Beiträge zur Sozialen Phantasie
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VORLÄUFIGE ÜBERLEGUNGEN ZUR<br />
ORGANISATIONSFRAGE<br />
I. Zur Geschichte der Autonomen<br />
Die Linksradikalen in der BRD bestehen am Ende der<br />
80er ohne nennenswerte Form der Organisation. Um<br />
diesen fatalen Zustand verstehen, kritisieren und<br />
aufheben zu können, muß mensch die Entwicklung in<br />
der BRD, die ökonomischen und sozialen<br />
Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Psyche<br />
der Menschen zumindest in groben Zügen versuchen zu<br />
verstehen.<br />
Kennzeichnend für die Nachkriegsentwicklung war die<br />
Transformation des bundesdeutschen Kapitalismus von einem spätkapitalistischen System mit<br />
stark autoritärem Charakter (am besten verkörpert in dem CDU-Staat Adenauers) und<br />
nationalsozialistischer Kontinuität bis zum keynesianistischen Konsumparadies der<br />
Schmidtschen Phase. Waren während der Restaurationsperiode nach dem Krieg<br />
Konsumverzicht und Arbeit höchste Tugenden, änderte sich dies ab Mitte der 50er.<br />
Gepeitscht durch die kapitalistische Konkurrenz mußte versucht werden, die Ökonomie durch<br />
die Übernahme des fordistischen Konzepts sowie dessen sozialstaatliche Verwaltung neu zu<br />
organisieren. Der Preis, den die Menschen für das Glück des QuelleKatalogs zu zahlen hatten,<br />
war die vollständige Taylorisierung der Arbeit und eines Großteils des Lebensbereiches. Die<br />
Arbeit und alles was damit zu hat, wurde und wird von dem Individuum als zunehemend<br />
sinnloser erlebt, das Bedürfnis nach Kompensation und "sinnvoller Freizeit" entsteht.<br />
Ab Mitte der 70er, spätestens Anfang der 80er kommt dieses "Modell Deutschland" in die<br />
Krise. Die keynesianistische Konzeption, in der der Staat die Rolle des ideellen<br />
Gesamtkapitalisten übernimmt und sich somit vom autoritären zum sogenannten Sozialstaat<br />
wandelt, wird von der neokonservativen "Wende" abgelöst. Mit der Ideologie der<br />
sogenannten 2/3 Gesellschaft (wahlweise auch Informationsgesellschaft) wird versucht, die<br />
pseudoneuen Mittelschichten (wahlweise mit Selbstausbeutung im Alternativbetrieb, falls<br />
einem der "Sinn" ausgeht) bei der Stange zu halten, auch wenn sich deren<br />
Arbeitsbedingungen permanent verschärfen. Bei dem Rest läuft die Akkumulation wieder<br />
vermehrt über den absoluten Mehrwert, das heißt Sklavenhändler, Entgarantierung,<br />
Flexibilisierung, Sozialabbau und mehr Bullerei.<br />
Dieses Modell einer durchrationalisierten Gesellschaft nach us-amerikanischem Muster<br />
bedingt unweigerlich die Veränderung des vorherrschenden Sozialcharakters. Von<br />
entscheidender Bedeutung ist dabei die Veränderung der Familienstruktur, bzw. deren<br />
Auflösung hin <strong>zur</strong> funktionalen Kleinfamilie, sowie der Verfall der dominierenden Autorität<br />
des Vaters. Die oben beschriebene Vertaylorisierung weiter Lebensbereiche und der daraus<br />
resultierende Zwang der Kompensation durch Konsum und Kulturindustrie machten 'den<br />
Narzißten <strong>zur</strong> vorherrschenden "Persönlichkeit" der Neckermann-Generation. Zusammen mit<br />
der Durchsetzung der "Neuen Technologien / Medien" entstand eine Veränderung in der<br />
Wahrnehmung der Realität. Gesellschaftliche Vorgänge und individuelles Verhalten werden