23.12.2012 Aufrufe

Beiträge zur Sozialen Phantasie

Beiträge zur Sozialen Phantasie

Beiträge zur Sozialen Phantasie

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

aniero panzieri:<br />

7 thesen <strong>zur</strong> frage der arbeiterkontrolle<br />

Die Forderung der Arbeiterkontrolle steht im Zentrum des "demokratischen und friedlichen<br />

Wegs" zum Sozialismus. Die folgenden Thesen wollen ein erster und vorläufiger Anstoß zu<br />

einer weitläufigen Diskussion sein, die nicht nur <strong>Beiträge</strong> von Politikern und Spezialisten<br />

sondern auch und vor allem die Erfahrungen der Arbeiterbewegung aufnehmen soll -<br />

Erfahrungen also, die der einzig gültige Prüfstein der Ergebnisse des sozialistischen Denkens<br />

sind.<br />

1. Über die Frage des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus<br />

In der Arbeiterbewegung wurde die Frage der Art und Weise und der Phasen des Übergangs<br />

zum Sozialismus ausgiebig und wiederholt diskutiert. Eine bestimmte Strömung, die in<br />

unterschiedlichen Formen auftrat, glaubte, die Phasen dieses Prozesses in ein Schema pressen<br />

zu können, so als ob dem sozialistischen Aufbau stets und in jedem Fall die "Phase" der<br />

bürgerlichen Demokratie vorhergehen müßte. Wo das Bürgertum ihre Revolution noch nicht<br />

vollbracht hatte, sollte das Proletariat die Aufgabe haben, seinen Kampf auf ein bestimmtes<br />

Ziel zu beschränken: eben den Aufbau oder die Mitwirkung am Aufbau der<br />

Produktionsweisen und politischen Formen einer vollentwickelten bürgerlichen Gesellschaft.<br />

Diese Konzeption kann man als schematisch bezeichnen, weil sie abstrakt und ohne Bezug<br />

<strong>zur</strong> historischen Realität der Anwendung eines vorgefertigten Modells das Wort redet. Wenn<br />

es stimmt, daß die Wirklichkeit der politischen Institutionen jederzeit der ökonomischen<br />

Realität entspricht, so ist es gleichwohl ein Irrtum zu glauben, daß sich die ökonomische<br />

Realität (Produktivkräfte und Produktionsweisen) stets entlang einer kontinuierlichen Linie<br />

entwickelt. Es ist falsch, aus der Tatsache, daß die Ökonomische Entwicklung sich in exakt<br />

aufeinanderfolgenden und gegeneinander abgegrenzten Phasen vollzieht, den schrittweisen,<br />

regelmäßigen und vollständig vorherbestimmbaren Charakter dieser Entwicklung zu folgern.<br />

Es reicht, sich an einige historische Beispiele zu erinnern, um Art und Bedeutung dieses<br />

Irrtums einzusehen. Als zu Beginn des vorigen Jahrhunderts der technische Fortschritt<br />

(Erfindung des mechanischen Webstuhls und der Dampfmaschine) zu einem qualitativen<br />

Sprung in der Produktion (industrielle Revolution) führte, existierten neben den neuen<br />

gleichwohl die alten Produktionsformen weiter; und eben deshalb stellte sich in den weiter<br />

entwickelten Ländern der politische Kampf ziemlich verwickelt dar. Auf der einen Seite<br />

waren da die Widerstände der feudalistischen Überbleibsel, auf der anderen Seite setzte sich<br />

das industrielle Bürgertum progressiv durch; und schließlich und gleichzeitig tauchte eine<br />

neue Klasse auf: das Industrieproletariat. In Rußland verfiel gegen Ende der ersten<br />

revolutionären Welle (Februar 1917) und nach dem Zusammenbruch der zaristischen<br />

Autokratie und des monströsen feudalistisch-kapitalistischen Systems ein Teil der<br />

marxistischen Arbeiterbewegung in besagten Fehler und vertrat die Auffassung, das russische

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!