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Beiträge zur Sozialen Phantasie

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den entwickelten kapitalistischen Staaten ausgeblieben und die Bedingungen für eine<br />

derartige Revolution sind immer schlechter geworden. Die ehemals starken Organisationen<br />

der Arbeiterklasse können heute wahrlich nicht mehr als Garantie für eine kommende<br />

revolutionäre Umwälzung angesehen werden. 8<br />

In dem Maße nun, in dem die tatsächliche Machbarkeit der Revolution immer<br />

problematischer wird und ihre konkrete Möglichkeit immer mehr verblaßt, stellt sich auch für<br />

die wenigen, die trotzdem an der Notwendigkeit der Revolution festhalten, die Frage nach<br />

ihrer "Identität". Der klassenbewußte Arbeiter des 19. Jahrhunderts brauchte keine "Identität".<br />

Er sah die Revolution mit geschichtlicher Notwendigkeit kommen und hatte es deshalb nicht<br />

nötig, sich selbst und andere von seiner revolutionären Gesinnung zu überzeugen. Wo aber<br />

das Bewußtsein dieser geschichtlichen Unvermeidbarkeit der Revolution fehlt und diese<br />

selbst immer unwahrscheinlicher wird, dort wird das revolutionäre Bewußtsein immer mehr<br />

durch die revolutionäre Gesinnung ersetzt.<br />

An die Stelle der realen revolutionären Aktion tritt dann die reine Dokumentation<br />

revolutionären Willens. Das drückt sich dann aus in der leeren Symbolik der Hasskappen und<br />

schwarzen Lederjacken, der hohlen Fighterrituale und vielzitierten Ghettomentalität, dem<br />

sinn- und leider immer mehr auch ziellosen Aktivismus.<br />

3. Die Konsequenzen<br />

Wäre nun die einzige Konsequenz des Geredes von der "revolutionären Identität" die<br />

Reduktion der revolutionären Aktion auf reine Symbolik, so wäre dies nicht weiter tragisch.<br />

Denn bis auf weiteres ist nicht abzusehen, ob es - zumindest in den Metropolen - jemals<br />

wieder zu Aktionen kommt, die den Rahmen des Symbolischen überschreiten. Praktischer<br />

Widerstand kann sich momentan in den Zentren kapitalistischer Herrschaft nicht anders<br />

organisieren und zum Ausdruck kommen als eben auf einer symbolischen Ebene. Doch die<br />

Konsequenzen des Identitätsgefasels sind noch ganz andere:<br />

3,1 Der Verlust der theoretischen Einsicht<br />

Da der spezifisch kapitalistische Inhalt des Geredes von der "politischen Identität" nicht<br />

bewußt ist und ihr Inhalt irrtümlich als ein frei gewählter erscheint, stellen sich der<br />

Identitätsideologie die gesellschaftlichen Verhältnisse als individuelle Willensverhältnisse<br />

dar. In dieser Logik gibt es dann allerdings nur och die eine Alternative: "Entweder Schwein<br />

oder Mensch. ( ... ) Entweder Problem oder Lösung. Dazwischen gibt es nichts" 9 . Mensch<br />

sieht, im schlimmsten Fall endet das begriffslose Geschwätz von der "politischen Identität"<br />

bei den Verschwörungstheorien der Anti-Imps 10 . Deren absurdes, an jeder Realität

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