Beiträge zur Sozialen Phantasie

Beiträge zur Sozialen Phantasie Beiträge zur Sozialen Phantasie

23.12.2012 Aufrufe

Inzwischen wurde von der Autoren der Zeitschrift "Autonomie" versucht, die sozialrevolutionäre Moral jenseits des grün-alternativen Geschwafels von "Authentizität im Alltag" zu begründen. Ihr Bezugspunkt ist nun nicht mehr ein abstraktes Unbehagen an der Kultur, sondern der handfeste Überlebenskampf derer, die nicht das zweifelhafte Glück haben, sich ausbeuten lassen zu können: die Armen in aller Welt, die an der. Rändern der Kapitalakkumulation gegen den Hungertod ankämpfen. Nicht der traditionell marxistische Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital konstituiere der. gesellschaftlichen Antagonismus, sondern der Kampf um den "Anspruch auf Überleben." (Autonomie - Materialien gegen die Fabrikgesellschaft. Neue Folge Nr.14/1985, Hamburg, Verlag Autonomie e.V., S.203) Gegen die zum Block formierte Gesellschaft des konstanten und variablen Kapitals klagen die Autonomen das Naturrecht auf Existenz ein: “Das Existenzrecht der Massen erscheint als grundlegender Widerspruch zum Kapital, als materieller historischer Widerspruch, viel eher als die Arbeit." (ebd.) Abgesehen davon, daß die Autonomen damit auf denselben soziologischen Objektivismus zurückfallen, dem sie einst den Kampf angesagt hatten, ist das der Bankrott der Revolutionstheorie überhaupt. Mittlerweile scheinen die Autonomen mit dem Marcuse-Epigonen St.Breuer der Meinung zu sein, die reelle Subsumtion der produktiver. und reproduktiven Arbeit unters Kapital habe die metropolitanen Arbeitsplatzinhaber absolut ins Kapital integriert. Durch die Verwendung der Marxschen Subsumtionsterminologie gibt man sich den Anschein, über die krude Manipulationstheorie eines Marcuse hinaus zu sein. Indes beruht der Unterschied zwischen Manipulations- und Subsumtionstheorie nur auf einer Verschiebung der begrifflichen Bedeutungskonstellationen. Während der traditionelle Marxismus davon ausgeht, der Geschichtsautomatismus der gesellschaftlichen Arbeit treibe die Gesellschaft objektiv in Richtung Sozialismus voran und einzig die subjektiven Machenschaften einer kapitalistischen Räuberbande verhindere das Fürsichwerden der an sich schon existierenden befreiten Gesellschaft, projizieren die resignierten Subsumtionstheoretiker aller Schattierungen die kapitalistische Manipulation auf den Geschichtsautomatismus. So wird aus der Geschichtsphilosophie der Arbeit die Geschichtsphilosophie des Werts. Der Subjektivismus der Manipulationstheorie verkappt sich als Objektivismus einer Wertmetaphysik. Sie läuft auf das bürgerliche Vorurteil hinaus, daß, wer einen Arbeitsplatz hat, eben deshalb nicht mehr revolutionär handeln kann. Der Herr Prof. Breuer läßt es damit genug sein - er kann es sich leisten. Nicht so die Autonomen. Scheiden die Arbeitsplatzinhaber als revolutionäres Subjekt aus, so kommen nach den Regeln der formalen Logik nur roch die Nichtarbeitsplatzbesitzer in Frage. Deren Überlebenskampf idealisieren die Autonomen glatt zum “Existenzrecht der Massen", das in ihrem biologischen Dasein, in ihrem Leben als Nicht-Wert bestehen soll. Leben hat also hier nicht mehr die Bedeutung grün-alternativer Subjektivität, sondern die platt materialistische der biologischen Existenz. Daß Leben auch verrichtet werden kann, scheinen die Autonomen zu ahnen. Der Existenzkampf der Armen wird die kapitalistische Gesellschaft nicht stürzen können, da schließlich die Möglichkeit besteht, alle Nichtarbeitsplatzinhaber auszurotten. Um das zu verhindern, muß der revolutionäre Funke auch auf die vorläufig Garantierten überspringen. Aber wie? Eben durch die sozialrevolutionäre Moral. Es bleibt das

