strukturen. So wie sich die Auseinandersetzung in der Frage des Patriarchats sowohl<br />
theoretisch als auch im Alltag momentan darstellt, muß bezweifelt werden, ob eine<br />
gemeinsame Organisierung möglich ist.<br />
Ein weiterer entscheidender Punkt wäre die Perspektive der "kommunistischen Kräfte" in der<br />
Metropole (soweit man da eben von Kraft reden kann). Diese beschäftigen sich derzeit damit,<br />
entweder eine Variation von Stellvertreterpolitik durchzuführen - vom MSB bis zum BWK -<br />
oder sich im praktischem Existenzialismus zu üben, die beliebteste Form autonomen Daseins.<br />
Dieses Dilemma zwischen hierarchischer Organisation und organisiertem Chaos gilt es<br />
aufzulösen.<br />
Einer der Knoten, die sich bei dieser Diskussion stellen werden, ist das Verhältnis zwischen<br />
Legalität und Illegalität. Es bedarf wohl nur wenig <strong>Phantasie</strong>, sich die derzeitige Entwicklung,<br />
was Repression und Rechtstendenz angeht, weiter auszumalen. Aber nicht nur deswegen ist<br />
dieser Punkt eine der wichtigsten Fragen. Das ungeklärte Verhältnis zwischen Konspirativität<br />
und Öffentlichkeit ist seit langem ein Hemmschuh.