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Beiträge zur Sozialen Phantasie

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IDENTITÄTERÄ<br />

1. Der Begriff der Identität<br />

Eines derjenigen Modewörtchen, die von Hinz und Kunz benutzt werden, ohne daß über ihre<br />

Bedeutung auch nur annähernde Klarheit bestünde, ist das Wörtchen Identität. In ganz<br />

besonders hartnäckigen Fällen wird diese dann noch aufgemotzt <strong>zur</strong> "politischen" Identität.<br />

Wir wollen in diesem Text etwas genauer beleuchten, was es mit diesem begriffslosen<br />

Gefasel von der Identität auf sich hat, warum dieses Wort zum Modewort avanciert ist und<br />

warum es revolutionsstrategisch nicht nur falsch, sondern geradezu konterrevolutionär ist,<br />

sich auf seine politische oder gar revolutionäre Identität zu berufen.<br />

Wird das mit "Identität" bezeichnete näher betrachtet, kann schnell festgestellt werden, daß<br />

der Inhalt der Identität ziemlich bedeutungslos zu sein scheint. Die Mühelosigkeit, mit der<br />

alles von "nationalen Identität" des Republikaners bis hin <strong>zur</strong> "revolutionären Identität" des<br />

antiimperialistischen Kämpfers unter diesen Begriff gefaßt werden kann, läßt den Verdacht<br />

aufkommen, daß dasjenige, was die Identität konkret ausmacht, ihr Inhalt, bedeutungslos ist.<br />

In der Folge von 68 haben die ganzen Linken beispielsweise laufend ihre "politische Identität"<br />

gewechselt. Trotzdem haben sie hartnäckig immer auf irgendeiner - egal welcher - "Identität"<br />

beharrt. Dieses kleine Beispiel macht deutlich, daß "Identität selbst, die reine Form jenseits<br />

allen Inhalts, das Wesen der Sache ausmacht. Die qualitative Differenz der unterschiedlichen<br />

Identitäten ist im Rahmen der allgemeinen pluralistischen Verwurstung völlig nebensächlich.<br />

Im Gegenteil sogar: Gerade ihre vermeintliche qualitative Differenz ist die Bedingung dafür,<br />

daß jedeR in den Sonderangeboten der auf dem kapitalistischen Psychomarkt angebotenen<br />

Identitäten die passende heraussuchen kann.<br />

Einerseits ist die "Identität" also das, was die scheinbare Differenz der einzelnen Individuen<br />

in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft ausmacht. Doch neben diesem<br />

differenzierenden Charakter hat die jeweilige "Identität" noch eine andere, völlig gegenteilige<br />

Qualität: In diesen ganzen Differenzierungen liegt das gemeinsame, daß die einzelnen<br />

Individuen es anscheinend nötig haben, ihre Unterschiedlichkeit permanent <strong>zur</strong> Schau zu<br />

stellen, öffentlich zu machen. Was natürlich den Verdacht nährt, daß diese Unterschiede gar<br />

keine realen sind, sondern durch höchst mühselige Anstrengungen permanent erzeugt werden<br />

müssen.<br />

Da dieses Phänomen der "Identitätssuche" so allgemein ist, steht zu vermuten, daß es sich<br />

dabei nicht um individuelle Ticks handelt, sondern daß die Wurzel des ganzen<br />

Identitätsgefasels in der Struktur der kapitalistischen Vergesellschaftung selbst zu suchen ist.<br />

Schauen wir uns also einmal genauer an, wie Marx diese gesellschaftliche Struktur analysiert.

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