Geheimnis der Autonomie-Autoren, wieso jemand, der wie die Made im Speck sitzt, sich durch revolutionäre Moralphilisterei beunruhigt fühlen soll. So drehen sich die Autonomen aussichtslos im Zirkel: "Die reue Autonomie wird sich nur dort entfalten können, wo die staatliche und wissenschaftliche Maschinerie der Subsumtion angreifbar wird, deren Unterbrechung geradezu Voraussetzung ist für proletarische Rekonstitution." (214) Das Kapital hat die Konstitutionsräume des revolutionären Subjekts abgeschafft, und nur das revolutionäre Subjekt könnte die Räume schaffen, die einen Kampf gegens Kapital ermöglichen. Schach matt. Rien ne va plus, les jeux sont faits. Konsequenter Weise löste sich die Autonomie-Redaktion nach der Veröffentlichung dieser Theorie auf. K.- H.Roth spürt dem revolutionären Subjekt dort nach, wo es 'langsam verwest, in den Archiven; und andere scheinen vorzuhaben, die Aporie ihrer Revolutionstheorie durch eine geschickt ausgeklügelte Werbestrategie zu lösen. Es ginge darum, so schreiben sie, "ein Konzept zu gewinnen, das auch über das Ghetto der Autonomen hinaus Attraktivität hat und Aussicht, ein politischer Faktor zu werden." (12) Ich schlage vor, bei einer Werbeagentur eine entsprechende Studie in Auftrag zu geben und bei Herrn Habermas Unterricht in kommunikativem Handeln zu nehmen. Bis jetzt habe ich versucht, den inneren Zusammenhang zwischen Revolutionsontologie, ihrer Bedeutung als philosophischer Konterrevolution und der sich daraus ergebenden Moralphilisterei darzustellen. Betrachtet man dieses Theoriekonglomerat insgesamt, so wurde auf jeder Stufe des schrittweisen Zerfalls der autonomen Revolutionstheorie - vom Neoleninismus Trontis über Negris Bedürfnisfetischismus bis zu Hartmanns Lebensphilophie - klar, wie sehr die Autonomen in den Denkschemata des traditionellen, Marxismus befangen sind. Es ergab sich des weiteren, daß diese Denkform nicht leere Worte sondern die jeweilige Praxis in Gedanken gefaßt ist. Die Revolutionsontologie ist die Denkform der Konterrevolution. Sie nimmt an, das, was es erst noch durchzusetzen gilt, sei immer schon da und führt daher die revolutionäre Befreiung in die Kapitalimmanenz zurück. VIII. Revolutionäre Autonomie und Denkform Vergessen wird, was schon der junge Marx wußte, nämlich "daß sowohl zur massenhaften Erzeugung dieses kommunistischen Bewußtseins wie zur Durchsetzung der Sache selbst eine massenhafte Veränderung der Menschen nötig ist, die nur in einer praktischen Bewegung, in der Revolution vor sich gehen kann; daß also die Revolution nicht nur nötig ist, weil die herrschende Klasse auf keine andre Weise gestürzt werden kann, sondern auch, weil die stürzende Klasse nur in einer Revolution dahin kommen kann, sich den ganzer, alten Drck vom Halse zu schaffen und zu einer neuen Begründung der Gesellschaft befähigt zu werden." (MEW 3/70) Autonomie ist hier bei Marx die Bewegungsform der praktischen Kritik am Kapitalverhältnis. Ihr Element ist Praxis und nichts Stichhaltiges läßt sich in revolutionärer Absicht theoretisch über sie aussagen. Wer versucht sie zu definieren, verrät sie gerade damit. Um die Rezepte zur Anfertigung von revolutionärer Autonomie steht's wie um die Sexualhandbücher: sie geben Gebrauchsanweisungen zur Manipulation des weiblicher. und

Inzwischen wurde von der Autoren der Zeitschrift "Autonomie" versucht, die<br />

sozialrevolutionäre Moral jenseits des grün-alternativen Geschwafels von "Authentizität im<br />

Alltag" zu begründen. Ihr Bezugspunkt ist nun nicht mehr ein abstraktes Unbehagen an der<br />

Kultur, sondern der handfeste Überlebenskampf derer, die nicht das zweifelhafte Glück<br />

haben, sich ausbeuten lassen zu können: die Armen in aller Welt, die an der. Rändern der<br />

Kapitalakkumulation gegen den Hungertod ankämpfen. Nicht der traditionell marxistische<br />

Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital konstituiere der. gesellschaftlichen Antagonismus,<br />

sondern der Kampf um den "Anspruch auf Überleben." (Autonomie - Materialien gegen die<br />

Fabrikgesellschaft. Neue Folge Nr.14/1985, Hamburg, Verlag Autonomie e.V., S.203) Gegen<br />

die zum Block formierte Gesellschaft des konstanten und variablen Kapitals klagen die<br />

Autonomen das Naturrecht auf Existenz ein: “Das Existenzrecht der Massen erscheint als<br />

grundlegender Widerspruch zum Kapital, als materieller historischer Widerspruch, viel eher<br />

als die Arbeit." (ebd.) Abgesehen davon, daß die Autonomen damit auf denselben<br />

soziologischen Objektivismus <strong>zur</strong>ückfallen, dem sie einst den Kampf angesagt hatten, ist das<br />

der Bankrott der Revolutionstheorie überhaupt.<br />

Mittlerweile scheinen die Autonomen mit dem Marcuse-Epigonen St.Breuer der Meinung zu<br />

sein, die reelle Subsumtion der produktiver. und reproduktiven Arbeit unters Kapital habe die<br />

metropolitanen Arbeitsplatzinhaber absolut ins Kapital integriert. Durch die Verwendung der<br />

Marxschen Subsumtionsterminologie gibt man sich den Anschein, über die krude<br />

Manipulationstheorie eines Marcuse hinaus zu sein. Indes beruht der Unterschied zwischen<br />

Manipulations- und Subsumtionstheorie nur auf einer Verschiebung der begrifflichen<br />

Bedeutungskonstellationen. Während der traditionelle Marxismus davon ausgeht, der<br />

Geschichtsautomatismus der gesellschaftlichen Arbeit treibe die Gesellschaft objektiv in<br />

Richtung Sozialismus voran und einzig die subjektiven Machenschaften einer kapitalistischen<br />

Räuberbande verhindere das Fürsichwerden der an sich schon existierenden befreiten<br />

Gesellschaft, projizieren die resignierten Subsumtionstheoretiker aller Schattierungen die<br />

kapitalistische Manipulation auf den Geschichtsautomatismus. So wird aus der<br />

Geschichtsphilosophie der Arbeit die Geschichtsphilosophie des Werts. Der Subjektivismus<br />

der Manipulationstheorie verkappt sich als Objektivismus einer Wertmetaphysik. Sie läuft auf<br />

das bürgerliche Vorurteil hinaus, daß, wer einen Arbeitsplatz hat, eben deshalb nicht mehr<br />

revolutionär handeln kann.<br />

Der Herr Prof. Breuer läßt es damit genug sein - er kann es sich leisten. Nicht so die<br />

Autonomen. Scheiden die Arbeitsplatzinhaber als revolutionäres Subjekt aus, so kommen<br />

nach den Regeln der formalen Logik nur roch die Nichtarbeitsplatzbesitzer in Frage. Deren<br />

Überlebenskampf idealisieren die Autonomen glatt zum “Existenzrecht der Massen", das in<br />

ihrem biologischen Dasein, in ihrem Leben als Nicht-Wert bestehen soll.<br />

Leben hat also hier nicht mehr die Bedeutung grün-alternativer Subjektivität, sondern die platt<br />

materialistische der biologischen Existenz. Daß Leben auch verrichtet werden kann, scheinen<br />

die Autonomen zu ahnen. Der Existenzkampf der Armen wird die kapitalistische Gesellschaft<br />

nicht stürzen können, da schließlich die Möglichkeit besteht, alle Nichtarbeitsplatzinhaber<br />

aus<strong>zur</strong>otten. Um das zu verhindern, muß der revolutionäre Funke auch auf die vorläufig<br />

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